Wie funktionieren Zentralbanken?

Studienzentrum Gerzensee/Zentralbankenkurse
Buch: Zentralbanken
Warum haben wir keine Inflation?
Wie funktionieren Zentralbanken?
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Nils Herger
Studienzentrum Gerzensee und Universität Bern
12. September 2015
1
Die nachfolgenden Aussagen decken sich nicht zwingend mit der Meinung des
Studienzentrums Gerzensee und widerspiegeln nicht unbedingt die Haltung von mit dem
Studienzentrum assoziierten Institutionen.
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Das Studienzentrum Gerzensee
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Warum haben wir keine Inflation?
Aufgaben und Ziele des Studienzentrums
Das Studienzentrum Gerzensee ist eine Stiftung der SNB.
Stiftungszweck des Studienzentrums Gerzensee
Schaffung und der Betrieb eines Zentrums zur Ausbildung von Zentralbank-, Bank-, und Wirtschaftsfachleuten aus dem In- und Ausland,
die Zurverfügungstellung einer Begegnungsstätte für Zentralbanken sowie
andere Institutionen und Personen, die Verantwortung für Staat und Wirtschaft tragen, Erhaltung der historisch wertvollen Liegenschaft Neues
Schloss Gerzensee samt dem dazugehörigen Landwirtschaftsbetrieb als
landschaftlich geschlossene Einheit im Dorfe Grezensee usw.
⇒ Wir kommen diesem Zweck u.a. über ein Kursangebot für Zentralbanker aus aller Welt nach. Diese Kurse dauern 2 bis 3 Wochen und
werden jedes Jahr von ca. 150 Teilnehmern besucht. Bis anhin waren
Zentralbanken aus ca. 140 Ländern vertreten.
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Zentralbankkurse 2016
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Inflation Forecasting and Monetary Policy/February.
2
Monetary Policy, Exchange Rates, and Capital
Flows/March
3
Financial Stability/April
4
Monetary Policy in Developing Countries/May
5
Advanced Topics in Monetary Economics/August
6
Instruments of Financial Markets/September
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Wie funktionieren Zentralbanken - Geldund Währungspolitik verstehen
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Warum haben wir keine Inflation?
Motivation und Hintergrund
Zentralbanken stehen mehr denn je im Zentrum des öffentlichen
Interesses. Beim Auftreten von Wirtschaftskrisen, bei Turbulenzen im Währungssystem oder gar bei finanziellen Rettungsaktionen für ganze Staaten treten sie sichtbar auf den Plan. In Politik,
Medien und Finanzbranche finden aufgeregte Debatten über die
Ausrichtung der Geld- und Währungspolitik statt: was können,
was dürfen Zentralbanken und was nicht? In der Tat ist es nicht
immer einfach nachzuvollziehen, wie eine Zentralbank überhaupt
Einfluss auf die Gesamtwirtschaft nehmen kann: Wie steuert eine
Zentralbank beispielsweise die Geldmenge? Über welche Kanäle
beeinflusst die Geldpolitik relevante Wirtschaftsgrößen wie die
Inflation oder die Konjunkturlage? Warum ist es überhaupt von
Vorteil, eine unabhängige Zentralbank zu haben? Welches sind
die Vor- und Nachteile einer Gemeinschaftswährung? Antworten
auf diese und weitere Fragen gibt dieses Buch.
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Warum haben wir keine Inflation?
Inhalt
INHALTSVERZEICHNIS
4.6
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
i
1 Einleitung
1.1 Was ist eine Zentralbank? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Die Zentralbank im Wirtschaftskreislauf . . . . . . . . . . . .
1.3 Wie weiter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1
3
8
2 Kleine Geschichte der Zentralbanken
2.1 Wie alles begann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Die Entstehung des zweistufigen Bankensystems . . . . .
2.3 Die Ära des klassischen Goldstandards . . . . . . . . . .
2.4 Erster Weltkrieg und Weltwirtschaftskrise . . . . . . . .
2.5 Das System von Bretton Woods . . . . . . . . . . . . . .
2.6 Flexible Wechselkurse und autonome Geldpolitik . . . .
2.7 Die Europäische Währungsintegration . . . . . . . . . .
2.8 Schlussfolgerungen für das moderne Zentralbankenwesen
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3 Geld als Schmiermittel der Wirtschaft
3.1 Was ist Geld? . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Vom Warengeld zum Nominalgeld . .
3.3 Die Geldmenge: Ein dehnbarer Begriff
3.4 Wie Geschäftsbanken Geld schöpfen .
3.5 Der Geldmarkt im Überblick . . . . .
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42
46
52
56
58
4 Ausgewählte geldpolitische Instrumente
4.1 Die Bilanz der Zentralbank . . . . . . . . . . . . .
4.2 Refinanzierungskredite, Diskontpolitik und Leitzins
4.3 Mindestreserven . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4 Offenmarktpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Devisenmarktinterventionen . . . . . . . . . . . . .
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62
67
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73
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vi
Wirkungsketten geldpolitischer Instrumente . . . . . . . . . .
77
5 Geld, Kredit und Banken
5.1 Finanzsystem und Finanzstabilität . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Die Rolle der Geschäftsbanken . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Die Anatomie von Bankenkrisen . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4 Barreserven und Trennbankensystem . . . . . . . . . . . . . .
5.5 Der Lender of Last Resort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.6 Aufsicht und Eigenkapitalvorschriften . . . . . . . . . . . . .
5.7 Sicherung des Zahlungssystems und der Finanzmarktinfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.8 Grenzen der Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
82
85
87
94
97
102
106
109
6 Lang- und kurzfristige Effekte der Geldpolitik
116
6.1 Geldpolitik und Inflation - Die Neutralität des Geldes . . . . 116
6.2 Geld, Konjunktur und Beschäftigung - Die geldpolitischen
Transmissionsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
6.3 Zeitverzögerungen und Rückkoppelungseffekte . . . . . . . . . 129
7 Die Unabhängigkeit der Zentralbank
135
7.1 Zentralbankunabhängigkeit: Wundermittel aber nicht Allheilmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
7.2 Die Unabhängigkeit zügelt die Inflationssteuer... . . . . . . . 137
7.3 ... und fördert die Glaubwürdigkeit der Zentralbank . . . . . 142
7.4 Möglichkeiten und Grenzen der Geldpolitik . . . . . . . . . . 150
8 Internationale Wechselwirkungen im Geld- und Währungswesen154
8.1 Das internationale Finanz- und Währungssystem . . . . . . . 154
8.2 Grenzen der Währungspolitik - Trilemma der monetären Aussenwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
8.3 Regimes mit mehr oder weniger flexiblen Wechselkursen . . . 159
8.4 Währungsreserven - Mittel zum Zweck oder Mittel zur Macht?165
8.5 Von den Währungsreserven zur Reservewährung . . . . . . . 170
8.6 Währungskrisen und ihre Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . 172
8.7 Die Währungsunion als Vollendung der Währungsintegration 177
9 Zum Schluss - Möglichkeiten und Grenzen der Geld- und
Währungspolitik einer Zentralbank
187
Glossar
192
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Warum haben wir keine Inflation?
Geldmengenwachstum
und Inflation (langfristig!)
Geldmengenwachstum generiert Inflation...
Durchschnittliche Inflation in Prozent
(1960-2008, Logarithmische Skala)
1,000
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BOL
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ATG
100
10
1
1
10
100
1,000
Wohlstand anhand des durschnittlichen BIP pro Kopf
(1960 - 2008, in Kaufkrafteinheiten, Logarithmische Skala)
... führt aber nicht zu mehr Wohlstand
80,000
QTR
40,000
KWT
CHE
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BHS
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MLI
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10,000
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4,000
2,000
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1,000
600
400
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1
Durschnittliches Wachstum M2 in Prozent
(1960-2008; Logarithmische Skala)
10
100
1,000
Durchschnittliches Wachstum M2 in Prozent
(1960 - 2008, Logarithmische Skala)
Daten: Penn World Tables und International Financial Statistics. Nils Herger (SZG und Uni Bern)
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Die Notenbankgeldmenge ist unlängst stark angestiegen...
500,000
Mio. Schweizer Fra nken
400,000
300,000
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100,000
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Ba rgeld umla uf/No te numl auf
Barr ese rve n (G irokonten inlaen dische r B anken)
D a ten qu e lle : S tatis tisc he s Mo na tsh eft de r SN B
Nils Herger (SZG
und Uni Bern)
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Warum haben wir keine Inflation?
Pro ze ntuale Ve rae nder ung de s La ndesin dex der Kon sumenten pre ise g ege nue ber de m en tspr echen den Vo rjah resmona t
... und trotzdem haben wir keine Inflation. Weshalb?
7
6
5
4
3
2
1
0
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1985
1990
1995
2000
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2010
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Da te nq u el le : Sta ti stis ch es Mo na tsh eft d er SN B
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Erstens: Zentralbankgeld ist nicht gleich Geld!
Abbildung 3.1 : Empirische Definitionen des Geldes
Geld
Bargeld
= M1
+ Sichteinlagen
+ Spareinlagen
= M2
= M3
+ Termineinlagen
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Geschäftsbanken
Liquidität
Verzinsung
= Notenbankgeldmenge
+Einlagen bei
Notenbank
bank
+Banknoten
Zentral-
Münzen
Buchgeld
(Giralgeld)
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Warum haben wir keine Inflation?
Zweitens: Geldmengenmultiplikation ist nicht konstant
Grosse Teile der breit definierten Geldmengen (M1, M2, M3) werden
bekanntlich von Geschäftsbanken geschaffen.
Schematischen Bilanzen der Zentralbank und der Geschäftsbanken
verdeutlichen den entsprechenden Zusammenhang.
Abbildung 3.2 : Geldschöpfung anhand der Bilanzen der Zentralbank und
der Geschäftsbanken
Vollständige Reservedeckung
Zentralbank
A
P
Barreserven
A
Geschäftsbanken
Barreserven
⋮
⋮
Partielle Reservedeckung
⋮
Einlagen (Depositen)
P
A
Zentralbank
⋮
⋮
P
Barreserven ⋮
A
Geschäftsbanken
Barreserven Bankkredite
Einlagen (Depositen)
⋮
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P
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⋮
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Es ist etwas mühsamer, die Geldmengenmultiplikation herzuleiten.
Betrachte dazu die Geldmenge M1, die aus Bargeld C und den Sichteinlagen D besteht. Der Geldmengenmultiplikator g stellt das Bindeglied zur Notenbankgeldmenge dar, das heisst
M1 = C + D = g · N.
Die Geldmengenmultiplikation hängt u.a. von der Reservehaltung
r = R/D der Geschäftsbanken und der Bargeldhaltung c = C /D des
Publikums ab:
1+c
N.
M1 =
c
+
r
| {z }
Multiplikator g
! Die Geldmengenmultiplikation ist nicht als mechanischer Prozess
aufzufassen.
! Vielmehr modifizieren wirtschaftliche, politische, oder rechtliche
Veränderungen oder Unsicherheiten laufend die Geldmengenmultiplikation. Dies gilt sowohl für die Kreditseite als auch für die
Ersparnisbildung im Bankensystem.
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Drittens: Was passiert in einer Finanzkrise?
Finanzkrisen haben typischerweise einen dramatischen Effekt auf die
Geldmengenmultiplikation. Gegen Instabilität im Finanzsystem
wappnen sich Banken in der Regel mit höheren Reserven r ↑, derweil
das Publikum dazu übergeht, mehr Bargeld zu halten c ↑.
⇒ Die Geldmengenmultiplikation sinkt und mit ihr die Geldmenge sowie
die Inflationsraten. In vielen Fällen droht sogar eine Deflation.
,→ Die Zentralbank kann auf diese Situation mit einer Ausdehnung der
Reserven reagieren. Dazu stehen Instrumente wie die Senkung des
Leitzinses oder eine expansive Geldpolitik im Rahmen von
Offenmarkt- oder Devisenmarktinterventionen zur Verfügung.
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Verlauf des Geldmengenmultiplikators
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Geld meng enmu ltiplikator fuer M1
7
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Geldmengen in der Schweiz (1985 to 2015)
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Zusammenfassend
Zentralbankgeld macht nur einen Teil der Geldmenge aus. • Geschäftsbanken «schöpfen» wesentliche Teile des Geldes.
Die Geldmengenmultipli‐
kation ist kein mechani‐
scher Prozess. Sie sinkt z.B. während einer Finanzkrise.
• Die Zentralbank kann dem über eine expansive Geldpolitik ent‐
gegenwirken.
Deshalb ist es während einer Finanzkrise typisch, dass trotz eines Anstiegs der Notenbankgeldmenge eine tiefe Inflation oder sogar Deflation herrscht. Nils Herger (SZG und Uni Bern)
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Kontaktdetails
Nils Herger
Studienzentrum Gerzensee
Dorftstrasse 2
3115 Gerzensee
[email protected]
www.szgerzensee.ch
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