47. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (asp) 14.05.2015 - 16.05.2015, Freiburg Der Effekt einer Blicktäuschung wirkt unabhängig vom Expertiseniveau Yvonne Steggemann-Weinrich1, Mustafa Alhaj Ahmad Alaboud1, Wilfried Kunde2 & Matthias Weigelt1 1 560 ms … t1 680 ms t3 … 800 ms t5 Universität Paderborn, 2 Julius-Maximilians-Universität Würzburg 920 ms … … t7 1040 ms … t9 1160 ms … 1280 ms t 11 t 13 1400 ms … t 15 Methode Theoretischer Hintergrund • Antizipationsstudien im Sport zeigen, dass Experten in ihrer Sportart die Ergebnisse fremder Handlungen früher und sicherer antizipieren können (Aglioti et al., 2008; Williams et al., 2000). Versuchspersonen • Expertengruppe: 16 Basketballspieler aus der BBL, ProA, ProB und RL (davon 8 weiblich, 24,3 Jahre) Blickrichtung: valider oder invalider Hinweisreiz • Kontrollgruppe: 16 Basketball-Laien (davon 8 weiblich, 25,6 Jahre) • Experten können zudem Täuschungen besser von Nicht-Täuschungen unterscheiden (z. B. CañalBruland & Schmidt, 2009; Sebanz & Shiffrar, 2009) und die eigentliche Aktionsrichtung eines Gegners in einer Täuschungssituation besser vorhersagen als Laien (z. B. Jackson et al., 2006). • Die bessere Wahrnehmungsleistung der Experten basiert mutmaßlich auf internen Simulationsprozessen, die bei der Beobachtung von Bewegungen ablaufen (Jeannerod, 2001). • Die Fähigkeit der internen Simulation wird darauf zurückgeführt, dass wahrgenommene und geplante Handlungen auf eine gemeinsame Repräsentationsebene zurückgreifen (Prinz, 1997). • Ob sich sportliche Expertise auch in Situationen mit Blicktäuschungen förderlich auf das Erkennen von Handlungsabsichten auswirkt, wird in diesem Experiment geprüft. Annahmen Ablauf • 16 Abbruchzeitpunkte • Präsentation der Videos in Anlehnung an das Gating-Paradigma (Grosjean, 1980) von der kürzesten bis zur längsten Sequenz. „Entscheide, ob der rechte Spieler einen Bodenpass oder Brustpass spielt. Wenn du die Antwort nicht kennst, drücke „Ich weiß es nicht“.“ Jeannerod, M. (2001). Neural simulation of action: A unifying mechanism for motor cognition. NeuroImage, 14, 103–109. Langton, S. R. H. & Bruce, V. (2000). You must see the point: Automatic processing of cues to the direction of social attention. Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance, 26, 747–757. Prinz, W. (1997). Perception and action planning. European Journal of Cognitive Psychology, 9, 129–154. Sebanz, N. & Shiffrar, M. (2009). Detecting deception in a bluffing body: the role of expertise. Psychonomic Bulletin and Review, 16, 170–175. Williams, A. M., Davids, K. & Williams, J. G. (2000). Visual perception & action in sport. London: E. & F.N. Spon. A C … fallen in gleichem Maße auf die Täuschung herein. D … begehen bei einer Blicktäuschung nicht grundsätzlich weniger Fehler, sondern machen diese nur zu früheren Abbruchzeitpunkten. B Grosjean, F. (1996). Gating. Language and Cognitive Processes, 11, 597–604. Ungewisse Antworten B … können Passrichtung früher erkennen als Laien, jedoch nur bei Pässen ohne Blicktäuschung! (B) Basketballer lassen sich weniger stark von der Blickrichtung des Passgebers beeinflussen, so dass sie im Falle einer Blicktäuschung weniger über die eigentliche Handlungsabsicht getäuscht werden. Cañal-Bruland, R. & Schmidt, M. (2009). Response bias in judging deceptive movements. Acta Psychologica, 130, 235–240. Ergebnisse Experten… A … entscheiden sich bereits zu früheren Abbruchzeitpunkten für eine definitive Antwort. Richtige Antworten Aglioti, S. M., Cesari, P., Romani, M. & Urgesi, C. (2008). Action anticipation and motor resonance in elite basketball players. Nature Neuroscience, 11, 1109–1116. Abhängige Variablen • Richtige, falsche und ungewisse Antworten in % Instruktion/Aufgabe (A) Basketballer können aufgrund ihrer sportlichen Expertise die Handlungsabsichten des passgebenden Spielers bereits zu früheren Zeitpunkten zuverlässig vorhersagen. Literatur … C HE Gruppe : F (1,28) = 12,625, p < .001, ηp2 = .311 2-fach IA Länge*Gruppe : F (2,430, 68,044) = 10,244, p < .001, ηp2 = .268 3-fach IA: n.s. Falsche Antworten D HE Gruppe : F (1,28) = 14,035, p < .001, ηp2 = .334 3-fach IA Länge*Gruppe*Bedingung : F (3,809, 106,657) = 5,881, p < .001, ηp2 = .174 Statistik: 3 ANOVAS für richtige, falsche und ungewisse Antworten in % 2 (Gruppe) x 2 (Blick-Pass-Bedingung) x 16 (Abbruchzeitpunkte) HE Gruppe : F (1, 28) = 3,286, p = .081, ηp2 = .105 n.s.! 3-fach IA Länge*Gruppe*Bedingung: F (15, 420) = 4,128, p < .001, ηp2 = .128 Diskussion • Das frühzeitige Umschwenken von der ungewissen zu einer definitiven Antwort geht bei den Experten auf Kosten der Antwortgenauigkeit. führen, was bedeutet, dass die Blicktäuschung als irrelevante Reizinformation mitverarbeitet wird und die Antizipationsleistung auf den Pass beeinträchtigt. • Lediglich die Reaktionen auf Pässe ohne Blicktäuschung lassen auf eine selektiv bessere Wahrnehmungsleistung der Experten schließen. • Eine mögliche Erklärung für das Ausbleiben eines generellen Expertiseeffektes könnte sein, dass die Blickrichtung ein derart starker sozialer Hinweisreiz ist (Langton & Bruce, 2000), so dass sich auch Experten deren Einfluss nicht entziehen können. • Danach lassen sich die Basketballspieler ebenso von der Blicktäuschung des Passgebers in die Irre Ansprechpartner: Yvonne Steggemann-Weinrich | Universität Paderborn | Department Sport und Gesundheit | Arbeitsbereich Sportpsychologie Email: [email protected] | Web: www.dsg.uni-paderborn.de/arbeitsbereiche/sportpsychologie
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