Roland Ipach 1 Pflanzenschutztechnik – Ein wichtiger Baustein für den Bekämpfungserfolg DLR Rheinpfalz, Institut für Phytomedizin, Roland Ipach Im vergangenen Jahr kam es in der Pfalz, aber auch in anderen Anbaugebieten, teilweise wieder zu massivem Befall durch Oidium. In einigen Fällen waren vermutlich Resistenzen bzw. Minderwirkungen bei Pflanzenschutzwirkstoffen die Ursache. Damit lassen sich jedoch nicht alle unbefriedigenden Bekämpfungserfolge erklären. Bei genauerer Betrachtung findet man häufig mangelhafte Applikationstechnik oder direkte und indirekte Fehler bei der Applikation als Ursache für eine Minderwirkung. Peronospora wurde nur in einigen wenigen Fällen beobachtet, da die Witterungsverhältnisse für die Vermehrung und die Ausbreitung des Pilzes in 2015 häufig sehr ungünstig waren. Rechtzeitiger Beginn der Pflanzenschutzmaßnahmen Im letzten Jahr wurden schon sehr früh Zeigertriebe beobachtet. Bereits im Dreiblattstadium wurden vor allem in Nichtschnitt- oder Minimalschnittanlagen, die mit den empfindlichen Sorten wie zum Beispiel Portugieser, Dornfelder, Cabernet Dorsa oder Cabernet Dorio bestockt waren, vermehrt Zeigertriebe gefunden. Hier war es unerlässlich, sofort mit den Pflanzenschutzmaßnahmen zu beginnen und diese in – dem Befallsdruck und dem Neuzuwachs angepassten Spritzabständen – weiterzuführen. Gerade bei Oidium ist ein rechtzeitiger Bekämpfungsbeginn wichtig, da es, anders als bei Peronospora, für den Winzer sehr schwer ist beginnenden Befall zu erkennen. Hat sich die Krankheit erst einmal etabliert, kann sie kaum gestoppt werden. Zweireihige Applikationen Immer größer werdende Betriebe fordern eine höhere Schlagkraft beim Arbeitsablauf in den Weinbergen. Beim Pflanzenschutz sollen vor allem mehrreihige Applikationen dazu beitragen, den zeitlichen Aufwand zu verringern. Die am weitesten verbreitete „mehrreihige“ Anwendung ist das Befahren nur jeder zweiten Gasse. Die Dosierung und die Belagsbildung auf der Zielfläche sind bei dieser Art der Ausbringung nicht gleichmäßig. Neuere Untersuchungen anderer Dienststellen bestätigen unsere Versuchsergebnisse aus früheren Jahren. Die Belegung mit Pflanzenschutzmitteln, vor allem auf der für die Bekämpfung vieler Krankheiten und Schädlingen wichtigen Blattunterseite, ist deutlich reduziert und ungleichmäßig. Bei schwachen und niedrigen Laubwänden wie sie im Vorblütebereich vorkommen, kann dieses Verfahren noch einigermaßen gut angewendet werden. Ab der Blüte mit dichter werdenden Laubwänden kann eine zweireihige Applikation schon bei schwachem Befallsdruck zu Bekämpfungsschwierigkeiten führen, weshalb dieses Verfahren nach der Blüte generell nicht empfohlen wird. Sollte sich ein Betriebsleiter trotzdem für dieses Verfahren entscheiden, sind einige Punkte zu beachten, um einen einigermaßen sicheren Bekämpfungserfolg zu erreichen: - Spritzabstände um mindestens 2 Tage verkürzen, → das bedeutet mindestens eine Spritzung mehr in der Saison! - regelmäßiges Wechseln der Fahrgasse, - noch stärker auf eine gute Applikation achten – exakte Einstellung des Gebläses und der Düsen auf die Laubwand (siehe auch Einstellanleitung im Anhang), - nicht zu schnell fahren (6 bis max. 7 km/h), - bei der Bekämpfung von Krankheiten und Schädlingen an der Traube (z.B. Botrytis oder Traubenwickler) unbedingt jede Reihe befahren, 69. Weinbautage 2016 2 Roland Ipach - nicht in gefährdeten Lagen oder Sorten, - nicht bei vorhandenem Befall durchführen. Nichtschnitt- oder Minimalschnittanlagen sind grundsätzlich von Beginn an beidseitig mit ausreichender Mittel- und Wassermenge zu behandeln. Die Fahrgeschwindigkeit sollte hierbei max. 6 km/h betragen. Dabei ist zu beachten, dass notwendige Laubarbeiten vor den Pflanzenschutzmaßnahmen durchgeführt werden. Überzeilenapplikation ohne Luftunterstützung Seit vielen Jahren werden Überzeilengestänge ohne Luftunterstützung eingesetzt, um bei etwa halber Fahrtzeit die Schlagkraft zu erhöhen. Die Spritztröpfchen müssen dabei ohne Unterstützung durch einen Trägerluftstrom zur Zielfläche gelangen. Sie sollten in die Laubwand eindringen und dort die wichtige Blattunterseite ausreichend belegen können. Dies geschieht aber nur unzureichend, meist schlagen sich die Tropfen nur an den äußeren Blättern auf der Blattoberseite nieder. Zudem sind die Tröpfchen bei nicht luftunterstütztem Gestänge äußerst windanfällig und können leicht verdriften. Mit dem Einsatz grobtropfiger Düsen – wie zum Beispiel Injektor- oder Antidriftdüsen – kann zwar die Abdrift deutlich verringert werden, das Eindringen der Tropfen in die Laubwand und in die Traubenstruktur wird jedoch dadurch nicht verbessert. Aktuelle Untersuchungen bestätigen ältere Ergebnisse, dass sich beim Befahren jeder zweiten Gasse mit Überzeilengestänge ohne Luftunterstützung die Verteilung und die Anlagerung der Wirkstoffe nicht wesentlich von der einer reinen zweireihigen Anwendung unterscheiden. Sollten Überzeilengestänge ohne Luftunterstützung eingesetzt werden, sind die gleichen Punkte wie bei der zweireihigen Applikation zu beachten. Diese Art der Überzeilenapplikation ist für Nichtschnitt- oder Minimalschnittanlagen ungeeignet. Abbildung 1: Überzeilenapplikation mit Gestänge ohne Luftunterstützung Überzeilenapplikation mit Luftunterstützung Die bei der reinen Spritzapplikation ohne Luftunterstützung genannten Nachteile gibt es bei einer luftunterstützten Überzeilenapplikation nicht, sofern innerhalb und außerhalb der Fahrgasse eine gleichwertige Luftunterstützung und dieselbe Düsenanordnung vorhanden sind. Für eine Überzeilenapplikation eignen sich Tangentialgebläse, die über eine Überzeilenkonstruktion in der Nachbargasse mitgeführt und hydraulisch angetrieben werden können. Soll die Luft vom Gebläse am Sprühgerät über Kanäle oder Schläuche in die Nachbargasse geführt werden, können dafür nur Radialgebläse eingesetzt werden. Andere Gebläse sind dazu aus physikalischen Gründen nicht geeignet. 69. Weinbautage 2016 Roland Ipach 3 Abbildung 2: Überzeilenapplikation mit Tangential- und Radialgebläse Bei allen genannten Überzeilengeräten – mit oder ohne Luftunterstützung – werden die Grundgeräte mit Tank und Gebläse mehr oder weniger stark angespritzt und es kann zu Abtropfverlusten vom Gerät kommen. Überdimensionierte Gebläse Mit zunehmender Betriebsgröße werden meist auch größere Sprühgeräte angeschafft. Neben einem größeren Tank ist leider auch häufig zu beobachten, dass die Gebläse größer werden, das heißt sie werden breiter, höher und besitzen eine größere Luftleistung. Bei breiteren Gebläsen ist in Anlagen mit Zeilenabständen unter 2,0 m die Gefahr groß, dass die Düsen keinen ausreichenden Abstand mehr zur Laubwand haben. Dadurch können sich bei der Applikation die Spritzfächer oder –kegel nicht ausreichend entfalten und überlappen und es kommt an der Zielfläche zur Streifenbildung. Abbildung 3: Gefahr einer Streifenbildung bei der Anlagerung durch zu geringen Düsenabstand zur Laubwand Kommt es durch die Fahrtbewegungen zum Ausschlagen des Gebläses nach rechts oder links, verringern sich die Anstände der Düsen zusätzlich und die Streifenbildung verstärkt sich zusätzlich. Die nicht getroffenen Bereiche sind dann praktisch für 3 bis 4 Wochen ohne Wirkstoffbelag. Die Düsen sollten bei einem Abstand von ca. 30 cm im Gebläse untereinander mindestens 30 cm von der Laubwand entfernt sein um sich ausreichend entfalten zu können. Kann dieser Mindestabstand der Düsen zur Laubwand nicht eingehalten werden, so ist zu prüfen, ob die Düsen nicht in einem engeren Abstand zueinander angeordnet werden können. Allerdings bedeutet dies in der Regel auch, dass mindestens eine zusätzlich Düse im Verband 69. Weinbautage 2016 4 Roland Ipach stehen muss. Alternativ können Düsen mit einem breiteren Spritzfächer von 110 ° oder 120 ° (Flachstrahldüsen aus dem Feldbau) eingesetzt werden. Abbildung 4: Mindestabstand der Düsen zur Laubwand bei unterschiedlichen Abständen Düse : Düse im Gestänge und verschiedenen Spritzwinkeln Aktuelle Untersuchungen vom Institut für Anwendungstechnik beim JKI belegen am Düsenprüfstand, dass Flachstrahldüsen eine deutlich bessere und gleichmäßigere Verteilung haben als Hohlkegeldüsen. Dies ist bei Düsenabständen untereinander von mehr als 25 cm und Abständen der Düsen zur Laubwand von weniger als 30 cm besonders stark ausgeprägt. Auch dies spricht für den Einsatz von Injektorflachstrahldüsen im Weinbau. Abbildung 5: Unterschiedliche Verteilgenauigkeit und Variationskoeffizient von Flachstrahlund Hohlkegeldüsen am Düsenprüfstand 69. Weinbautage 2016 Roland Ipach 5 Größere Gebläse haben eine höhere Luftleistung, die sich eher negativ auf die Anlagerung der Spritztropfen auswirken kann. Bei zu starker Luftleistung werden die Tropfen durch die Laubwand geblasen und es kommt dadurch zu einer verringerten Anlagerung an der Rebe, vor allem an der wichtigen Blattunterseite. Es ist deshalb nicht sinnvoll, im Weinbau bei normalen Gassenbreiten mit voller Zapfwellendrehzahl zu fahren oder den zweiten Gebläsegang am Gerät einzuschalten. Exakte und verlustarme Geräteeinstellung Nur durch eine exakte Einstellung des Gebläseluftstromes und der Düsen auf die Laubwand kann eine optimale Anlagerung der Wirkstoffe an die Zielfläche erreicht und die Abdrift deutlich reduziert werden. Verluste durch Abdrift können zusätzlich durch den Einsatz grobtropfiger Düsen wie Injektor- oder Antidriftdüsen deutlich verringert werden. Wichtig ist dabei, dass tendenziell mehr Wirkstoff angelagert und die Wirksamkeit nicht negativ beeinträchtigt wird. Dies ist ein weiterer Grund für den Einsatz von Flachstrahldüsen als Injektor- oder Antidriftdüse anstelle von Hohlkegeldüsen. Weitere Fragen? Roland Ipach, Tel. 0 63 21/6 71-3 39, [email protected] Bitte beachten Sie im Anhang dieses Heftes das Merkblatt „Sachgerechte Einstellung und Handhabung von Sprühgeräten im Weinbau“ ab Seite XX. 69. Weinbautage 2016
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