High Street ist nicht gleich High Street

Datum: 10.07.2015
High Street ist nicht
gleich High Street
Retailimmobilien - Spitzenmieten auf den High Streets haben ihre Eigenarten.
Eine neue Studie von PwC zu den Einkaufsstrassen der vier grössten Schweizer
Städte kommt zu interessanten Ergebnissen.
Von Marie Seiler, PwC,
PD
Prestigeträchtige
Prestigetrachtige Adresse:
Adresse. die Bahnhofstrasse in Zürich
Zurich
Liegenschaften sind bekanntlich immobil Fragen die Einzelhändler unabhängig von menhang zwischen den Spitzenmieten
- und aus diesem Grund gilt der Standort den genauen Passantenströmen die und verschiedenen messbaren Faktoren
hin analysiert. Hierzu wurden die Bevölals der wertrelevanteste Faktor, insbe- Mietflächen an solchen Lagen an?
kerungszahlen, die Zentralitätsziffer, das
sondere für Detailhandelsimmobilien.
Doch wie wird die Qualität des Standortes
High-Street-Mieten unter der Lupe Passantenpotenzial und der Anteil der
bei Verkaufsflächen definiert? Ist das
Passanten mit einem Haushaltseinkom-
Passantenpotenzial entscheidend? Gibt
der Anteil der besser verdienenden Passanten am gesamten Publikumsverkehr
den Ausschlag? Oder ist das prestigeträchtige Image des Standortes in den
Das Team Advisory Real Estate bei PwC men von mehr als 10.000 Franken pro
Schweiz hat zur Beantwortung dieser Monat untersucht. Das Passantenpoten-
Fragen die Einkaufsstrassen der vier ziaL wurde von Senozon zur Verfügung
grössten Schweizer Städte - das heisst gestellt. Es gibt Aufschluss über die PasZürich, Genf, Basel und Bern - unter die santen am Werktag inklusive ihrer Ziele
Highstreets besonders entscheidend? Lupe genommen und auf den Zusam- (beispielsweise Arbeit, Einkaufen, Frei-
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Datengrundlage für die Verkaufsflächen- direkter Zusammenhang zwischen der
mieten. Gemäss den Beobachtungen der Zentralität und den unterschiedlichen
der Rue du Rhöne in Genf gibt es auch
weniger stark frequentierte Zonen.
Interessant dabei ist, dass auf den High
Streets eine besonders starke Frequentierung in der Nähe der Tram-Stationen
zu erkennen ist. Die Frequentierung
nimmt bei zunehmender Entfernung zur
Tram-Haltestelle sichtlich ab. Es ist auch
PwC-Experten entwickelten sich die Mie- Spitzenmieten.
allgemein bekannt, dass lediglich die
zeit etc. sowie auch Ein-/Aus-/Umsteigen Umgebung zum Einkaufen in die Stadt
im öffentlichen Verkehr) in oder um die fahren. Die anderen drei Städte befinden
entsprechenden Strassenzüge. Darüber sich alle bei rund 150, was im landesweihinaus bildeten die gesammelten Daten ten Vergleich bereits ein sehr hoher Wert
aus PwC-Projekten sowie publizierte ist. Gerade weil dieses Kriterium alle
Benchmarks und Angebotsmieten die Städte erfüllen, besteht vielleicht kein
ten für Verkaufsflächen in den Schweizer Ein viel wichtigerer Faktor ist scheinbar besten Flächen eines Objektes - ErdgeHigh Streets in den letzten Jahren stabil. der Anteil der Besserverdienenden unter schosslage mit Schaufensterfront zur
Dies wird durch verschiedene Markt- den Passanten in den High Streets. So High Street - hohe Frequenzen aufweisen
und Spitzenmieten erzielen können. Inberichte von anderen Marktteilnehmern
stellte PwC einen starken statistischen
bestätigt. Entsprechend wurden die be- Zusammenhang zwischen dem Anteil der
obachteten Mieten über die letzten drei Passanten mit einem HaushaltseinkomJahre verwendet.
men von über 10.000 CHF/Monat und der
Spitzenmiete fest. Den grössten Anteil an
Wichtiger Faktor:
besser verdienenden Passanten hat die
die Kaufkraft der Passanten
Bahnhofstrasse in Zürich mit bis zu 33
Prozent, gefolgt von Genf mit 30 Prozent.
In der Regel gilt: Je mehr Menschen in Etwas weniger zahlungskräftige Passander einer Stadt leben, desto teurer sind ten flanieren auf den High Streets von
auch die Spitzenmieten in der Innenstadt. Basel. Dort beträgt der Anteil jener, die
Tatsächlich besteht zwischen den Ein- ein Haushaltseinkommen von über
wohnerzahlen der vier Städte und dem 10.000 CHF haben, maximal 28 Prozent.
arithmetischen Mittel der Spitzenmieten Der Korrelationskoeffizient von 0,85 befür Verkaufsflächen an den ausgewählten stätigt den starken Zusammenhang. Je
High Streets gemäss den Ergebnissen mehr Besserverdienende auf einer High
der PwC-Studie mit einem Korrelations- Street einkaufen gehen, desto mehr müskoeffizient von 0,88 ein starker statisti- sen die Shops an Miete zahlen, um Zuscher Zusammenhang. Doch gilt diese gang zu dieser zahlungskräftigen Kundallgemeine Beobachtung auch entlang schaft zu erlangen. In Bezug auf das
der einzelnen High Streets?
Passantenpotenzial an den High Streets
Wenn eine Stadt eine hohe Zentralität fällt auf, dass die vier betrachteten Städaufweist, liegt die Zentralitätsziffer über te sehr unterschiedlich sind. High Street
dem Wert von 100. Es sind nicht nur die ist nicht gleich High Street. Zum Teil be-
nerhalb des gleichen Objektes nachteilig
gelegene Flächen sind deutlich günstiger
zu haben.
Eine weitere Besonderheit in Bezug auf
die Detailhandelsmieten stellen im Allgemeinen die Warenhäuser dar. Warenhäuser mieten grosse Flächen, unter an-
derem auch Flächen im Inneren des
Gebäudes und in höheren Etagen, die erst
durch das Warenhaus für den Detailhandel interessant werden. Insgesamt liegen
die Mieten meistens unter der Marke von
1.000 CHF/qm/Jahr und somit deutlich
niedriger als die Mieten, die Juweliere
oder Modeboutiquen in den Erdgeschoss-
flächen direkt an den High Streets bezah-
len. Es ist aber nicht zu vernachlässigen,
dass ein Warenhaus die Frequenzen in
der unmittelbaren Umgebung der Lie-
genschaft stark beeinflusst und die
Nachbarliegenschaften von solchen Anziehungspunkten profitieren.
Besser etwas genauer hinsehen
bei der Standortsuche
Einwohner, die in der Stadt einkaufen: Je
stehen auch im Verlauf einer Strasse er-
höher diese Ziffer, desto mehr Kaufkraft
kommt von aussen hinzu. In Bern ist die
Zentralitätsziffer mit über 174 am grössten. Diese Eigenschaft kann auf die länd-
hebliche Unterschiede, wobei für die
So lässt sich zusammenfassen: Die High
höher frequentierten Bereiche nicht
ren sein, da viele Menschen aus der
der Spitzenmiete in den High Streets ha-
zwingend die höchsten Mieten gezahlt Streets in der Schweiz sind in Bezug auf
werden. Auf prestigeträchtigen Strassen ihre Struktur sehr heterogen. Einen grosliche Umgebung der Stadt zurückzufüh- wie der Bahnhofstrasse in Zürich oder sen, messbaren Einfluss auf das Niveau
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ben die Stadtgrösse, gemessen an der
Einwohnerzahl der Stadt, sowie der Anteil
der besser verdienenden Passanten. Zwi-
schen der Zentralität und der Spitzenmiete sowie zwischen dem Passantenpotenzial und der Spitzenmiete konnte
durch die Analyse von PwC kein signifikanter Zusammenhang hergeleitet werden. Es ist davon auszugehen, dass es
neben den vier untersuchten Faktoren
noch zusätzliche, möglicherweise nicht
messbare Grössen gibt, die sich auf die
Höhe der Spitzenmiete in den High
KENNZAHLEN DER SCHWEIZER HIGHSTREETS
STADT
HIGHSTREET
HIGHSTREET
ZENTRALITAT'
ZENTRAUTÄT'
EINWOHNER
EINKOMMEN'
EINKOMMEN'
SPITZENMIETE'
SPITZENMIETE'
>10.000
VON
VON
BIS
2.400
2.400
3.1100
3.000
Basel
Basel
Freie Straste
Strasse
Freie
164.516
155
28%
Bern
Spitatgasse
Spitalgasse
125.681
125.681
175
175
29%
29%
2.400
3.300
3.300
Genf
Ruede
du Raine
Rhöne
188.234
108.234
152
152
30%
30%
3.000
3.000
6.000
6.000
Zürich
Bahnhofstrasse
Bahnhofstrasse
376.990
376.990
147
33%
33%
3.000
3.000
8.000
'Comfort 201312014
'Comtort
2013/2014
'Senozon 2015 - Anteil hoher Einkommen am Passantenpotenzial
Quelle: Comfort, Senozon 2015
Zürich
Bahnhofstrasse
Streets auswirken.
Die landesweit höchste Retailmiete an der Züricher Bahnhofstrasse ist v.a. mit dem hohen Anteil zahlungskräftiger Passanbei der Suche nach Retailimmobilien in ten und dadurch höheren Umsätzen zu erklären sowie mit dem
Topdetailhandelslagen vor allem den Teil- Mietpreiszuschlag aufgrund der prestigeträchtigen Adresse.
markt und die Struktur derjeweiligen High Gemäss Locationgroup (2015) werden an der Bahnhofstrasse bis
Street betrachten, da dort landesweit er- zu 14.000 CHF/qm/Jahr für Retailflächen gezahlt. Dabei handelt
es sich vermutlich um die absolute Höchstmiete. Bei PwC-Behebliche Unterschiede bestehen.
Fazit: Die Nutzer von Verkaufsflächen ratungsmandaten wurden derartig hohe Mietvertragsabschlüskönnen die Frequenzanalyse vor allem se nicht beobachtet. Comfort sieht die Bandbreite der SpitzenMATSim
miete zwischen 3.000 und 8.000, Cushman & Wakefield bei
dazu nutzen, für ihre Zielgruppe den pasrund 9.000 CHF/qm/Jahr. Retailflächen in der Nähe des Paradesenden Standort zu finden: Verkaufe ich
platzes (50.000 Passanten/Tag) werden gemäss PwC für bis zu 8.000 CHF/qm/Jahr
ein Massenprodukt, brauche ich eine
vermietet. Der Bahnhof platz weist mit über 120.000 Passanten/Tag zwar die höchste
hohe Frequenz. Wenn ich mit einem Frequenz auf, doch Verkaufsfläche ist hier bereits für rund 1.300 CHF/qm/Jahr zu hahochwertigen Nischenprodukt wie ben. Grund dafür ist vor allem der hohe Anteil an Pendlern, die den Standort zwar stark
Designermode oder Schmuck handle, so frequentieren, dort aber deutlich weniger konsumieren. An der Kreuzung der Bahnbrauche ich nicht die hohen Passanten- hof-/Uraniastrasse mit bis zu 35.000 Passanten/Tag werden Ladenflächen für rund
werte, sondern kann mich dort ansiedeln, 4.000 CHF/qm/Jahr vermietet. (ms)
Sowohl Investoren als auch Nutzer sollten
wo sich meine (kaufkräftigen) Kunden oh- Passantenpotenziale: Das PassantenpotenziaL
Passantenpotenzial beschreibt
beschreibtdie
dieMenge
Mengean
anPersonen,
Personen,die
dieam
amtypischen
typischen
Werktag in
in der
der Nähe
Nähe von
von Strassenabschnitten
Strassenabschnitten Aktivitäten
Aktivitäten ausführen.
ausführen. Im
Im Gegensatz
Gegensatz zu
zu Handzählungen
Handzählungen
nehin aufhalten und auch vergleichbare Werktag
Produkte - Stichwort: Synergie durch
Konkurrenz - zu finden sind.
von
von Fussgängern
Fussgängern an
an einem
einem Querschnitt
Querschnitt liefert
liefert diese
diese Auswertung
Auswertung das
das Potenzial
Potenzial im
im gesamten
gesamten
räumlichen Umfeld. Die farbliche Darstellung der Passantenpotenziale für die Einkaufsstrassen
entspricht folgenden Werten:
<9.000
<
9.000
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<69.000
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Basel
Zweigeteilter High-Street-Bereich
In Basel gibt es einen zweigeteilten, hoch frequentierten High-Street-Bereich am Marktplatz und in den Gassen um die Barfüsserkirche. Teuerste Einkaufsstrasse
ist die Freie Strasse mit Höchstmieten von ca. 2.400 bis
3.000 CHF/qm/Jahr mit rund 40.000 Passanten/Tag.
Auffällig: Stark frequentierte Flächen mit über 50.000
Passanten/Tag an der Falknerstrasse sind bereits für
ca. 1.500 CHF/qm/Jahr zu haben. Am Marktplatz sind
die Frequenzen mit über 50.000 Passanten/Tag relativ
hoch; die Spitzenmieten (ca. 1.500-2.000 CHF /qm /Jahr]
liegen unter dem Niveau der Freien Strasse. (ms)
Bern
Gut frequentierte Gassen
In Berns kompaktem Stadtzentrum können Passanten nur auf
wenigen Strassen flanieren, doch
in der Spitalgasse und weiteren
im
Gassen werden fast durchgehend
senozon
über 60.000 Passanten/Tag gezählt. Die Retailmieten widerspiegeln die hohe Passantenfrequenz nicht. Die Spitzenmieten an der Spitalgasse, Marktgasse und Neuengasse (ca. 2.500-3.000 CHF/qm/Jahr) blie-
ben über die letzten Jahre sehr stabil. An manchen Stellen der Spitalgasse flanieren
täglich über 100.000 Passanten/Tag. Niedrig frequentierte Bereiche sucht man an den
Berner High Streets vergeblich. Beim schwächsten frequentierten Bereich kommen jeden
Tag immer noch rund 45.000 Passanten vorbei. Ims)
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Genf
Rue du Rhöne
Die bereits für Zürich beobachtete unregelmässige Frequentierung der High Streets
ist analog in Genf festzustellen.
Die Rue du Rh6ne ist lang gezogen und dadurch auf unterschiedlichen Abschnitten
unterschiedlich stark frequentiert. Es gibt zwei sehr stark besuchte Zonen, die eine
ganz im Westen der Rue du Rhöne und die andere an der Ecke zu der Rue d'italie.
Diese Abschnitte werden durch weniger stark frequentierte Bereiche unterbrochen.
Insgesamt überschreiten die Frequenzen in
Genf jedoch oft die Zah-
len von Zürich, obwohl
die Mieten unter dem
Zürcher Niveau liegen.
Anne
Bandbreite der
Spitzenmiete erstreckt
sich von 2.000 bis rund
Die
6.000 CHF/qm/Jahr. Am westlichen Anfang der Rue du Rh6ne werden Spitzenmieten
von über 3.000 CHF/qm/ Jahr bei einer Frequenz von knapp 70.000 Passanten/ Tag
gezahlt. An einer ähnlich stark frequentierten Adresse, nur wenige Meter entfernt
am westlichen Ende der Rue de la Confederation, werden hingegen nur noch zwischen 2.000 bis 2.500 CHF/qm/Jahr gezahlt. Die höchsten Mieten an der Rue du Rhöne
werden in Abschnitten gezahlt, die eine eher tiefe Frequenz aufweisen, wo aber vie-
le Prestige-Boutiquen ihre Läden haben.
Auch die Rue du Marche und die Rue de la Croix-d'Or haben stark frequentierte Abschnitte mit bis zu 68.000 Passanten pro Tag. Hier bleiben die Spitzenmieten bei rund
3.500 CHF/qm/Jahr unter dem Niveau der Rue du Rhöne. Ims)
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