Per E-Mail an die Prognoseschreiben zur Zahl der im Verteilsystem

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 90343 Nürnberg
Per E-Mail an die
- für die Unterbringung von Asylbewer
bern zuständigen Ministerien
- Teilnehmer der ArgeFlü
- EASY-Beauftragten der Länder
- Länderkoordinatoren
nachrichtlich: BMI, MI4
Prognoseschreiben zur Zahl der im Verteilsystem EASY
registrierten Personen nach § 44 Abs. 2 AsylVfG
AZ: 415-5849-01
Nürnberg, 20.08.2015
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Sehr geehrte Damen und Herren,
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird den Bundesländern eine angepasste Prognose über den voraussichtlichen Bedarf an
Unterbringungsplätzen für Asylbegehrende übermitteln. Folgende
Entwicklungen sind hierfür ausschlaggebend:
1. Weiteres Ansteigen der Differenz zwischen EASYRegistrierungen und Asylantragstellungen
2. Verlagerung der Hauptmigrationsroute über die Ägäis und
die Balkanroute
3. Perspektivische Verschlechterung der Lage syrischer
Flüchtlinge in den Nachbarstaaten Syriens
4. Anhaltend hoher Migrationsdruck aus den WestbalkanStaaten bei gleichzeitig anlaufenden Gegenmaßnahmen
Zu 1: Weiteres Ansteigen der Differenz zwischen EASYRegistrierungen und Asylantragstellungen
Das Bundesamt berücksichtigt seit Sommer 2014 bei der Erstellung
seines Prognoseschreibens auch die Zahl der im System zur Erstverteilung von Asylsuchenden (EASY) registrierten Personen. So wurde
den Ländern zuletzt mit Schreiben vom 07.05.2015 die voraussichtliche Zahl von 400.000 Erst- und 50.000 Folgeantragstellern mitgeteilt.
Die für die Ermittlung des Unterbringungsbedarfs bislang maßgebliche Zahl der Asylantragsteller bildet aber den Unterbringungsbedarf
nicht mehr annähernd ab, da der enorme Zuwachs an Asylsuchenden
VERKEHRSANBINDUNG U-Bahn: U1, U11 bis Frankenstraße; Tram: Linie 8, Tristanstraße; Bus: Linie 65, Hiroshimaplatz
BANKVERBINDUNG
Kontoinhaber: Bundeskasse Halle/Saale, Dienstsitz Weiden/Opf.;
IBAN DE08 7500 0000 0075 0010 07;
Kreditinstitut: Deutsche Bundesbank, Filiale München; BIC (SWIFT-Code) MARKDEF 1750
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Frankenstraße 210
90461 Nürnberg
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90343 Nürnberg
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derzeit die Annahme des Asylantrags im unmittelbaren zeitlichen
Zusammenhang mit der erstmaligen Registrierung als Asylbegehrender unmöglich macht. So waren zwar zum 31.07.2015 insgesamt
218.221 Asylantragstellungen (Erst- und Folgeanträge) erfasst. Dem
standen aber 309.075 Personen im EASY System gegenüber.
Maßgeblich für die Prognose des Unterbringungsbedarfs ist daher
künftig die Zahl der im Verteilsystem EASY registrierten Personen.
Zu 2: Verlagerung der Hauptmigrationsroute über die Ägäis und die
Balkanroute
Während die gefahrvolle Route über das zentrale Mittelmeer, von
Libyen nach Italien, weiter frequentiert wird, gewinnt jedoch die weniger riskante Route über das östliche Mittelmeer (Türkei – Griechenland/Inseln der Ägäis – Mazedonien) zunehmend an Bedeutung.
Dies hat sich bereits seit dem Frühjahr auch in den Asylzugangszahlen gezeigt. Die Reisewegebefragungen der Antragsteller durch das
Bundesamt und die EURODAC Treffer als Grundlage für DublinÜbernahmeersuchen bestätigten die Beobachtung: schutzbedürftige
Antragsteller aus den Herkunftsländern Syrien, Irak und Afghanistan
kamen über diese Route, desweiteren (mit steigender Tendenz) Antragsteller aus Pakistan und (eingeschränkt) aus Somalia.
Nutzung der Ägäis- und Balkanroute Zugangszahlen der 5
Hauptherkunftsländer
30000
25000
20000
15000
10000
5000
0
Jan 15
Irak
Feb 15
Syrien
Mrz 15
Apr 15
Afghanistan
Mai 15
Pakistan
Jun 15
Jul 15
Somalia
VERKEHRSANBINDUNG U-Bahn: U1, U11 bis Frankenstraße; Tram: Linie 8, Tristanstraße; Bus: Linie 65, Hiroshimaplatz
BANKVERBINDUNG
Kontoinhaber: Bundeskasse Halle/Saale, Dienstsitz Weiden/Opf.;
IBAN DE08 7500 0000 0075 0010 07;
Kreditinstitut: Deutsche Bundesbank, Filiale München; BIC (SWIFT-Code) MARKDEF 1750
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Auf der Balkanroute mischen sich dann jene o. g. Schutzsuchenden
mit den Migranten aus den sechs Westbalkanstaaten. Gesamt betrachtet stellen sie rd. 70 % aller derzeitigen Asylbewerber.
Zu 3: Perspektivische Verschlechterung der Lage syrischer Flüchtlinge in den Nachbarstaaten Syriens
Syrien ist und bleibt das Hauptherkunftsland. Das ohnehin sehr hohe
Zugangsniveau steigt seit Mai abermals. Im Monat Juli wurden mit
25.800 Registrierungen in EASY und mehr als 9.000 Asylerstantragstellungen die bisherigen Allzeit-Spitzenwerte erreicht. Ursächlich
dafür dürften im Wesentlichen drei Gründe sein: die verlorene Hoffnung auf Rückkehr nach Syrien, die beklemmende Lage in den
Nachbarstaaten Syriens, die zunehmend auch von Versorgungsengpässen bis hin zur Nahrung geprägt ist, und die Möglichkeit der Nutzung einer weniger gefahrvollen Migrationsroute über die Ägäis und
die Balkanstaaten, um nach Europa zu gelangen.
Im Einzelnen:
VERKEHRSANBINDUNG U-Bahn: U1, U11 bis Frankenstraße; Tram: Linie 8, Tristanstraße; Bus: Linie 65, Hiroshimaplatz
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Kontoinhaber: Bundeskasse Halle/Saale, Dienstsitz Weiden/Opf.;
IBAN DE08 7500 0000 0075 0010 07;
Kreditinstitut: Deutsche Bundesbank, Filiale München; BIC (SWIFT-Code) MARKDEF 1750
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3.1: Der anhaltende Bürgerkrieg in Syrien und die Eskalation der Gewalt im Zusammenhang mit Gebietseroberungen des „Islamischen
Staates“ (IS) führen zum einen zu neuen Flüchtlingsbewegungen von
bisher „nur“ intern Vertriebenen, zum anderen zu Abwanderungen
jener syrischen Flüchtlinge, die bereits in den Nachbarländern aufhältig waren.1 Viele hatten bis zuletzt noch gehofft, nach einer Beruhigung der Lage in Syrien in ihre Heimatorte zurückkehren zu können. Diese Hoffnung ist inzwischen vollständig zerstört.
3.2: Die Situation für die Flüchtlinge in den Nachbarstaaten Syriens
ist prekär. Sie konkurieren in den meist ebenfalls armen Landesteilen
der Gastländer um knappen Wohnraum und Arbeitsplätze. Mit zunehmender Zahl und Verweildauer der Flüchtlinge kippt daher auch
die „Stimmung“ in den Aufnahmegesellschaften.
Türkei: UNHCR meldet aktuell 1,8 Millionen syrischer Flüchtlinge.
Bis Ende des Jahres werden rd. 300.000 Menschen in 25 Flüchtlingslagern2 und weitere 2,2 Mill. außerhalb, in den urbanen Regionen der
Türkei, erwartet. Letztere müssen dort ohne staatliche Unterstützung
auskommen.
Jordanien: UNHCR erwartet bis Ende 2015 rund 700.000 syrische
Flüchtlinge. die jordanische Regierung sogar 1,4 Millionen, 85 % davon außerhalb der Flüchtlingslager. Der Anteil syrischer Flüchtlinge
an der jordanischen Bevölkerung beträgt mehr als 20 %.
Libanon: UNHCR meldet aktuell fast 1,2 Millionen Flüchtlinge, davon
ca. 400.000 nicht registriert. Es existieren keine offiziell vom UNHCR
errichteten Flüchtlingslager. Die Flüchtlinge leben bei Verwandten
oder von Ersparnissen in gemieteten Behausungen, die Ärmeren in
informellen Zeltcamps. Der Anteil der Flüchtlinge an der libanesischen Bevölkerung beträgt sogar mehr als 30 %.
Irak: UNHCR hat mehr als 250.000 Flüchtlinge registriert, ganz überwiegend in der autonomen Region Kurdistan, hinzukommen dort rd.
1
Infolge des seit 2011 andauernden Bürgerkrieges in Syrien sind mehr als elf Millionen Syrer,
nahezu die Hälfte der Bevölkerung, vertrieben oder geflüchtet: rund 7,6 Millionen Syrer sind
Binnenvertriebene innerhalb Syriens, mehr als vier Millionen sind außer Landes geflohen.
2,2 Millionen wurden durch den UNHCR in Ägypten, Irak, Jordanien und Libanon registriert,
1,8 Millionen durch die Regierung der Türkei und weitere 24.000 in verschiedenen Staaten Nordafrikas.
2
Die meisten Flüchtlingslager liegen in den ärmeren Provinzen Hatay, Gaziantep und Sanliurfa,
den Grenzregionen zu Syrien.
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1,2 Mill. irakische Binnenflüchtlinge, die vor dem IS flüchteten und
von denen inzwischen ebenfalls viele nach Deutschland kamen und
kommen. Im Juni 2014 fiel das Flüchtlingslager Al-Obaiydi (Provinz
Anbar) in die Hände des IS.
Ägypten: UNHCR nennt mehr als 132.000 Flüchtlinge. Dennoch ist
Ägypten das einzige Nachbarland Syriens, in dem die Zahl der syrischen Flüchtlinge infolge der schlechten wirtschaftlichen und
sicherheitspolitischen Lage abnahm. Zwischen einheimischer Bevölkerung und syrischen Flüchtlingen bestehen große Spannungen,
zumal letzteren vorgeworfen wird, den ehemaligen Präsidenten
Mursi unterstützt zu haben. Syrische Flüchtlinge versuchen, Ägypten
illegal – über die zentralmediterrane Route – Richtung Europa zu
verlassen.
3.3: Die Mehrheit der syrischen Flüchtlinge aus den übrigen Staaten
nutzt jedoch spätestens seit Juni 2015 die weniger gefahrvolle Route
von der Türkei aus in Booten über die Ägäis zu den griechischen Inseln – vor allem Lesbos, Chios und Samos – und von dort – zumeist
ohne behördliche Registrierung – vom griechischen Festland die
Grenze nach Mazedonien oder Bulgarien für die Weiterwanderung
entlang der Balkanroute bis nach Deutschland. (siehe Pkt. 2)
Zu 4: Anhaltend hoher Migrationsdruck aus den WestbalkanStaaten bei gleichzeitig anlaufenden Gegenmaßnahmen
Bis zum 31.07.2015 wurden insgesamt 114.850 Personen aus sechs
Ländern des Westbalkans (Albanien, Kosovo, Serbien, EJR Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro) in EASY registriert.
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Monatliche Entwicklung der EASY-Zugänge
aus den Westbalkan-Staaten
20000
18000
16000
14000
12000
10000
8000
6000
4000
2000
0
Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai
Jun
2015
Bosnien und Herzegowina
EJR Mazedonien
Serbien
Kosovo
Montenegro
Albanien
Zwar konnte die Migrationswelle aus dem Kosovo gestoppt werden.
Dennoch bereitet der anhaltend hohe Migrationsdruck aus den anderen Westbalkanstaaten, derzeit insbesondere Albanien, weiter Anlass
zur Sorge und stellt die nach wie vor größte Unwägbarkeit bei der
Prognostizierung des Unterbringungsbedarfs dar. Das aktuelle Maßnahmenpaket (Information im Herkunftsland, Verkürzung der Bearbeitungszeiten für Asylanträge, Wiedereinreisesperren sowie verstärkte freiwillige Ausreisen und medial begleitete Rückführungen)
zur Eindämmung des Zustroms bei Staatsangehörigen ohne Bleibeperspektive wird seine Wirkung nicht kurzfristig, sondern deutlich
im Herbst 2015 zeigen.
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Jul
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Fazit
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geht daher von einem
Zugang von bis zu 800.000 in EASY registrierten Personen für das
Jahr 2015 aus.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Gez.
Ursula Gräfin Praschma
Abteilungspräsidentin
VERKEHRSANBINDUNG U-Bahn: U1, U11 bis Frankenstraße; Tram: Linie 8, Tristanstraße; Bus: Linie 65, Hiroshimaplatz
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