Matthias Hintzsche: "Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung"

Für Mensch & Umwelt
ALD-Veranstaltung „Stille Örtchen und ruhige Gebiete“
Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
Matthias Hintzsche
Fachgebiet I 3.4
Lärmminderung bei Anlagen und Produkten, Lärmwirkungen
Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
EU-Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG
Artikel 1 „Ziele“
• „…Umweltqualität in den Fällen zu erhalten, in denen sie zufrieden stellend
ist.“
Artikel 8 „Aktionspläne“
• „Ziel dieser Pläne soll es auch sein, ruhige Gebiete gegen eine Zunahme des
Lärms zu schützen.“ (Ballungsräume)
Artikel 3 „Begriffsbestimmungen “
• „ ,ruhiges Gebiet in einem Ballungsraum‘ ein von der zuständigen Behörde
festgelegtes Gebiet, in dem beispielsweise der Lden-Index oder ein anderer
geeigneter Lärmindex für sämtliche Schallquellen einen bestimmten, von dem
Mitgliedsstaat festgelegten Wert nicht übersteigt“
• „ ,ruhiges Gebiet auf dem Land‘ ein von der zuständigen Behörde festgelegtes
Gebiet, das keinem Verkehrs-, Industrie- und Gewerbe- oder Freizeitlärm
ausgesetzt ist“
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:2002L0049:20081211:DE:PDF
29.04.2015
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
Bundes-Immissionsschutzgesetz
Sechster Teil „Lärmminderungsplanung“
§ 47a „Anwendungsbereich des Sechsten Teils“
• „Dieser Teil des Gesetzes gilt für den Umgebungslärm, dem Menschen
insbesondere … in öffentlichen Parks oder anderen ruhigen Gebieten eines
Ballungsraums, in ruhigen Gebieten auf dem Land… ausgesetzt sind.“
§ 47d Lärmaktionspläne
• „Ziel dieser Pläne soll es auch sein, ruhige Gebiete gegen eine Zunahme des
Lärms zu schützen.“ (Ballungsräume und auf dem Land)
http://www.gesetze-im-internet.de/bimschg/
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI)
LAI-Hinweise zur Lärmaktionsplanung
• Aufstellung eines Lärmaktionsplanes allein zum Schutz
ruhiger Gebiete möglich
• Ruhige Gebiete nicht per se, bedürfen der Festsetzung
• Auswahl und Festlegung ruhiger Gebiete in das Ermessen
der zuständigen Behörde gestellt
• Keine Festlegung ohne Einverständnis der Gemeinden
(kommunale Planungshoheit)
• Festlegung von zu schützenden ruhigen Gebieten
= planungsrechtliche Festlegungen, die von den
zuständigen Planungsträgern bei ihren Planungen zu
berücksichtigen sind (§ 47d Abs. 6 BImSchG)
http://www.lai-immissionsschutz.de/servlet/is/20170/LAI-Hinweise.pdf?command=downloadContent&filename=LAI-Hinweise.pdf
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
LAI-Hinweise zur Lärmaktionsplanung
Ruhige Gebiete auf dem Land
• großflächige Gebiete ohne anthropogene Geräusche
(bspw. Verkehrs-, Industrie- oder Freizeitlärm)
• Geräusche durch Nutzung der Gebiete möglich
(bspw. Forst- und Landwirtschaft)
• liegen außerhalb der Bereiche der Lärmkarten
• Auswahl durch
 Ortskenntnis und Vorwissen über die Lärmbelastung
oder
 Berechnung mit einem Lärmmodell
• Anhaltspunkt: LDEN ≤ 40 dB(A)
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
LAI-Hinweise zur Lärmaktionsplanung
Ruhige Gebiete in Ballungsräumen
• ruhige Landschaftsräume, d. h. großflächige Gebiete, die
einen weitgehend Natur belassenen oder land- und
forstwirtschaftlich genutzten, durchgängig erlebbaren
Naturraum bilden
• Anhaltspunkte:
 Größe über 4 km²
 LDEN ≤ 50 dB(A) auf dem überwiegenden Teil der
Flächen (d.h. Randbereiche nicht über 55 dB(A))
• auch innerstädtische Erholungsflächen als ruhige Gebiete
möglich, sofern sie von der Bevölkerung als ruhig
empfunden werden
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
Implementierungsbericht der KOM (2011)
Bericht der KOM … über die Durchführung der Richtlinie über Umgebungslärm
gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2002/49/EG
• Ruhige Gebiete leisten einen positiven Beitrag zur öffentlichen Gesundheit
• Richtlinie überlässt Festlegung jedoch weitgehend dem Ermessen der MS
• Ermessensspielraum führte zu sehr unterschiedlichen Ansätzen
• die meisten MS haben ruhige Gebiete in Ballungsräumen festgelegt
• viele Mitgliedstaaten haben jedoch auf dem Land keine Gebiete definiert
Ausarbeitung von EU-Leitfäden für die Durchführung
• Mindestanforderungen (Anhang V) nicht ausreichend, um Lärmaktionspläne
vorzubereiten, insbesondere bei der Ausweisung von ruhigen Gebieten
Themen für weitere Überlegungen
• mögliche technische Verbesserungen, einschließlich Begriffsbestimmungen
und Anforderungen in Bezug auf ruhige Gebiete
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0321:FIN:DE:PDF
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
Good practice guide on quiet areas
• Unterstützung der zuständigen Behörden
• Zusammenfassung der Erfahrungen in den MS
• Hinweise für die Anwendung
Inhalt
• Definition und Auswahlkriterien
• Nutzen von ruhigen Gebieten
 Gesundheitlicher Nutzen
 Wirtschaftlicher Nutzen
 Biodiversität
• Methoden zur Identifizierung und Auswahl in Europa
(Bsp. Länder, Regionen und Ballungsräume)
• Ansätze zur Identifizierung ruhiger Gebiete
EEA Technical report
No 4/2014
http://www.eea.europa.eu/publications/good-practice-guide-on-quiet-areas
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
Good practice guide on quiet areas
Ansätze zur Identifizierung ruhiger Gebiete
• Auswertung der Ergebnisse der Lärmkartierung
+ flächendeckende Information, auch Prognose
- keine subjektive Bewertung (Nutzung, Charakteristik)
• Durchführung von Lärmmessungen
+ tatsächlicher Schalldruckpegel (Ort/Zeit)
- teuer und arbeitsintensiv
• Evaluierung durch Nutzerinnen und Nutzer der Gebiete
+ direkte Bewertung (akustische und visuelle Qualität)
- teuer, zeit- und arbeitsintensiv (Fragebögen)
• Fachliche Einschätzungen (Experten)
+ zusätzliche Erkenntnisse und bessere Ergebnisse
- teuer, zeit- und arbeitsintensiv (qualifizierte Fachleute)
UMID 02/2014
Schwerpunkt Umwelt
und Gesundheit in
Stadtentwicklung und
-planung
http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umid-022014
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
Good practice guide on quiet areas / Noise in Europe 2014
Vorschlag zur Ermittlung potentiell
ruhiger Gebiete außerhalb von
städtischen Gebieten (Ruheindex)
 Entfernungsschwellen für
potenzielle Ruhe
 Grad der Natürlichkeit
 Grad der Ländlichkeit
http://www.eea.europa.eu/publications/noise-in-europe-2014
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
Noise in Europe 2014
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
EU-Projekt „QUADMAP “
“Quiet Areas Definition & Management in Action Plans”
http://www.quadmap.eu/wp-content/uploads/2012/01/Guidelines_QUADMAP_ver2.0.pdf
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
TUNE: Rechtlicher Rahmen (Prof. Cancik)
Befassungspflicht, keine Festsetzungspflicht
• Verpflichtung Planungsträger zur Befassung und
Entscheidung bei LAP zum Schutz ruhiger Gebiete
• jedoch keine Festsetzungspflicht; Spielraum bei
Auswahl und Festsetzung
Konstitutive Festsetzung
• erst Festsetzung eines Gebietes als ruhiges Gebiet in
Publikation
in Vorbereitung
einem LAP durch den Planungsträger konstitutiv
• Schutzfolgen (Rechtsfolgen) erst nach Festsetzung, nicht
bereits aus der (ruhigen) Eigenschaft eines Gebiets
Ufoplan-Vorhaben
Auswahl eines ruhigen Gebietes
• LK Argus
• ruhig in Relation zum umgebenden Gebiet
Herr Dr. Heinrichs
• rechtlich genanntes Kriterium ist Erholungsfunktion
• Uni Osnabrück
(„Parks und andere ruhige Gebiete eines Ballungsraums“) Frau Prof. Dr. Cancik
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
TUNE: Rechtlicher Rahmen - Anordnung von Schutz-Maßnahmen
Maßnahme im engeren Sinne (Plananordnung)
• § 47d Abs. 6 i.V.m. § 47 Abs. 6 S. 1 BImSchG
• Umsetzung durch Fachbehörde
• Fachrecht bei Aufnahme in LAP beachten
• Einbeziehung Fachbehörde erforderlich
• strittig, ob Vetoposition der Fachbehörde
• strittig, ob strikte Bindung der Fachbehörde an LAP
Planungsrechtliche Festlegung
• § 47d Abs. 6 i.V.m. § 47 Abs. 6 S. 2 BImSchG
• in nachfolgenden Planungen „zu berücksichtigen“, also Belang für die
planerische Abwägung
• Strittig, ob „Optimierungsgebot“, aber jedenfalls: gewichtiger Belang
Nicht-rechtliche Schutzmaßnahmen
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
TUNE: Rechtlicher Rahmen – Festsetzung ohne Maßnahmen
Festsetzung eines ruhiges Gebietes ohne Anordnung
von Schutz-Maßnahmen
• bloße Festsetzung als ruhiges Gebiet löst Rechtsfolgen/
Schutzfolgen aus
• rechtlich als planungsrechtliche Festlegung im Sinne
von § 47d Abs. 6 i.V.m. § 47 Abs. 6 BImSchG
• Gebiet wird „markiert“
• Belang (zu schützende Ruhe) ist bei weiteren Planungen
auch anderer Planungsträger zu berücksichtigen
• kann in der nachfolgenden Abwägung überwunden
werden
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
TUNE: Rechtlicher Rahmen – Beschlussfassung Planungsträger
Aufstellung von Kriterien
• planerischer Spielraum, aber nachvollziehbar, in sich konsequent sowie
orientiert am Ziel des Schutzes ruhiger Gebiete
Auswahl und Begrenzung des ruhigen Gebietes
• willkürfreie Auswahl
• Beachtung (vorrangiger) anderer Planungen
• Verbindung mit anderen Planungen des LAP-Planungsträgers
Festsetzung von Schutz-Maßnahmen
• Klärung des Schutzbedarfes des ruhigen Gebietes und mögliche Maßnahmen
zur Zielerreichung (Eignungsprüfung über Prognose der Wirkung)
• ausreichende Beteiligung anderer Behörden / Planungsträger
• planerische Abwägung, Dokumentation, Begründung
• Formulierung der Maßnahme (Prüfauftrag, Planungsauftrag, verbindliche
Festsetzung, je nach Maßnahmenart)
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Ruhige Gebiete und Lärmaktionsplanung
TUNE: Hinweise für den Gesetz- und Verordnungsgeber
• Unterscheidung nach ruhigen Gebieten in einem Ballungsraum und solchen
auf dem Land?
 Orientierung der Definition eines Ballungsraum an Siedlungsstruktur und –dichte
statt an Einwohnerzahlen- und –dichte hilfreich?
 Definition „kein Lärm“ (auf dem Land) unspezifisch und mit vorhandenen Lärmkarten
nicht identifizierbar – Konkretisierung?
• Absenkung der Kartierungsgrenzen auf Werte kleiner LDEN = 55 dB(A) zur
Identifizierung ruhiger Gebiete? Umstellung auf immissionsbasierten Ansatz?
• Konkretisierung möglicher Auswahlkriterien und Maßnahmen durch Rechtsverordnungsgeber und Vermeidung einer heterogenen Verwaltungspraxis?
• Schaffung einer gesetzlichen Ermächtigung für „Ruheschutzgebiete“ im
BNatSchG als Grundlage für Unterbindung störender Verhaltensweisen?
• Ruhige Gebiete und unterschiedliche Zuständigkeiten Lärmaktionsplanung?
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Vielen Dank fürs Zuhören.
Matthias Hintzsche
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