Luzerner KIRCHENSCHIFF

Luzerner
KIRCHENSCHIFF
Das Informationsmagazin der katholischen Kirche im Kanton Luzern
Januar 2015 / Nr. 1
NEUORDNUNG3
NEULAND Chance Kirchenberufe (1)
Führung und Organisation
Diagnose Demenz
Mit Vertrauen
Der Kirche mangelt es an
Landeskirche und Bistums-
Wie umgehen mit einer
Synodalrätin Simone Rüd:
Personal. Die Kampagne
regionalleitung setzen mit
Diagnose, die den Alltag um-
Sich aufmachen im Vertrauen
«Chance Kirchenberufe»
Jahresbeginn eine neue
krempelt? Im Gespräch mit
darauf, dass Einer uns
lädt ein, die Perspektive zu
Führungs- und Organisa­
einem Luzerner Ehepaar.
begleitet.
wechseln.
tionsstruktur um.
Bilder: Priska Ketterer, Stéphanie-Marie Couson
AZB
6000 Luzern 6
Retouren bitte an:
Sekretariat Landeskirche
Abendweg 1
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6000 Luzern 6
NEUGIERDE 2
5
NEUANFANG8
Kirchenberufe bieten
Chancen: So tritt die
Kampagne «Chance
Kirchen­berufe» in
Erscheinung.
Berufe in der katholischen Kirche – eine Serie (I)
CHANCE KIRCHENBERUFE
MITVERANTWORTUNG GEBEN UND VERTRAUEN
Der Kirche mangelt es an Personal, im Bistum Basel sind fortwährend um die 25 Stellen nicht
besetzt. Die Deutschweizer Bistümer haben deshalb im Herbst 2013 die Kampagne «Chance
Kirchenberufe» gestartet. Sie dauert bis 2017. Das «Kirchenschiff» nimmt das Thema 2015 auf.
Jeden Monat dieses Jahres wird das «Kirchenschiff» auf dem
Titelbild eine Person vorstellen, die in der Kirche arbeitet – in
der Seelsorge, der Jugendarbeit, Katechese, Verwaltung oder
in anderen Bereichen. Auf der Seite 2 werden diese Personen
sich zu ihrem Werdegang und ihrer Motivation äussern.
Die Serie ist der Beitrag des «Kirchenschiffs» zur Kampagne
«Chance Kirchenberufe», die in der Deutschschweiz seit Herbst
2013 läuft. Diese tritt einerseits durch Plakate und Werbung im
öffentlichen Verkehr in Erscheinung, anderseits treten Seelsorgende als Botschafterin/Botschafter in ihrem Umfeld als
überzeugte Vertreterin/Vertreter ihres Berufs auf. «Sie sind die
wirkungsvollsten Akteure, um Interessierte zu gewinnen», sagt
Thomas Leist, Leiter der Fachstelle «Information Kirchliche
Berufe» (IKB) und der Kampagne. Interessierte können sich
auch für Schnuppertage melden, die einen Einblick in den Alltag kirchlicher Berufe ermöglichen – direkt an der Basis.
ABGÄNGE KÖNNEN NICHT ERSETZT WERDEN
Im Bistum Basel fehlten einerseits vor allem die Priester zwischen 35 und 55, die fähig und bereit seien, grosse Pfarreien
zu leiten, sagt Fabian Berz, Personalverantwortlicher des Bistums. Dieser Mangel werde sich in den nächsten Jahren «noch
verschärfen.» Berz weist auch darauf hin, dass viele von den
Diakonen und Laientheologen/-theologinnen, die jetzt grosse
Pfarreien leiten, in den nächsten zehn Jahren in Pension gingen. «Diese Abgänge werden vielfach nicht mehr ersetzt werden können», erwartet er.
«Die Kirche muss sich deshalb auf ihre Ursprünge besinnen,
die Gemeinschaft in den Vordergrund stellen und dabei Raum
für Kreativität schaffen», fordert Thomas Leist. Zentral sei das
Mass der Verantwortung, welche die Kirche den Hauptamtlichen und den Laienmitarbeitenden geben wolle. Die Gemeindeleitenden der Zukunft werden nach der Vorstellung des
«Die Kirche muss sich auf ihre Ursprünge besinnen»: Thomas Leist, Leiter
der Fachstelle «Information kirchliche Berufe».
Bild: do
IKB-Leiters vor allem als «Moderatoren» in dem Sinn wirken
müssen, dass sie die Rahmenbedingungen und die Infrastruktur schaffen, um «die verschiedenen Neigungen und Talente
in einer Pfarrei zusammenzubringen. Moderieren heisse dabei
auch: offen sein für fremde Ideen, diese in die eigene Arbeit
einbeziehen und somit Verantwortung «splitten».
DEN MITARBEITENDEN FREIHEIT GEWÄHREN
Es gehöre ebenfalls zu einer erfolgreichen «Weitergabe des
Glaubens», sagt Leist, dass sich die Laienmitarbeitenden in
einer Pfarrei in ihrer ganzen Vielfalt gut aufgehoben fühlen.
Vertraue die Kirche ihren freiwilligen und hauptamtlichen
Mitarbeitenden und gewähre sie ihnen viel Freiheit beim
glaubwürdigen Handeln, dann könne ihr das nur gut tun. do
www.kirchliche-berufe.ch
NACHRICHTEN
Bistumskanton Luzern
KOLLEKTEN 2015 FÜR FRAUENHAUS UND ENTLEBUCH
Die Konferenz der Dekane
und Dekanatsleitenden hat an
ihrer Sitzung vom 25. Novem02 Luzerner KIRCHENSCHIFF 01/2015
ber über die eingegangenen
Gesuche für die kantonalen
Kollekten im Jahr 2015 beraten. Sie hat entschieden, die
Opfer im kommenden Jahr
folgenden Kirchgemeinde be-
ziehungsweise Einrichtungen
zukommen zu lassen:
• Die Kollekte am Feiertag
Maria Himmelfahrt, 15. August 2015, ist zugunsten der
Aussenrenovation Pfarrkir-
che St. Martin, Entlebuch,
bestimmt.
• Die Kollekte an Maria Empfängnis, 8. Dezember 2015,
geht an das Frauenhaus
Luzern.
Das Führungsteam und die Mitarbeitenden der Luzerner Landeskirche (von links): Simone Rüd, Edi Wigger. Margrith Mühlebach, Gregor Gander,
Dominik Thali, Matthias Bättig, Urs Stadelmann, Winfried Adam, Markus Kopp, Yvonne Rihm, Heidi Graber, Andreas Wissmiller, Thomas Villiger,
Viktor Diethelm, Sandra Dietschi, Beatrix Späni-Holenweger. Nicht auf dem Bild: Claire Calcagni.
Bild: Roberto Conciatori
Neue Führungs- und Organisationsstruktur
LANDESKIRCHE + BISTUM
MEHR ZUSAMMENARBEITEN UND VERNETZEN
Landeskirche und Bistumsregionalleitung setzen mit ihrer neuen Führungs- und Organisationsstruktur darauf, was auch in den Pastoralräumen angesagt ist: die Zusammenarbeit verstärken.
Aus den bisherigen fünf Fachstellen sind deshalb mit Jahresbeginn drei Fachbereiche geworden.
Pastoralräume, Pfarreien und Kirchgemeinden, die mit einer
Anfrage an die Landeskirche gelangen, können sich damit
zwar weiterhin an die ihnen vertrauten Mitarbeitenden wenden, ihr Anliegen wird künftig aber mit einem breiteren Blickwinkel bearbeitet: Welche Kompetenzen sind wirklich gefragt?
Welche Mittel stehen dafür zur Verfügung? «Wir möchten ein
Thema nicht mehr für sich angehen, sondern aus gesamtpastoraler Sicht», sagt Gregor Gander. «Genau so, wie dies in den
neuen Pastoralräumen gefragt ist.» Das Stichwort heisst ganzheitlich: Was hier verändert wird, wirkt sich möglicherweise
auch dort aus. Und umgekehrt.
DIE KOMPETENZEN BÜNDELN
Gregor Gander ist seit Jahresbeginn Leiter Fachbereiche der
Landeskirche und bildet mit Synodalverwalter Edi Wigger die
Geschäftsleitung. Aus den bisherigen fünf Fachstellen sind
drei Fachbereiche geworden, «in denen wir nach festgelegten
Abläufen enger zusammenarbeiten wollen», wie Gander betont. In diese sind auch der Synodalrat und die Bistumsregi-
onalleitung eingebunden. In den drei Fachbereichen sind die
Kompetenzen so gebündelt:
Fachbereich Pastoral: Der grösste Fachbereich. Darin sind die
bisherigen Fachstellen Religionsunterricht und Gemeindekatechese, Pfarreientwicklung und Diakonie sowie kirchliche
Jugendarbeit zusammengefasst. Die Mitarbeitenden betreuen
weiterhin schwergewichtig ihre bisherigen Aufgabenbereiche.
Fachbereich Spezialseelsorge: Dazu gehört die Behindertenseelsorge. Sie ist der einzige Bereich, der sich direkt an Menschen an der Basis richtet.
Fachbereich Kommunikation: Die bisherige Kommunikationsstelle; sie ist seit deren Bildung 2006 auch für die Bistumsregionalleitung zuständig.
Insgesamt zählen die drei Fachbereiche 14 Mitarbeitende mit
insgesamt 990 Stellenprozenten.
Die Synode hatte der neue Fachstellen- und Führungsstruktur
an der Frühjahrssession 2014 einstimmig zugestimmt. Zweites
Element darin – neben der Bildung der Fachbereiche – ist die
Fortsetzung auf Seite 4
Luzerner KIRCHENSCHIFF 01/2015 03
Fortsetzung von Seite 3
neue Führungsstruktur. Sie ist schlanker und die strategische
und operative Verantwortung sind jetzt klar getrennt. Die Doppelstruktur der katholischen Kirche in der Schweiz mit ihrer
pastoralen und staatskirchenrechtlichen Führungslinie bleibt
darin abgebildet.
FÜHRUNG NÄHER AM TAGESGESCHEHEN
Bisher waren vier Mitglieder des Synodalrats (Hans Burri, Maria Graf-Huber, Ruth Mory-Wigger, Markus Müller) und zwei
der Bistumsregionalleitung (Seppi Hodel, Margrith Mühlebach) für die Fachstellen zuständig. Neu bildet je ein Mitglied
daraus die Steuergruppe: Synodalrätin Simone Rüd und Margrith Mühlebach. Sie geben – in Absprache mit ihren Gremien
– die strategischen Leitlinien vor. Für deren Umsetzung – das
operative Geschäft – trägt die neue Geschäftsleitung mit Synodalverwalter Edi Wigger und Fachbereichsleiter Gregor Gander die Verantwortung. «Die Führung ist damit sozusagen nach
unten gerutscht und näher an das Tagesgeschehen gerückt»,
sagt Edi Wigger. Für die Synodalverwaltung, die er ebenfalls
führt, ändert sich nichts.
Nach zwei Jahren werden die Erfahrungen ausgewertet, im
Herbst 2017 wird der Synode Bericht erstattet. Gregor Gander
ist die Zeit bis dahin wichtig: «Einerseits besteht viel Gutes, an
dem wir festhalten und auf dem wir aufbauen wollen. Anderseits sind wir am 1. Januar nicht mit einem fertigen Modell gestartet, sondern nehmen uns Zeit, dieses weiterzuentwickeln.»
do
DAS FÜHRUNGSTEAM UND DIE MITARBEITENDEN
Steuergruppe: Simone Rüd (Vertreterin des Synodalrats), Margrith Mühlebach (Vertreterin der Bistumsregionalleitung)
Geschäftsleitung: Edi Wigger (Synodalverwalter), Gregor Gander (Leiter Fachbereiche)
Fachbereich Pastoral: Winfried Adam und Beatrix Späni-Holenweger (Religionsunterricht und Gemeindekatechese), Urs
Stadelmann (Kirchliche Medien), Sandra Dietschi und Viktor
Diethelm (kirchliche Jugendarbeit), Markus Kopp und Thomas
Villiger (Pfarreientwicklung und Diakonie)
Fachbereich Spezialseelsorge: Gregor Gander und Claire Calcagni (Behindertenseelsorge), Yvonne Rihm (Beratungsdienst
Religionsunterricht an Sonderschulen)
Fachbereich Kommunikation: Dominik Thali, Matthias Bättig
(auch Stellvertretung Synodalverwalter), Andreas Wissmiller
(Redaktion Pfarreiblatt)
Sekretariat Fachbereiche: Heidi Graber
Schritt für Schritt auf dem Weg: Franz Inauen (rechts) mit einem Bewohner des Blindenheims Horw. Fachbereich Spezialseelsorge – Behindertenseelsorge
BLINDENSEELSORGER FRANZ INAUEN VERABSCHIEDET
Viele Jahre hat Franz Inauen in der CAB (Caritas Aktion der
Blinden) und im Blindenheim Horw als Seelsorger gewirkt.
Seine herzliche Ausstrahlung, sein Einsatz und sein Einfühlungsvermögen brachten den Menschen Licht in den Alltag
und ins Leben. Ende Oktober des vergangenen Jahres beendete er seine Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen. Die Behindertenseelsorge und mit ihr alle Menschen, die von Franz
Inauens Wirken spüren durften, danken ihm für seinen Einsatz und wünschen ihm Kraft, Hoffnung und Gottes Segen.
Mediendienstleistungen «Kirchliche Medien»
KUNDENSTIMMEN – UND EINE MEINUNGSUMFRAGE
Vor dem Sommer vergangenen Jahres wurden sechs Fachpersonen aus dem kirchlichen Bereich im Kanton Luzern angefragt, ob sie bereit seien, ein Statement zu den neuen Mediendienstleistungen «Kirchliche Medien» abzugeben. Vier dieser
Statements wurden inzwischen veröffentlicht und sind auf der
Startseite von www.kirchliche-medien.ch zu sehen. Fotograf
der Bilder ist Roberto Conciatori ( Luzern).
In diesem Monat beginnt eine Umfrage zu den «Kirchlichen
Medien». Gut zwei Jahre nach deren Start im Herbst 2012 sind
die Nutzerinnen und Nutzer eingeladen, ihre Erfahrungen
und Einschätzungen in den Bereichen Pädagogisches Medienzentrum Luzern (PMZ), «Relimedia» Zürich, Beratung und
Weiterbildung abzugeben. Urs Stadelmann, Leiter «Kirchliche
Medien», dankt fürs Mitmachen und ist jederzeit offen für Anregungen oder Anschaffungswünsche. Teilnehmen kann man
per Mail oder online über www. kirchliche-medien.ch.
Gregor Schwander und Carmen Koehmann Lustenberger: zwei der
Personen, die auf www.kirchliche-medien.ch erklären, was ihnen die
Mediendienstleitungen bedeuten.
04 Luzerner KIRCHENSCHIFF 01/2015
Bild: Gregor Gander
Bilder: Roberto Cociatori
...aber das Herz
wird nicht dement...
Der Seelsorger Franz Inauen und seine Diagnose Demenz
IM GESPRÄCH
GEMEINSAM AUF DEM WEG INS INNERE
Beginnende Demenz: Die Diagnose hat den Alltag von Franz und Bernadette Inauen* umgekrempelt. Das Luzerner Ehepaar versucht, ihn neu zu leben – im Vertrauen darauf, dass die
Krankheit das Innerste eines Menschen nicht zu zerstören vermag: sein Herz.
Was löste die Diagnose «beginnende Demenz» in Ihnen aus?
Franz Inauen: Für mich brach eine Welt zusammen. Wenn man
nicht weiss, was wirklich los ist… das stellt auch eine Partnerschaft auf die Probe, da geht man die Wände rauf.
Wie gehen Sie mit der Krankheit Ihres Mannes um?
Bernadette Inauen: In mir drüllt es im Moment wahnsinnig. Ich
frage mich: Ist wirklich alles mit einer dementiellen Entwicklung zu erklären? Oder wo spielen verschiedene psychische
Faktoren eine nicht unwesentliche Rolle? Hinzu kommen die
Schuldgefühle, die immer wieder hochkommen: Hätte ich nicht
und ich müsste doch…
«Ich wünsche mir, dass die
Wie begann sich die Demenz
Leute sich sagen lassen, wie es
in Ihrem Alltag zu zeigen?
einem geht und es gopfertoori
Franz Inauen: Oft war es so,
auch glauben.»
wie wenn ich ein Brett vor
Franz Inauen
dem Kopf hätte: ich sah und
wusste nicht mehr weiter. Vor
allem, wenn es ums Überlegen, ums Denken, um den Verstand
ging. Dazu vergass ich so viele Dinge. Und ich erschrak sehr
über mich selbst, als ich innerhalb von vier Monaten vier Personen ohne Grund im Verlauf eines Gesprächs buchstäblich
alle Schande sagte. Das machte mir unerhört Angst. Ich hatte
mich in diesen Situationen offenbar nicht mehr im Griff.
*FRANZ, 64, UND BERNADETTE INAUEN, 60, leben in Luzern, die beiden haben drei
erwachsene Kinder. Christian war bis Ende Oktober als Seelsorger im Blindenheim
Horw tätig, das letzte halbe Jahr noch in einem 50-Prozent-Pensum. Im Frühjahr
2013 wurde er mit der Diagnose Demenz konfrontiert.
DEMENZ FORDERT DIE SEELSORGE HERAUS
Im Kurs «Das Herz ist nicht dement» von Anfang November berichtete Christian* über sein Leben mit der Krankheit Demenz.
In der Seelsorge in Pfarreien und Pflegeheimen, in Diakonieprojekten wie Mittagstischen begegnen kirchliche Mitarbeitende Menschen, Angehörigen und Betreuenden, die von Demenz
betroffen sind. Die Krankheit fordert sie heraus, sich mit den
Tiefen des Lebens zu beschäftigen. Christian und Helen* bauen
mit ihrer Bereitschaft zum Gespräch eine Brücke dazu.
Wie organisieren Sie Ihren Alltag?
Bernadette Inauen: Wir haben begonnen, ein Heft zu führen, in
das wir reinschreiben, woran Franz denken oder was er erledigen muss, wenn wir – unsere jüngste Tochter oder ich – nicht
da sind. Was gemacht ist, wird durchgestrichen...
Franz Inauen: ...was aber keine Garantie dafür ist, dass ich an
etwas wirklich gedacht habe.
Was macht Sie sicher im Alltag?
Franz Inauen: Menschen, Dinge und Abläufe, die mir vertraut
sind, Rollen, auf die ich mich einlassen kann. Das war im Beruf
zum Beispiel, wenn ich einen
Gottesdienst hielt.
Wie erleben Sie Ihren Mann?
Bernadette Inauen: Es fällt
ihm häufig schwer, an einem
Thema zu bleiben. Für die
Angehörigen eines Menschen
mit Demenz ist es eine besondere Herausforderung, dass die
Kommunikation mit ihm nicht mehr so möglich ist, wie man
sich gewöhnt war.
Franz Inauen: Unser Gespräch dauert jetzt etwa eine Dreiviertelstunde, und ich habe bereits mehr Mühe, mich zu konzentrieren als am Anfang.
Bernadette Inauen: Liebe Gewohnheiten, die wir weiterpflegen, helfen uns, und für Franz sind sie etwas, an das er sich
halten kann. Der gemeinsame Feierabend in der Stube zum
Beispiel, zu dem wir ein Glas Wein trinken. Oder wir spielen
viel Rummy zusammen.
Fortsetzung auf Seite 6
BÜCHER ZUM THEMA:
• HALLO MISTER ALZHEIMER – Wie kann man weiterleben mit Demenz? Einsichten eines Betroffenen, Richard Taylor, Verlag Hans Huber Bern, 1. Auflage 2013,
ISBN 978-3-456-85263-8
• IM
DUNKELN WÜRFELN – Portraits, Bilder und Geschichten einer Demenz, Ri-
chard Taylor, Verlag Hans Huber, 2011, 1. Auflage 2011, ISBN 978-3-3456-84968-3
• ALZHEIMER
UND ICH – Leben mit Dr. Alzheimer im Kopf, Richard Taylor, Hans
Huber Verlag Bern, 3. Auflage 2011, ISBN 978-3-456-85026-9
Die Schweizerische Alzheimervereinigung im Web: www.alz.ch
Luzerner KIRCHENSCHIFF 01/2015 05
Ein Herz aus Lindenholz in einem gespaltenen Zwetschgenast. Die Skulptur von Reto Odermatt, Flüeli-Ranft, hat Bernadette Inauen ihrem Mann
Franz geschenkt, nachdem bei ihm eine dementielle Entwicklung diagnostiziert wurde. Fortsetzung von Seite 5
Müssen Sie in Ihrem Umfeld viel erklären?
Bernadette Inauen: Wenn ich es bloss könnte... Wie es Franz
geht, ist schwierig zu verstehen, wenn man es nicht selber miterlebt. Ich geriet schon in ein grosse Krise, als Bekannte meinten, Franz mache es ja so gut, wir täuschten uns in der Diagnose bestimmt. Ich fragte mich: Täuschen sich die Ärzte, bilde ich
mir das nur ein mit dieser Demenz? Ich bin gottefroh um die
paar Menschen, die wirklich Bescheid wissen. (denkt nach) Ja,
ich muss scho no öppe verzelle, wie wir das erleben. Viele Leute hören das Wort Demenz und verbinden es gleich mit einem
Menschen in der Endphase – schwer pflegebedürftig.
Wie sehen Sie Ihre Zukunft?
Franz Inauen: Eines Tages
«Ich glaube daran, dass das innerste Wesen eines Menschen
durch eine solche Krankheit
nicht zerstört wird.»
muss ich wohl in ein Heim.
Das bedrückt mich oft.
Bernadette Inauen: Es muss
Bernadette Inauen
doch für ältere Menschen eine
Wohnform geben, bei der sich
Menschen, die noch gesund sind, und solche mit Einschränkungen nach ihren Möglichkeiten unterstützen. Jeder und jede
trägt so lange zur Gemeinschaft bei, wie er oder sie es vermag.
Was sagen Sie anderen Menschen, welche die Diagnose Demenz erhalten?
Franz Inauen: Ich erteile keine Ratschläge, weil ich sie selbst
nicht ertrage. Was für uns gilt: Wir stehen immer dazu, wie es
uns geht und sind ehrlich. Eine Empfehlung ist vielleicht dies:
Einige Wochen nach der Diagnose hat mir Bernadette ein Buch
geschenkt und mich eingeladen, darin meine Gedanken aufzuschreiben und zu zeichnen. Das mache ich und es tut mir gut.
Bernadette Inauen: Mir ist es wichtig, weiterhin unseren Familienalltag so normal wie möglich zu gestalten. Wir feiern das
Leben miteinander, und die Welt geht nicht zu Ende. Wir messen unserem Denken viel Bedeutung zu. Aber es ist nur ein Teil
von uns. Und ich glaube daran, dass das innerste Wesen eines
Menschen durch eine solche Krankheit nicht zerstört wird.
06 Luzerner KIRCHENSCHIFF 01/2015
Bilder: Gregor Gander
Haben Sie Wünsche und Erwartungen an die Gesellschaft?
Franz Inauen: Dass die Leute sich sagen lassen, wie es einem
geht, es einem gopfertori auch glauben und nicht mit Ratschlägen abtun wollen. Ja weisch, ich vergesse auch immer so viel,
sagt man doch leicht. Man muss sich einfühlsam auf Menschen
mit Demenz einlassen. Ich kann doch auch nicht erklären,
weshalb es nun so tut mit mir, aber es tut so. Es kann deshalb
schwierig werden, wenn man Menschen mit Demenz widerspricht.
Bernadette Inauen: Hinhören, aufeinander zugehen: Das ist
wichtig, nicht nur beim Thema Demenz, und wird doch in unserer Gesellschaft oft nicht gemacht. Aufklärung ist wichtig;
ich schätze deshalb zum Beispiel die Tätigkeit der Alzheimervereinigung sehr. Und was
das Wohnen betrifft, frage ich
mich: Gibt es nichts anderes
als «Endstation Pflegeheim»?
Das ist ein dringendes Thema.
Franz Inauen: Ich stelle fest,
dass viele Leute erschrecken,
wenn sie mit dem Thema Demenz in Berührung kommen. Die meisten sind fast nicht informiert, ich war es ja auch nicht. Es ist schwierig, als Dementer
in dieser Gesellschaft zu leben. Meine Motivation ist, zur Bewusstseinsbildung beizutragen, solange ich das kann.
Sie sprechen offen über das Thema.
Franz Inauen: Ja. Ich mag nichts überspielen.
Bernadette Inauen: Wir muten den Leuten damit auch etwas
zu. Es gibt solche, die mir deswegen aus dem Weg gehen. Sie
wollen es gar nicht hören. Wie wenn Demenz ansteckend wäre.
Aber ich habe ihn der Zwischenzeit noch besser gelernt, die
vielen kleinen Zeichen positiver Zuwendung wahrzunehmen
und zu schätzen. Und ich weiss zum Glück um das gute Netz
von Menschen um mich, auf die ich mich verlassen kann.
Interview: Dominik Thali, Markus Kopp
Lesen Sie das vollständige Gespräch auf www.lukath.ch
NACHRICHTEN
DES
GLAUBENS
Y
WIE YOGA
Was hat Yoga mit Glauben
zu tun? Im traditionell-indischen Yoga mit seinen komplexen Lehren geht es letztlich wie in der christlichen
Mystik um die Vereinigung
mit dem Göttlichen. Im Westen wird Yoga oft losgelöst von
seinem geschichtlichen und
dogmatischen Kontext vermittelt. In Kursprogrammen
scheint Yoga auf als eine Form
der Körper- und Atemarbeit,
die unsere Konzentration
und Gelassenheit, das Muskelspiel, die Achtsamkeit und
unsere Selbstheilungskräfte
stärkt und uns von Stress und
Schlafstörungen befreit.
Manche kritisieren jegliche
Versuche, spirituelle Wege
und Methoden losgelöst von
religiösen Lehren, Gemeinschaftserfahrungen und Religionsgeschichte anzubieten.
Doch Yoga oder Zen als individuelle Erfahrung ohne expliziten Gottesbezug zu üben,
ist genauso legitim wie Bachs
Oratorien zu hören und barocke Kirchen zu besuchen,
ohne dabei die Vereinigung
mit Gott anzustreben.
Es gibt viele Wege zu Gott.
Warum nicht auch jener über
Ethik und Ästhetik, Atemtraining und Rituale?
Lukas Niederberger
IN DER SERIE «ABC des Glaubens»
erklären Ulrike Zimmermann, Regionalverantwortliche der Bistumsregion
St. Vik­tor, und der Theologe Lukas
Niederberger, Luzern, Begriffe aus dem
Glaubensleben und kirchlichen Alltag.
Kirchliche Medien
FILME IM RELIGIONSUNTERRICHT EINSETZEN – ABER WIE?
Immer wieder wünschen sich Klassen im Fach Religion Filme.
Doch wo findet sich geeignetes Material? In diesemWorkshop
lernen die Teilnehmenden, Werbeclips, Kurzfilme und Spielfilme sinnvoll im Religionsunterricht einzusetzen. Sie lernen
Methoden kennen, erhalten anhand von Beispielen wertvolle
(auch technische) Tipps für den Religionsunterricht und Material mit auf den Weg. Angesprochen sind Religionslehrpersonen, Religionspädagogen/-innen aller Schul­stufen.
Datum und Ort: Dienstag, 24. Februar, 18.15 – 21.15 Uhr, kath.
Landeskirche, Abendweg 1, Luzern
Leitung: Claude Bachmann, Religionspädagoge RPI, Kriens
Kosten: Fr. 30.–
Anmeldung: [email protected], 041 419 48 38
Religionsunterricht und Gemeindekatechese
EINFÜHRUNG IN DIE FASTENOPFER-MATERIALIEN
«Weniger für uns. Genug für
alle.» So lautet der Slogan
der Kampagne 2015 von Fastenopfer und «Brot für alle».
Diese nimmt unseren Fleischkonsum unter die Lupe, der
zur globalen Erwärmung beiträgt. Der Klimawandel beeinträchtigt die Produktion
vieler Kleinbauern im Süden,
Nahrungsmangel ist die Folge.
Unser Konsum, der Klimawandel und der Hunger hängen zusammen. Das Werkheft
«Katechese» bringt wiederum
neue Impulse für den Religionsunterricht und zur Gestaltung der Fastenzeit. Die Einführungen in die Materialien finden dieses Jahr an zwei Halbtagen
am gleichen Tag in Luzern statt:.
Datum und Ort: Mittwoch, 21. Januar,8.30 bis 11.30 (Kurs A); 14
bis 17 Uhr (Kurs B); jeweils kath. Landeskirche, Abendweg 1,
Luzern.
Anmeldung: [email protected], 041 419 48 38
Austauschabend in Rothenburg
WAS PAARE ZUSAMMENHÄLT – WELCHE WERTE TRAGEN?
Was hält Paare zusammen? Was trägt sie durch die Hochs
und Tiefs der Beziehung? Drei Paare in verschiedenen Beziehungsaltern erzählen bei einem Glas Rotwein, welche drei
Werte für sie tragend sind. Ein gemütlicher und impulsreicher
Paarabend. Auch Einzelpersonen sind willkommen.
Datum und Ort: Mittwoch, 4. Februar, 19.30–21.45 Uhr, Pfarreiheim Rothenburg, Eintritt frei
Anmeldung: Petra Mestre, [email protected], 041 280 20 19
Freiwilligenpreis
JETZT VORSCHLÄGE FÜR
NOMINATIONEN MACHEN
Nicht vergessen: Noch bis
Ende Januar läuft die Frist,
um Vorschläge für den Preisträger/die Preisträgerin des
zweiten «Dank Dir!»-Preises
einzureichen. Landeskirche
und Seelsorgerat suchen jene
Gruppe, die mit ihrer Freiwilligenarbeit auffällt und
dafür geehrt werden soll. Im
vergangenen Jahr hatte die
«Mini»-Schar von Hochdorf
die Auszeichnung erhalten.
Der Preis besteht aus einem
Geldbetrag für einen gemeinschaftlichen Anlass sowie
drei «Dank Dir!»-Fahnen, die
nun während eines Jahres in
der Pfarrei, gut sichtbar, auf
die Auszeichnung hinweisen.
Vorschläge an: Thomas Villiger, Fach­
bereich Pastoral – Pfarreientwicklung
und Diakonie, [email protected]
oder 041 419 48 40
LUZERNER KIRCHENSCHIFF
Das Informationsmagazin für die
Mitarbeitenden der römisch-katholischen Landeskirche des Kantons
Luzern; erscheint zehnmal jährlich
HERAUSGEBER
Römisch-katholische Landeskirche
des Kantons Luzern in Zusammenarbeit mit dem Bischofsvikariat
St. Viktor
REDAKTION
Dominik Thali
REDAKTIONSADRESSE
Römisch-katholische
Landeskirche des Kantons
Luzern, Kommunikation,
Abendweg 1, 6000 Luzern 6
Telefon 041 419 48 24
[email protected]
DRUCK
Brunner AG
Druck und Medien, Kriens
Auflage: 2900 Ex.
BESTELLUNGEN
ADRESSÄNDERUNGEN
Römisch-katholische
Landeskirche des Kantons
Luzern, Synodalverwaltung, Abendweg 1, 6000 Luzern 6
Telefon 041 419 48 48
[email protected]
Jahresabonnement: Fr. 20.–
DIE NÄCHSTE AUSGABE ERSCHEINT
MITTE FEBRUAR 2015
Luzerner KIRCHENSCHIFF 01/2015 7
Aus Sicht des Synodalrats
FORUM
DEN NEUBEGINN MIT VERTRAUEN WAGEN
Ich sagte zu dem Engel,
der an der Türe des Jahres stand:
«Gib mir ein Licht, dass ich sicher in das Unbekannte schreiten möge.»
Und er antwortete:
welche die sogenannte Steuergruppe bilden. Und auf
der operativen Seite besteht die Geschäftsleitung aus
dem Synodalverwalter und dem Stellenleiter der Fach­
bereiche.
«Geh hinaus in die Dunkelheit
und lege deine Hand in die Hand Gottes.
Das wird für dich besser sein als ein Licht
und sicherer als ein bekannter Weg.»
aus China
Diese strukturell und personell neu definierte Zusammenarbeit will eingeübt werden. Entsprechend müssen
auch die Prozesse definiert und umschrieben werden.
Das heisst denn auch: Vieles liegt noch im Dunkeln. Es
«Gott begleitet uns, ist
uns nahe und führt uns,
wenn wir den Weg
selber nicht mehr sehen.»
Zu Beginn eines neuen Jahres liegt Vieles vor uns: Bekanntes und Vertrautes, Unbekanntes und Fremdes. Für
die Fachstellen unserer Landeskirche wird das sehr konkret: Mit dem Ja der Synode zur Neuorganisation der
Fachstellen- und Führungsstruktur vom 14. Mai letzten
Jahres kann nun ein Neuanfang beginnen, der bereits
seit längerer Zeit in kleinen Schritten vorbereitet wurde.
Früh wurden die Mitarbeitenden der Fachstellen in die
Beratungen miteinbezogen. Jetzt, mit dem Jahresbeginn,
soll die entstandene Struktur nach und nach umgesetzt
werden.
Zuerst gilt es, Übersicht zu schaffen und so eine Form
von Ordnung in Bekanntes und Neues hineinzubringen.
Diese neue Organisation enthält auch neue Zusammensetzungen in der Zusammenarbeit. Waren bis anhin verschiedene Personen der Bistumsregionalleitung und des
Synodalrats in die strategische Leitung der Fachstellen
eingebunden, sind dies neu nur noch je eine Person der
beiden «Linien» (der staatskirchlichen und pastoralen),
08 Luzerner KIRCHENSCHIFF 01/2015
wird Erfahrungen geben, welche Mitarbeitende und Leitende beflügeln und andere, welche hemmen oder sogar
blockieren.
Ein solcher Neuanfang kann deshalb nicht ohne Respekt
vor den gesetzten Zielen gemacht werden. Es ist gut zu
wissen, dass die Neuorganisation nicht über Nacht umgesetzt sein muss. In knapp zwei Jahren werden wir der
Synode Rechenschaft ablegen. Wir haben also für diesen
Neuanfang etwas Zeit. Und den neuen Weg muss letztlich
niemand allein gehen: Wir arbeiten in verschiedenen Konstellationen zusammen und können damit auf die Mitarbeit und das Mitdenken anderer zählen. Und als Christinnen und Christen dürfen wir uns aufmachen im Vertrauen
darauf, dass uns Einer begleitet, uns nahe ist und uns
führt, wenn wir selber den Weg nicht mehr sehen.
Simone Rüd, Synodalrätin
AUF DER SEITE FORUM schreiben abwechselnd Mitglieder der Bistumsregionalleitung und des Synodalrats zu einem selbst gewählten Thema.