Der Name der Rose

Samstag, 27. Juni, 18 Uhr
Stift St. Lambrecht
Der Name der Rose
Programmübersicht
1
Stiftshof (bei Regen im Kreuzgang)
ab 17.30 Uhr
Musikalische Einstimmung
18.00 Uhr
Aufteilung der Gruppen
18.10 Uhr
Begrüßung
Anschließend: Das Publikum wechselt gruppenweise
die Orte im Stift
2Prälatensaal
18.30 (Gruppe „Adson“) Der Name der Rose
20.10 (Gruppe „William“)
3Refektorium
18.30 (Gruppe „William“) O rosa bella
20.10 (Gruppe „Adson“)
4Quadratur
19.25 (beide Gruppen)
Rosa mystica
5Säulenhalle
21.00 (beide Gruppen)
Klostersuppe
6Stiftskirche
21.30 (beide Gruppen)
Nachtgesang
1Stiftshof
22.00
Agape
1 Stiftshof
anschließend
Busabfahrt nach Graz
Informationen erhalten Sie bei unseren
MitarbeiterInnen vor Ort.
Wir bitten Sie, während der gesamten Veranstaltung Ihr Handy
auszuschalten. Danke!
Samstag, 27. Juni
17.30 Uhr, Stiftshof (bei Regen im Kreuzgang)
Eröffnung
Sepp Pichler, Dudelsack
18.00 Uhr
Empfang
Einteilung des Publikums in die zwei Gruppen
„Adson“ und „William“
Begrüßung durch Pater Gerwig Romirer
Alexander List und Richard Briesner, „Mönche“
18.30 / 20.10 Uhr, Prälatensaal
Der Name der Rose
Umberto Eco (1932)
Aus: Der Name der Rose
Michael Dangl, Lesung
Die gelesenen Texte stammen aus: Umberto Eco,
Der Name der Rose. Aus dem Italienischen von
Burkhart Kroeber, DTV München 2008
(benutzte Ausgabe: 4. Auflage 2012)
Textzusammenstellung: Karl Böhmer
18.30 / 20.10 Uhr, Refektorium
O rosa bella
Niccolò da Perugia (14. Jahrhundert)
La fiera testa 1
Francesco Landini (um 1325–1397)
Cara mie donna 1
Jacopo da Bologna (Blütezeit 1340–1360)
Uselletto selvaggio per stagione 1
Paolo da Firenze (1355–1436)
Un pellegrin uccel gentil e bello 2
Francesco Landini
Echo la primavera 1
Solage (Ende 14. Jahrhundert)
Joieux de cuer en seumellant estoye 3
Antonio Zacara da Teramo (um 1365–1416)
Un fior gentil m’apparse 4
instrumental
Niccolò da Perugia
O sommo specchio 1
Niccolò da Perugia
Cogliendo per un prato 1
Paolo da Firenze
Godi Firenze 2
Francesco Landini
Per allegreça del parlar 1
Quellen:
1
– Firenze: Biblioteca Medicea-Laurenziana, Palatino 87
(Squarcialupi-Codex)
2
– Paris: Bibliothèque Nationale, fonds italien 568
3
– Chantilly: Bibliothèque du Musée Condé 564
4
– Perugia: Biblioteca Comunale Augusta, Ms 3065
Santenay:
Julla von Landsberg, Gesang & Organetto
Elodie Wiemer, Blockflöte
Szilárd Chereji, Viella
Orí Harmelin, Laute
Die Texte
Niccolò da Perugia
La fiera testa
Der wilde Kopf, der sich von Menschen ernährt,
versucht, mit goldenen Federn zu fliegen.
Er überragt jeden Italiener.
Er hat einen schmucken weißen Ball unter seinem Bauch,
da er die ganze Welt dominieren möchte,
genau wie es sein Aussehen zeigt.
Ich muss diesen wilden Helm dulden und diese Flamme,
die mich verbrennt, denn ich bin ein stolzer Leopard.
Francesco Landini
Cara mie donna
Meine liebe Dame, immer will ich zufrieden leben,
wenn ich dich nur verehren darf,
wenn du nur willst, dass ich Erbarmen
finde für mein schmerzliches Begehren.
Doch wie kann ich dir Erbarmen gewähren
für die Freuden, die deinen Geist stören?
Denn obwohl du dich erbarmst, kann ich’s nicht annehmen,
denn es bereitet der Seele Schmerz.
Ich liebe dich so sehr,
dass ich mit deiner Gabe schon zufrieden bin.
Weniges erfreut mich nämlich im Herzen,
wenn ich dich unzufrieden weiß.
Jacopo da Bologna
Uselletto selvaggio per stagione
Ein wilder Vogel singt im Frühling
süße Verse in eleganter Art.
Ein anderer schreit laut, was ich nicht lobe.
Durch lautes Schreien wird nicht gut gesungen.
Aber mit zarter und süßer Melodie
bringt man schönen Gesang hervor, und das verlangt Können.
Wenige verfügen darüber, aber alle spielen sich als Meister auf,
schreiben Ballaten, Madrigale und Motetten:
Sie beschönigen alle Philipoctus [de Caserta]
und Marchetto [da Padova].
Die Welt ist so voller Kleinmeister,
dass es für Lernwillige keinen Platz mehr gibt.
Paolo da Firenze
Un pellegrin uccel gentil e bello
Ein schöner und edler Wanderfalke
folgte einem Sperber, von der Faust
einer Dame abgeflogen.
Die schöne Frau rief ihn zurück, damit er nicht entführt werde
von einem solch räuberischen Vogel, wie demjenigen,
der den von ihr losgeschickten Sperber verfolgte.
Die Kraft der Liebe, die in diesem Vogel bestand,
wendete den Sperber um und er kam zurück.
Francesco Landini
Echo la primavera
Der Frühling ist gekommen,
der das Herz erfreut.
Es wird Zeit, sich zu verlieben
und fröhlich zu sein.
Wir erfreuen uns an Luft und Wetter,
was allein schon Glück verheißt,
in dieser schönen Jahreszeit
ist alles voller Liebreiz.
Das Gras in großer Frische
und Blumen bedecken die Felder.
Und die Bäume tragen
herausgeputzt das gleiche Kleid.
Solage
Joieux de cuer en seumellant estoye
Freudvoll im Herzen schlief ich,
als ich euren süßen Atem fühlte,
und euern edlen Leib, meine hoheitliche Dame,
den in meinen Armen so süß ich hielt.
Ich glaube, kein Mensch fühlte je
so große Freude wie ich,
denn ohne Kummer oder nichtigen Gedanken
war mein Herz erfüllt mit reiner Freude.
Und wahrhaft, wenn ich an Euch denke,
Ihr anziehendste Blume, süßeste Rose der Welt,
Wächterin der Liebe, die mein Herz trifft und drin verbleibt,
keine andere Freude auf der Welt wünsch ich mir.
Freudvoll im Herzen schlief ich …
Niccolò da Perugia
O sommo specchio
O herrliches Spiegelbild aller Himmelskörper,
du bist würdig als Souverän im Paradies zu herrschen,
mächtig, da deine Kraft alles durchdringt.
Ich bin derjenige, den du gezwungen hast
Sklave einer Dame zu werden, die weder geruhte,
meine Wehs und Achs zu lindern, noch deiner Kunst zu folgen.
Daher, Amor, bitte ich, erwirke mit deinem Bogen,
dass sie mit ihrem Diener Erbarmen hat.
Niccolò da Perugia
Cogliendo per un prato
Auf der Wiese alle weißen Blumen pflückend,
sah ich, mit Anmut singend mehrere
reizende Damen, deren einige tanzten.
Sie setzten sich sodann an einen Brunnen
und flochten sich gegenseitig Blumenkränze,
mit denen sie ihr goldenes Haar schmückten.
Als ich vom Felde zurückkam, sah ich immer noch
diese Schönheiten und verliebte mich in deren eine.
Paolo da Firenze
Godi Firenze
Freue dich, Florenz, denn du bist so mächtig,
dass du deine Flügel über Land und See ausbreiten magst,
um jedermann in der Toskana erzittern zu lassen.
Dein glorreicher Triumph und dein unsterblicher Ruhm
breiten sich aus über alle Lande,
sodass gar Pisa sich schon dein Diener nennt.
Gott im Himmel und der hl. Johannes der Täufer mögen
deinen Leuten den glorreichen Sieg über Pisa schenken.
Francesco Landini
Per allegreça del parlar
Freudig über die Liebe sprechend
entzündete sich eine leuchtende,
kleine Flamme und geizte nicht,
mit ihrem großen Brennen Glück zu verbreiten.
Sollte dieses Glück Saturn verletzen,
dann musst du, Cupido, Rache üben,
denn das süße Vertrauen in dich
soll sich in dieser Vereinigung nun zeigen.
Lass jede Dame rasch ihre Gunst gewähren
dem Diener, der sein Herz verlor,
und sie mit großer Freude ehrlich liebt.
Die gesamten Liedtexte des Abends in Originalsprache
und in Übersetzung finden Sie auf der Homepage
www.styriarte.com direkt beim Konzertprojekt.
19.25 Uhr, Quadratur
Rosa mystica
Antiphone
Salve Regina
Litaniae Lauretanae beatae Mariae virginis
Magnificat
Communio
Diffusa est
Conductus
Beata viscera
Sequentia
Virginis Mariae laudes
Wiener Choralschola:
Benno Hüttler, Alex Braun, Johannes Kobald,
Daniel Mair, Lorin Wey, Marco Paolacci
Leitung: Michał Kucharko
Die Texte
ANTIPHONE
Salve, Regina, Mater misericordiae,
vita, dulcedo, et spes nostra, salve …
Sei gegrüßt, o Königin, Mutter der Barmherzigkeit,
unser Leben, unsre Wonne und unsere Hoffnung, sei gegrüßt …
Litaniae Lauretanae beatae Mariae virginis
Kyrie, eleison …
Pater de caelis, Deus, miserere nobis …
Herr, erbarme dich …
Gott Vater im Himmel, erbarme dich unser …
Magnificat anima mea Dominum,
et exsultavit spiritus meus in Deo salvatore meo …
Meine Seele preist die Größe des Herrn,
und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter …
COMMUNIO
Diffusa est gratia in labiis tuis …
Ausgegossen ist Anmut über deine Lippen …
CONDUCTUS
Anonymus (Perotin?)/Paris um 1200
Beata viscera Mariae virginis
Cuius ab ubera rex magni nominis …
Selig der Schoß und die Brüste der Jungfrau Maria,
deren Sohn als großen König seine göttliche Kraft …
SEQUENTIA
Virginis Mariae laudes intonent Christiani.
Eva tristis obfuit, sed Maria protulit agnum …
Singet das Lob der Jungfrau Maria, ihr Christen.
Die unglückselige Eva brachte Verderben, Maria aber gebar
das Lamm …
Die gesamten Liedtexte des Abends in Originalsprache
und in Übersetzung finden Sie auf der Homepage
www.styriarte.com direkt beim Konzertprojekt.
21 Uhr, Säulenhalle
Klostersuppe
Kräutersuppe mit Kräutern aus dem Stiftsgarten
Brot und Wasser (im Kartenpreis inbegriffen)
andere Getränke (zu erwerben)
21.30 Uhr, Stiftskirche
Nachtgesang
Litaniae
Hohelied
Vidi speciosam
Introitus
Vultum tuum
Lectio in organis
Jube, domine
Alleluia cum moteto in organis et clausulis
(Leonin?/ Perotin)
Nativitas gloriose / Ex semine Abrahae
Offertorium
Ave Maria
Alleluia
Alleluia Ave Maria
Evangelium in organis
Missus est angelus
Communio
Diffusa est
Cantio
Ave virgo
Hymnus
Ave maris stella
Wiener Choralschola:
Benno Hüttler, Alex Braun, Johannes Kobald,
Daniel Mair, Lorin Wey, Marco Paolacci
Leitung: Michał Kucharko
Die Texte
RESPONSORIUM PROLIXUM
Vidi speciosam sicut columbam …
Ich sah sie, schön wie eine Taube,
die aus den Ufern der Wasser emporsteigt, …
INTROITUS
Vultum tuum deprecabuntur omnes …
Zu deinem Antlitz flehen alle Reichen des Volkes …
LECTIO IN ORGANIS
Jube, domine silencium fieri in aures …
Befiehl, o Herr, dass Stille werde in den Ohren der Zuhörer …
ALLELUIA cum moteto Nativitas gloriose
Alleluia. Nativitas gloriosae virginis Mariæ ex semine Abrahe
Halleluja. Geburt der glorreichen Jungfrau Maria aus der
Nachkommenschaft Abrahams …
OFFERTORIUM
Diffusa est gratia in labiis tuis …
Ausgegossen ist Anmut über deine Lippen …
ALLELUIA
Alleluia. Ave Maria, gratia plena …
Halleluja. Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade …
EVANGELIUM in organis
Sequentia Sancti Evangelii secundum Lucam …
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
In jener Zeit wurde der Engel Gabriel von Gott …
OFFERTORIUM
Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum …
Gegrüßet seist Du, Maria, voll der Gnade …
ANTIPHONAE
Adorna thalamum tuum, Sion, et suscipe Regem Christum …
Schmücke dein Gemach, Sion, und nimm den König Christus
auf …
CANTIO
Ave virgo virginum, ave lumen luminum …
Sei gegrüßt, Jungfrau aller Jungfrauen, Licht aller Lichter …
HYMNUS
Ave, maris stella
Ave, Stern des Meeres …
Die gesamten Liedtexte des Abends in Originalsprache
und in Übersetzung finden Sie auf der Homepage
www.styriarte.com direkt beim Konzertprojekt.
22 Uhr, Stiftshof
Agape
Abschluss mit Wein und Brot
ca. 22.15 Uhr, vor dem Stiftstor
Bustransfer nach Graz
Unser Dank gilt besonders Abt Benedikt Plank und dem
Konvent des Benediktinerstiftes St. Lambrecht für ihre
Gastfreundschaft. Unser Dank gilt auch der Marktgemeinde
St. Lambrecht für ihre Unterstützung.
Der Name der Rose
Düstere Klostermauern empfangen den
­Franziskaner William von Baskerville und
seinen Assistenten Adson von Melk, als sie
im ­November 1327 in Norditalien eintreffen.
In einer Benediktinerabtei an den Hängen
des Appenin hat sich ein mysteriöser Todesfall ereignet. William und Adson finden die
Spuren davon unter dem frisch gefallenen
Schnee – Spuren, die auf einen Mord hin­
weisen. Sie führen ins Aedificium, in jenes
Gebirge aus Stein auf achteckigem Grundriss, das die Küche, die Schreibstube und die
berühmte Bibliothek des Klosters in sich
birgt. 600 Seiten und mehrere Morde später
geht das Aedificium in Flammen auf und mit
ihm die Schätze der Bibliothek. William und
Adson sind ihrem gefährlichen Widersacher
in letzter Sekunde entronnen, doch all jene
Schätze, für die gemordet und verbrannt
wurde, gibt es nicht mehr. Resigniert rezitiert der Erzähler Adson am Ende einen
Hexameter des Benediktiners Bernard de
­
Morlay: „Nur noch als Name steht die Rose,
nackte Namen nur bleiben uns.“ Mit diesem
letzten Satz erklärt sich zugleich der Titel des
Buches.
Zur Geschichte
Die Geschichte hinter der Geschichte
Warum „Der Name der Rose“? Was hat Umberto Ecos berühmter Roman aus dem Jahre 1980 mit dem styriarte-Motto „und
lachte …“ zu tun? Darf heute Abend überhaupt gelacht werden
– in den mächtigen Mauern des Klosters Sankt Lambrecht?
Natürlich wird das Lachen heute Abend nicht untersagt,
obwohl es den meisten Zuhörerinnen und Zuhörern bei den
Ausschnitten aus Ecos Roman vermutlich vergehen wird.
Denn gerade um das Lachen geht es in diesen Passagen – um
jenes befreiende Lachen des Menschen, das dem greisen
Spanier Jorge ein Dorn im Auge ist, seit er noch sehenden
Auges über die Schätze der Klosterbibliothek wachte. Dort
hütet er einen Schatz, der keiner Menschenseele ungestraft
in die Hände fallen soll: den zweiten Band der Poetik des
Aristoteles, der von der Komödie handelt. Der Gegenstand
dieses Buches sei Gift für die Seelen der Menschen und für
die Gemüter allzu neugieriger Klosterbrüder, davon ist Jorge überzeugt. Deshalb vergiftet er die Seiten des Buches, was
eine Lawine der Gewalt im Kloster auslöst. Dem Alten ist
dies egal. Für eine Welt ohne Lachen geht er über Leichen,
denn schließlich habe der Heiland auch nie gelacht! Das
Lachen, das Aristoteles zulässt, könne den Menschen auf
die Idee bringen, die erhabenen Dinge des Glaubens ins
Lächerliche zu ziehen. Es beschränke sich nicht auf den
unschuldigen Karneval, sondern trage die Saat zur Revolution in sich. Diese und andere „Wahrheiten“ muss der schlaue
Franziskaner William in mehreren Wortgefechten mit dem
alten Spanier zu seinem Entsetzen erfahren. Das letzte dieser Gefechte ist ein Duell auf Leben und Tod im Herzen der
Bibliothek.
All dies wird unseren Besucherinnen und Besuchern wohl
vertraut sein – entweder aus Ecos Roman oder aus der berühmten Verfilmung von Jean-Jacques Annaud mit Sean
Connery und dem jungen Christian Slater in den Hauptrollen.
Damals waren es Schauspieler aus Österreich, Bayern, Schwaben und der Schweiz, die den Klosterbrüdern und Mordopfern
ihre Charakterköpfe liehen: Helmut Qualtinger (Remigius),
Volker Prechtel (Malachia), Michael Habeck (Berengar) und
Urs Althaus (Venantius). Offenbar erschienen dem Franzosen
Annaud gerade die Gesichter aus dem Alpenraum besonders
„klösterlich“ und mittelalterlich.
Die Musik zur Geschichte
In den Lesungen des heutigen Abends geht es um jene existentielle Auseinandersetzung zwischen dem rigorosen Benediktiner Jorge und dem l­ iberalen Franziskaner William. Die
Musik dazu berührt drei Aspekte: die Welt der Mönche, die
sich immer wieder zum Stundengebet in der Abtei­kirche
versammeln, die Gegenwelt des Volkes draußen vor den Toren der Abtei, und die Musik der Städte, der großen Konkurrenz
zu den Klöstern, wie sie im „Trecento“ in Italien aufkam.
Im Stiftshof werden die Besucherinnen und Besucher mit
Dudelsackklängen empfangen. Sepp Pichler spielt Musik, wie
sie dem jungen Adson bei seinen heimlichen Ausflügen ins
Dorf entgegen geschallt sein muss – höllisches Geplärre in
den Ohren so manches gestrengen Klosterbruders.
Im Refektorium ist Musik des „Trecento“ zu hören, des 14.
Jahrhunderts in Italien. Das „Ensemble Santenay“ lässt in
den verführerischen Klängen von Vielle, Blockflöte und Laute die üppige Welt der modernen Städte erahnen, wie sie in
Ecos Roman als Gegenwelt zum Kloster immer wieder beschrieben und von den Benediktinern als Bedrohung empfunden wird. Zugleich jedoch erledigen die Skriptoren der
Abtei lukrative Auftragsarbeiten für die mächtigen Stadtherren und Adelsfamilien. Eine moderne Zeit ist angebrochen,
die ihre Strahlen schon in die düsteren Klostermauern sendet.
Es ist die Zeit Dantes und Petrarcas. Deren Dichtkunst setzt
das Entstehen der modernen Stadtkultur ebenso voraus wie
die Musik jener Meister, die man nach den Städten ihres
Wirkens nennt: Niccolò da Perugia, Jacopo da Bologna, Paolo
da Firenze, Antonio da Teramo. Selbst der berühmteste Meister dieser Zeit, Francesco Landini, wird von seinen Florentiner
Landsleuten stets nur „Franciscus de Florentia“ genannt. Er
ist kein Priester mehr, wie alle frommen Komponisten Italiens vor ihm, sondern der Sohn eines Malers und Giottoschülers – selbstbewusster Ausdruck des neuen, in Florenz geborenen Künstlertypus. Maler konnte Landini freilich nicht
werden, weil er durch eine Pockenerkrankung schon als Kind
erblindete. Deshalb wandte er sich der Musik zu. Als blinden
Musicus mit Portativ und Familienwappen in weltlichem
Gewand hat er sich auf seinem Grabmal in S. Lorenzo in Florenz abbilden lassen. Landini gehört wie alle Meister in diesem
Teil des Programms in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts.
Es geht also um Musik, die eine bis zwei Generationen nach
den Ereignissen in Ecos Roman entstanden ist. Sie entstammt
der Blütezeit der Ballata, einer Form weltlichen Gesangs für
zwei bis drei Stimmen, wahlweise zu verteilen auf Gesang
und Instrumente. Schon die Titel zeigen an, wovon diese
raffiniert geschichteten Gesänge handeln: „Cara mie donna“,
„Meine geliebte Frau“; „Echo la primavera“, „Sieh an, der Frühling!“; „Un pellegrin uccel gentil e bello“, „Ein schöner und
edler Wanderfalke“; „Godi Firenze“, „Freu dich, Florenz“. Es
geht um die Liebe, die Natur und die Freuden des Daseins in
der Stadt und auf dem Land, ganz ohne kirchliche Doktrin.
Das Programm bezeichnet also genau jene Welt des Lachens
und der Lebensfreude, die im Roman vom Fanatiker Jorge im
Keim erstickt werden soll.
Im Kreuzgang und in der Stiftskirche steht selbstverständlich
der Gesang der Mönche im Vordergrund: der gregorianische
Choral, vermehrt um frühe Mehrstimmigkeit von Perotin.
Das berühmte „Sederunt principes“ des Letzteren spielt in
Ecos Roman eine Schlüsselrolle, ebenso das gregorianische
„Dies irae“. Die Wiener Choralschola hat sich unter der Leitung
von Michał Kucharko für freundlichere Gesänge entschieden:
„Rosa mystica“ haben sie ihr Programm getauft. Die „mystische
Rose“ ist eines der Attribute der Gottesmutter. Ihr sind fast
alle Gesänge gewidmet, von der marianischen Antiphon
„Salve Regina“ über die „Lauretanische Litanei“ bis hin zum
„Ave Maria“ und dem Hymnus „Ave Maris Stella“. Von der
Himmelsrose Maria bleibt dem Gläubigen nicht nur der Name:
Sie ist das Tor zur Offenbarung des göttlichen Heils. Davon
zeugt der leuchtende Goldgrund dieser Gesänge.
Der Ort zur Geschichte
Mit dem heutigen Programm nach Sankt Lambrecht zu gehen,
war nicht nur eine dekorative Idee, um gleichsam die authentische Kulisse zum Roman zu liefern. Die Berge, in die Sankt
Lambrecht hineingebaut wurde, passen auch viel besser zur
felsigen, zerklüfteten Landschaft des Romans als beispielsweise das Zisterzienserkloster Eberbach im Rheingau, wo
Jean-Jacques Annaud die Innenaufnahmen seines Kinofilms
„Der Name der Rose“ drehte. Denn es liebte „der heilige Benedikt die Berge und der heilige Bernhard die Täler“. Das Felsige,
Steile, Abweisende ist ein wesentliches Element von Ecos
Roman, schon allein, um die gewaltige Felsmasse des Aedificiums zu schildern, in dem sich die Schlüsselszenen des
Buches abspielen. In Ecos Roman sind selbst die Architektur
und die Lage in der Landschaft symbolisch.
Da eine der beiden Hauptfiguren des Romans ein junger Österreicher ist – Adson von Melk –, mag es interessant sein, einen
Blick auf Stift Melk und Kloster Lambrecht in der Zeit des
Romans zu werfen, im frühen 14. Jahrhundert. Just Ende des
13. Jahrhunderts wurde Stift Melk von einer Brandkatastrophe
heimgesucht, die dem Brand im Apenninenkloster des­
Romans aufs Haar gleicht. Dabei wurde auch die berühmte
Bibliothek zerstört. Ob sich Eco an dieses historische Ereignis
erinnerte, als er vor 35 Jahren seinen Roman vollendete?
1327 war auch für die Benediktiner in Sankt Lambrecht ein
Jahr der Wende: Sie begannen, die Klosterkirche wieder aufzubauen, was ein Jahrhundert dauern sollte. Derweil sorgte
Abt Johannes Friedberger, der in Bologna studiert hatte, für
eine Aufstockung der ohnehin schon reichen Bibliothek.
Könnte dieser Abt in Wahrheit Adson von Melk gewesen sein?
Gehört die Geschichte vom Namen der Rose nicht eigentlich
hierher, ins mächtigste Benediktinerkloster des steirischen
Mittelalters? Wer immer in die Mauern von Sankt Lambrecht
eintritt, wird sofort von jener Atmosphäre des tiefen Glaubens,
aber auch der düsteren Stille heimgesucht, die für Ecos Roman
unerlässlich ist. In Sankt Lambrecht kann man sich nie ganz
sicher sein, ob nicht gerade William von Baskerville mit dem
jungen Adson um die Ecke kommt.
Josef Beheimb
Die Interpreten
Sepp Pichler, Dudelsack
Der Steirer Sepp Pichler befasst sich seit 1987
intensiv mit verschiedenen Dudelsäcken.
1989 gründete und organisierte er das
„Treffen der Dudelsack- und Dreh­
leierspieler“ auf Schloss Freiberg
bei Gleisdorf in Zusammenarbeit mit
dem Steirischen Volksliedwerk. Er
ist als Referent bei Kursen in Österreich, Deutschland und Italien tätig,
Teilnehmer bei vielen Festivals in Europa
(Strakonice, Rudolstadt, Quimper) und den USA sowie­
Mitglied verschiedener Musikgruppen (Steyrische Bordunmusik, bordunikum). Seit 2006 unterrichtet er Dudelsack
am Grazer Konservatorium. Intensiv beschäftigt er sich mit
mehrstimmiger Bordunmusik sowie mit Dudelsack und
Orgel.
Michael Dangl, Lesung
Der gebürtige Salzburger Michael Dangl begann im Alter von
vier Jahren bei der Theatergruppe seiner Eltern Christa und
Agilo Dangl, der „Karawane Salzburg“. Noch in seiner Schulzeit wirkte er als Schauspieler, aber auch als Regieassistent
von Oscar Fritz Schuh beim Fest in Hellbrunn von Gerhard
Tötschinger.
Mit 18 Jahren engagierte ihn Lutz Hochstraate ans Salzburger
Landestheater, wo er drei Jahre blieb, bevor er nach Deutschland wechselte, zunächst ans Theater Koblenz, dann zum
Kölner Schauspiel unter Intendant Günter Krämer. Von 1994
bis 1998 lebte Dangl in Hamburg und spielte vornehmlich
am Theater im Zimmer von Gerda Gmelin. Auch am Altonaer
Theater von Axel Schneider und am Theater in der Basilika
(Gunnar Dreßler) war er zu sehen. Seit 1998 ist er Ensemblemitglied am Theater in der Josefstadt in Wien, wo er bislang
etwa 60 Rollen in rund 3000 Vorstellungen verkörperte. Mit
Fritz Muliar erhielt er den Europäischen Kulturpreis für deren
Zweipersonenstück „Besuch bei Mr. Green“ von Jeff Baron.
Seit 2000 arbeitet Dangl kontinuierlich bei den Festspielen
Reichenau, zuletzt spielte er Rodolphe Boulanger in „Madame Bovary“ von Gustave Flaubert/Nicolaus Hagg. Seit 2006
wirkt er auch gemeinsam mit Gidon Kremer bei dessen Kammermusikfest Lockenhaus mit.
Er gestaltet Rezitationsprogramme, er spielte Hauptrollen in
den TV-Serien „Kommissar Rex“ und „Schlosshotel Orth“,
wirkte im Falco-Film von Thomas Roth mit, im „Winzerkönig“
sowie in der Serie „Soko Donau“ und ist im „Tatort“ zu sehen.
Zum triumphalen Erfolg wurde die Deutsche Erstaufführung
von „The King’s Speech“ von David Seidler mit Michael Dangl
als König George VI. in den Kammerspielen
der Josefstadt.
2012 war er für den Nestroy-Publikumspreis nominiert. Darüber hinaus arbeitet er als Sprecher für den
österreichischen Kultursender Ö1
(Nachtbilder, Hörbilder), in Hörspielen, für das ORF-Fernsehen und das
Weltjournal. Michael Dangl spielt in vielen Theaterproduktionen auch Klavier und verbindet seine
literarische mit der musikalischen Leidenschaft. Er schrieb
zwei Romane („Rampenflucht“ und „Schöne Aussicht Nr. 16“)
und zusammen mit seinen Eltern Christa und Agilo Dangl die
Theaterstücke „Denn das Glück ist immer da“ und „Winterrose“.
Santenay
Die Faszination für die Musik des Mittelalters ließ
2004 das Ensemble
Santenay entstehen.
Erstes eigenständiges Erforschen des
Repertoires führte zu
mehrjähriger Zusammenarbeit mit Mittelalterpionier Kees Boeke im Rahmen eines Studiums an der
Musikhochschule Trossingen. 2008 veröffentlichte das Ensemble seine Debüt-CD „Santenay – LIVE“. Zahlreiche Auftritte führten die vier Freunde aus Israel, Frankreich, Deutschland und Siebenbürgen seitdem durch ganz Europa.
Namensgeber des Ensembles ist ein idyllisch gelegener Ort
im ehemaligen Herzogtum Burgund, wo die französische
Hochkultur im Mittelalter blühte.
Santenay setzt die Musik des Mittelalters und der Frührenaissance auf damals üblichem Instrumentarium, wie zum Beispiel
der Blockflöte, der Viella, der Laute und dem Organetto um.
Aus den Handschriften gehen keine Besetzungsvorschläge
hervor, somit bleibt es den Musikern überlassen, der jeweiligen Stimme das bestgeeignete Instrument zuzuordnen.
Wiener Choralschola
Die Wiener Choralschola wird 1996 unter dem Namen „Vienna Gregorian Voices“ von Absolventen des Kirchenmusikstudiums an der Musikuniversität Wien gegründet. Die Ensemblemitglieder setzen sich mit dem Gregorianischen Choral
und früher Mehrstimmigkeit sowohl im Gesang als auch in
seiner wissenschaftlichen Erforschung (Semiologie) in besonderer Weise auseinander. Alle Sänger der Wiener Choral-
schola sind gleichberechtigt. Sie können so ihre musikalische
wie interpretatorische Wahrnehmung der Gregorianischen
Gesänge stets zusammenführen. Aus dieser Praxis erwächst
Raum für Emotion, Spiritualität und Gemeinschaft.
Die Wiener Choralschola
erhält Einladungen zu
Konzerten und Kongressen nach Österreich, Deutschland,
Schweiz, Italien, Belgien, Rumänien und
in die Slowakei. 2006
wurde sie beim 54. Internationalen Chorwettbewerb Guido d’Arezzo in Arezzo als bestes
Ensemble in der Kategorie „Christlicher Choralgesang“ ausgezeichnet und gewann ebenda 2009 den „Guidoneum Award“.
2011 debütierte die Wiener Choralschola im Goldenen Saal
des Wiener Musikvereins.
Michał Kucharko, Leitung
Michał Kucharko stammt aus Polen und
studierte Kirchenmusik an der Universität für Musik und Darstellende
Kunst in Wien (Gregorianik bei Kees
Pouderoijen, Abschluss mit Auszeichnung und Würdigungspreis
des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung in Wien). Er
ist Kirchenmusik-Referent der Stadt
Wien und künstlerischer Leiter des Chores
der Schlosskapelle Schönbrunn. Neben seiner Tätigkeit als
Kirchenmusiker in Wien ist Michał Kucharko Mitglied des
Arnold Schoenberg Chores (Assistent von Erwin Ortner) sowie
Mitglied der Wiener Choralschola. Sein Engagement auf dem
Gebiet des gregorianischen Chorals führte zu einer langjährigen Zusammenarbeit mit Nikolaus Harnoncourt, mit dem
er als Solist und Leiter der Choralschola des Arnold Schoenberg Chores aufgetreten ist. Der Referent für Gregorianik bei
verschiedenen Kursen in Österreich lehrt seit 2013 an der
Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien.
Der Witz des Tages
Und Gott fragte die Steine:
„Steine, wollt ihr Theater spielen?“
Da antworteten die Steine:
„Nein Herr, dafür sind wir
nicht hart genug.“
von Michael Dangl
Ö1 Club-Mitglieder erhalten bei
der styriarte bei ausgewählten
Veranstaltungen 10 % Ermäßigung.
Sämtliche Ö1 Club-Vorteile
finden Sie in oe1.orf.at
Foto: Harry Schiffer
Einer unserer Clubräume.
Franc Novinc, Morgen, 1971 (Detail), Foto: N. Lackner/UMJ
Landschaft
Transformation einer Idee
Kunst von 1800 bis heute aus
der Sammlung der Neuen Galerie
19. 06. – 06.09. 2015
Joanneumsviertel, 8010 Graz, Di–So 10–17 Uhr
www.neuegaleriegraz.at
Der richtige Ton
zur richtigen Zeit.
Das ist Kommunikation.
KommuniK ation seit 1993
www.conclusio.at
HAUS
DER
KUNST
Galerie · Andreas Lendl
A-8010 GRAZ · JOANNEUMRING 12
Tel +43/(0)316/82 56 96 Fax 82 56 96 -26
www.kunst-alendl.at [email protected]
Ölgemälde · Aquarelle · Zeichnungen
Druckgraphik · Skulpturen
Reproduktionen · Kunstpostkarten · Künstlerkataloge
Exklusive Rahmungen
Flexibel im Format.
Unbeugsam im Inhalt.
KOMPAKT
E-PAPER
Ÿ-.,,#" &#-..
")"
")"1#&&%
)''( #& # / ),-./(! #( ),!#(
)(! )(.-. üúûÿĆ
#( '". - (((
(.-"#/
(
(! - Ě" -
-Ě)( )-..
!&Ê%.
Ê%.
Ê% - (40)/-4
40
40)/-4
'#. ' )'.(
7+(0$ 6HLWH 6HLWH 6HLWH *UTTKXYZGM '[M[YZ b ›YZKXXKOINY [TGHN©TMOMK :GMKY`KOZ[TM b .KXG[YMKMKHKT \UT 5YIGX (XUTTKX b Ę .&#(Ć #( &
/ ./((&-
)", ..--/" #( #(
% #( ,!
",-*,)$%.
)$%
)$%.
L[ha[^hic_d_ij[h_kc _d
h[W]_[hj[ cWd _hh_j_[hj1 [_d[
Ij[bbkd]dW^c[ ]WX [i
)RWR 0DWWKLDV &UHPHU
C_jjmeY^ mkhZ[ X[aWddj"
M_hjiY^W\j [hd[kj _d
H[p[ii_ed ][iY^b_jj[hj _ij$ :_[
Z”h\j[ m[_j[h[ ;_difW#
lehd[^c[d" kc ZWi
pk [hh[_Y^[d$ h[Z
6HLWH 2.,' 4#!(
,.,/&#"- )%/'(
)%/'(.
/'(.
' 1
",'.
",'
h[Y^ji[njh[c[ M[Xi_j[
7bf[d#:edWk$_d\e ^Wj Wc :_[dijW]
l[hjhWkb_Y^[ Aehh[ifedZ[dp
$XI VHLQHU =LHOJHUDGHQ VWHXHUW GDV )HVWLYDO ,PSXOVWDQ] GLUHNW DXI Ţ(UHQGLUDŠ ]X ,Q 7DQ]
XPJHVHW]W KDW GLHVH YRQ *DEULHO *DUF¯D 0£UTXH] LQVSLULHUWH *HVFKLFKWH GHU %UDVLOLDQHU ,VPDHO ,YR
(V JHKW XP HLQH YRQ GHU HLJHQHQ *UR¡PXWWHU LP %LOG 6FKDXVSLHOHULQ &OHLGH 4XHLUR]
LQ GLH 3URVWLWXWLRQ JH]ZXQJHQH -XJHQGOLFKH %LV ]XP $XJXVW ]HLJW ,PSXOVWDQ] DX¡HUGHP QRFK
6W¾FNH YRQ X D /OR\G 1HZVRQ $QQH -XUHQ XQG -«U¶PH %HO
'', '", )(,-"Ê&, (%.#)((
'
(%
!!(( -.(
!
ESTEN
T
S
I
T
A
R
G
N
E
H
3 WOC
GLEICH BESTELLEN: derStandard.at/Testlesen
Die Zeitung für Leser
Feinste Südsee-Koralle
trifft auf
weiße Brillanten & fossile Koralle
Stempfergasse Graz • Hauptplatz Köflach
www.gressl.com