Ich gehe auf keine Demonstration. Ich bin selber eine.

Ich gehe auf keine Demonstration.
Ich bin selber eine.
Friedrich Dürrenmatt
g e g e n w ä rt i g e s u n d w i e d e rg e l e s e n e s, ü b e rs e t z t e s u n d l e s e n s w e rt e s
„Das Leseglück bietet, für einen vergleichsweise bescheidenen Aufwand, eine seltene
Mischung aus Bei-sich- und Außer-sich-Sein, einen Zustand höchster Wachheit und
ruhiger Entspannung. Ausgetrickst der Alltag, die Zeitmaschine, der Nützlichkeitswahn.“
Ilma Rakusa
Als Literaturlotsen verstehen sich Michael Schwarz und sein Team. Seit über
14 Jahren stellt die sorgfältig sortierte Buchhandlung im Freiburger Stadtteil
Wiehre „schöngeistige“ Literatur in all seinen Erscheinungsformen in den Mittelpunkt. Mit „kreativer Kontaktpflege“ fasst das Börsenblatt für den Deutschen
Buchhandel die vielen Aktionen zur Literaturvermittlung zusammen, mit denen
sich Schwarz in Freiburg und darüber hinaus einen Namen gemacht hat:
von Literatur auf Plakatwänden über Veranstaltungsreihen wie „Literatur und
Sport“ bis hin zu Lesungen mit Debütanten wie Nobelpreisträgern.
Buchhandlung
Schwarz
Buchhandlung Schwarz
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G ü n t e r s ta l s t r 4 4
[email protected]
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79100 freiburg
w w w. b u c h h a n d l u n g - s c h w a r z . d e
portfolio
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B u c h h a n d l u n g S c h wa r z
g e g e n w ä rt i g e s u n d w i e d e rg e l e s e n e s, ü b e rs e t z t e s u n d l e s e n s w e rt e s
Andreas Maier
Neulich
N
eulich erhielt ich mal wieder eine Einladung nach Freiburg. Ich fahre
immer wieder gern nach Freiburg, auch wenn die Stadt bekanntlich
durch den Sänger der Hamburger-Schule-Band Tocotronic übel be-
leumundet ist. Aber jede Stadt ist durch irgendwen übel beleumundet. Göttingen etwa durch Heine. Oder Augsburg durch Thomas Bernhard. Ich habe neulich nicht ganz freiwillig einen Song von der neuen Tocotronicplatte gehört,
es ging um Jugend. Es war, als sängen sie noch einmal über sich selbst vor 20
oder 25 Jahren. Sie beschreiben das, was sie damals waren, als eine fremde, irgendwie unterentwickelte, einigermaßen quengelige, bemitleidenswerte und
nicht wirklich ernst zu nehmende Spezies. Mich hat das an Günter Grass erinnert. Der beschreibt sich ja auch als fremd und irgendwie unterentwickelt, als
er der SS beigetreten war. Das war ja ein ganz anderer, sagte Grass sinngemäß,
das war ja noch gar nicht ich! Den Reifegrad des späten Grass hat nun also auch
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G r ü n d u n g d e r B u c h h a n d l u n g S c h wa r z i n d e r G ü n t e r s ta l s t r a ss e
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L e s e z e i t 2 x j ä h r l i c h e rs c h i e n d i e h aus e i g e n e L e s e z e i t m i t vo n M i c h a e l
S c h wa r z i n A u f t r a g g e g e b e n e n R e z e n s i o n e n . V i e l l e i c h t i s t e s w i e d e r Z e i t f ü r e i n e
n e u e L e s e z e i t.
portfolio
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B u c h h a n d l u n g S c h wa r z
g e g e n w ä rt i g e s u n d w i e d e rg e l e s e n e s, ü b e rs e t z t e s u n d l e s e n s w e rt e s
Tocotronic erreicht, aber ich habe den Song, wie gesagt, nur zufällig gehört.
Der Sänger hat in Freiburg studiert. Danach zog er nach Hamburg. Das habe
ich neulich auch gemacht, nach Hamburg ziehen. Aber da war ich schon ich.
Nach Freiburg ging auch unsere Hochzeitsreise, das war im Jahr 2009. Eben
hatten wir im Frankfurter Römer geheiratet, dann hatten wir noch Schlachtplatten im Gemalten Haus verschlungen, und dann fuhren wir schon nach
Freiburg. Das erste, was in Freiburg geschah, war, daß es regnete. Meine Frau,
die am morgen noch meine Freundin gewesen war, ging daraufhin in einen
Billigkleidungsladen (HM oder so etwas) und kaufte sich einen grünen Billigmantel. Diesen Mantel wiederum lieh sich die Wirtin des Gemalten Hauses
nach unserer Hochzeitsreise aus, um damit stilecht aufs Grüne-Soße-Festival
zu gehen, welches jedes Jahr kurz nach unserem Hochzeitstag in Frankfurt
2006
2006
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l i t e r at u r i m ö f f e n t l i c h e n R a u m 1. P l a k ata k t i o n : N a c h d e r B u n d e s ta g s wa h l
2 0 0 6 i s t P l at z f ü r L i t e r at u r d a c h t e s i c h M i c h a e l S c h wa r z , u n d l i e ss P o l i t i k e r k ö p f e
u n d P h r a s e n m i t l i t e r a r i s c h e n T e x t e n F r e i b u r g e r A u to r e n u n d A u to r I n n e n ü b e r k l e b e n .
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K atj a P e t r o w s k a j a
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g e g e n w ä rt i g e s u n d w i e d e rg e l e s e n e s, ü b e rs e t z t e s u n d l e s e n s w e rt e s
am Main stattfindet. Ich glaube, die Wirtin trug sogar grüne Schuhe zum Freiburger Mantel.
Unsere Hochzeitsreise dauerte zwei Tage bzw. Nächte. D.h. auch die Hochzeitsnacht verbrachten wir in Freiburg. Das wird mir eben in diesem Moment
erst klar: Ich hatte Hochzeitsnacht in Freiburg! Das machen andere irgendwo
im Pazifik. Wir aber im Hotel Oberkirch, Münsterplatz, mit Kirchturmblick.
In Freiburg gehe ich immer ins Oberkirch, das werde ich auch diesmal machen. Freiburg läuft eigentlich immer gleich ab, seitdem ich Schriftsteller bin.
Ich bin jetzt seit 15 Jahren Schriftsteller, und seit meinem ersten Buch fahre
ich nach Freiburg. Ursache ist Michael Schwarz, der dortige Buchhändler. Er
führt deutschlandweit die einzige Buchhandlung, die mich, quasi wie in einem Abonnement, bei ausnahmslos allen meinen Büchern zu Lesungen ein-
2 014
2007
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m o v i n g w i t h t h e b a ll - f u s s b a ll u n d L i t e r at u r d i e „ l e g e n d ä r e “ V e r a n s ta l-
t u n g m i t V o l k e r F i n k e , D i e t h e l m B l e c k i n g , D e t l e f C l a u ss e n u n d B a b a c a r Wa n e v o r
über 30 0 Zuhörern in der Universität Freiburg.
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franz friedrich
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lädt (abgesehen von meiner Heimatbuchhandlung in der Wetterau). Eigentlich würde ich ja lieber schreiben, er „ist“ die Buchhandlung, statt er „führt“.
So wie ich die Tochter des Buchhändlers der Bindernagelschen Buchhandlung
in Friedberg auf der Kaiserstraße (meine Wetterauer Heimatbuchhandlung)
gern „Tochter der Bindernagelschen Buchhandlung“ nennen würde, aber die
Tochter der Bindernagelschen Buchhandlung ist immer dagegen, daß ich sie
in meinen Büchern so nenne, und zwar mit dem Einwand, sie sei nicht die
Tochter einer Buchhandlung.
In die Tochter des Buchhändlers der BB auf der KS in FB in der Wetterau war
ich früher verliebt, das unterscheidet sie von Michael Schwarz in Freiburg.
Allerdings habe ich in meinem letzten Roman, den ich nächsten Mittwoch in
der BB auf der KS in FB in der Wetterau und zwei Tage später bei MS in FB
F: Kunz
im Breisgau lesen werde, über die Buchhandlungstochter geschrieben, daß
2008
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L i t e r at u r i m U m b r u c h : E i n e G r o ssb a u s t e l l e m i t ü b e r 6 - m o n at i g e r B a u z e i t
d i r e k t v o r d e r B u c h h a n d l u n g . Wa s k a n n m a n d a m a c h e n ? F r e i b u r g e r A u to r e n e i n l a d e n , T e x t e ü b e r B a u s t e l l e n s c h r e i b e n l a ss e n u n d n i c h t n u r e i n e n l i t e r a r i s c h e n
M e h rw e rt h e rst e l l e n.
2 013
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Andreas Maier
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ich, als ich achtzehn war, gedacht hatte, sie möge später meine Trauzeugin
werden. Wurde sie nicht. Dafür aber ging dann meine Hochzeitsreise (inkl.
Hochzeitsnacht) zu MS nach FB in den Br.
Mein Freiburger Buchhändler organisierte auch noch die komplette Reise. Am
zweiten Tag unserer Hochzeitsreise saßen wir irgendwo vor Freiburg mitten
in irgendeinem Tal zwischen Kühen und betrachteten die Gänseblümchen. So
hatten wir uns unser Leben immer vorgestellt.
Als er seine Buchhandlung vor 15 Jahren eröffnete, bestand seine erste
Schaufensterauslage ausschließlich aus Thomas Bernhards Auslöschung. Damit wollte er in Freiburg ein Zeichen setzen, vermute ich. Immerhin heißt
der Mann ja nach der Thomas-Bernhard-Farbe Schwarz. So hat er auch seine
Buchhandlung genannt: Schwarz.
2009
2009
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H e r ta M ü ll e r – E i n C o u p w i d e r W i l l e n : Üb e r N a c h t w u r d e a u s d e r k l e i n e n ,
f e i n e n L e s u n g m i t H e r ta M ü l l e r e i n e G r o ss v e r a n s ta lt u n g v o r Ta u s e n d Z u h ö r e r n m i t
e n t sp r e c h e n d e m M e d i e n r u m m e l .
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h e r ta m ü ll e r
portfolio
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g aSt d e r
B uc hh a n d l u n g Sc hwa r z
B i r k Me i n h a r dt
B rüder
und Sch w eStern
2 6. M ärz | 2 0 U h r | Ort: BU c h h an d l Un g Sc h warz | E i n t r i t t: 8,- / 5,- E U rO
Willy Werchow ist Direktor einer großen SED-eigenen Druckerei in Thüringen. Er sei der „aufrichtigste Lavierer“, der in der ganzen Gegend zu
finden sei, sagt sein Freund Achim.
Seine drei Kinder Britta, Erik und Matti könnten unterschiedlicher nicht
sein. Britta wird wegen einer politischen Äußerung von der Schule geworfen und schließt sich dem Zirkus an. Erik distanziert sich offiziell von
seiner Schwester, um weiterstudieren zu können. Matti schließlich verfolgt unbeirrt seine Idee vom Guten und Bösen.
„Ein geradezu unverschämt gut lesbares Buch, das in mancherlei Hinsicht
Tellkamps „Turm“ Konkurrenz macht ...
So lebensprall, mit so viel Liebe fürs
sprechende Detail, mit so einem ausgeprägten Gespür für Sprache ist bisher
noch nicht über die „mächtige Dreieinigkeit aus Heuchelei, Phrasendrescherei
und Schurigelei“ in der DDR geschrieben
worden.“
f o to / g e S ta lt u n g : c h r i S t o p h e B e r l e . d e
Knut Cordsen, BR
Buchhandlung
Schwarz
V e r a n s ta lt u n g u n d K a r t e n V o r V e r K a u f
B u c h h a n d l u n g S c h wa r z
2 0 01 - o p e n e n d
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L e s u n g s pl a k at e – E i n e A u s wa h l a n P l a k at e n , d i e v o m F r e i b u r g e r
G r a f i k e r u n f f o t o g r a f C h r i s t o p h Eb e r l e g e s ta lt e t w e r d e n u n d a l s AO - F o r m at d i e V e r a n s ta lt u n g e n d e r B u c h h a n d l u n g i m S c h a u f e n s t e r a n k ü n d i g e n .
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g ü n t e r S ta l S t r 4 4
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i n f o @ B u c h h a n d l u n g - S c h wa r z . d e
portfolio
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B u c h h a n d l u n g S c h wa r z
g e g e n w ä rt i g e s u n d w i e d e rg e l e s e n e s, ü b e rs e t z t e s u n d l e s e n s w e rt e s
Die erste Lesung, die er machte, war dann mit mir. Ich war ja anfänglich so
etwas wie Thomas Bernhard für geistig Arme (Tilmann Krause). Obgleich ich
auch da schon ich war. Jetzt bin ich 47 und immer noch ich. Immer noch warte
ich darauf, daß endlich passiert, was bei Günter Grass und Tocotronic passiert
ist, nämlich daß ich nicht mehr ich bin, sondern endlich ich, also ein anderer.
Ich habe diese Ich-Wechselei übrigens zum ersten Mal begriffen, als ich die
Sekretärin von Hitler im Interview gesehen habe, die war früher, bei Hitler,
auch nicht sie gewesen, und später war sie dann nicht mehr die von früher und
konnte sich das alles gar nicht mehr vorstellen.
Bei M. Schwarz bin ich jetzt seit 15 Jahren ich. Die Lesungen fanden an den
seltsamsten Orten statt. Mal irgendwo an einem Bächlein, dann auf einer Art
2 015
2 012
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Landgericht – Ursula Krechel mit „Landgericht“ im Landgericht Freiburg.
| Va l e r i e F r i t s c h
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B u c h h a n d l u n g S c h wa r z
g e g e n w ä rt i g e s u n d w i e d e rg e l e s e n e s, ü b e rs e t z t e s u n d l e s e n s w e rt e s
Parkplatz mit Würstchenbude, aber meistens lese ich in einem Weingut um
die Ecke der Buchhandlung, und nicht selten bringe ich Apfelwein mit, den
der Wirt dann verkauft, was ihn freut – ich habe keine Gewinnbeteiligung.
Dieses Jahr haben wir beide Jubiläum, Michael Schwarz und ich. Beide werden
wir fünfzehn. Zusammen sind wir schon dreißig. Ich bin die Jubiläumslesung.
Wahrscheinlich werde ich irgendwann auch seine letzte Lesung sein. Einmal
lud er Herta Müller zu Gast, da war sie noch keine Literaturnobelpreisträgerin. Als der Lese-Termin kam, war sie Literaturnobelpreisträgerin. Seitdem
gilt Michael Schwarz als Großveranstalter. Ich habe sogar schon eine NeulichKolumne für ihn geschrieben, die wurde hier auch abgedruckt, aber ich weiß
nicht mehr welche.
So viel zu Freiburg.
2 013
2 013
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Pa u s e n b r o t – Ö f f e n t l i c h e M i t ta g s l e s u n g i n d e r C h r i s t u s k i r c h e – V o n d e r 2 6 . b i s
z u r 2 9 . K a l e n d e r w o c h e w u r d e i m m e r m o n ta g s b i s f r e i ta g s , j e w e i l s v o n 1 2 . 3 0 – 1 2 . 5 0 U h r
d e r T e x t v o n G a b r i e l J o s i p o v i c i , M o o Pa k v o r g e l e s e n . S o w u r d e ü b e r v i e r W o c h e n e i n O r t
des Zuhörens geschaffen.
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G a b r i e l J o s i p ov i c i
portfolio
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B u c h h a n d l u n g S c h wa r z
U n s e r e G ä st e
Eine
Auswahl
Volker Altwasser, Yuri Andruchowitch, Lukas Bärfuss, Heinrich von
Berenberg, Diethelm Blecking, Marion Brasch, Paul Brodowsky,
Monica Cantieni, Alex Capus, Detlev Claussen, Pape Dieye, Sabine
Dörlemann, Volker Finke, Valerie Fritsch, Max Frei, Franz Friedrich,
Marjana Gaponenko, Gunter Gebauer, Wilhelm Genazino, Thomas
Glavinić, Ingeborg Gleichauf, Tomás González, Tanja Graf, Evelyn Grill,
Norbert Gstrein, Sebastian Guggolz, Martin Gülich, Günther Herburger, Gabriel Josipovici, Kapelje Freiburg, Dževad Karahasan, Daniela
Krien, Wojciech Kuczok, Peter Kurzeck, Thomas Lehr, Svenja Leiber,
Mariana Leky, Dagmar Leupold, Andreas Maier, Birk Meinhardt, Robert
Menasse, Herta Müller, Melinda Nadj Abonji, Richard Obermayr,
Markus Orths, Annette Pehnt, Katja Petrowskaja, Ulrich Peltzer,
Marion Poschmann, Roswitha Quadflieg, Ralf Rothmann, Walle Sayer,
Max Scharnigg, Norbert Scheuer, Saša Stanišić, Jens Steiner,
Uwe Tellkamp, Hans-Ulrich Treichel, Babacar Wane, Kai Weyand,
Anila Wilms, Juli Zeh
g e g e n w ä rt i g e s u n d w i e d e rg e l e s e n e s, ü b e rs e t z t e s u n d l e s e n s w e rt e s
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Die Struktur lügt nicht.
Michael Glawogger