© Tobias Kube, Erfurt (www.tobias-kube.tk) DER (Insels)BERG Thüringer „KaffeeFahrten“ RUFT! Eine „Kaffeefahrt“ zum bekanntesten Berg in Thüringen Vielleicht ist er nicht der schönste, garantiert nicht der höchste, wohl aber der bekannteste Berg in Thüringen am legendären Rennsteig - und immer wieder einen Ausritt wert... auf dem Gipfel der sogenannte InselsbergExpress Der schnelle Weg führt von Erfurt aus über die A4 bis zur Abfahrt Waltershausen, nach Tabarz und immer bergan zum Inselsberg. Ich lasse es gemütlicher angehen, nicht so direkt und knattere in Richtung Südwest über die Nebenstraßen nach Neudietendorf (hier wurde und wird „Aro“ gebrannt, der Jägermeister des Ostens) aus der Landeshauptstadt. Doch vor Neudietendorf folge ich der braunen Ausschilderung „Schloss Molsdorf“ zum barocken Lustschloss der Grafen von Gotha. Ich hab’ Lust - zum Biken und außerdem ist’s für ‘ne Pause viel zu früh. So treibe ich die Transalp nördlich an der A4 entlang zu den „Drei Gleichen“ (folge Ausschilderung Neudietendorf, Wandersleben). Die „Drei Gleichen“ sind Burgen, keine gleichen Burgen, sondern drei Burgen der Grafen von Gleichen: Burg Gleichen, Mühlburg, Wachsenburg. Letztere war zu DDRZeiten nur für die Staatsführung und für devisenkräftige Westgäste nutzbar, doch längst ist sie jederman(n) zugänglich mit Gaststätte und Hotel. Burg Gleichen und Mühlburg sind Ruinen, besuchenswert, wie ich finde, auch wenn die letzten Meter nur zu Fuß zu machen sind bzw. offiziell gemacht werden dürfen. Beide Ruinen ehre ich mit einem kleinen Abstecher. In Wandersleben setze ich den Blinker links nach Mühlburg (es ist nur die Autobahn, nicht aber der Ort Mühlberg ausgeschildert) und erreiche Burg Gleichen wie Mühlburg. Von Mühlberg aus geht es zum Bachstädtchen Wechmar nach Schwabhausen auf die B247 Richtung Ohrdruf/ Oberhof in den Thüringer Wald. Links befindet sich der ehemalige Truppenübungsplatz inzwischen verschiedenster Militärherren. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass hier das berühmte Bernsteinzimmer versteckt sein soll. Wissenschaftlich nachweisbarer ist dagegen die düstere Erkenntnis, dass hier von den Nazis Atombomben an KZ-Häftlingen getestet wurden. Inzwischen ist der Truppenübungsplatz Schutzgebiet und auf einem Teilstück sind heute die Herren die hüpfenden und schlammspritzenden Bikers mit den groben Stollen. Tour 1: „DER (Insels)BERG RUFT“ - InselsbergTour barockes Lustschloss Molsdorf Ruine der Mühlburg, eine der „Drei Gleichen“ Revier der Grobstolligen: (Truppen)Übungsplatz Ohrdruf Seite 1 © Tobias Kube, Erfurt (www.tobias-kube.tk) Thüringer „KaffeeFahrten“ In Hohenkirchen verlasse ich die B247 schon wieder, folge der Ausschilderung nach Georgenthal zur B88 und dieser weiter in Richtung Eisenach über Georgenthal, Friedrichroda und Tabarz. Bei Lust und Muße und Zeit empfehle ich auf dieser kurzen Strecke drei mögliche, lohnenswerte Stopps: 1. in Georgenthal den Park des nur noch zu erahnenden ehemaligen Zisterzienserklosters, 2. bei Friedrichroda das fast tausendjährige Schloss Reinhardsbrunn (hier drehte die DEFA den Märchenfilm Rapunzel), 3. hinter Friedrichroda die 1778 entdeckte Marienglashöhle, eine Tropfsteinhöhle, in der bis 1906 unter Tage Gips abgebaut wurde. Klosterruine Georgenthal Der Kurort Tabarz ist erreicht. Stur ignoriere ich die braune Ausschilderung zum Inselsberg, denn ich will den Berg von hinten erklimmen- unbekannter, wohnmobildfreier, transalpgeeigneter,... - und bleibe auf der B88. Unscheinbar wird Fischbach angekündigt und genau diese unscheinbare, kleine Straße nehme ich: nach Fischbach und Winterstein. Hier liegt der Hund begraben, seit dem 17. Jahrhundert, wie sich auf der Grabtafel an der alten Ruine lernen lässt, „das in nicht fressen die Rawen“. Beim begrabenen Hund bin ich mir nicht sicher, aber der Ort Winterstein und die diesen Ort umgebende Flur gehörte einst zum blaublütigen Besitz der von Wangenheim (kleiner Ort bei Gotha). Bekannter sind die von Wangenheims aber durch das Bildmotiv der Frau von Wangenheim auf dem einstigen Fünf-DMSchein (do you remeber?) Schloss Reinhardsbrunn begrabener Hund - in Winterstein Weil hier der „Hund begraben liegt“ und eher Insider unterwegs sind, fehlen bislang die braunen Schilder für touristisch Interessantes. Dafür ist der Inselsberg, in dessen Schatten ich mich längst befinde, erreichbar über die Ausschilderungen Bad Liebenstein, Brotterode, Richtung Tabarz und nach dem sogenannten Kleinen Inselsberg hinauf zum Großen - für den Blick ins Thüringer Land aus 916 Meter Höhe. Vom Inselsberg aus fahre ich kurvengenüsslich zurück nach Brotterode und weiter nach Trusetal. Am Ortseingang müssen die Freunde der Gartenzwerge unbedingt halten, denn hier befindet sich ein Zwergenpark. Ich mag diese Vorgartenbewohner nicht, gebe also noch mal kurz Gas, lasse mich dann aber ausrollen - mit wenig Geschwindigkeit vorbei am Trusetaler Wasserfall, künstlich errichtet und nur bei Bedarf mit fallendem Wasser. 58 Meter fällt das Wasser in die Tiefe, jedenfalls von Ostern bis Oktober, als Touristenattraktion und das schon seit 1865. Inselsbergblick (von Brotterode aus) künstlich, aber schön: Trusetaler Wasserfall Tour 1: „DER (Insels)BERG RUFT“ - InselsbergTour Seite 2 © Tobias Kube, Erfurt (www.tobias-kube.tk) Thüringer „KaffeeFahrten“ Zwei Besucherbergwerke säumen den ansonsten touristisch highlightlosen Weg Richtung Floh-Seligenthal, über SteinbachHallenberg bis Oberhof. Ich entscheide mich für die hoppeligere Strecke und nehme die kleinen, unebenen Straßen, in dem ich der Ausschilderung nach Schmalkalden folge. Einsam geht’s kurvig voran durch die Thüringer Wälder. Oberhof, „Kaderschmiede“ der Wintersportpromis, erreiche ich über den Kanzlersgrund mit Skisprungschanze und Eisrodelbahn. Während die Schanze nur zu bewundern ist, können Kurvenfans als Besucher kufig durch den Eiskanal. FlußLandschaft im Kanzlersgrund Ich betrachte Schanze und Eiskanal, aber auch die Biathlonarena respektvoll aus sicherer und mir vertrauter Motorraddistanz, steuere die Transalp durch Oberhof und halte Kurs zum Rennsteiggarten (B247 Richtung Zella-Mehlis). Der Rennsteiggarten ist zum Glück gartenzwergefrei, dafür aber reich an seltenen Gewächsen, die im rauen Rennsteigklima gedeihen. Am Rennsteiggarten vorbei fahre ich in Richtung Schmücke und Gehlberg im Schatten der Gipfel von weiteren zur Top Ten der höchsten thüringer Erhebungen gehörigen Bergen: Großer Beerberg (982m) und Schneekopf (918m). Darüber vergesse ich, dass ich zeitgleich und ungesehen über Baugeschichte fahre - über Tunnelbaugeschichte: den im Jahr 1884 fertig gestellten, gut 3km langen Eisenbahntunnel, den Branndleitetunnel. Dieser ist mehr als hundert Jahre älter als der 2003 eröffnete längste deutsche Autobahntunnel (7,916km): der Rennsteigtunnel . Dieser Tunnel der A71 hat eine unsichtbare Einmaligkeit: er überquert im Berge den Eisenbahntunnel. SkiSprungSchanze im Kanzlersgrund vor Oberhof Dass für Eisenbahn- und Autobahntunnel im Berg genug Platz ist, merke ich auf der Talfahrt nach Gehlberg. Auf etwa 10km Strecke stürze ich quasi gute 400 Meter in die Tiefe in den Gehlberger Grund und der VauZwo bremst fleißig. Die Straßen auf der Sturzfahrt sind inzwischen neu. Hingegen lassen die verfallenen Baracken in Gehlberg nur noch mit viel Fantasie erahnen, dass hier einst eine sozialistische Ferienhochburg des FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) über Jahre im Voraus ausgebucht war und heute verkümmert. voll eingedampft: der Brandleitetunnel anno 1984 zum 100sten (mit BR 95) einst begehrtes DDR-Feriendomizil „Luxusvariante“ mit 20qm UND Terasse (im Geratal bei Gehlberg) Tour 1: „DER (Insels)BERG RUFT“ - InselsbergTour Seite 3 © Tobias Kube, Erfurt (www.tobias-kube.tk) Thüringer „KaffeeFahrten“ Von Gehlberg nach Gräfenroda verstummt das TransalpAggregat aus neuerlichem Respekt vor Baugeschichte: diesmal Brückenbaugeschichte. Ich fahre entlang unter Deutschlands größter Spannbogenbrücken der A71 bevor diese für acht Kilometer im Rennsteigtunnel verschwindet und, wie gesagt, den Eisenbahntunnel unter dem Rennsteig im Berg überquert. Über 550 Meter spannt sich die Brücke über das Tal der Wilden Gera, die hier gar nicht wild ist und ist von dieser über 100 Höhenmetern entfernt. Wegen dieser Traummaße wird die Brücke gelegentlich sogar (genehmigt!) von Fallschirmspringern genutzt. In Gräfenroda biege ich auf die B88 Richtung Ohrdruf ab und fahre nach Crawinkel. Von holpere ich durch’s Jonastal nach Arnstadt. Und hier ist wieder das anfangs der Tour erwähnten Truppenübungsgelände mit Gerüchten zum Bernsteinzimmer und Fakten zu Atombombentest. Gerüchten wie Fakten trotzend knattere ich über schmale Straßen und schlechten Belag, durch viele Kurven in einem herrlich transalpinen Terrain. Ab Arnstadt geht’s flott über die B4 zurück nach Erfurt. Deutschlands größte Spannbogenbrücke der A 71 bei Gräfenroda Inzwischen ruft der (Insels)Berg nur noch leise aus der Ferne. Lauter ist der Ruf nach ‘ner Tanke für Maschine und Mensch. 230km stehen auf der Uhr; bei sechs Stunden Ausrittdauer... Streckenverlauf: Erfurt - Molsdorf - Wandersleben - Mühlberg Wechmar - Schwabhausen Hohenkirchen Georgenthal - Friedrichroda - Tabarz - Fischbach Winterstein - Brotterode - Inselsberg (Richtung Tabarz) - Brotterode - Trusetal - Schmalkalden Steinbach-Hallenberg - Oberhof - Gehlberg (über Schmücke) - Gräfenroda - Crawinkel - Arnstadt Erfurt Tour 1: „DER (Insels)BERG RUFT“ - InselsbergTour Seite 4
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