FRANZ XAVER MESSERSCHMIDT MONOGRAFIE UND WERKVERZEICHNIS Belvedere Werkverzeichnisse, Band 4 2015 Franz Xaver Messerschmidt Zweiter Schnabelkopf, 1777 1781 Alabaster © Belvedere, Wien FRANZ XAVER MESSERSCHMIDT MONOGRAFIE UND WERKVERZEICHNIS Der aus Schwaben stammende Franz Xaver Messerschmidt ist einer der faszinierendsten Künstler aus der Zeit der Aufklärung und zählt zu den bedeutendsten Bildhauern des 18. Jahrhunderts in Mitteleuropa. Er arbeitete in Wien mit großem Erfolg für das Kaiserhaus unter Maria Theresia. Als einer der ersten Künstler seiner Zeit brach Messerschmidt mit dem überlieferten Schema des repräsentativen barocken Porträts zugunsten des Klassizismus. Um 1770 kam es durch eine persönliche Krise zur Radikalisierung seiner Arbeit und seiner Lebensumstände, wodurch seine bekannteste Werkgruppe entstand, die heute als Charakterköpfe bekannten Studienköpfe. Kein anderer Bildhauer seiner Epoche vermochte menschliche Gefühle und Leidenschaften in derart gnadenlos realistischen Momentaufnahmen und mit so beißendem Spott darzustellen. Mit diesen außerordentlichen Werken, denen der österreichische Künstler seinen bis heute anhaltenden Ruhm verdankt, brach er mit den Konventionen seiner Zeit und den fundamentalen Regeln des Akademismus. Das Belvedere präsentiert nun die neue umfangreiche Publikation Franz Xaver Messerschmidt. Monografie und Werkverzeichnis. Die Autorin, Maria Pötzl-Malikova, gilt als Spezialistin für Plastik und Skulptur des Barock. Seit ihrer Diplomarbeit stehen die Person und das Schaffen Franz Xaver Messerschmidts im Mittelpunkt ihres wissenschaftlichen Interesses. Nachdem sie auch ihre Dissertation diesem herausragenden Künstler gewidmet hatte, publizierte sie 1982 eine MesserschmidtWerkmonografie. Im Laufe der Zeit kamen , und zahlreiche Ausstellungen beleuchteten Messerschmidts Schaffen aus neuen Blickwinkeln. Dies veranlasste Maria Pötzl-Malikova, eine aktualisierte Fassung der Werkmonografie zu publizieren. Auf einen Abschnitt, der sich mit der Biografie des Künstlers sowie mit verschiedenen Schaffensgruppen beschäftigt, folgt das Werkverzeichnis, in dem alle bekannten Arbeiten mit einem entsprechenden Kommentar sowie mit einem Verzeichnis der zugehörigen Literatur und der Ausstellungen versehen sind. Darüber hinaus enthält der Band einen entscheidenden Beitrag über die Genese der Charakterköpfe und das dahinter stehende Krankheitsbild. Seit der Gründung des Instituts für die Erstellung von Werkverzeichnissen am Belvedere ist es uns gelungen, ein langfristiges Konzept zur Dokumentation des Schaffens bedeutender österreichischer Künstlerinnen und Künstler zu realisieren. Dies ermöglicht nicht nur eine wissenschaftliche Aufarbeitung bzw. eine kunsthistorische Analyse, sondern dient auch der Aufwertung und Neupositionierung im internationalen Kontext , so Agnes Husslein-Arco, Direktorin des Belvedere und 21er Haus. Mit großer Intensität arbeitete Messerschmidt an den insgesamt 69 meist stark grimassierenden Köpfen, die er in Gesprächen als seine Portreen bezeichnete. Die Bandbreite reicht von natürlich wirkenden antikisierenden Köpfen bis zu übersteigerten, ausdrucksstarken Mimikern, die in extremer Anstrengung nicht nachvollziehbare Gemütsbewegungen äußern. Das Belvedere besitzt mit 16 Originalköpfen nicht nur die weltweit größte geschlossene Sammlung aus dieser Werkgruppe, sondern auch zahlreiche Gipsabgüsse von den insgesamt 54 der Nachwelt erhaltenen Arbeiten. Etwas zu Unrecht wird Messerschmidts Schaffen oftmals auf die Charakterköpfe reduziert, Als sein großartiger künstlerischer Auftakt sind die beiden heute im Belvedere befindlichen vergoldeten Bronzebüsten des Kaiserpaares Maria Theresia und Franz I. Stephan von Lothringen zu nennen. Messerschmidts frühe Werke, die eben genannten Statuen des Kaiserpaares, die Reliefs Josephs II. und seiner Gemahlin sowie die vergoldete Bronzebüste Gerard van Swietens, erfüllen alle Anforderungen eines barocken Repräsentationsporträts und zeigen sich in die künstlerische Tradition Wiens eingebunden. Die Darstellungen von verschiedenen Mitgliedern der kaiserlichen Familie nehmen wichtige Positionen in der heimischen Kunstgeschichte ein. Wesentlich für Messerschmidt war auch die Förderung durch die fürstliche Familie Liechtenstein, wobei der späteren Herzogin Maria Theresia von Savoyen bedeutende Aufträge wie etwa die monumentale Maria Immaculata sowie der Elisäusbrunnen von bedeutenden Persönlichkeiten der damaligen Zeit, unter denen sich der Historiker Martin Georg Kovachich, der Schriftsteller und Kunsttheoretiker Franz Christoph von Scheyb sowie der Arzt Gerard van Swieten finden. Ab Anfang der 1770er-Jahre weichen Schwung und Pathos des Barock kühler Strenge und schonungsloser Präzision in der Wiedergabe der Erscheinung. Mit seiner aggressiven Charakterisierungskunst bereitete Messerschmidt den Weg für die Wahrheit in der Menschendarstellung. Zu diesem vollständigen Bruch mit der künstlerischen Tradition kam es in jenen Jahren wohl aufgrund der entscheidenden Veränderung seiner Lebensumstände. Seine Krankheit, sein Scheitern an der Akademie und der Verlust der Auftraggeber trieben Messerschmidt in die Isolation. Biografie – Franz Xaver Messerschmidt Franz Xaver Messerschmidt wurde am 6. Februar 1736 in Wiesensteig, zwischen Ulm und Stuttgart, als Sohn eines Weißgerbermeisters in einfache Verhältnisse geboren. Seine Mutter stammte aus einer Bildschnitzer- und Schreinerfamilie. Nach dem Tod des Vaters übersiedelte sie mit ihren Kindern zu ihrem Bruder, dem kurbayerischen Hofbildhauer Johann Baptist Straub, nach München, wo Messerschmidt seine Laufbahn als Bildhauerlehrling begann. Um 1752 ging er zu einem weiteren als Bildhauer tätigen Bruder seiner Mutter, Philipp Jakob Straub, nach Graz und arbeitete in dessen Werkstatt. 1755 schrieb er sich an der Wiener Akademie ein, wobei der Porträtmaler Martin van Meytens zu seinem Förderer wurde. Dieser vermittelte ihm auch eine Anstellung als Stuckverschneider im kaiserlichen Arsenal. Um 1760 gelang es Messerschmidt, sich künstlerisch zu etablieren. Er erhielt bedeutende Aufträge vom Kaiserhaus, etwa für die beiden lebensgroßen Statuen von Maria Theresia und Franz Stephan die heute im Belvedere zu sehen sind , sowie von Feldmarschall Fürst Joseph Wenzel I. von Liechtenstein und insbesondere von Herzogin Maria Theresia Felicitas von Savoyen (geb. Liechtenstein). 1765 kam es zu einem mehrmonatigen Studienaufenthalt in Rom, wobei sich im späteren Schaffen vor allem die dabei angeeignete Kenntnis antiker Skulpturen zeigt. Am 30. Jänner 1769 folgte die Aufnahme als Mitglied der kaiserlichen Akademie der bildenden Künste und am 10. September desselben Jahres die Ernennung zum Substitutsprofessor. Um 1771 begann er mit der Arbeit an den Charakterköpfen. Nach dem Tod des Bildhauers Jakob Schletterer wurde Messerschmidt 1774 bei der Professorenwahl übergangen, obwohl man ihm zuvor diesen Posten in Aussicht gestellt hatte. Als Gründe für die Ablehnung wurden seine Feindseligkeit wie auch seine gelegentliche geistige Verwirrung angeführt. 1775 erfolgten der Verkauf seines Besitzes und der endgültige Weggang aus Wien. Über München ging er in seinen Heimatort Wiesensteig und widmete sich verstärkt der Arbeit an den Köpfen. 1777 übersiedelte er nach Pressburg, wo er bei seinem jüngeren Bruder Johann lebte, der ebenfalls Bildhauer war. Ende 1780 erwarb er ein Haus im Pressburger Vorort Zuckermandel. Neben den Köpfen schuf Messerschmidt auch Porträtbüsten und vor allem kleine Alabastermedaillons, die er veräußerte. 1783 starb Messerschmidt wohl am 19. August , wobei als Todesursache eine Lungenentzündung angenommen werden kann. Seinen Besitz erbte der Bruder Johann, der damit auch zum Eigentümer der Charakterköpfe wurde. 1793 erwarb Franz Strunz, der als Traiteur, als Koch für Großbürgertum und Adel, tätig war die Belvedere Werkverzeichnisse ist im Belvedere seit Jahren ein wichtiger Forschungsschwerpunkt innerhalb der zentralen Aufgabengebiete des Museums. Erst die Aufarbeitung des Gesamtwerks einer Künstlerin, eines Künstlers ermöglicht die umfassende Analyse seiner oder ihrer kunsthistorischen Bedeutung im zeitlichen Zusammenhang. Um diese Aufgabe bestmöglich zu erfüllen, wurde unter der Direktion von Agnes Husslein-Arco im Research Center des Belvedere das Institut für die Erstellung von Werkverzeichnissen eingerichtet, das unter Einbeziehung hausinterner Experten sowie unabhängiger Fachleute gezielt an der Erfassung des gesamten Schaffens zentraler Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Kunst vom Barock bis zur Gegenwart arbeitet. Aktuell werden parallel zwölf Werkverzeichnisse erstellt, die in den kommenden Jahren erscheinen sollen. Die wissenschaftliche Aufarbeitung und Dokumentation des Schaffens wichtiger Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Kunst setzt so neue Standards in der Erforschung der österreichischen Kunstgeschichte. In der Reihe Belvedere Werkverzeichnisse bereits erschienen sind Josef Danhauser. Biedermeierzeit im Bild (Sabine Grabner, Band 1), Carry Hauser. Monografie und Werkverzeichnis (Cornelia Cabuk, Band 2) und Hans Makart. Werkverzeichnis der Gemälde (Gerbert Frodl, Band 3). Die Reihe Werkverzeichnisse wird vom Dorotheum unterstützt. BIBLIOGRAFISCHE DATEN Franz Xaver Messerschmidt. Monografie und Werkverzeichnis Belvedere Werkverzeichnisse, Band 4 Herausgeberin: Agnes Husslein-Arco Autorin: Maria Pötzl-Malikova Unter Mitarbeit von Georg Lechner Vorarbeiten unter Mithilfe von Christina Bachl-Hofmann, Beate Drescher und Stefan Üner Grafikdesign: Matias S. Pils Verlag Bibliothek der Provinz Deutsch und Englisch in einem Band ISBN: 978-3-902805-73-7 Ein PDF des Werkverzeichnisses steht unter folgendem Link zum Download bereit: www.belvedere.at/presse (Passwort: pr2015) RÜCKFRAGEHINWEIS Presse Belvedere & Winterpalais T +43 (01) 795 57-177 M [email protected]
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