Stille Örtchen über den Wolken

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Foto: © Airbus Group
Ausbaufähig
Stille Örtchen über den Wolken
In wenigen Tagen beginnen die Sommerferien. Auch in diesem Jahr werden viele mit dem
Flugzeug in die Ferne verreisen, darunter auch Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Laut
ADAC Reise-Monitor werden rund 47% für ihre Haupturlaubsreise das Flugzeug wählen. Damit
liegt das Verkehrsmittel sogar noch vor dem Auto (44%). Doch wie ist es bei den teils viele
Stunden dauernden Flügen um die Notdurft bestellt?
D
ie Antwort auf eine Anfrage von RehaTreff bei Deutschlands größter Fluggesellschaft fällt knapp aus. Der Pressesprecher verweist auf die wenigen Zeilen auf der Internetseite. Demnach sind alle Bordtoiletten der Langstreckenflotte
„behindertengerecht“. Doch bei einer Toilettenkabine, die
kaum breiter als die Toilettenschüssel ist, bleibt dies wohl
eher ein Lippenbekenntnis. Ein Haltegriff an der Wand macht
eben noch keine echte Behindertentoilette. Dazu, wie es sich
bei kleineren Flugzeugen verhält, und was man zukünftig bei
neu beschafften Flugzeugtypen erwarten darf, dazu schweigt
die Lufthansa.
Kleine und große Geschäfte
Der Konkurrenzdruck bei den Airlines ist größer geworden,
mehr und mehr Fluggesellschaften merken, dass die Luft
dünner wird. Billigairlines trotzen der kleinsten Maschine
maximale Sitzplätze ab, um bei ihren Top-, Super- und MegaAngeboten noch Geld zu verdienen. Die Kehrseite der preiswerten Tickets sind vollgestopfte Ferienflieger mit immer
engeren Sitzen und maximal zwei bis drei minimalistischen
Bordtoiletten. Manche Airline würde diese am liebsten ganz
quitt werden oder den Fluggästen den Toilettengang durch
Gebühren abgewöhnen.
Auch bei den Fernreisen, wo in der Vergangenheit das große
Geld verdient wurde, werden nun die Margen kleiner. Die
Schuldigen sind bereits ausgemacht: Die mächtigen Staatsairlines aus dem Mittleren Osten drücken aufs Geschäft und
die Stimmung in der Branche. Die etablierten Airlines bieten
hierauf eine zweigeteilte Antwort: Um bei den Ticketpreisen
mithalten zu können, dünnt man die Sitze in der Holzklasse
aus, sprich der Platzbedarf für Bestuhlung, Rücken- und Armlehne muss weiter abnehmen, um zusätzliche Sitzreihen und
Sitze pro Reihe aufzunehmen. Andererseits wappnet man sich
mit einer „Premium-Economy“ und wendet sich – selbstverständlich gegen Aufpreis - mit luxuriösem Schnickschnack an
die betuchten Kunden. In fast allen Fällen gilt, dass für Toilet62
2/2015
ten kein Platz bleibt. Über den Wolken hört hier die Freiheit
scheinbar auf.
Kamel und Nadelöhr
Dabei ginge es auch anders. Denn Ideen für barrierefreie
Bordtoiletten gab und gibt es durchaus. Aber entweder scheiterten diese am Platzbedarf, oder sie fanden wegen der hohen
Entwicklungskosten wenig Unterstützung durch die Airlines.
Airbus betont, dass eine Neuentwicklung von Toiletten nur
gemeinsam mit den Kabinenausstattern und Kunden darstellbar sei, denn der Weg von der Idee bis zur Zulassung durch
die Luftfahrtbehörden sei lang, steinig und teuer. So wird zum
Beispiel eine „Ziehharmonika-Toilette“ eines Kabinenausstatters, bei der sich die Toilettenkabine während des Fluges vor
den Exit ausziehen und vergrößern lässt, mangels Kundeninteresse nicht weiter verfolgt. Die ungeliebten Toiletten sind als
Zweckkompromiss dazu verdammt, mit so wenig Raum wie
möglich auszukommen.
Da kommt ein Konzept von Airbus gerade recht. Es klingt wie
die Quadratur des Kreises: Mehr Sitzplätze pro Flugzeug, aber
auch größere (und barrierefreie!!!) Toiletten. Airbus verlegt
dazu die Bedürfnisanstalt komplett in das ungeliebte Heck
des Flugzeugs, dort wo Sitzplätze nur schwierig unterzubringen und an die Kunden zu verkaufen sind. Die zwei nebeneinander liegenden Toiletten sind dabei jedoch selbst nicht
so großzügig gestaltet, dass diese wirklich besser erreichbar
wären. Aber man bedient sich eines Tricks: Die Trennwand
zwischen den beiden Bord-WCs lässt sich wie eine Tür aufklappen, vergrößert somit die Bewegungsfläche und versperrt
automatisch die zweite Toilettentür. Spaceflex heißt die neue
Wundertoilette.
Platz und Flexibilität
Bisher liest sich die Kundenliste für das neue Toilettenkonzept
allerdings noch nicht wie die Crème de la Crème der Luftfahrtbranche. Neben Loong Air, einer chinesischen Inlands-
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Foto: © Airbus Group
Nur für Wenige „erreichbar“: Die 1. Klasse-Toiletten im A380
der Lufthansa und bei Etihad.
Smarte Lösung: Aus zwei mach eins. Dank Verbindungstür wird die
Zugänglichkeit der Toilette verbessert.
Foto: © Travelmagic.be
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zusätzliche Sitze einzubauen oder den Sitzabstand zu verbesfluggesellschaft, Vueling,
sern.“ Bei den meisten Kunden wird es wohl auf zusätzliche
einem Low-Cost-Carrier
mit
Felitec.
Sitze hinaus laufen, dennoch für alle Beteiligten eine Winaus Spanien, und der
türkischen Pegasus hat
Fahrzeugtechnik
die MenschenWin-Situation.
ewegt.
sich immerhin die südSieht das die Lufthansa ebenso? Auch auf diese Frage erhalten
amerikanische
Airline
wir keine Antwort. Vorerst bleibt es bei den meisten FlugLATAM
für
Spaceflex
mit Felitec.
gesellschaften auf den Toiletten also eng.
entschieden. Letztere ist
einer
der
größten
Kunnschen ewegt.
Raum und Luxus
den für die Kurz- und
Eine Ausnahme gibt es: Dort, wo die Preise für Flugtickets
Mittelstreckenflugzeuge
kaum eine Rolle spielen und die Kunden Wert auf größtmögvon Airbus und wird
lichen Luxus legen. In der ‚First Class’ werden immer größere
zukünftig die gesamte
und aufwändigere Bäder installiert. Die arabischen Airlines
Flotte mit Spaceflex aushalten sich die Konkurrenz mit Duschen vom Leib. Europärüsten. Die großen nordische Airlines setzen eher auf mehr Platz und ein edles Ambiamerikanischen
und
euEin Haltegriff macht noch keine
ente. Eine weit gereiste Rollstuhlfahrerin berichtete RehaTreff
ropäischen
Airlines
sucht
behindertengerechte Toilette.
vor kurzem, dass sie sich in diesen „Toilettenappartments“ unman bisher vergebens auf
wohl fühle. Sie seien so groß, da könne man sich schlichtweg
der Liste.
nirgendwo festhalten und entlang hangeln. Ein echtes Luxusproblem!
Doch auch wenn sich bisher nur wenige Fluggesellschaften für
die neuen Toilettenkabinen von Airbus entschieden haben,
Kevin Schultes
so haben diese im Vergleich zu anderen Konzepten eine echte
Chance, um am Markt zu bestehen. Denn Sie ermöglichen
VIDEO über Spaceflex (auf englisch):
eine effizientere Nutzung des Raumvolumens am hinteren
https://www.youtube.com/atch?v=Any6R1dGnrM
Ende der Kabine, so dass sich dort bei den Mitgliedern der
A320-Familie zwei Bordtoiletten und eine Bordküche unterbringen lassen. Airbus stellt dies so dar: „Fluggesellschaften
können die vergrößerte Ertragsfläche nutzen, um bis zu drei
TEN
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