Designdiskurs 2 Kann Gestaltung Gesellschaft verändern? Katrin Schwenke · s0544039 · Wintersemester 2015/ 2016 · HTW Berlin · Designmanifest Manifest Auf Individuen einzugehen, ist in Zeiten der Massenproduktion schwerer denn je. Trotzdem müssen wir es allen Recht machen, ohne uns dabei selbst zu vergessen. Um unsere Produkte zu verkaufen, müssen wir dem Konsumenten eine Steigerung seiner selbst vermitteln. „Form follows function“ ist weiterhin aktuell, doch nun heißt es außerdem „Function goes Image“. Mit unserem Design müssen wir eine klare, präzise Botschaft vermitteln, die der Identifikation des Konsumenten mit dem Produkt dient. Wir müssen uns unserer Verantwortung und unserem Einfluss bewusst sein, ohne dabei naiv zu handeln und unser eigenes Wohl zu vergessen. Was wir tun, darf nicht als selbstverständlich angesehen werden. Unsere Arbeit fordert ständige Reorientierung und Interaktion mit dem Weltgeschehen. Solang die Welt nicht still steht, wird unser Potential nicht ausgeschöpft sein. Auch wenn wir es uns wünschen: Wir können nicht allein die Welt retten. Doch wir können unseren Anteil tun. Wir Designer müssen danach handeln, was sich gut und sinnvoll anfühlt. Und vor allem dürfen wir niemals an unseren Visionen zweifeln. Berlin, 2015 Kommentar Im Vierteljahresbericht der HfG Ulm vom Oktober 1958 wird das Ziel der visuellen Gestaltung wie folgt beschrieben: „Die Forschung [...] zielt darauf ab, die visuellen Aussagen so eindeutig wie möglich ihrem Gegenstand zuzuordnen“1. Dieses Motto hat auch in der heutigen Zeit nicht an Bedeutung verloren. Mein Manifest nimmt dies auf weist darauf hin „klare, präzise Botschaften [zu] vermitteln“2. Wir müssen in unserer Arbeit stets die aktuellen Ereignisse berücksichtigen. Dies ging bereits aus dem „First Things First“ Manifest von 2000 hervor. Dort heißt es: „Unprecedented environmental, social and cultural crises demand our attention“3. Ich gehe darauf ein, indem ich sage, dass unsere Arbeit permanent der „Reorientierung und Interaktion mit dem Weltgeschehen“4 bedarf. Außerdem werden wir im First Things First Manifest von 2000, wie so oft darauf hingewiesen, dass es die kommerzielle Arbeit ist, mit der wir unsere Rechnungen bezahlen5. Ich sage dazu, der Designer sollte an seinen Visionen festhalten und sich seiner Verantwortung der Gesellschaft gegenüber bewusst sein. Trotzdem dürfe er dabei nicht, im Glauben die Welt zu verbessern, naiv handeln und damit sein eigenes Wohl vergessen6. Rick Poynor schrieb im Emigre Magazine einen Artikel, in dem er das First Things First Manifest erneut aufgreift. Er lässt sich darüber aus, das wir Design mittlerweile als „completely natural“7 wahrnehmen. „It‘s just the way things are“8. Meiner Meinung nach ist es lobenswert, dass Design scheinbar reibungslos funktioniert. Das Design drängt sich nicht auf und beweist damit, dass es funktioniert. Trotzdem wird dem Designer durch diese perfekte Integration die Anerkennung für seine Designarbeit verwehrt. Ich äußere mich dazu :„Was wir tun, darf nicht als selbstverständlich angesehen werden“9. Wolfgang Ullrich beschreibt in seiner Publikation „Alles nur Konsum“ das Verhalten der Produzenten und Konsumenten in der heutigen „Konsumkultur“10. Seiner Meinung nach drücke der Mensch mit dem, was er kauft aus, was er denkt11. Gleichermaßen haben viele Produkte nicht mehr nur eine Funktion, sondern vermitteln ebenso ein Image12. Dies bringt mich dazu zu behaupten, dass „Form follows function“ heutzutage durch „Function goes Image“13 erweitert werden muss. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Vierteljahresbericht der HfG Ulm 1958, S. 7 Z. 11 ff. Schwenke, Katrin: Manifest, Z. 6 f. The First Things First Manifesto 2000, Z. 15 f. Schwenke, Katrin: Manifest, Z. 11 f. vgl. The First Things First Manifesto 2000, Z. 7. vgl. Schwenke, Katrin: Manifest, Z. 8 ff. ebd. Z.5 ff. First Things First Revisited 1999, Z.5 ff. vgl. Schwenke, Katrin: Manifest, Z. 10 f. Ullrich, Wolfgang: Alles nur Kosum, S. 7 Z. 11. vgl. ebd., S. 10 Z. 13. vgl. ebd. S. 10 Z. 24 ff. Schwenke, Katrin: Manifest, Z.5 f. Da „heutige Konsumprodukte fast immer Massenartikel sind“14, falle es schwer, „individuelle Interessen [zu] bedienen“15. Ein heutiger Produzent müsse das Ziel haben, viel Konsumenten zu erreichen16. Es gehöre zu den Aufgaben des Designers „dem Konsumenten die Fiktion [zu vermitteln], durch ein Produkt geadelt, zu einem Kenner, Moralisten oder Sieger gemacht zu werden“17. Gui Bonsiepe spricht im Bericht der HfG Ulm vom Februar 1968 bereits davon, dass „das Berufsbild des visuellen Gestalters einer Reorientierung harrt, nachdem man glauben durfte, es mit dem Erreichten schon erreicht zu haben“18. Dies lässt sich auch in die heutige Zeit übertragen. Ich fasse dies auf, in dem ich sage „[s]olang die Welt nicht still steht, wird unser Potential nicht ausgeschöpft sein“19. Und übernehme gleichermaßen seine Aussage, dass der „Spezialist des Visuellen in eine sekundäre Rolle gedrängt werden kann“20, wenn wir keine „Botschaft vermitteln, die der Identifikation des Konsumenten mit dem Produkt dient“21. Er erwähnt, „die Kommunikationsindustrie [ist] eine Bewusstseinsindustrie“.22 Ich will darauf verweisen, dass wir unterschwellig großen Einfluss auf den Menschen haben, da wir ein Verständnis für sein Konsumverhalten haben bzw. haben müssen. Christian Büning schreibt in einem Artikel für Design made in Germany, dass vor allem junge Designer sich nach „Selbstverwirklichung und Ruhm“23 sehnen. Außerdem behauptet er betont zweifelnd, dass wir Designer fest daran glauben, die Welt verbessern zu können24. Er scheint sich darüber zu amüsieren, dass „Designer [...] gerne den Anspruch [pflegen], Teil des Guten zu sein und Lösungen für die drängenden Menschheitsprobleme zu entwickeln“25. Meiner Auffassung nach ist das Verlangen danach die Welt zu retten nichts Verwerfliches. Es kann sogar extrem nützlich sein um den Ansporn zu haben, seine Arbeit gut zu tun. Wir müssen uns aber dem bewusst sein, dass wir die Welt nicht allein retten können, sondern wir Designer nur einen „Anteil“26 dazu leisten können. Wir sollten tun, was sich „gut und sinnvoll anfühlt“27 und dabei nicht „an unseren Visionen zweifeln“28. Im Bauhaus Manifest wird vom „Bau der Zukunft“29 gesprochen. Ähnlich dem Bauhaus Manifest rufe ich dazu auf Visionen zu haben und nicht an diesen zu zweifeln. 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 Ullrich, Wolfgang: Alles nur Kosum, S. 13 Z. 28. ebd., S. 13 Z. 29 f. vgl. ebd., S. 15 Z. 15 f. ebd., S. 15 Z. 24 ff. Bericht der Hochschule für Gestaltung 1968, Z. 48 ff. Schwenke, Katrin: Manifest, Z. 12 f. Bericht der Hochschule für Gestaltung 1968, Z. 42 ff. Schwenke, Katrin: Manifest, Z. 7 f. Bericht der Hochschule für Gestaltung 1968, Z. 15 f. Büning, Christian: Wir sind gestört, S. 5 Z. 2 f. vgl. ebd., S. 2 Z. 24 f. ebd., S. 2 Z. 16 ff. Schwenke, Katrin: Manifest, Z. 14. ebd., Z. 15 ebd., Z. 16 Gropius, Walter: Manifest, Z. 27 f. Bibliographie Ullrich, Wolfgang, Alles nur Kosum, 2. Auflage, Berlin, Wagenbachs Taschenbuch 699, 2013, S. 7-49. Ulm 1, Vierteljahresbericht der Hochschule für Gestaltung, Ulm, Oktober 1958, S. 1-2; 3-7; 18-23. Ulm 21, Bericht der Hochschule für Gestaltung, Ulm, Februar 1968, S. 16. Büning, Christian: Wir sind gestört - zur Lage der Designer in Deutschland, Design made in Germany http:// www.designmadeingermany. de/2015/90919/ [zuletzt abg. 30.11.15]. Garland, Ken: The First Things First Manifesto 1964. In: http://www.designishistory.com/1960/first-things-first/ [zuletzt abg. 7.12.15]. Gropius, Walter: Manifest. In: http://bauhaus-online.de/atlas/das-bauhaus/idee/manifest [zuletzt abg. 7.12.15]. Poynor, Rick: First Things First Revisited 1999. In: http://www.emigre. com/Editorial.php?sect=1&id=13 [zuletzt abg. 7.12.15]. The First Things First Manifesto 2000. In: http://www.emigre.com/Editorial.php?sect=1&id=14 [zuletzt abg. 7.12.15].
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