Weshalb Wiegestube Eltern-Kind Gruppen? Die Zeiten haben sich geändert. Früher war es eine grosse Frage, ob denn Kindergarten überhaupt notwendig sei, dann stritt man sich wegen den Spielgruppen, die sich nach jahrzehntelangem Kampf etabliert haben und nun sollen die Kinder gar schon im Babyalter Gruppen besuchen? Krabbelgruppen schiessen wie Pilze aus dem Boden. Welches Bedürfnis steckt dahinter? An erster Stelle ist es das Bedürfnis der Mütter, von der Isolation weg zu kommen und andern zu begegnen, was sehr berechtigt und notwendig ist. Die Wiegestuben bieten darüber hinaus Elternschulung an, deshalb werden sie von ausgebildeten Fachleuten geleitet. Der Morgen mit den Kindern ist eine Schulung der Wahrnehmung, der Verlangsamung und des Respekts Das Leben mit Kindern ist nicht einfacher geworden. Medien, Werbung und eine ausufernde Ratschlag Literatur verunsichern viele Eltern Es gibt keine fraglosen Traditionen mehr, denen bequem gefolgt werden könnte – überall gilt es, Entscheidungen zu treffen. Spitalgeburt? Ambulante Geburt? Hausgeburt? Geburtshaus? Nuggi? Oder ja kein Nuggi? Kinderwagen mit Blickkontakt? Ohne Blickkontakt? Kinderzimmer? Oder Familienbett? Babys fördern; oder sich selbst entwickeln lassen? Aber wie? Fragen über Fragen. Und schon kommt der Alltag mit einem Baby, den Frau sich oft so anders vorgestellt hat. Der Alltag mit einem Baby ist für viele Mütter, die meist bis kurz vor der Geburt in einer völlig andern Welt gearbeitet haben, sehr neu und gewöhnungsbedürftig Selbstverständliches Traditionswissen hat sich in Luft aufgelöst. Und auch der Computer, der so viel „weiss“, kann nicht weiterhelfen, wenn es um ein ganz bestimmtes, einzigartiges, lebendiges, schreiendes kleines Wesen geht. Babys brauchen die immer selben langsamen Abläufe, um Sicherheit zu entwickeln. Diese Verlangsamung ist in unserer hektischen Zeit eine fremde Grösse, die geübt sein will, wenn wir die zarten Signale der Babys erkennen und beantworten wollen. Es braucht immer wieder neue Anstösse in den Begleitguppen am Abend, bis Eltern mehr und mehr erleben, was es bewirkt, wenn sie die Geduld aufbringen, die Reaktionen ihrer Kinder abzuwarten. Die Pflege, das Wickeln, anziehen, füttern wird so zu einem wertvollen, erfüllenden Zwiegespräch. Die Freude von Eltern und Kindern ist gross, wenn dies gelingt. An den Elternabenden, gibt es viele Übungen, die erlebbar machen, wie es sich z.B. anfühlt, bei einer Pflegehandlung präsent zu sein, oder innerlich abwesend. Viele Eltern sind für diese „Aufwacherlebnisse“ sehr dankbar. Sie lernen sich selbst und ihr Kind besser verstehen. Es ist praktische Erziehungshilfe im Alltag, bei der manchmal eine Träne fliesst aber auch viel gelacht wird. Wir erleben durchwegs eine grosse Dankbarkeit der Eltern, dass sie Räume der Ruhe und der Akzeptanz vorfinden, in denen reale Begegnungen stattfinden können, die nicht oberflächlich sind. Nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern dürfen sich hier angenommen fühlen. Die ersten drei Jahre des Kindes sind grundlegend für die ganze spätere Entwicklung. Die moderne Zivilisation setzt hier Stolpersteine in ungeahntem Ausmass. Wir versuchen einen Weg zu finden, der gesundend wirkt. Das geht heute nicht mehr von selbst. So ist es eine Aufgabe geworden, den Kindern genügend Zeit für freies Spiel zu gewährleisten und genügend Bewegungsfreiheit. Säuglinge und Kleinkinder bleiben naturgemäss nie länger als zwei Minuten in derselben Position. Ihr natürlicher Rhythmus wird gestört, wenn sie häufig festgeschnallt werden. Es ist heute eine grosse Aufgabe geworden die volle Bewegungs- und Spielfreude der Kinder zu erhalten, denn das ist auch ihre Lernfreude. Die pädagogische Arbeit der Wiegestube Eltern-Kind Gruppen ist deshalb eine grundlegend präventive. Die Arbeit mit den Kleinsten, mit der damit verbundenen Elternarbeit, verlangt nach einem hohen pädagogischen Niveau und einer ständigen Weiterbildung der Leiterinnen. Die Wiegestuben Räume selber geben den Eltern viele Anregungen in der Gestaltung der Spielumgebung zuhause. Sie sind oft erstaunt, wie lange sich die Kinder mit einfachem Grundmaterial wie Schüsseln, Töpfen, Dosen mit Deckeln, Bechern und Körben, Löffeln und Ringen, dem sog. „offenen Material“ beschäftigen. Daneben gibt es vielfältiges Pikler Bewegungsmaterial wie Krabbelkisten- Podeste, Labyrinth-Kriechtunnel, Dreieckständer und Leitern sowie Rutschbretter. Jedes Kind entscheidet selbst womit es wie lange spielen will. Diese Ungestörtheit gibt ihm Sicherheit und Selbstvertrauen. Für die Eltern ist es eine Schulung des Vertrauens und der Zurückhaltung. Der Umgang mit Konflikten ist ein weiteres unerschöpfliches Thema. Von der Leiterin können sich Eltern auch neue Verhaltensweisen abschauen und sie ausprobieren, manchmal sind wir festgefahren in alten Mustern. Auch an den Abenden wird auf diesem Gebiet oft gemeinsam nach hilfreichen Wegen gesucht, Von den Kindern können wir lernen unaufhörliche daran zu gehen, Schwierigkeiten zu überwinden, sie sind stolz darauf und wachsen daran. Ohne diese Fähigkeit hätten sie nicht gehen gelernt. Immer weiter gehen und nicht still stehen - diese Devise können wir von unsern kleinen Meistern der Lebenskunst gerne übernehmen. Weitere Infos zu Emmi Pikler und der Pikler Pädagogik finden sie auch unter www.pikler-hengstenberg.at
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