Leseprobe - Thienemann

4 ½ Freunde
und das Juckpulver-Komplott
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Joachim Friedrich
Komplott
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Joachim Friedrich, Jahrgang 1953, promovierte in Volkswirtschaftslehre und ist Professor für Betriebswirtschaft. Er arbeitete
für die Lufthansa, andere Dienstleistungsunternehmen und
war als Berater in vielen Ländern tätig. Heute lebt er mit seiner
Familie in Bottrop.
Von Joachim Friedrich bereits erschienen:
4 ½ Freunde und die Currywurst-Verschwörung
4 ½ Freunde und der Panther im Pausenhof
4 ½ Freunde und der Rächer der Salami
4 ½ Freunde und der lispelnde Lockvogel
4 ½ Freunde und der Dieb mit dem Dackelblick
Die furchtlosen zwei von Bahnsteig 3
Die furchtlosen zwei – Keilerei auf Bahnsteig 3
Weitere Titel von Joachim Friedrich und mehr über unsere
Bücher, Autoren und Illustratoren auf: www.thienemann.de
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Inhaltsverzeichnis
1. Der schöne Inspektor und die seufzende Schwester
2. Kluge Filmhunde und niesende Schauspieler
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3. Ein verrußter Inspektor und explodierender Zucker 25
4. Eine jämmerliche Fußhupe und Hühner
für den Regisseur
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5. Ein Experi-huhu-hehe und ein Tanz
im Chemieraum
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6. Ein Frosch in der Hose und Butterbrote,
die keine sind
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7. Ein schwarzes Loch für Sandwiches und
ein pfeifender Hund
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8. Schmachtende Briefe und blökende Schafe
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Der schöne Inspektor und
die seufzende Schwester
Der Gangster war zu allem entschlossen. Inspektor Derk
hatte ihn in eine ausweglose Situation gebracht. Doch
noch immer befand sich die schöne Frau in der Gewalt
des Gangsters. Er hielt sie dicht vor sich und fuchtelte nervös mit einer Pistole herum. Er ließ keinen Zweifel daran,
dass er sie auch benutzen würde.
Die Augen der schönen Frau waren vor Panik weit aufgerissen und sahen den hochgewachsenen, elegant gekleideten Inspektor flehend an. Sie wusste, nur er konnte
sie aus den Klauen dieses gemeingefährlichen Verbrechers retten.
Inspektor Derk war die Ruhe selbst. Er lehnte lässig an
der Wand. Ein kaum sichtbares Lächeln huschte über sein
Gesicht. Allein dieses Lächeln vertrieb die Panik aus den
Augen der schönen Frau.
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»Geben Sie auf, mein Freund«, sagte der Inspektor ruhig.
»Sie haben keine Chance.«
»Vergiss es, Bulle!«, krächzte der pockennarbige Gangster und ließ seine gelben Zähne sehen.
Inspektor Derk breitete die Arme aus und ging gemessenen Schrittes auf den Verbrecher zu. »Wenn Sie eine Geisel wollen, dann nehmen Sie mich und lassen Sie die Frau
laufen.«
Die Selbstsicherheit des Inspektors verunsicherte den
Gangster. Hektisch fixierten seine blutunterlaufenen Augen abwechselnd Inspektor Derk und die schöne Frau.
Diese Unaufmerksamkeit wurde ihm zum Verhängnis.
Mit einer eleganten Bewegung entriss Derk ihm die Waffe.
Während der Gangster um Gnade flehte, sank die schöne Frau mit einem dankbaren Seufzer in Inspektor Derks
Arme.
Als sie das Tablet ausschaltete, ließ meine Zwillingsschwester Steffi einen Seufzer hören, der sich fast genauso
anhörte wie der Seufzer der schönen Frau. Wir hatten uns
während der großen Pause einen Ausschnitt der Fernsehkrimiserie Inspektor Derk angesehen.
Kalle schüttelte den Kopf. »Total unlogisch. Jeder, der
schon einmal einen richtigen Fall gelöst hat, weiß, dass die
Polizei ganz anders vorgeht.«
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Kalle ist der Chef unserer Detektivbande, die er nur »Detektivbüro Kalle und Co.« nennt. Wenn jemand von Kriminalfällen spricht, ist er kaum noch zu bremsen. Außer
Steffi, Kalle und mir sind auch noch Fred und unser kleiner
Hund Dandy dabei.
Wieder seufzte Steffi, aber dieses Mal hörte es sich eher
genervt an. »Darum geht es doch gar nicht!«
»Worum dann?«, fragte ich. »Um den schönen Inspektor?«
Steffi sah mich mit zusammengezogenen Augenbrauen
an. »Wenn ich dir noch mal bei Mathe helfen soll, würde
ich an deiner Stelle lieber die Klappe halten, Radieschen.«
Ich tat ihr den Gefallen. Allerdings musste ich mir ein
Grinsen verkneifen. Wie die meisten Mädchen aus unserer
Klasse verpasste sie keine Folge der Serie. Allerdings ging
es ihr dabei weniger um die spannende Krimihandlung als
vielmehr um den Schauspieler, der den Inspektor darstellte.
»Eh, Mann eh!«, rief Fred. »Und von der Serie soll eine
Folge in unserer Schule gedreht werden?«
Kalle nickte. »Während der Ferien. Vielleicht können wir
den Regisseur fragen, ob er an ein paar Tipps von einem
Profi interessiert ist.«
Steffi sah ihn mit schiefem Grinsen an. »Und dieser Profi
bist wahrscheinlich du, oder?«
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Kalle zuckte mit den Schultern. »Wer sonst?«
Es läutete. Die Pause war vorbei.
Es war die letzte Schulstunde vor den Herbstferien. Entsprechend gut war die Stimmung. Unser Klassenlehrer
Siegfried Schlüter, den wir wegen seiner Größe nur Big
Siggi nennen, hatte alle Mühe, für Ruhe zu sorgen.
Es war ihm deutlich anzusehen, dass auch er froh war,
zwei Wochen ohne uns Schüler verbringen zu dürfen.
Als es zum Unterrichtsende klingelte, folgte er uns nach
draußen vors Schulgebäude.
»Eine Sache muss ich euch noch berichten«, dröhnte
seine tiefe Stimme über unsere Köpfe hinweg. »Wie ihr ja
wisst, nutzt während der Ferien ein Fernsehteam unsere
Schule für Dreharbeiten! Und zwar wird diese Krimiserie
gedreht – äh, wie heißt die noch gleich?«
»Er kennt Inspektor Derk nicht«, raunte Steffi mir zu,
während Big Siggi in seiner Aktentasche kramte. »In welcher Welt lebt er eigentlich?«
Big Siggi sah auf einen Zettel, den er schließlich aus seiner Aktentasche geholt hatte. »Ach ja. Inspektor Derk.«
»Das wissen wir doch schon!«, rief jemand.
Unser Klassenlehrer hob die Hand. »Ich weiß, dass ihr es
wisst, aber es gibt, wie gesagt, noch eine Neuigkeit. Diese Fernsehleute sind offensichtlich dankbar, dass sie die
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Schule als Drehort nutzen können. Darum haben sie angeboten, dass einige Schüler bei den Dreharbeiten helfen
dürfen. Wir haben ausgelost und diese Klasse hat gewonnen«, erklärte er. »Ich suche also einige Freiwillige.«
Augenblicklich war ein begeistertes Quieken aus mehreren Mädchenkehlen zu hören und auch meine Schwester hatte plötzlich glänzende Augen. Die Zeit, bis sich
die Hände der meisten Schüler in die Luft reckten, wäre
wahrscheinlich nur mit einer Atomuhr zu messen gewesen. Meine Hand war nicht dabei. Ich wollte meine Ferien genießen. Steffi renkte sich dagegen fast ihre Schulter
aus.
Big Siggi nahm es schmunzelnd zur Kenntnis. Dann sah
er wieder auf den Zettel. »Hier steht, welche Arbeiten die
Schüler verrichten sollen: Handlangerarbeiten wie Kabel
tragen, sauber machen, Geschirr spülen, Papiere sortieren
und abheften und so weiter. Außerdem werden die Dreharbeiten die gesamten Ferien in Anspruch nehmen.«
Mit jedem seiner Worte waren mehr und mehr Hände
verschwunden, auch die meiner Schwester.
»Geschirr spülen! Das wüsste ich aber«, murmelte sie.
Schließlich war nur Kalles Hand übrig geblieben.
Big Siggi sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen
an. »Nun, du scheinst dir ja nicht zu schade für derartige
Arbeiten zu sein, Kalle.«
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»Das ist nicht der Grund«, erklärte Kalle mit wichtigem
Gesicht. »Ich finde nur, dass die Krimiserien im Fernsehen
die kriminalistische Arbeit nicht so zeigen, wie sie wirklich
ist.«
Big Siggis Mundwinkel zuckten leicht. »Aha. Und?«
»Bestimmt ist der Regisseur an meinen Erfahrungen
interessiert. Schließlich bin ich Detektiv und habe schon
Fälle gelöst!«
»Darüber wird sich der Regisseur ganz sicher freuen«,
sagte Big Siggi gedehnt. »Dann melde dich bitte gleich
morgen früh um acht Uhr hier in der Schule bei den Fernsehleuten. Und vielleicht ist der eine oder die andere von
euch ja doch interessiert. Sie nehmen wohl drei oder vier
Schüler.«
Zur Feier des letzten Schultags hatten wir uns nach dem
Unterricht am Kiosk eine Cola gekauft.
»Warum nutzt ihr diese Chance nicht?«, schimpfte Kalle, während er fast wütend den Verschluss der Coladose
aufriss.
»Was denn für eine Chance?«, erwiderte ich.
»Dass wir dem Regisseur ein paar Tipps geben können.«
Steffi schnaubte hörbar. »Wohl eher Geschirr spülen
und putzen.«
»Eh, Mann eh! Dazu habe ich keine Lust!«, rief Fred.
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Kalle winkte ab. »Ach, das schaffen wir ganz schnell –
wenn wir es zusammen machen. Und außerdem gibt es
bestimmt Gelegenheiten, sich mit dem Hauptdarsteller
zu unterhalten.« Dabei warf er einen Blick auf meine
Schwester.
Die bekam einen verträumten Gesichtsausdruck und
seufzte.
»Also?«, fragte Kalle.
»Nur, wenn Radieschen auch mitmacht«, sagte Steffi.
»Ich?«, rief ich. »Aber ich will meine Ferien genießen und
nicht Geschirr spülen!«
Meine Schwester legte den Kopf schief und schaute
mich an.
Ich seufzte. »Also gut. Meinetwegen.«
»Sehr schön«, freute sich Kalle. »Und was ist mit dir?«,
wandte er sich an Fred.
»Eh, Mann eh! Nur wenn –«
»Dandy mitkommen darf!«, riefen Steffi, Kalle und ich
wie aus einem Mund.
Fred nickte. »Ihr habt es erfasst.«
Auf dem Weg nach Hause sah ich mich vor meinem geistigen Auge Geschirr spülen, Kabel schleppen und in Aktenbergen wühlen, anstatt lange zu schlafen und mich an
meiner Spielkonsole auszutoben. Tolle Ferien!
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Steffi schien meine Gedanken zu lesen. »Vielleicht wird
es ja ganz lustig.«
»Klar!«, gab ich frustriert zurück. »Wahrscheinlich wirst
du entdeckt und darfst eine Szene mit Inspektor Derk drehen – vielleicht sogar eine Liebesszene.«
Steffi blieb stehen und hielt ihre Coladose in die Höhe.
»Hast du schon mal Cola aus einem Meter Entfernung getrunken?«
Nein, das hatte ich nicht und wollte es auch nicht ausprobieren. Also hielt ich die Klappe.
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Kluge Filmhunde und
niesende Schauspieler
Am nächsten Morgen quälte ich mich zu einer Zeit aus
dem Bett, als müsste ich zur Schule. Nach dem Frühstück
schlurfte ich noch halb schlafend mit Steffi in Richtung
Schrebergarten, wo wir uns mit Kalle und Fred treffen
wollten. Dort wohnte unser Hund Dandy. Außerdem war
der Garten das Hauptquartier von Kalle und Co.
Unterwegs trafen wir den ausgesprochen gut gelaunten Kalle. Er trug einen großen Rucksack auf dem Rücken
wie jemand, der eine wochenlange Wandertour plant.
»Dreharbeiten zu einem Krimi!«, begrüßte er uns. »Das
wird bestimmt total interessant. Seid ihr auch schon so
gespannt?«
»Was hast du denn da in dem Rucksack?«, fragte Steffi
zurück. »Ist das Proviant? Hast du Angst, wir bekommen
nichts zu futtern?«
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Kalle schüttelte unwillig den Kopf. »Da ist Fachliteratur
drin.«
»Was ist da drin?«, rief ich.
Kalle sah mich an, als hätte ich die blödeste Frage der
Welt gestellt. »Bücher, Radieschen! Bücher über Ermittlungsmethoden, Verhörtechniken, Spurensicherung und
so weiter. Schließlich will ich vorbereitet sein, wenn mich
der Regisseur um meinen Rat fragt.«
»Hast du auch ein Buch über Geschirrspülmethoden?«,
fragte Steffi.
Kalle antwortete mit einem unwilligen Schnauben.
Inzwischen hatten wir den Schrebergarten erreicht. Wie
nicht anders zu erwarten, war Fred schon dort. Er kniete
vor seinem besten Freund Dandy und redete mit ihm. Unser kleiner Hund schien ihm interessiert zuzuhören. Er ist
nicht besonders schön. Sein Fell ist zerzaust, ihm fehlen
ein halbes Ohr und auch ein paar Zähne. Trotzdem oder
vielleicht gerade deshalb liebt Fred ihn über alles. Ich bin
davon überzeugt, dass es nicht mehr lange dauert und
Dandy beginnt zu sprechen. Oder Fred hört auf zu sprechen und bellt nur noch.
»In Filmen spielen auch oft Tiere mit«, hörten wir ihn sagen. »Diese Fernsehleute suchen immer nach hübschen
und klugen Hunden.«
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»Das sind ja schon mal zwei Gründe, warum Dandy keine Chance hat«, unterbrach Kalle ihn.
Fred fuhr herum. »Eh, Mann eh! Dandy ist der intelligenteste und –«
»Wir müssen uns beeilen«, unterbrach Steffi ihn. »Sonst
kommen wir zu spät.«
Wir konnten kaum glauben, wie sehr sich unsere Schule
über Nacht verändert hatte. Auf dem Pausenhof standen
Lastwagen, aus denen Kisten, Lampen, Kameras und Dekoration ausgeladen wurde. Außerdem wuselten überall
Leute herum.
»Und wohin jetzt?«, fragte ich.
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