Geschichte und Geschichten - Spaziergänge durch die Hofer Vergangenheit von Arnd Kluge, Stadtarchiv Hof Urheberrechtlicher Hinweis Der Text darf unter Hinweis auf die Quelle und den Autor für wissenschaftliche, publizistische und unterrichtliche Zwecke kostenfrei verwendet werden. Eine Reproduktion der Bilder bedarf der vorherigen Genehmigung durch das Stadtarchiv Hof und ist gebührenpflichtig. Die Einstellung ins Internet (auch teilweise oder in bearbeiteter Fassung) ist nicht erlaubt. Spaziergang 8: Weibliche Wege Die ersten acht Stationen des Spaziergangs beziehen sich schwerpunktmäßig auf die Situation der Hofer Frauen in der traditionalen Gesellschaft (zwischen etwa 1500 und 1850), die Stationen 9 bis 13 auf die Veränderungen, die sich während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ergeben haben. Der Beginn des Spaziergangs ist an der Unteren Steinernen Brücke. Kindermord an der Unteren Steinernen Brücke: Als Schande galt es, wenn eine Frau ein uneheliches Kind bekam. Die Chroniken berichten immer wieder von Frauen, die sich selbst oder ihr Kind umbrachten. Eine Kindermörderin, die ihr Kind an der Unteren Steinernen Brücke ertränkt, stirbt 1721, bevor das Urteil gesprochen werden kann. Die Altstadtchronik berichtet: „Des Monath Novembris hat ein Mensch mit nahmen Anna lisabetha ein Kind zur Weld gebohren, da Niemand bey Ihr geweßen, hernach das selbe zweifach zusammen gebogen, worauff daß Kind zwey mal geschrien nach ihrer auß Sage, hernach in einen Topf gestecket, denselben zugebunden, und bey der Unteren Steiner Brücken in das Wasser geworffen, worauff sie kranck worden, hat man ihr ihren Herrn Beichtvatter Herrn Magister Weiß gehollet und ihr das heillig abend Mahl gereichet, da er aber gesehen, das mit ihr nicht recht stehet, hat er die ... Mutter hollen laßen, hat sie es bestanden sie hete ein Kind gehabt, worauff sie in das gefängnüß getragen worden den 24 Novemb den 25 darauf gestorben den Sonabent als den 29 dito mit einen Schlitten zum galgen geschleiffet und in demselben durch den Flurer begraben worden.“ Die Kindermörderin wählte die Untere Steinerne Brücke, weil dort das Wasser der Saale recht tief ist und bis zum Bau des Hospitalmühlwehres 1919-1921 schneller als anderswo im Stadtgebiet floss. Außerdem wird der Leichnam hier am Ende der Stadt aus dem Stadtgebiet hinausgespült. Verbrecher und Selbstmörder durften bis zum 19. Jahrhundert nicht auf dem regulären Friedhof begraben werden. Solange der Galgen (heute: Galgenleite an der Oelsnitzer Straße) existierte, wurden sie in dessen Nähe begraben, später in einem besonderen Abteil des Friedhofs. Hinrichtung der Elisabeth Egelkraut an der Unteren Steinernen Brücke: Enoch Widmann schreibt in seiner Stadtchronik: „Dieses jhar [1541] ist auch Elisabeth Egelkreutin (und uber etlich jar hernach kurz vor dem krig ein andere, so man das esel oder das dumpfelfrewlein genant, ein schönes weib und arge hur) uf der eusersten steinern bruck uf grosse vorbitt mit dem schwert gerichtet worden, hette sonsten die erste in einen sack gestossen und ins wasser geworfen werden sollen, weil sie ihr eigen fleisch und blut umbgebracht hatte.“ Die Hinrichtung mit dem Schwert fand ausnahmsweise nicht am Galgen statt, sondern an der Unteren Steinernen Brücke, weil sie eine Ersatzhandlung für das eigentlich gebotene Ertränken war. Von hier durch die Straßen Vorstadt und Unteres Tor zur Hospitalkirche. Weibersitze in der Hospitalkirche: Seit der Reformation sitzen die Gottesdienstbesucher, während zuvor nur besonders ausgezeichnete Persönlichkeiten dem Gottesdienst im Sitzen folgten. Frauen und Männer saßen – wie es heute noch in Synagogen und Moscheen üblich ist – in getrennten Abteilen. Ihre Sitzplätze mussten sie auf Lebenszeit „kaufen“; die Gebühr für den Männer- oder Weibersitz diente, als es noch keine Kirchensteuern gab, der Finanzierung der kirchlichen Angelegenheiten. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde der Brauch unüblich, wenn auch in manchen Kirchen nach wie vor die Namen derer, die einst die Kirchenstühle erworben hatten, an den Bänken angebracht sind. Vom Kriegsjahr 1553 wird für die Hospitalkirche berichtet, dass weder „Sitze noch Emporen, weder Wände noch Decken, weder Lehrstühle noch Altäre“ unverletzt geblieben seien. „1687 wurden sämtliche Weiberstühle erneuert.“ „1692 wurden von dem Stubenmaler Georg Horn die Männerstühle rot und die Frauenstühle grün gestrichen.“ Durch die Ludwigstraße und nach ca. 100 Metern links durch die Maxgasse auf den Maxplatz. Standpunkt: bei Teppich Hopf (Maxplatz 18-22). Das spätmittelalterliche Bordell: Ungefähr an dieser Stelle stand das Hofer Bordell des Spätmittelalters. Seine Lage ist nicht mehr genau feststellbar, da es bei Enoch Widmann, der davon erzählt, nur heißt, es sei das fünfte Haus, vom Pfarrhaus aus, auf der Orla gewesen. Außerdem muss man berücksichtigen, dass die „Orla“, der heutige Maxplatz, früher in der Mitte mit einer Häuserreihe bebaut war. Ein „Hurenhaus“ gehörte in jeder größeren Stadt des Spätmittelalters zur Infrastruktur; seine Lage in unmittelbarer Nähe zur Stadtkirche und zum Pfarrhaus zeigt seine anerkannte Stellung. Mit der Reformation änderte sich dies. Das Hofer „Hurenhaus“ wurde geschlossen, Prostitution wurde gesellschaftlich gebrandmarkt und von der Obrigkeit strafrechtlich verfolgt. Als aktive Verführerin galt die Frau, der die härtere Strafe als dem Freier drohte. Trotzdem blieb „Hurerei“ einen allgemeine Zeiterscheinung. Gewerbsmäßige Huren wurden aus der Stadt oder dem Fürstentum verwiesen. Da dies überall geschah, führte es zu einem regen „Huren-Tourismus“. Den Orlasteig (links neben Hausnummer 22) hinunter zum Graben, rechts durch den Graben an der Rückseite der Michaeliskirche vorbei bis zur Einmündung des Kirchbergs (Abzweigung des Mühldamms). Fleihbrücken an der Saale: Etwa hier verlief bis in die 1930er Jahre der Mühlgraben. Auf einer Ansichtskarte aus dem Jahr 1904 sind am Mühlgraben zwei Fleihbrücken (Holzstege ähnlich Bootsanlegestegen) zu sehen, auf denen Frauen ihre Wäsche wuschen, die sie anschließend auf Wiesen zum Bleichen und Desinfizieren auslegten. Die Wäschestücke mussten immer wieder mit Wasser besprüht werden. Fleihbrücken am Mühlgraben, um 1900 Andere Saaleseite an der Heiligengrabstraße und Fabrikzeile: Da eine Häuserreihe dazwischen liegt, kann man vom Standort aus heutzutage nicht zur anderen Seite der Saale blicken. Man kann aber durch den Mühldamm zur Saale gehen, von wo aus man die Fabriken sieht. Bevor die Fabriken angesiedelt wurden (ab 1851), hieß diese Straße „Krautweglein“, weil sich hier Gärten der Hofer befanden. Neben der Haushaltsführung, der Herstellung von Textilarbeiten (Spinnen, „weibliche Handarbeiten“) und gelegentlicher Mithilfe im Betrieb des Mannes gehörte die Arbeit in Stall und Garten zu den typischen Frauenbeschäftigungen. An den großen Rundbogen-Einfahrten, die viele Hofer Häuser haben, erkennt man, dass eine kleine Landwirtschaft bis in das 19. Jahrhundert gang und gäbe war. Den Kirchberg an der südlichen Seite der Michaeliskirche (beim Brunnen) hoch, über den Kirchplatz zur Ludwigstraße und gegenüber zum Rathaus. Standpunkt: Rathauserker an der Ecke Ludwigstraße/Klosterstraße. Hexenprozesse in Hof: Mit der Veröffentlichung des Buches „Malleus maleficarum“ („Hexenhammer“) durch die Dominikaner Heinrich Institoris und Jacob Sprenger im Jahr 1487 begann in Europa eine große Welle der Hexenverfolgungen. Aus Hof wird von zwei Hexenprozessen berichtet, die in den Jahren 1658/59 und 1665 stattfanden. Ob die niedrige Zahl auf die fehlende Überlieferung zurückzuführen ist (beide Prozesse werden vom Apotheker Walburger in seinem Tagebuch erwähnt), oder ob tatsächlich nicht mehr Verfahren stattgefunden haben, ist unsicher. Die Hofer Hexenprozesse fielen in eine Zeit, in der die Hexenverfolgungen in Europa ihren Höhepunkt erreichten. Im späten 17. Jahrhundert gingen sie zurück, in der Mitte des 18. Jahrhunderts wurden sie eingestellt. In protestantischen Gegenden stand das Motiv der Teufelsbuhlschaft im Mittelpunkt der Hexenverfolgungen, während in katholischen Gegenden oftmals Unwetter oder andere schlechte Ereignisse dem Wirken der Hexen zur Last gelegt wurden. Im Jahr 1658 zeigte Rotgerber Heider der Obrigkeit an, dass Anna Fleßa seine Kuh verzaubert habe. Sie habe die Kuh gemolken, die Milch aber nicht in den Eimer, sondern in die Einstreu laufen lassen; die Kuh habe seither keine Milch mehr gegeben. Die alsbald Verhaftete gab zu, dass sie die Kuh gemolken habe, leugnete aber jede Hexerei, selbst als sie gefoltert wurde. Rechtsgutachten der Universitäten Jena und Leipzig kamen zu keinem übereinstimmenden Ergebnis. Nach einem Jahr im Gefängnis wurde sie freigelassen, weil sie nicht gestand, aber des Landes verwiesen, um sicherzugehen, dass sie in der Heimat keinen Schaden anrichten könne, sollte sie doch eine Hexe sein. Schlechter erging es Anna Fugmann, genannt Viehmann, aus Lipperts bei Leupoldsgrün. Da in ihrem Haus ein Brand ausbrach, der mehrere Häuser in Asche legte, wurde sie verdächtigt, mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Man verhaftete sie und sperrte sie im landesherrlichen Schloss in Hof ein. Zunächst gestand sie nicht. Daraufhin wurden ihr die Foltergeräte gezeigt, doch sie gestand immer noch nicht, so dass man zur „peinlichen Befragung“, der Folter, schritt. Stadtvogt, zwei Ratsherren, ein Gerichtsschreiber und der Folterknecht (wohl der Scharfrichter) befragten die Beschuldigte nach dem im „Hexenhammer“ vorgegebenen Fragenkatalog. Sie gab zu Protokoll, sich mit einem „Hans“ fleischlich vermischt zu haben, der ihr auf mancherlei Art, zum Beispiel als Bock, erschienen sei, und dem sie das Gesäß küssen musste. Manchmal sei er als schwarze Ente erschienen. Schließlich sei er wie ein Drache durch ihren Kamin ein- und ausgeflogen, worauf dieser Feuer gefangen habe. Frau Fugmann „gestand“ also den Umgang mit dem Teufel, dessen damals allgemein bekannte typische Attribute sie erwähnte. Das Gericht, bestehend aus Stadtvogt, Bürgermeister und Stadtrat, verurteilte die Beschuldigte erwartungsgemäß zum Tode. Der Landesherr bestätigte das Urteil. Eigentlich hätten während der Folter ein Arzt anwesend sein und der Beschuldigten das Folterprotokoll einen Tag nach der Folter zur Bestätigung vorgelegt werden müssen, davon wird jedoch nichts berichtet; man scheint es mit den Formvorschriften des Inquisitionsprozesses in Hof nicht allzu genau genommen zu haben. Der „endliche Gerichtstag“ fand am 21.7.1665 statt. Nach einem Gottesdienst wurde vor dem Rathaus („unter offenem Himmel aufgeschlagene Gerichtsstelle und Bank“) das Urteil verkündet. Eine große Volksmenge wohnte dem Schauspiel bei. Die Verurteilte wurde vom Henker zum Rathaus gefahren – vielleicht konnte sie nach der Folter nicht mehr laufen - und von dort zum Galgen, der sich an der Oelsnitzer Straße befand (heute Straße „An der Galgenleite“). Der Henker enthauptete sie und verbrannte ihren Leib anschließend zu Asche. Diese Strafe war nach dem Verständnis der Zeit „milde“: Eine Verbrennung musste stattfinden, um den bösen Geist, der von der Verurteilten Besitz ergriffen hatte, auszutreiben, man verzichtete aber auf die schmerzhafte Verbrennung bei lebendigem Leibe. Geradeaus durch die Klosterstraße bis zum Ende, links in die Theaterstraße und wieder rechts in die Straße „Klostertor“ bis zum Klostertor 2 (Sitz des Diakonischen Werkes Hof). Klarakloster (Klostertor 2): Das Hofer Klarakloster scheint um 1287 gegründet worden zu sein, etwa zeitgleich mit dem Franziskanerkloster, war aber wohl materiell noch schlechter ausgestattet als dieses. Vielleicht schlief es nach einiger Zeit wieder ein. Im Jahr 1348, in derselben Zeit, in der auch das Franziskanerkloster eine größere Zahl von Schenkungen erhielt, wurde das Klarakloster dank einer Schenkung der Äbtissin Gertrud von Uttenhofen auf eine neue wirtschaftliche Grundlage gestellt und so praktisch „neu gegründet“. Nachdem das Kloster dank der Schenkungen etabliert war, trat im Jahr 1355 eine Tochter des Landesherrn, des Vogtes von Weida, in das Kloster ein. Man darf davon ausgehen, dass die Tätigkeit der Gertrud von Uttenhofen nicht allein aus privater Initiative zustande kam, sondern in Absprache mit dem Landesherrn. Auch nach dem Übergang der Landesherrschaft an den Burggrafen von Nürnberg und späteren Markgrafen zu Brandenburg in Kulmbach bzw. Bayreuth im Jahr 1373 änderte sich an der herausgehobenen Stellung des Klosters nichts: Es nahm als Versorgungsanstalt Töchter und Witwen aus dem Adel des Landes einschließlich der landesherrlichen Familie auf und übte durch seinen umfangreichen Grundbesitz und seine Einkunftsrechte in der Hofer Region politischen und wirtschaftlichen Einfluss aus. U.a. ging die Aufnahme der Textilproduktion in der Hofer Region im 14. Jahrhundert wesentlich auf die Schafzucht der Nonnen in Alsenberg zurück, welche den Rohstoff Wolle lieferte, d.h. die adeligen Damen traten im Auftrag des Landesherrn als Wirtschaftsförderer des schwach besiedelten und wirtschaftlich wenig entwickelten Landstrichs auf. Neben Bauernhöfen, land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken und Abgaben besaß das Kloster kleine Bergwerke, mehrere Mühlen und eine Badstube. Außer in den Handel investierte man in alle wichtigen Bereiche der Wirtschaft und Infrastruktur. - Die Klosterfrauen betätigten sich selbstverständlich nicht nur wirtschaftlich, sondern in erster Linie geistlich, indem sie sich in mehreren Andachten täglich für alle Menschen sowie im Auftrag ihrer Stifter für besondere Personen und Familien dem Gottesdienst hingaben. Daneben verwandten sie viel Zeit auf die Selbstverwaltung des Klosters, das ja eine Klausur mit geringen Außenkontakten zur Bevölkerung war und daher vieles selbst herstellte, und wohl auch auf die Produktion kunsthandwerklicher Devotionalien, von Andachtsbildern oder kunsthandwerklichen Stickereien für den Kirchenschmuck. Dies waren nützliche, fromme und standesgemäße Tätigkeiten ohne wirtschaftlichen Zwang, denn für ihren Lebensunterhalt brauchten die Damen nicht zu arbeiten; dieser war durch ein Vermögen, das sie beim Klostereintritt mitbrachten und das treuhänderisch vom Kloster verwaltet und diesem nach ihrem Tod überschrieben wurde, gesichert. Nach der Reformation blieb das Kloster bis zum Tod der letzten Äbtissin im Jahr 1564 bestehen. Es ging in Staatsbesitz über; seine Besitzungen und Einkünfte wurden fortan vom „Kloster- und Kastenamt“ verwaltet. Kloster- und Kirchengebäude verfielen, Fragmente (ein Gewölbekeller, ein Teil vom Kreuzgang, ein Dachstuhl) haben sich im Gebäudekomplex des Diakonischen Werkes erhalten. Zurück zur Theaterstraße und an deren oberem Ende links auf den Schloßplatz zum Jean-PaulBrunnen. Jean-Paul-Brunnen: Täglich musste von den Frauen am Brunnen Wasser geholt werden. Die Hofer Ziehbrunnen (öffentliche wie private) wurden vom Grundwasser gespeist; nur einer (das „Henkersbrünnlein“) zu Füßen der Lorenzkirche vom Bach. Seit dem 16. Jahrhundert legte man stattdessen die bequemeren Laufbrunnen („Röhrkästen“) an, die ihr Wasser über hölzerne Rohrleitungen aus der Hofer Umgebung erhielten. Diese Brunnen waren zunächst aus Holz, später aus Granit, seit dem 19. Jahrhundert teilweise mit Brunnensäulen in der Mitte verziert (eine solche Säule von Bildhauer Laubmann befindet sich seit 1890 im Theresienstein, auf der Wiese hinter dem Wirtschaftsgebäude). Es gab etliche Brunnen im Stadtgebiet. Der Laufbrunnen des Hofer Schlosses wurde 1925 durch einen (nunmehr als bloßer Zierrat dienenden) Brunnen ersetzt, den Jean-Paul-Brunnen. So wie dieser dürften die alten Laufbrunnen ausgesehen haben. Seit 1890, als eine Wasserleitung vom Quellgebiet des Untreubachs herbeigeführt wurde, wurden die Brunnen von Wasserleitungen in die Wohnhäuser abgelöst. Vom Schloßplatz zurück zur Einmündung der Theaterstraße, links am Wöhrl-Parkhaus vorbei zum Longoliusplatz. Unmittelbar hinter dem Parkhaus befindet sich hinter großen alten Bäumen die „Höhere Schule für Mädchen“ (Aufschrift über der Tür), ein historistisches Gebäude. „Besenstall“: Ob Hofer Mädchen während des Mittelalters die Schule besucht haben, ist unbekannt; wahrscheinlich ist es nicht. Mit der Reformation änderte sich das. Zum einen stiegen insgesamt die Breite und das Niveau des Schulbesuchs, zum anderen sollte jetzt jeder (auch Mädchen) in die Lage versetzt werden, die Lutherbibel zu lesen. In der Stadtkammerrechnung von 1620 wird neben dem Schulmeister der „Deutschen Schule“ (Volksschule für Knaben) eine Lehrerin für die Jungfrauenschule erwähnt, im Jahr 1721 ein „Mägdeleinschulmeister“. Bis zum Stadtbrand 1823 befand sich die Mädchenschule in einem Haus, das südlich an die Sakristei der Michaeliskirche anstieß. Die Schülerinnen wurden jetzt auf die Volksschulen verteilt, wo sie eigene Klassenzimmer bekamen (schön zu sehen bei der Sophienschule; siehe Spaziergang 6). Die Markgrafschaft Brandenburg führte 1747 die Unterrichtspflicht für alle Kinder zwischen 6 und 12 Jahren ein. Dieser konnte man genügen, indem man einen Hauslehrer anstellte, die Kinder in eine private „Winkelschule“ schickte (wo ein privat bezahlter Lehrer mehrere Schüler unterrichtete) oder ihnen selbst Unterricht erteilte; die Mädchenbildung blieb vielfach auf der Strecke. Erst die Weimarer Republik setzte 1919 die allgemeine Schulpflicht durch; seither ist weder der Hauslehrer für Reiche noch der Ausfall jeglicher Schulbildung bei Armen möglich. Erst seither ist für die Schulbildung der Mädchen zuverlässig gesorgt. „Als eine der ältesten weltlichen Mädchenschulen in Bayern darf die Höhere Töchterschule in Hof gelten. Sie wurde 1837 als Privatschule auf Betreiben des Gymnasialrektors Dr. Stephan Lechner gegründet, der auch ihr erster Leiter wurde“, heißt es in der Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Schule. „Wie es dem Zeitgeist entsprach, hatte die Schule nicht in erster Linie höhere Bildung zu vermitteln, sondern Töchtern aus ‚gutem Hause‘ einen standesgemäßen Unterricht zu bieten.“ Der Studiendirektor des Hofer Gymnasiums (heute: Jean-Paul-Gymnasium) gründete die Schule mit Erlaubnis der Stadt im Jahr 1837 als Privatschule. Am 3.1.1838, im selben Jahr wie der erste Hofer Kindergarten, wurde der Schulbetrieb mit 37 Schülerinnen in Mieträumen in der Theaterstraße 6 aufgenommen. Die Lehrer (zunächst allein Männer) waren im Nebenamt tätig. Bald kamen für „weibliche Arbeiten“, aber auch für andere Fächer weibliche Lehrkräfte dazu. Die Schule erteilte Ganztagsunterricht wegen der Nebenamtlichkeit des Lehrpersonals: Vormittags wurden Handarbeiten und die Fächer unterrichtet, deren Lehrkräfte am Vormittag Zeit hatten, während die meisten Fächer nachmittags stattfanden. Die Schule wurde von Mädchen beider großen christlichen Konfessionen wie auch von Jüdinnen besucht. Im Jahr 1869 wurde sie von der Stadt übernommen. Jetzt wurden hauptamtliche Lehrer verpflichtet, der Turnunterricht eingeführt und die Schule zu einer „höheren Schule“ in dem Sinne umgestaltet, dass sie den zweijährigen Besuch der Volksschule voraus- und mit einem achtjährigen Lehrgang fortsetzte. Der Dienstantritt des Rektors Wilhelm Wißmath im Jahr 1896, der Leiter des gesamten Hofer Volksschulwesens wurde, brachte eine Modernisierung der Schule mit sich, die nun Schülerinnen erst nach der vierten Klasse der Volksschule aufnahm. Die bis dahin vorhandenen vier ZweiJahrgangs-Klassen wurden zugunsten von sechs Ein-Jahrgangsklassen aufgelöst, die Stundentafel wurde modernisiert. Im Jahr 1901 wurde der Neubau am Longoliusplatz bezogen, die Schülerzahl, bis dahin stets unter 100, erhöhte sich auf mehr als 200 Mädchen, in den 1920er Jahren auf über 400. Das Sitzenbleiben wurde eingeführt, während zuvor die Mädchen jedes Jahr eine Stufe weitergerückt waren. Als Folge einer staatlichen Schulreform zerfiel die Hofer Schule seit 1924 in zwei Zweige: ein „Mädchenlyzeum“ mit einer mehr wissenschaftlichen und eine „höhere Mädchenschule“ mit einer mehr „den Bedürfnissen des Alltags“ entsprechenden Ausrichtung. Beides waren mittlere Bildungsgänge, das „Lyzeum“ mit der Möglichkeit, eine gymnasiale Bildung anzuschließen. Seit 1932 wurden beide Zweige zum „Mädchenlyzeum“ verschmolzen. Seit 1938 firmierte die Schule als achtklassige „Oberschule“, an der das Abitur erworben werden konnte. Im Jahr 1973 wurde sie nach dem Maler Johann Christian Reinhart benannt, 1975 die Koedukation eingeführt. Das im Volksmund liebevoll „Besenstall“ getaufte Gebäude am Longoliusplatz wurde verlassen zugunsten eines Neubaus, des Schulzentrums am Rosenbühl. Am Kinderspielplatz vorbei, über den Konrad-Adenauer-Platz links in die Poststraße; Standpunkt: ist das Gebäude der Bürgergesellschaft (hinter dem Spielplatz). Mitgliedschaft von Frauen in Vereinen: Die Hofer Bürgergesellschaft wurde 1799 gegründet. Ihr gehörten ausschließlich Männer an, da die Mitgliedschaft von dem Betrieb eines selbstständigen Gewerbes abhängig gemacht wurde. Ehefrauen, Witwen und Töchter von Mitgliedern durften bestimmte Veranstaltungen des Vereins besuchen. Seit 1875 konnten Witwen und ledige Damen die außerordentliche Mitgliedschaft erwerben, welche die Teilnahme an allen Veranstaltungen außer den Hauptversammlungen einschloss; an den Entscheidungen des Vereins durften sie nicht teilnehmen, am Vereinsvermögen hatten sie keinen Anteil. Noch in der Satzung von 1931 sind diese Verhältnisse unverändert. Im 1884 gegründeten Bycicle-Club wurde die Mitgliedschaft von Frauen von Beginn an akzeptiert, aber mit minderen Rechten und Pflichten und in einer gesonderten „Damen-Abteilung“. Beim Nordoberfränkischen Verein für Natur-, Geschichts- und Landeskunde wurde die Mitgliedschaft von Frauen erst seit der Wiederbelebung des Vereins nach 1945 zu einer Selbstverständlichkeit, auch hier sind Frauen bis zur Gegenwart in der Minderheit. Zurück zur Straßenkreuzung an der Post, links durch die Marienstraße bis zur Hausnummer 51 (heute: Teil der Sparkassen-Hauptverwaltung). Zentrale des Konsumvereins Hof, um 1912 Ehemalige Zentrale des Hofer Konsumvereins (Marienstraße 51): Ein Vergleich des Fotos des Konsumvereins-Gebäudes aus der Festschrift von 1913 mit dem heutigen Zustand zeigt, welche radikalen Glättungen und Vereinfachungen die Fassade durch den Umbau für die Sparkasse erfahren hat. Bereits im Jahr 1868 wurde in Hof der Versuch unternommen, durch einen genossenschaftlichen Zusammenschluss zu günstigeren Preisen im Einzelhandel zu kommen. Die erste Hofer Konsumgenossenschaft trugen „der selbständige Handwerkerstand und bessere Fabrik- und sonstige Beamte“, wie dies in dieser Zeit an vielen Orten in Deutschland üblich war. Die Genossenschaft schloss mit Hofer Einzelhändlern Verträge, die ihren Mitgliedern Einkäufe mit meistens 5 % Rabatt erlaubten. Der Rabatt wurde an die Genossenschaft abgeführt, welche davon nach Abzug ihrer Verwaltungskosten ihren Mitgliedern eine Dividende von 4 % ausschüttete. Bald musste die Genossenschaft erkennen, dass nur wenige Geschäftsleute bereit waren, mit ihr zusammenzuarbeiten, und wurde daher veranlasst, im Jahr 1869 einen eigenen Laden einzurichten. Das Experiment scheiterte: Zwischen 1870 und 1874 ging die Konsumgenossenschaft ein. Einen weiteren Anlauf nahmen die Konsumgenossenschaften in Hof im Jahr 1888, nun aber aus der inzwischen erheblich angewachsenen Arbeiterschaft heraus. Schwein hatten die Hofer Arbeiter, als sie 1888 einen „Consum-Verein“ gründeten, und das im wörtlichen Sinne. Als der Hofer Magistrat einem Antrag von über hundert Arbeitern, die Gründung einer „Corporation zum Schlachten von Schweinen“ zu genehmigen, nicht sogleich nachkam, schritten die Interessenten zur Tat: Am 12. und 15. April 1888 mussten zwei Schweine ihr Leben lassen. Nicht allein um Speck und Schmalz ging es den Arbeitern. Das „Sozialistengesetz“ verbot seit 1878 alle politischen Bestrebungen, die verdächtigt wurden, sozialdemokratisch zu sein. Die Arbeiter sahen sich genötigt, sich auf scheinbar unpolitischen Feldern zusammenzuschließen: Bis zur Aufhebung des Sozialistengesetzes im Jahr 1890 kam es zu zahlreichen Gründungen von Konsumgenossenschaften. Der Hofer Konsumverein hatte großen Erfolg. Neben den sozialdemokratischen Parteien und Gewerkschaften, die ab 1890 wieder erlaubt waren, und den Arbeitervereinen, die auf allen Gebieten der Kultur und des Sports entstanden , trug er dazu bei, den Arbeiter „von der Wiege bis zur Bahre“ in Organisationen der Arbeiterbewegung zu integrieren. Mehrere Zusammenschlüsse mit Nachbargenossenschaften, Dutzende Verkaufsstellen in Hof und Umgebung und eigene Fabriken ließen die Hofer Konsumgenossenschaft zu einer der größten Einzelhandelsorganisationen der Region werden. Im Jahr 1906 kaufte der Verein ein Grundstück in der Marienstraße, wo er eine Großbäckerei, ein Mietshaus, einen Laden und seine Verwaltung errichtete. Zunehmend schwierig wurde es für die Konsumgenossenschaft, nachdem sie sich von der Unterdrückung während der Zeit des Nationalsozialismus erholt hatte, in den 1960er Jahren. Die geschlossene Arbeiterkultur löste sich auf, die Konkurrenz anderer Einzelhandelsketten wurde schärfer. Den neuen Herausforderungen meinte man am besten zu begegnen, indem sich fast alle deutschen Konsumgenossenschaften zwischen 1967 und 1981 zum coop-Konzern zusammenschlossen. Wie sich einige Jahre später herausstellen sollte, war das der Anfang vom Ende. Mit dem Bankrott von coop war die Konsumgenossenschaftsbewegung in Hof am Ende. Die Konsumgenossenschaften waren der zentrale Fokus der Arbeiter-Frauenbewegung. Trotz einzelner bekannter Sozialistinnen (Clara Zetkin, Rosa Luxemburg und weniger anderer) fasste die Frauenbewegung in der Arbeiterschaft genauso schwer Fuß wie im Bürgertum. Patriarchalische Familienverhältnisse herrschten im Kaiserreich hier wie dort, die Theorie des Sozialismus zielte primär auf die Gleichheit der Menschen in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht, vernachlässigte aber die Dimension des Geschlechterverhältnisses, weil man glaubte, der Sozialismus werde automatisch auch hier zur allgemeinen Glückseligkeit führen. Waren Frauen in Partei und Gewerkschaft kaum vertreten, so standen sie in den Konsumgenossenschaften im Mittelpunkt. Allerdings waren die Männer in der Regel die Mitglieder der Genossenschaften, während die Frauen dort ihre Einkäufe erledigten. Fotos in der Jubiläumsbroschüre des Hofer Konsumvereins aus dem Jahr 1913 offenbaren in drastischer Weise die realen Verhältnisse: Dem Vorstand, Aufsichtsrat und Kontorpersonal gehörte keine einzige Frau an, dem Mitgliederausschuss eine (von 19 Personen), während das Verkaufspersonal 9 Männer und 24 Frauen umfasste. Bäckerei, Transport und Lager waren in Männerhand. Während einzelne Konsumgenossenschaften andernorts in den 1920er Jahren Anstrengungen unternahmen, Frauen über ihre Rolle als Konsumentin hinaus stärker zu berücksichtigen, sind derartige Bemühungen für den Hofer Konsumverein kaum nachweisbar: Gelegentlich gab es Kaffeekränzchen für die Kundinnen der „Verteilungsstellen“. Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich die Situation grundlegend: Der Frauenanteil der Konsumgenossenschaften stieg erheblich an, Frauen gelang in wachsendem Umfang der Zutritt zu den Vertreterversammlungen und Aufsichtsräten, wenn auch noch nicht in die Vorstände. Durch die Schillerstraße (hinter Marienstraße 53 links) bis zum E-Center, dort links die Bismarckstraße hoch und durch die Altstadt bis zum Oberen Tor, Hausnummer 2. Ursprung des ersten Hofer Kindergartens (Oberes Tor 2; heute: Schuhgeschäft Pfersdorf): Die Betreuung von Kindern, insbesondere der kleineren Kinder, ist traditionell ein typisches Betätigungsgebiet von Frauen. Als auf diesem Gebiet seit dem Ende des 18. Jahrhunderts öffentliche Einrichtungen entstanden, boten sich Frauen – sozusagen als Verlängerung ihrer mütterlichen Rolle vom Haushalt in die Berufstätigkeit – neue Berufsfelder. In Hof eröffnete im Mai 1838 der erste Kindergarten unter dem Namen „Kleinkinderbewahranstalt“. Die Unterbringung der Anstalt erfolgte in Räumen des Maurermeisters Christoph Schloetzer am Oberen Tor 2. Zwei große Zimmer und eine Kammer nebst Holzlege standen dort im Erdgeschoss zur Verfügung. Der Magistrat entschied sich für Schloetzers Angebot, weil es neben den erforderlichen Zimmern und dem Hofraum für die Kinder über eine Stube für die „Aufseherin“ verfügte. Die Miete in Höhe von 80 Gulden jährlich übernahm der Magistrat, das Brennholz stellte die Hospitalstiftung aus ihren Forsten zur Verfügung. Der Kindergarten zog in der Folgezeit des öfteren um; er ist heute als „Kindergarten in der Neustadt“ am Bleichweg ansässig. Ein Förderverein aus gebildeten „Frauen und Jungfrauen“ wurde nach dem Vorbild anderer Städte mit der Gründung der Anstalt ins Leben gerufen. Aufgaben der Mitglieder waren die Finanzierung der Anstalt durch „freiwillige Beiträge“ und jährlich zu liefernde „weibliche(n) Arbeiten“ (textile Handarbeiten) zum Verkauf zugunsten der Anstalt sowie die Beaufsichtigung des Personals. Das Personal des Kindergartens bestand (für durchschnittlich 80 bis 100 Kinder) in der Regel aus einer Aufseherin (zunächst eine mit beruflicher Erfahrung, später Witwen) sowie einer „Magd“, zeitweise außerdem Mädchen, die im Gegenzug für die Beaufsichtigung der Kinder eine Nähausbildung erhielten. Männer arbeiteten im Kindergarten selten einmal stundenweise (um die Kinder schulvorbereitend zu unterrichten). Der erste Mann wurde in einem Hofer Kindergarten im Jahr 1974 angestellt; Axel Rauh war damals der erste Kindergartenleiter in Bayern. Die Ludwigstraße hinunter bis zur Hausnummer 33. Wohnhaus von Berta Scheiding (Ludwigstraße 33; heute: Einkaufspassage): Seit 1900 gab es in Hof, angeregt aus München, Überlegungen zur Gründung eines Frauenvereins. Im Jahr 1904 kam es auf Initiative von Berta Scheiding, der Frau des Arztes und nationalliberalen Politikers Dr. Gottlieb Scheiding, zur Gründung des bürgerlichen Frauenvereins „Frauenwohl“. Der Verein wurde auf Drängen der Nationalsozialisten 1933 zum „Hausfrauenverein“ umbenannt und 1937 aufgelöst. Die Häuser Neue Gasse 8, Bürgerstraße 18 und Klosterstraße 23, die der Verein erworben hatte, gingen samt Inventar in das Eigentum der Stadt Hof über. Tätigkeitsfelder des Vereins waren: • Vortragsveranstaltungen (in der Regel zweimal jährlich), zu denen prominente Exponentinnen der bürgerlichen Frauenbewegung nach Hof reisten (u.a. Helene Stöcker und Elli Heuß-Knapp); • Feste und Messen, die vor allem der Finanzierung des Vereins dienten; • der zeitweise Betrieb von Kinderhorten und einem Kindergarten sowie gelegentliche Kinderbelustigungen; • in erster Linie aber die Abhaltung von Kursen und der Betrieb einer „Frauenarbeitsschule“, die während des Bestehens der Vereins von rund 14.000 Teilnehmerinnen besucht wurden; dort lernte man traditionelle „weibliche Arbeiten“, die eine Hausfrau können sollte: Kochen, Textilarbeiten, Haushaltsführung; einige Frauen nahmen seit 1918 an Handelskursen teil. Als Schwerpunkt-Zielsetzung des Vereins kann man die Optimierung der Hausfraulichkeit und Mütterlichkeit ansehen, während politische Forderungen wie das Frauenwahlrecht oder die Berufstätigkeit der Frauen in den Hintergrund traten.
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