Rechts- und Justizstandort Bayern

Position
Rechts- und Justizstandort Bayern –
Optimierungspotenziale aus
Unternehmenssicht
Stand: Februar 2016
www.vbw-bayern.de
Position – Rechts- und Justizstandort Bayern –
Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
vbw – Februar 2016
Vorwort
Vorwort
Die bayerischen Unternehmen sehen Verbesserungsmöglichkeiten für die Justiz
X
Position – Rechts- und Justizstandort Bayern –
Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
vbw – Februar 2016
Inhalt
X
Inhalt
1
Einführung .................................................................................................... 1
2
Position der vbw auf einen Blick ................................................................ 3
3
Repräsentative Befragung ........................................................................... 5
3.1
Umfrage .......................................................................................................... 5
3.2
Ergebnisse...................................................................................................... 6
4
Gesprächsforen .......................................................................................... 13
4.1
Themen ........................................................................................................ 13
4.2
Ergebnisse.................................................................................................... 13
5
Schlussfolgerungen und Forderungen .................................................... 15
5.1
5.1.1
5.1.2
5.1.3
5.1.4
Laufbahnrecht der Richter ............................................................................ 15
Problem ........................................................................................................ 15
Geplante Maßnahmen .................................................................................. 15
Bewertung .................................................................................................... 16
Forderung der vbw ....................................................................................... 16
5.2
5.2.1
5.2.2
5.2.3
5.2.4
5.2.5
Fortbildung der Richter ................................................................................. 16
Problem ........................................................................................................ 16
Geplante Maßnahmen .................................................................................. 16
Umsetzung ................................................................................................... 17
Bewertung .................................................................................................... 17
Forderung der vbw ....................................................................................... 17
5.3
5.3.1
5.3.2
5.3.3
5.3.4
5.3.5
Verfahren mit Sachverständigenbeteiligung ................................................. 18
Problem ........................................................................................................ 18
Geplante Maßnahmen .................................................................................. 18
Bewertung .................................................................................................... 18
Umsetzung ................................................................................................... 19
Forderung der vbw ....................................................................................... 19
5.4
5.4.1
5.4.2
5.4.3
5.4.4
Bundesrechtliche Maßnahmen in Baustreitigkeiten ..................................... 19
Problem ........................................................................................................ 19
Geplante Maßnahmen .................................................................................. 20
Bewertung .................................................................................................... 21
Forderung der vbw ....................................................................................... 22
6
Weitere Forderungen der vbw ................................................................... 25
Inhalt
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Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
vbw – Februar 2016
6.1
6.1.1
6.1.2
6.1.3
Englisch als Gerichtssprache ....................................................................... 25
Herausforderung........................................................................................... 25
Bundesratsinitiative „Internationale Kammern für Handelssachen“ .............. 25
Position der vbw ........................................................................................... 26
6.2
6.2.1
6.2.2
6.2.3
Zügige Einführung des umfassenden elektronischen Rechtsverkehrs ......... 26
Gesetzliche Regelung .................................................................................. 26
Bewertung .................................................................................................... 27
Position der vbw ........................................................................................... 27
7
Fazit ............................................................................................................. 29
Ansprechpartner / Impressum ...................................................................................... 31
Position – Rechts- und Justizstandort Bayern –
Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
vbw – Februar 2016
1
Einführung
1
Einführung
Gemeinsame Initiative für den Rechts- und Justizstandort Bayern
Die Initiative Rechts- und Justizstandort Bayern will die Stärken des Rechts- und Justizstandorts Bayern im nationalen und internationalen Vergleich bekannt machen und
Schwächen beseitigen – auch mit Blick auf den Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte.
Gestartet wurde die Initiative im April 2010. Beteiligt sind Wirtschaftsorganisationen,
Rechtsanwälte und Notare, die Ordentliche Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaft
sowie die Rechtswissenschaft. Die Federführung liegt beim Bayerischen Justizministerium. Seit dem Jahr 2015 wird die Initiative vom Förderverein Initiative Rechts- und
Justizstandort Bayern e. V. unterstützt, an dessen Gründung die vbw und das Bayerische Justizministerium beteiligt waren.
Seit Ende Januar 2016 informiert die Initiative die Öffentlichkeit über den Rechts- und
Justizstandort Bayern auf der Homepage http://www.rechtsstandortbayern.de/.
Grundlage der Initiative ist eine umfassende Evaluation der bayerischen Justiz mittels
Statistiken, Befragungen und Gesprächsforen. Hieraus ließ sich ein Handlungsbedarf
ableiten, der zum Teil bereits zur Einleitung konkreter Verbesserungsmaßnahmen
durch das Bayerische Justizministerium geführt hat.
Zurecht hat die Präsidentin des Bundesgerichtshofs (BGH), Bettina Limperg, der bayerischen Justiz im Rahmen der 6. Bitburger Gespräche in München, die von der Gesellschaft für Rechtspolitik (gfr) in Kooperation mit der vbw durchgeführt wurden, eine vorbildliche Qualitätsoffensive attestiert. In einigen Punkten besteht allerdings weiterhin
Handlungsbedarf.
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Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
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2
Position der vbw auf einen Blick
3
Position der vbw auf einen Blick
Handlungsbedarf für die bayerische Justiz
Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. begrüßt, dass das Bayerische
Justizministerium eine Evaluation der Justiz aktiv unterstützt, sich intensiv mit den Ergebnissen der Befragung auseinandersetzt und bereits erste Maßnahmen zur Verbesserung in Angriff nimmt.
– Für die Unternehmen ist eine gut funktionierende Justiz ein wesentlicher Faktor bei
der Bewertung der Attraktivität des Standorts Bayern.
– Die bayerische Justiz wird in den wichtigsten Aspekten Neutralität und Transparenz
sehr positiv beurteilt.
– Bei den Aspekten Schnelligkeit und Serviceorientierung besteht aus Sicht der Unternehmen noch Nachholbedarf.
Aus den umfassenden Rückmeldungen der Unternehmen ergeben sich folgende Forderungen der vbw:
– Verkürzung von Verfahrensdauern
Zügig für Rechtsfrieden sorgen
– Längere Verweildauern von Richtern auf einem Dezernat
Langjährige Befassung mit Spezialmaterien bei Beförderungen berücksichtigen
– Ausschluss von Einzelrichtern in Bausachen
Verzögerungen bei Richterwechseln vermeiden
– Abbau von Altverfahren
Anreize zur Erledigung übernommener Verfahren schaffen
– Optimierung der Einbindung von Sachverständigen
Kommunikation und Austausch stärken
– Flächendeckende Einführung von spezialisierten Baukammern
Kompetenz im Umgang mit komplexen Streitgegenständen bündeln
– Fortbildungspflicht für Richter
Fortbildungen für Richter verbindlich im Bayerischen Richtergesetz regeln
– Einbindung von Laienrichtern in Bausachen
Den Sachverstand von Auftraggebern und Auftragnehmern nutzen
4
Position der vbw auf einen Blick
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– Einführung der obligatorischen Adjudikation in Bausachen
Gerichte und Wirtschaft durch zügige vorgeschaltete Verfahren entlasten
– Verbesserte Erreichbarkeit der Gerichte
Effektive Kommunikation unabhängig von Geschäftszeiten ermöglichen
– Einrichtung von W-Lan in Gerichtssälen
Jederzeit Zugriff auf umfangreiche Akten ermöglichen
– Einführung von Englisch als Gerichtssprache
Internationale Verfahren ohne Sprachhürden einführen
– Elektronischen Rechtsverkehr zügig umsetzen
Elektronische Weiter-Bearbeitung auch gerichtsintern sicherstellen
– Verstärkte Protokollierung von rechtlichen Hinweisen des Gerichts
Konfliktlösungen erleichtern.
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Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
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3
Repräsentative Befragung
5
Repräsentative Befragung
Umfassende Evaluation der bayerischen Justiz
3.1
Umfrage
Die Institut der Deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH (IW Consult) hat im Auftrag
des Bayerischen Justizministeriums, der vbw sowie der Rechtsanwaltskammern München und Bamberg Bürger, Unternehmen und Rechtsanwälte befragt.
Dies ist Bestandteil einer umfassenden Evaluation, die auf drei Säulen fußt:
– Justizstatistiken
– Befragung von Bürgern und Rechtsanwälten an 30 Gerichten und Staatsanwaltschaften durch Fragebögen des Bayerischen Justizministeriums
– Repräsentative Befragung von Bürgern, Rechtsanwälten und Unternehmen in Bayern, erhoben durch die IW Consult
Für die dritte Säule wurden Ende 2011 insgesamt 1.205 Bürger, 481 Unternehmen und
596 Rechtsanwälte aus Bayern zu ihren Erfahrungen mit der bayerischen Justiz, zu
ihrer Zufriedenheit und zu Verbesserungsvorschlägen befragt. Die Ergebnisse wurden
in einer Pressekonferenz am 21. Mai 2012 vorgestellt.
6
3.2
Repräsentative Befragung
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Ergebnisse
Die Umfrageergebnisse sehen auf der obersten Aggregationsstufe wie folgt aus:
Abbildung 1
Zentrale Erkenntnisse zur Zufriedenheit mit der bayerischen Justiz
Quelle: IW Consult GmbH, Evaluation des Rechts- und Justizstandorts Bayern, 2011
Im Vergleich zu den Zufriedenheitswerten bei Bürgern und Rechtsanwälten bleibt die
Zufriedenheit der befragten Unternehmen verhalten. Die Auswertung ergibt dabei folgende Tendenz:
– Für die Unternehmen ist eine gut funktionierende Justiz ein wesentlicher Faktor bei
der Bewertung der Attraktivität des Standorts.
– Die bayerische Justiz wird in den wichtigsten Aspekten Neutralität und Transparenz
sehr positiv beurteilt.
– Bei den Aspekten Schnelligkeit und Serviceorientierung besteht noch Nachholbedarf.
In vbw Gesprächsforen mit Unternehmensvertretern wurde dies fundiert ergründet
(siehe Kapitel 4).
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Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
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Repräsentative Befragung
7
Weitere Ergebnisse der Umfrage sind:
Abbildung 2
Allgemeine Zufriedenheit
1) 478 Unternehmen aus Bayern
2) 377 Unternehmen aus Bayern
Quelle: IW Consult GmbH, Evaluation des Rechts- und Justizstandorts Bayern, 2011
Zu Beginn der Befragung sind knapp die Hälfte (48 Prozent) der Unternehmen mit der
bayerischen Justiz insgesamt zufrieden, nach der Befragung sind es sieben Prozentpunkte mehr (55 Prozent). Tendenziell steigt also die Zufriedenheit nach vertiefter Reflexion. Insgesamt macht etwa jedes fünfte Unternehmen am Ende der Befragung eine
andere Angabe zur Zufriedenheit als zu Beginn.
Steigt man tiefer in die Umfragedaten ein, lassen sich folgende Trends feststellen (jeweils Ergebnisse zu Beginn der Befragung):
– Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern sind tendenziell zufriedener als kleinere
Unternehmen. Hier sind 63,4 Prozent zufrieden mit der Justiz in Bayern, während
der dies bei Unternehmen mit bis zu neun Beschäftigten 49,9 Prozent sind und bei
Unternehmen mit zehn bis 49 Beschäftigten 47,3 Prozent.
– Auch bei Betrachtung der erfassten Branchen ergeben sich Unterschiede:
- Zufriedenheit Industrie (inkl. Bau): 48 Prozent, unzufrieden: 31,4 Prozent
- Zufriedenheit Dienstleistungen: 47,8 Prozent, unzufrieden: 42,7 Prozent
- Zufriedenheit Handel: 50,8 Prozent, unzufrieden: 30,3 Prozent
8
Repräsentative Befragung
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Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
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Abbildung 3
Zufriedenheit mit Einzelaspekten
Wie zufrieden sind Sie mit einzelnen Aspekten der Justiz? 1)
1) 469 Unternehmen in Bayern
Quelle: IW Consult GmbH, Evaluation des Rechts- und Justizstandorts Bayern, 2011
Am zufriedensten sind die Unternehmen mit der Neutralität (52 Prozent). Am unzufriedensten sind die Unternehmen mit der Schnelligkeit. 59 Prozent der Unternehmen sind
hier unzufrieden und nur 30 Prozent zufrieden.
Betrachtet man die Unternehmen nach der Größe aufgeteilt, fällt auf, dass insbesondere kleine Unternehmen (Mitarbeiterzahl ≤ 50) mit der Schnelligkeit der Justiz weniger
zufrieden sind. Sind von den größeren Unternehmen hier noch 41,7 Prozent sehr oder
eher zufrieden, sinkt dieser Anteil bei kleinen Unternehmen auf 31,7 bzw. 27,5 Prozent.
Auch bei der Transparenz und Nachvollziehbarkeit ergibt sich ein ähnliches Bild. Von
den großen Unternehmen ist hier mit 52 Prozent über die Hälfte der Unternehmen zufrieden, während die Werte bei kleineren Unternehmen bei jeweils etwa 39 Prozent
liegen.
Bei Betrachtung nach Branchen liegt bei Dienstleistungsunternehmen die Zufriedenheit
mit der Schnelligkeit mit 34,1 Prozent über dem Durchschnitt. Bei Industrie-, Bau- und
Handelsbetrieben ist nur etwa jedes vierte Unternehmen mit der Schnelligkeit zufrieden.
Betrachtet man die Industrie- und Bauunternehmen, so zeigen diese im Bereich der
Transparenz und Nachvollziehbarkeit eine überdurchschnittlich hohe Zufriedenheit
(43,4 Prozent).
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Repräsentative Befragung
9
Abbildung 4
Wichtigkeit der Einzelaspekte
372 Unternehmen in Bayern
Quelle: IW Consult GmbH, Evaluation des Rechts- und Justizstandorts Bayern, 2011
Am wichtigsten sind den Unternehmern die Aspekte, mit denen sie am zufriedensten
sind, Neutralität und Transparenz. Die Aspekte, mit denen sie am wenigsten zufrieden
sind, Schnelligkeit und Serviceorientierung, sind den Unternehmen unterdurchschnittlich wichtig.
Diese Grafik gehört zu den entscheidenden. Sie zeigt, was den Unternehmen bei der
bayerischen Justiz am wichtigsten ist.
Ganz vorn liegen Neutralität und Objektivität, gefolgt von Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Und mit diesen Aspekten sind die Unternehmen auch am zufriedensten.
Die Aspekte, mit denen sie weniger zufrieden sind, Schnelligkeit und Serviceorientierung, sind den Unternehmen dagegen nur unterdurchschnittlich wichtig.
Am wichtigsten sind den Unternehmen also die Aspekte, mit denen sie auch am zufriedensten sind, Neutralität und Transparenz. Dies ist für den Justizstandort Bayern ein
sehr positives Umfrageergebnis.
10
Repräsentative Befragung
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Abbildung 5
Verfahrensdauer – Zivilsachen Vergleich
1) 351 – 383 Unternehmen aus Bayern
Quelle: IW Consult GmbH, Evaluation des Rechts- und Justizstandorts Bayern, 2011
Die Dauer der Gerichtsverfahren ist auch in der öffentlichen Diskussion immer wieder
ein Thema. Hierzu gibt es zahlreiche statistische Erhebungen. Ziel der Umfrage war
es, herauszufinden, wie die Unternehmen als Betroffene diese selbst einschätzen.
55,1 Prozent der Unternehmen hatten in den letzten fünf Jahren mindestens einmal
Kontakt mit der Justiz im Zuge eines Zivilverfahrens. Ein durchschnittliches bayerisches Unternehmen war in den letzten fünf Jahren in 10,1 erledigte zivilrechtliche Streitigkeiten involviert. Davon wurden 6,7 Verfahren außergerichtlich und 3,2 Verfahren vor
den staatlichen Gerichten erledigt. Schieds- und Mediationsverfahren spielten nur eine
untergeordnete Rolle (0,2 Verfahren).
Die Unternehmen wurden nach der ihrerseits geschätzten sowie der gewünschten
Dauer der Verfahren vor den Amts- und Landgerichten gefragt. Dem wurden die tatsächlichen Daten aus der amtlichen Statistik gegenübergestellt. Diese Werte liegen
sogar noch unterhalb der gewünschten Verfahrensdauern, selbst wenn man solche
Verfahren herausrechnet, die durch Klagerücknahme oder Versäumnisurteil enden.
Diese Verfahren sind oftmals schnell beendet, was die Statistik beeinflusst.
Man könnte also meinen, die Unternehmen unterlägen einer fehlerhaften Wahrnehmung. Dies lässt sich aber dadurch erklären, dass Unternehmen häufiger als andere
Prozessbeteiligte Gerichtsverfahren mit komplexerem Streitgegenstand führen, die sich
tendenziell länger hinziehen.
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Repräsentative Befragung
11
Abbildung 6
Bevorzugter Gerichtsstand
Aus welchen Gründen bevorzugt Ihr Unternehmen einen bestimmten
Gerichtsstand? 1)
1) 394-422 Unternehmen aus Bayern
Quelle: IW Consult GmbH, Evaluation des Rechts- und Justizstandort Bayern, 2011
Hauptkriterium für die Wahl des Gerichtsstands ist die Nähe zum Unternehmenssitz.
An zweiter und dritter Stelle stehen die Kosten der Rechtsverfolgung und das materielle Recht am Gerichtsstand.
Vergleiche zwischen Gruppen unter den Unternehmen zeigen insbesondere, dass Unternehmen mit 50 und mehr Mitarbeitern etwas seltener als kleinere Unternehmen einen Gerichtsstand in Bayern bevorzugen. Große Unternehmen ziehen häufiger Gerichtsstände im Ausland vor oder haben keinen bevorzugten Gerichtsstand, während
Gerichtsstände in Bayern von Handelsunternehmen besonders häufig präferiert werden.
Generell ist festzustellen, dass zwar je nach Unternehmenstyp und -größe die Schwerpunkte bei der Wahl des Gerichtsstands variieren, dass die Nähe zum Standort des
Unternehmens jedoch für fast alle Unternehmen ein entscheidendes Kriterium ist.
In diesem Zusammenhang ist noch ein anderes Umfrageergebnis relevant: Von den
Unternehmen waren 22 Prozent schon in anderen Ländern Deutschlands und
13,2 Prozent in anderen europäischen Staaten in Zivilverfahren involviert. Die Befragten nennen jedoch zum allergrößten Teil keine bzw. vereinzelt nur unspezifische Aspekte aus anderen Ländern, die sie in das bayerische Justizsystem übernehmen würden.
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Repräsentative Befragung
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Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
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Abbildung 7
Justiz als Standortfaktor
Wie wichtig ist es für Ihr Unternehmen bei Standortentscheidungen, dass
die Justiz vor Ort in den folgenden Rechtsgebieten effizient und effektiv
funktioniert? 1)
1) 398 Unternehmen aus Bayern
Quelle: IW Consult GmbH, Evaluation des Rechts- und Justizstandorts Bayern, 2011
Eine funktionierende Justiz ist für die Mehrzahl der Unternehmen ein sehr oder eher
wichtiger Standortfaktor. Für 63 Prozent der Unternehmen ist eine funktionierende Ziviljustiz sehr oder eher wichtig, gefolgt von FGG-Sachen (60 Prozent) und der Strafjustiz (54 Prozent).
Dieses Ergebnis dokumentiert abschließend, dass eine funktionierende Justiz für die
Mehrzahl der Unternehmen ein wichtiger Standortfaktor ist.
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Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
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4
Gesprächsforen
13
Gesprächsforen
Vertiefung der repräsentativen Umfrage
4.1
Themen
Als weiterer Teil der Evaluation der bayerischen Justiz veranstalteten das Bayerische
Justizministerium und die vbw Gesprächsforen in den drei bayerischen Oberlandesgerichtsbezirken. In den Foren in München, Bamberg und Nürnberg im Oktober und November 2012 wurde offen über die Stärken und Schwächen der Justiz diskutiert, mit
einem Schwerpunkt auf den Zivilgerichten. Die Arbeitsgerichte waren nicht Gegenstand der Evaluation, da sie nicht in das Ressort des Justizministeriums fallen.
An den Foren nahmen neben Vertretern des Justizministeriums, der Ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaft zahlreiche Unternehmensvertreter teil.
4.2
Ergebnisse
Bei den Gesprächsforen stellten die Unternehmensvertreter vor allem die Gründe für
Verfahrensverzögerungen und die hohen Anforderungen an die Fachkenntnisse der
Richter heraus, wie etwa bei IT- oder bautechnischen Detailfragen. Die vbw hat entsprechende Betriebsvolontariate für Richter in relevanten Spezialgebieten angeboten.
Erörtert wurden außerdem
– die oftmals zu kurze Verweildauer von Richtern im Amt,
– die sachlich teilweise nicht fundierte Vergleichspraxis der Gerichte sowie
– die Möglichkeiten der Mediation und außergerichtlichen Streitbeilegung.
Hinsichtlich der Serviceorientierung wurden gefordert
–
–
–
–
–
die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs mit Gerichten,
die verbesserte Erreichbarkeit und
die Einrichtung von W-Lan in Gerichtssälen,
ebenso die Einführung von Englisch als Gerichtssprache sowie
die verstärkte Protokollierung von rechtlichen Hinweisen des Gerichts.
Zur vertiefenden Behandlung im Rahmen der Initiative Rechts- und Justizstandort Bayern sind darüber hinaus vorgesehen:
–
–
–
–
Verfahrensoptimierungen bei Massenklagen,
eine verbesserte Abstimmung mit den Gerichten in Handelsregistersachen,
die Vermeidung von Verzögerungen in Prozessen mit Sachverständigengutachten,
die Beschleunigung von Beweissicherungsverfahren,
14
–
–
–
–
Gesprächsforen
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Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
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die Einführung der obligatorischen Adjudikation in Bausachen,
die feste Einrichtung spezialisierter Kammern anstelle von Einzelrichtern und
das Beiziehen von fachkundigen Beisitzern sowie
ergänzende Schulungsangebote zum richterlichen Weiterbildungsprogramm.
In verschiedenen Arbeitsgruppen werden diese Vorschläge vertieft. Die erarbeiteten
Verbesserungsvorschläge müssen aber auch konsequent umgesetzt werden.
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Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
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5
Schlussfolgerungen und Forderungen
15
Schlussfolgerungen und Forderungen
Steigerung der Attraktivität des Rechts- und Justizstandorts für die Wirtschaft
Die in den Gesprächsforen ermittelten Schwachstellen der bayerischen Justiz aus Unternehmenssicht wurden von der vbw mit Ministeriumsvertretern und den anderen Teilnehmern der Initiative im Rahmen der Arbeitsgruppe „Steigerung der Attraktivität des
Rechts- und Justizstandorts für die Wirtschaft“ erörtert. Das Ministerium hat hieraus
Schlussfolgerungen für weitere erforderliche Maßnahmen gezogen, die den Forderungen der vbw in weiten Teilen entgegenkommen. Dennoch sieht die vbw noch zusätzlichen, über die geplanten Maßnahmen des Ministeriums hinausgehenden Handlungsbedarf.
Im Folgenden werden die Schlussfolgerungen des Justizministeriums vorgestellt, bewertet und weitergehender Optimierungsbedarf aufgezeigt.
5.1
5.1.1
Laufbahnrecht der Richter
Problem
Bei der Beurteilung von Richtern werden alle abgeschlossenen Verfahren statistisch
gleich behandelt, unabhängig davon, ob es sich um umfangreiche, bereits langandauernde Verfahren handelt oder nur um einfach gelagerte, kurze Verfahren. Dies setzt für
Richter den Fehlanreiz, einfache Verfahren zügig zu bearbeiten, um rasch hohe Erledigungszahlen zu erreichen. Im Gegensatz gibt es keinen besonderen Anreiz für Richter,
umfangreiche Verfahren, die oft schon vom Vorgänger übernommen wurden, zügig
zum Abschluss zu bringen.
Außerdem haben bei Beförderungen derzeit diejenigen Richter Vorteile, die sich nach
einer gewissen Zeit als Richter als Gruppenleiter zur Staatsanwaltschaft versetzen
lassen. Das führt dazu, dass vor allem motivierte Richter in Spezialbereichen, die sich
gerade in ihr Spezialgebiet eingearbeitet haben, versetzen lassen, und ein neuer, in
dem Spezialgebiet noch unerfahrener Richter nachfolgt. Diese Diskontinuität ist eine
der Ursachen für lange Verfahrensdauern in komplexen Verfahren wie z. B. Bau- und
Architektenstreitigkeiten.
5.1.2
Geplante Maßnahmen
Das Justizministerium möchte in das Initialschreiben für die nächste Beurteilungsperiode aufnehmen, dass nicht nur die Zahl der erledigten Verfahren, sondern auch der Abbau von Altverfahren ein relevantes Beurteilungskriterium sein soll. Das Initialschreiben
16
Schlussfolgerungen und Forderungen
Position – Rechts- und Justizstandort Bayern –
Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
vbw – Februar 2016
soll nicht nur an die beurteilenden Vorgesetzten, sondern auch die Richter, die beurteilt
werden, gerichtet sein.
Nach den Personalentwicklungsgrundsätzen der bayerischen Justiz soll auch die langjährige Bewährung in einer Spezialmaterie als Kriterium für eine Beförderung gelten,
ohne dass der jeweilige Richter als Gruppenleiter bei der Staatsanwaltschaft tätig war.
In die beispielhafte Aufzählung der Spezialgebiete soll nun auch Baurecht aufgenommen werden.
5.1.3
Bewertung
Die vbw begrüßt diese Maßnahmen, die zeigen, dass das Justizministerium die Probleme erkannt hat und ernst nimmt. Allerdings handelt es sich um unkonkrete Maßnahmen, deren Erfolg hauptsächlich davon abhängt, wie sie kommuniziert werden und wie
sie vor allem von den Vorgesetzten und Entscheidungsträgern umgesetzt werden.
5.1.4
Forderung der vbw
Die vbw hält es für erforderlich, genau zu evaluieren, ob die geplanten Maßnahmen
den gewünschten Erfolg zeigen. Wenn das nicht der Fall ist, müssen konkretere Maßnahmen auf Basis objektiver Kriterien erarbeitet werden (z. B. ein Punktesystem, in
dem Altverfahren mit einer höheren Punktezahl bewertet werden).
5.2
5.2.1
Fortbildung der Richter
Problem
Die bayerischen Richter verfügen über weit überdurchschnittliche juristische Kenntnisse. Um aber vor allem Verfahren in Spezialgebieten zügig und zielgerichtet leiten zu
können, bedarf es oft auch entsprechender technischer oder wirtschaftlicher Grundkenntnisse auf Seiten des Richters. Um diese Grundkenntnisse zu vermitteln, muss es
einerseits geeignete Fortbildungsmöglichkeiten geben und andererseits muss sichergestellt werden, dass die betroffenen Richter diese Möglichkeiten auch wahrnehmen.
5.2.2
Geplante Maßnahmen
Gemeinsam mit der vbw und weiteren Beteiligten aus Wirtschaft und Anwaltschaft hat
das Justizministerium ein Kooperationsgremium Richterfortbildung eingerichtet. Dieses
Gremium soll bedarfsorientiert Vorschläge für Richterfortbildungen, insbesondere solche mit technischem Bezug, erarbeiten und auch eine Öffnung geeigneter Fortbildungsveranstaltungen von Verbänden und Kammern für Richter ermöglichen.
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Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
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5.2.3
Schlussfolgerungen und Forderungen
17
Umsetzung
Das Kooperationsgremium Richterfortbildung hat bereits seine Arbeit aufgenommen.
Hieraus ging die Fortbildungsveranstaltung Sachverständige gezielt auswählen und
verstehen hervor, die im Jahr 2014 bereits zweimal durchgeführt wurde. Sie widmet
sich den nachfolgend in Ziffer 5.3.1 geschilderten Problemen.
Weitere Themenvorschläge von bayerischen Unternehmen werden ebenfalls aufgegriffen und in das allgemeine Fortbildungsangebot integriert, z. B. soweit Versicherungsunternehmen vom familienrechtlichen Versorgungsausgleich betroffen sind, im Bereich
des Energierechts oder im Bereich des Transportrechts.
5.2.4
Bewertung
Die vbw begrüßt, dass das Justizministerium das Fortbildungsangebot am tatsächlichen Bedarf ausrichten will und hierbei auch Anwaltschaft und Wirtschaft einbindet.
Allerdings ist derzeit nicht sichergestellt, dass Richter, die mit entsprechenden Spezialmaterien befasst sind, auch an solchen Fortbildungen teilnehmen. Eine Fortbildungspflicht für Richter gibt es nicht.
Die Abteilung Prozessrecht des 70. Deutschen Juristentages (djt) befasste sich mit der
Frage der Fortbildungspflicht. Die vbw bedauert, dass dem Antrag, Fortbildungsanforderungen als gesetzliche Voraussetzung für die Verwendung von Richtern zu statuieren, damit formale Spezialisierung und Qualifikation der Richter korrelieren, eine Stimme fehlte, um angenommen zu werden. Eine so knappe Entscheidung darf den Landesgesetzgeber aber nicht von notwendigen Schritten abhalten.
5.2.5
Forderung der vbw
Die vbw fordert eine im Bayerischen Richtergesetz verankerte Fortbildungspflicht für
Richter. Bereits 2005 hatte die Justizministerkonferenz der Länder sich für eine gesetzliche Fortbildungspflicht ausgesprochen. In anderen Bundesländern wurde diese bereits eingeführt oder entsprechende Gesetzesvorhaben wurden auf den Weg gebracht.
Eine einheitliche Fortbildungspflicht, die alle Richter im gleichen Umfang trifft, wäre
auch kein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit.
In einer Umfrage der Deutschen Richterzeitung sahen auch die Richter selbst Reformbedarf bei der Fortbildung und sprachen sich für eine Fortbildungspflicht aus (vgl. Tappert, Schleichende Überforderung, Deutsche Richterzeitung 01/2014, S. 15).
Nur durch Pflichtfortbildung kann sichergestellt werden, dass alle Richter, die mit den
Spezialmaterien befasst sind, die das heutige Wirtschaftsleben bestimmen, die notwendigen nichtjuristischen Kenntnisse besitzen, um auch komplexe Verfahren effektiv
und zielstrebig zu leiten.
18
Schlussfolgerungen und Forderungen
5.3
5.3.1
Position – Rechts- und Justizstandort Bayern –
Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
vbw – Februar 2016
Verfahren mit Sachverständigenbeteiligung
Problem
Eine Untersuchung verschiedener Oberlandesgerichte hat ergeben, dass jedes zweite
langdauernde Verfahren mit der Einholung eines Sachverständigengutachtens verbunden war, wobei der Sachverständigenbeweis rund 40 Prozent der gesamten Verfahrensdauer einnahm (vgl. Keders/Walter, Langdauernde Zivilverfahren – Ursachen
überlanger Verfahrensdauern und Abhilfemöglichkeiten, NJW 2013, S. 1697). Hierfür
gibt es mehrere Ursachen: Zum einen wird der technische Sachverhalt von den Parteien oft sehr unstrukturiert vorgetragen, was es gerade für einen technisch nicht gewandten Richter schwierig macht, präzise Gutachtenaufträge zu formulieren bzw. einen Sachverständigen mit einem für den Streitstoff geeigneten Sachgebiet auszuwählen. Zum anderen fehlt es auch an einer frühzeitigen Kommunikation des Gerichts mit
den Sachverständigen, so dass am Ende umfangreiche Gutachtensaufträge an Sachverständige gehen, die ohnehin schon stark ausgelastet sind. Auch machen Richter
selten von den Möglichkeiten Gebrauch, die die Zivilprozessordnung (ZPO) zur Führung und Anleitung von Sachverständigen bietet.
5.3.2
Geplante Maßnahmen
Das Justizministerium möchte die Thematik der sorgfältigen Auswahl, Führung und
Anleitung von Sachverständigen in den Fortbildungsveranstaltungen und auch in den
für alle Richter verpflichtenden Einführungstagungen intensivieren.
Ergänzend hat das Justizministerium ein „Informationsblatt zur Auswahl, Führung und
Anleitung von Sachverständigen“ für Richter herausgegeben, das sich mit folgenden
Themen befasst:
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Richtige Spezialisierung des Sachverständigen
Angebot der Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern
Elektronische Sachverständigenverzeichnisse
Möglichkeit der telefonischen Nachfrage bei den Kammern
Nachfrage bei erfahrenen Kollegen
Meldung von Verstößen gegen die Sachverständigenordnung
Telefonischer Vorabkontakt mit dem Sachverständigen
Fristenkontrolle durch das Gericht
Gerichtliche Beweisbeschlüsse
Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung
5.3.3
Bewertung
Die vbw teilt die Auffassung, dass die vom Justizministerium gegebenen Hinweise geeignet sind, unnötige Verzögerungen in Verfahren mit Sachverständigenbeteiligung
Position – Rechts- und Justizstandort Bayern –
Optimierungspotenziale aus Unternehmenssicht
vbw – Februar 2016
Schlussfolgerungen und Forderungen
19
effektiv einzuschränken. Deshalb wird es als sehr positiv bewertet, das mit dem Informationsblatt auch Richter erreicht werden, die nicht an Fortbildungen teilnehmen.
Allerdings fehlt im Sinne einer effektiven Qualitätssicherung noch ein institutionalisierter Rahmen für Richter, um sich untereinander über ihre Erfahrungen und Zufriedenheit
mit einzelnen Sachverständigen auszutauschen.
5.3.4
Umsetzung
Die Auswahl und Führung von Sachverständigen ist mittlerweile auch Gegenstand der
richterlichen Fortbildungsveranstaltung Sachverständige gezielt auswählen und verstehen, die gemeinsam mit Vertretern der Wirtschaft im Kooperationsgremium Richterfortbildung konzipiert wurde (siehe Ziffer 5.2.3). Darüber hinaus wurden unter Einbindung
erfahrener Richter und anderer Beteiligter, wie z. B. Vertreter der Rechtsanwaltschaft
und der Sachverständigen Leitlinien zur Strukturierung komplexer Bauverfahren erarbeitet.
5.3.5
Forderung der vbw
Die vbw fordert, für Richter im Intranet der bayerischen Justiz eine Möglichkeit zum
Austausch über ihre Erfahrungen und Zufriedenheit mit einzelnen Sachverständigen zu
schaffen. Auch jetzt besteht für Richter schon die Möglichkeit sich in informellen Gesprächen über diese Aspekte auszutauschen. Durch ein entsprechendes Forum im
Intranet wird sichergestellt, dass der Austausch alle Richter, auch gerichtsübergreifend,
erreicht.
5.4
5.4.1
Bundesrechtliche Maßnahmen in Baustreitigkeiten
Problem
Die Evaluation des Rechts- und Justizstandortes Bayern hat gezeigt, dass gerade in
Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen die Effizienz und Dauer der Gerichtsverfahren oftmals von Bürgern, Rechtsanwälten und vor allem von Unternehmen als
Problem angesehen werden. Das liegt daran, dass gerade diese Verfahren von einem
hohen Maß an technischer Komplexität geprägt sind, so dass die bereits geschilderten
Probleme fehlender technischer Grundkenntnisse bei Richtern und von Verzögerungen
im Zusammenhang mit Sachverständigengutachten dort geballt auftreten.
Insbesondere, wenn in diesem Spezialgebiet noch unerfahrene Einzelrichter das Verfahren leiten, oder wenn ein Einzelrichter versetzt wird, kommt es zu Verzögerungen.
Hinzu kommt, dass bei vielen Landgerichten gar keine spezialisierten Kammern für
Bausachen eingerichtet sind, da dies derzeit im alleinigen Ermessen der Gerichtspräsidien steht.
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Schlussfolgerungen und Forderungen
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vbw – Februar 2016
Oft fehlt den Richtern auch der notwendige Sachverstand um bereits in einem frühen
Stadium des Verfahrens einen auch in technischer Hinsicht fundierten Vergleichsvorschlag zu unterbreiten, der dann auch von den streitenden Parteien akzeptiert wird.
Außerdem wurde aus dem Kreise der Anwaltschaft vorgebracht, das von der Möglichkeit gewisse Rechtsstreitigkeiten vor eine Kammer für Handelssachen verweisen zu
lassen gerade in Bausachen oft missbräuchlich Gebrauch gemacht würde, um das
Verfahren zu verzögern.
5.4.2
Geplante Maßnahmen
Das Ministerium prüft derzeit, inwieweit es folgende Maßnahmen im Bereich der Bundesgesetzgebung anstoßen kann:
– Ermächtigung der Landesregierungen zur Einrichtung spezialisierter Baukammern:
Durch Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) sollen die Landesregierungen ermächtigt werden, bei den Landgerichten Kammern für Bau- und Architektensachen einzurichten, so dass diese Entscheidung nicht mehr bei den Gerichtspräsidien liegt. Dadurch soll die Konzentration von Fachwissen in diesen Bereichen
gestärkt werden.
– Ausschluss der Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen in Bausachen
Dadurch soll vermeintlich missbräuchlichen Verweisungsanträgen ein Riegel vorgeschoben werden.
– Stärkung des Kammerprinzips in Bausachen
Bau- und Architektensachen sollen durch eine Änderung der Zivilprozessordnung
bei den Landgerichten grundsätzlich in Kammerbesetzung erfolgen und frühestens
nach einem gewissen Verfahrensfortschritt an Einzelrichter übertragen werden. Der
erfahrene und in der Regel spezialisierte Kammervorsitzende soll so wichtige Impulse zu Beginn des Verfahrens setzen können, um z. B. einen Vergleich herbeizuführen oder den Streitstoff auf die wesentlichen Fragen zu konzentrieren.
– Ermöglichung einer 1:1-Besetzung bei einer Stärkung des Kammerprinzips
Verbunden mit der vorgenannten Stärkung des Kammerprinzips zieht das Justizministerium auch in Erwägung, ebenfalls durch Änderung der Zivilprozessordnung der
Kammer zu ermöglichen, den Rechtsstreit anstatt auf den Einzelrichter auf einen
kleinen, mit dem Kammervorsitzenden und einem weiteren Richter besetzten
Spruchkörper zu übertragen. Die Zweierbesetzung soll die Möglichkeit bieten, die
Zivilkammern zu entlasten und gleichzeitig die Vorzüge des Kollegialprinzips zu erhalten. Eine etwaige „Pattsituation“, in der die beiden Richter sich nicht auf ein ein-
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Schlussfolgerungen und Forderungen
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heitliches Urteil einigen können, soll durch eine Rückübertragung auf die mit drei
Richtern besetzte Kammer aufgelöst werden.
– Frühzeitige Einbindung des Sachverständigen in das Verfahren
Zur Vorbereitung von Beweisbeschlüssen, aber auch vor Vergleichsvorschlägen,
kann sich das Gericht schon jetzt vor Beweiserhebung von Amts wegen der Hilfe
von Sachverständigen bedienen oder den Sachverständigen bereits vor Erlass eines Beweisbeschlusses zu mündlichen Verhandlung laden, um das Parteivorbringen in technischer Sicht näher aufzuklären, Vergleichsgespräche mit sachverständiger Hilfe zu führen oder den Streitstoff für die weitere Bearbeitung sinnvoll zu gliedern. Um den Gebrauch dieser Möglichkeiten zu steigern, soll in der Zivilprozessordnung eine besondere Vorschusspflicht für diese Fälle eingeführt werden.
5.4.3
Bewertung
– Ermächtigung der Landesregierungen zur Einrichtung spezialisierter Baukammern
Die vbw stimmt dieser Maßnahme uneingeschränkt zu und begrüßt, dass dieses
Vorhaben bereits Eingang in den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD gefunden hat. Auch die Abteilung Prozessrechts des 70. Deutschen Juristentags (djt) hat
sich am 18. September 2014 mit großer Mehrheit für die Schaffung obligatorischer
Spezialkammern nicht nur für Bausachen, sondern beispielsweise auch für Arzthaftungssachen, Kapitalanlagenhaftungssachen, Versicherungsvertragssachen, Softwarevertragssachen etc., ausgesprochen. Jetzt ist eine zügige Umsetzung geboten.
Die bayerische Staatsregierung muss dann aber auch von dieser Möglichkeit vollumfänglich Gebrauch machen, um bayernweit eine effektive, zügige und technisch
fundierte Abwicklung von Bauverfahren zu gewährleisten.
– Ausschluss der Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen in Bausachen
Diese Maßnahme muss differenziert betrachtet werden. Nicht immer wird die Verweisung an die Kammer für Handelssachen missbräuchlich beantragt. Zumindest
dort, wo es keine speziellen Baukammern gibt, entscheiden sich die Parteien auch
deshalb für die Kammer für Handelssachen, weil dort zwar vielleicht nicht technisch
besonders versierte, aber zumindest allgemein sehr erfahrene Richter Recht sprechen. Ein Ausschluss der Verweisung macht also nur Sinn, wenn zugleich flächendeckend spezialisierte Baukammern eingeführt werden.
– Stärkung des Kammerprinzips in Bausachen
Die vbw lehnt eine Übertragung von Bausachen auf Einzelrichter grundsätzlich ab,
da gerade diese Verfahren wegen ihrer langen Dauer anfällig für Richterwechsel
sind (siehe nachfolgend Punkt 5.4.4.3). Bauverfahren sollten grundsätzlich vor einer
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Schlussfolgerungen und Forderungen
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mit (mindestens) drei Richtern besetzten Kammer geführt werden, wobei auch Laienrichter mit einzubinden sind (siehe nachfolgend Punkt 5.4.4.2)
– Ermöglichung einer 1:1-Besetzung bei einer Stärkung des Kammerprinzips
Die vbw würde es begrüßen, wenn Bauverfahren generell in voller Kammerbesetzung mit drei Richtern geführt würden. Insbesondere die geplante Rückverweisung
bei „Pattsituationen“ würde zu unnötigen Verfahrensverzögerungen führen, anstatt
die Verfahren zu beschleunigen.
– Frühzeitige Einbindung des Sachverständigen in das Verfahren
Die vbw befürwortet die frühzeitige Einbindung von Sachverständigen. Eine sehr
frühe Vorschusspflicht für die Einschaltung eines Sachverständigen, bevor überhaupt der Versuch einer gütlichen Streitbeilegung unternommen wurde, darf aber
nicht zu einer weiteren Kostenhürde werden, die vor allem kleinere Unternehmen
von der Rechtsdurchsetzung abhalten könnte.
5.4.4
Forderung der vbw
Die vom Justizministerium vorgeschlagenen Maßnahmen gehen in die richtige Richtung. Die vbw fordert aber deutlich effektivere Maßnahmen, um die aufgezeigten Defizite zu beseitigen:
5.4.4.1 Einführung der obligatorischen Adjudikation in Bausachen
Die vbw fordert die Einführung der obligatorischen Adjudikation in Bausachen. Bei der
Adjudikation trifft ein sachverständiger Experte, der Adjudikator, innerhalb kurzer Zeit
eine vorläufig bindende Entscheidung über die technischen und rechtlichen Aspekte
einer Baustreitigkeit. Die Sachverhaltsaufklärung nimmt der Adjudikator hierbei selbständig vor. Die Entscheidung des Adjudikators ist für beide Seiten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung durch die ordentlichen Gerichte bindend und auch gegen Sicherheitsleistung gerichtlich durchsetzbar. In England, wo die Adjudikation 1998 gesetzlich eingeführt wurde, werden nur noch zwei Prozent aller Adjudikationsentscheidungen gerichtlich angegriffen (vgl. Lembcke, Adjudikation in Bausachen – Anwalts
Lieblinge?, NJW-aktuell Heft 4/ 2013, S. 14). In Deutschland bietet die Adjudikation ein
Einsparpotential von ca. 24 Milliarden Euro für Bauunternehmer und Bauherren
(a.a.O.).
Der obligatorischen Adjudikation stehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken
entgegen. Sie ist mit dem grundgesetzlichen Justizgewähranspruch vereinbar und erschwert nicht in verfassungswidriger Weise den Zugang zu staatlichen Gerichten, so
ein aktuelles Rechtsgutachten des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts a. D.
Professor Dr. Hans-Jürgen Papier.
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Schlussfolgerungen und Forderungen
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5.4.4.2 Einbindung von Laienrichtern in Bauverfahren.
Die vbw fordert, bei allen Landgerichten Baukammern einzuführen, die neben dem
hauptamtlichen Vorsitzenden Richter mit zwei Laienrichtern besetzt sind, von denen je
einer aus dem Kreise der Auftraggeber (Bauherren) und einer aus dem Kreise der Auftragnehmer (Bauunternehmer) vorgeschlagen wird. Hierdurch wird die Kompetenz der
Gerichte erhöht, Sachfragen können von Anfang an fachkundig geklärt, Beweisbeschlüsse präzise und klar formuliert werden, ggf. wird wegen der Fachkompetenz der
ehrenamtlichen Richter ein Sachverständigengutachten sogar ganz entbehrlich. Auch
dürfte ein von beiden Laienrichtern mitgetragener, fundierter Vergleichsvorschlag des
Gerichts bei den zerstrittenen Parteien eher Beachtung finden.
Mit Laienrichtern, z. B. in Handelssachen oder bei den Arbeitsgerichten haben die bayerischen Unternehmen gute Erfahrungen gemacht. Auch die für die Nachprüfung von
öffentlichen Vergabeverfahren zuständigen Vergabekammern sind, wenngleich kein
Gericht im engeren Sinne, mit einem ehrenamtlichen Beisitzer aus der Wirtschaft besetzt und gerade diese Mitwirkung führt oft zu einem zügigen und sachgerechten Verfahrensabschluss.
5.4.4.3 Ausschluss von Einzelrichtern in Bausachen
Die vbw fordert den grundsätzlichen Ausschluss von Einzelrichtern in Bauverfahren.
Bauverfahren gehören allein schon von der Materie her, ohne die vorgenannten zusätzlichen Verzögerungen, zu den längstdauernden Verfahren. Gerade solche Verfahren sind anfällig für Richterwechsel, weshalb sichergestellt werden muss, dass mehrere Richter das Verfahren und seinen Streitstoff von Anfang an kennen, um Diskontinuitäten entgegenzuwirken.
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Weitere Forderungen der vbw
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Weitere Forderungen der vbw
Englisch als Gerichtssprache, Bereitschaftsdienst bei Messen und elektronischer
Rechtsverkehr
6.1
6.1.1
Englisch als Gerichtssprache
Herausforderung
Die globale Vernetzung der bayerischen Wirtschaft nimmt weiter zu. Internationale Vertragsbeziehungen mit der Geschäfts- und Vertragssprache Englisch gehören zum Alltag. Wenn bayerische Unternehmen allerdings mit Vertragspartnern aus dem Ausland
Verträge schließen, werden oft weder das deutsche Recht noch ein Gerichtsstand in
Deutschland akzeptiert. Die internationalen Partner begründen ihre ablehnende Haltung regelmäßig damit, dass sie etwaige Streitigkeiten – wenn sie unvermeidbar sein
sollten – bevorzugt in ihrer Heimatsprache oder aber wenigstens in der weltweit gebräuchlichen Verkehrssprache Englisch führen wollen. Das deutsche Gerichtsverfassungsgesetz bietet aber hierfür keinen Raum, da als Gerichtssprache zwingend
Deutsch vorgeschrieben ist. Das heißt auch, dass in englischer Sprache abgefasste
Verträge und andere relevanten Unterlagen für deutsche Gerichte durch einen beglaubigten Dolmetscher übersetzt werden müssen, was neben dem Verwaltungsaufwand
noch hohe Kosten mit sich bringt.
6.1.2
Bundesratsinitiative „Internationale Kammern für Handelssachen“
Der Bundesrat hat am 30. April 2014 mit der Unterstützung des Freistaats Bayern einen Entwurf für ein Gesetz zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen eingebracht, der dem Bundestag zugeleitet wurde. Ziel des Gesetzentwurfs ist
es, englischsprachige Verfahren vor deutschen Gerichten zu ermöglichen.
Hierfür sollen die Landesregierungen ermächtigt werden, besondere Kammern für
Handelssachen bei den Landgerichten einzurichten, vor denen Prozesse mit Zustimmung der Prozessparteien in englischer Sprache geführt werden können, wenn diese
einen internationalen Bezug aufweisen. Auch die zuständigen Berufungssenate bei
den Oberlandesgerichten sollen dann auf Englisch verhandeln und entscheiden. Dabei
sollen auch englischsprachige Dokumente als Beweismittel akzeptiert werden und
Zeugenvernehmungen auf Englisch möglich sein.
Auch die Abteilung Prozessrecht des 70. Deutschen Juristentags (djt) hat sich am
18. September 2014 mit großer Mehrheit für die Einführung von Kammern für internationale Handelssachen mit der Gerichtssprache Englisch ausgesprochen.
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6.1.3
Weitere Forderungen der vbw
Position – Rechts- und Justizstandort Bayern –
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Position der vbw
Die vbw begrüßt das Vorhaben, Englisch als Gerichtssprache einzuführen. Damit wären folgende positive Aspekte verbunden:
– Kostenersparnisse (Wegfall von Übersetzungs- und Dolmetscherkosten, Reduzierung von Dokumentationskosten)
– Erleichterte Durchsetzung der Rechtswahlentscheidung für deutsches Recht bei
ausländischen Vertragspartnern
Folgende Verbesserungen zum vorliegenden Gesetzentwurf sind aus Sicht der vbw
geboten:
– Auch die nachfolgenden Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof sollten
unbedingt in englischer Sprache geführt werden
– Da erwartet wird, dass sich bei den Internationale Kammern für Handelssachen
auch losgelöst von der Sprache eine besondere Expertise für Wirtschaftsstreitigkeiten herausbilden wird, sollten dort parallel auch Verfahren in deutscher Sprache
möglich sein
– Aus demselben Grund sollten dort auch Wirtschaftsstreitigkeiten ohne „internationalen Bezug“ möglich sein
– Es sollte gleichzeitig ermöglicht werden, auch die Verfahren zur Unterstützung und
Überprüfung internationaler Schiedssprüche vor englischsprachigen Spruchkörpern
zu führen
6.2
6.2.1
Zügige Einführung des umfassenden elektronischen Rechtsverkehrs
Gesetzliche Regelung
Das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten tritt
stufenweise ab dem 01. Januar 2014 in Kraft. Es enthält folgende Eckpunkte:
– Bis zum 01. Januar 2016 sollte bei der Bundesrechtsanwaltskammer für alle zugelassenen Rechtsanwälte ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach eingerichtet werden, über das die Kommunikation mit den Gerichten abgewickelt werden
kann. Die Bereitstellung verzögert sich allerdings.
– Ab dem 01. Januar 2018 soll der elektronische Zugang zu allen deutschen Gerichten ohne qualifizierte elektronische Signatur bei Nutzung eines sicheren Übermittlungsweges eröffnet sein. Das Gesetz erlaubt, das Inkrafttreten der Zugangsregelungen durch Länderverordnung bis zum 01. Januar 2020 hinauszuschieben.
– Ab dem 01. Januar 2022 gilt eine bundesweite Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs für Rechtsanwälte und Behörden. Die Länder können für Ihren Bereich durch entsprechende Rechtsverordnung eine verpflichtende Nutzung
bereits ab dem 01. Januar 2020 vorsehen.
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6.2.2
Weitere Forderungen der vbw
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Bewertung
Die vbw begrüßt das Gesetz. Der Nationale Normenkontrollrat ist in seiner Stellungnahme zu dem Gesetz zu dem Ergebnis gekommen, dass nach anfänglich notwendigen Umstellungskosten mit langfristig positiven Effekten für Wirtschaft, Länder und
Kommunen zu rechnen ist, insbesondere, wenn das gesamte Verfahren elektronisch
abgewickelt werden kann. Der Normenkontrollrat erwartet, dass Bund und Länder die
lange Umsetzungsphase bis 2022 nutzen, um weiterhin gemeinsam aktiv und konsequent die Nutzung der elektronischen Möglichkeiten im Rahmen einer IT-Gesamtstrategie voranzutreiben. In seinem Jahresbericht 2013 bezeichnet der Normenkontrollrat den elektronischen Rechtsverkehr als das Vorhaben mit dem größten Entlastungspotential für die Wirtschaft.
6.2.3
Position der vbw
Aus Sicht der vbw müssen folgende Aspekte berücksichtigt werden, um das positive
Potential des elektronischen Rechtsverkehrs voll auszuschöpfen:
– Die verbindliche elektronische Korrespondenz (ab 2022) greift nur für Parteivertreter, nicht für Gerichte – um das volle Effizienzpotential auszuschöpfen, muss auch
die gesamte Bearbeitung bei Gericht elektronisch erfolgen. Sogenannte „Medienbrüche“ müssen vermieden werden.
– Es fehlt ein Konzept zur Einbindung der vertretungsberechtigten Verbände (z. B.
Arbeitgeberverbände) in den elektronischen Rechtsverkehr, denn das elektronische
RAK-Postfach ist für diese nicht zugänglich. Die vbw tritt für die Schaffung eines sicheren Übermittlungsweges für Arbeitgeberverbände auf Grundlage des § 46 c
Abs. 4 Nr. 2 ArbGG (in der Fassung des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs) ein.
– Außerdem müssen auch im Bereich der digitalen Infrastruktur die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, um stabile Verbindungen ohne Verzögerungszeiten zwischen Prozessbeteiligten und Gericht sicherzustellen.
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Fazit
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Fazit
Attraktivität des Rechts- und Justizstandorts Bayern
Die vbw begrüßt, dass sich das Bayerische Justizministerium intensiv mit den Ergebnissen der Evaluation auseinandersetzt und bereits umfangreiche Maßnahmen zur
Verbesserung in Angriff nimmt. Die vertiefende Diskussion mit Unternehmensvertretern
war äußerst zielführend, um weitere Verbesserungen anzustoßen.
Die Attraktivität des Standorts Bayern einschließlich der Justiz ist uns ein zentrales
Anliegen. Daher ist die Initiative Rechts- und Justizstandort Bayern ein wichtiges
Projekt. Die vbw wird es weiterhin aktiv begleiten und unterstützen.
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Ansprechpartner
Dr. Frank Rahmstorf
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Telefon 089-551 78-230
Telefax 089-551 78-233
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