T V S PORT Severin Freund hofft auf seinen ersten Tournee-Triumph 4 Springen, 3 Meinungen Drei prominente Exspringer über die Vierschanzentournee, Risiken ihres Sports und Wege zum Ruhm FOTOS: IMAGO, SENDER E ine Prognose für die vier Springen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen ist immer heikel. Diesmal aber ganz besonders, weil die ersten beiden Events öfter an den Weltklimagipfel in Paris als an sportlichen Wettkampf denken ließen. Der Saisonauftakt am 22. November in Klingenthal konnte nach viel zu warmen Winden und Dauerregen in der Vorwoche am Ende nur stattfinden, weil zwölf Lkw zusätzlichen Schnee auf die Anlage brachten. Wenige Tage später musste dann der Weltcup im finnischen Kuusamo wegen anhaltender Wetterkapriolen ergebnislos abgebrochen werden. Welche Weitenjäger sich bereits in Bestform befinden, lässt sich also bestenfalls erahnen. Auf die Frage nach den Tournee-Favoriten haben wir deshalb verzichtet, als wir mit den TVExperten Dieter Thoma (ARD), Toni Innauer (ZDF) und Martin Schmitt (Eurosport) gesprochen haben. Stattdessen baten wir um ihre Meinung zu aktuell debattierten Themen in der Skisprungszene, zum Beispiel die Kontrolle der Sprunganzüge vor dem Start, um Schummeleien zu vermeiden. Für Wettbewerbsverzerrungen ist jetzt allein der Wind verantwortlich. Aber das scheinbar immer verlässlicher. F. Steinberg Tournee-Start in Oberstdorf DI 29.12. ARD/Euro 17.05/17.00 16 www.tvspielfilm.de 1. Wettbewerbsverzerrung Der Ski-Weltverband FIS hat ein neues Kontrollsystem zur Vermessung der Anzüge eingeführt. Renndirektor Walter Hofer: „Nur zwei Zentimeter mehr Schrittlänge sorgen dafür, dass ein Springer an diesem Tag unschlagbar ist.“ Was halten Sie von der Maßnahme? DIETER THOMA (46), Tournee-Sieger 1989/90, analysiert die Springen an der Seite von Matthias Opdenhövel im Ersten 1. „Ich finde es sehr gut, den Aktiven und Trainern schon vor dem Sprung die ewige Unsicherheit zu nehmen, ob andere in einem sehr wichtigen Bereich des Anzugs schummeln oder nicht. Walter Hofer hat schon sehr viel für die Entwicklung, Organisation, Sicherheit und Fairness im Skisprungsport geleistet. Auch diese Idee ist eine sinnvolle.“ 2. Hoffnungsträger 2. „Ich denke, es ist keine echte Blockade gewesen, sondern seine Zeit war bis jetzt einfach noch nicht reif. Mit seiner konstant hohen Qualität und dem Wissen, zu den ganz großen Skispringern zu gehören, ist es meiner Meinung nach nur eine Frage der Zeit, bis er auch diesen Titel gewinnen ,lernt“.“ 3. Sicherheit 3. „Die FIS hat den Athleten freigestellt, ob sie Rückenprotektoren nutzen wollen oder nicht. Sie stehen also zur Verfügung. Es ist für die Athleten eher eine aerodynamische Frage. Hilft es, weiter zu springen, oder nicht? Natürlich möchte man auch sicher ins Tal gleiten, aber dafür ist ein Protektor auch nicht unbedingt eine Garantie – je nachdem wie man bei einem Sturz aufschlägt. Falls die FIS den Protektor vorschreibt, wäre sie im Unglücksfall auch haftbar zu machen. Ein Protektor könnte sich beim Fallen lösen, verrutschen und Verletzungen verursachen, anstatt sie zu verhindern. Noch reichen einfach die Erfahrungen nicht aus, um diesen Schritt zu gehen. Trotz stark verbesserter Voraussetzungen ist dieser Sport nach wie vor nicht ganz ungefährlich, und man wird Stürze und Verletzungen nie ganz ausschließen können.“ Severin Freund hat schon so ziemlich alle wichtigen Titel gewonnen – nur ein TourneeSieg will ihm einfach nicht gelingen. Wo sehen Sie die Hauptursache für seine „Blockade“? In der letzten Saison kam es zu mehreren folgenschweren Stürzen. Wie beurteilen Sie die Sicherheitslage – und wäre es nicht an der Zeit, neben den neuen Helmen auch Rückenprotektoren einzusetzen? 4. Phänomen Der Japaner Noriaki Kasai will noch mit 54 Jahren springen – sofern die Olympischen Spiele 2026 in Sapporo stattfinden. Wäre das eine Sensation – oder einfach Wahnsinn? 4. „Beides – irgendwie müssen seine Knochen, Sehnen, Muskeln und sein starker Wille von einem anderen Stern sein.“ TONI INNAUER (47) holte 1980 in Lake Placid Olympiagold für Österreich, er arbeitet seit 2012 als Skisprungexperte fürs ZDF 1. „Diese Maßnahme zum entscheidenden Zeitpunkt vor dem Sprung beseitigt einen Schwachpunkt im System. Ich verspreche mir auch einen Abbau des Misstrauens zwischen den Nationen und gegenüber den Kontrollen.“ 2. „Dieses Phänomen, das übrigens auch Simon Ammann seit Jahren (mit mehr, aber bisher noch nicht mit durchschlagendem Erfolg) zu enträtseln versucht, zählt zu den besonders delikaten im Sport. Die Lösung hängt zusammen mit der passenden sportlichen Formkurve und ein bisschen Glück zum Auftakt in Oberstdorf. Aber eigene Erwartungen, Hoffnungen, negative Erfahrungen (,Liegt mir Oberstdorf wirklich nicht?‘) und Druck im medialen Umfeld einer Heimveranstaltung schaffen ein Milieu, dem mental nicht leicht zu ,entkommen‘ ist.“ 3. „Seit 2010 und der flächendeckenden Einführung der Kippbindung sind zuvor unbekannte Sturzmuster und vor allem eine gestiegene Zahl von Knieverletzungen zu beobachten. Die durch die Bindung erhöhte Leistungsfähigkeit des Flugsystems bedeutet zugleich ein höheres Sicherheitsund Verletzungsrisiko in der Landephase. Rückenprotektoren sind erlaubt, aber nicht verpflichtend vorgesehen. In der Praxis werden in erster Linie die Auswirkungen des Protektors auf Aerodynamik und Flugweite getestet – und weniger jene auf Sicherheit. Sollte sich ein Sportler mit Rückenprotektor auch leistungsmäßig durchsetzen, wird er bald viele Nachahmer finden.“ 4. „Zweifellos wird Noriaki Kasai, wenn ihm danach sein sollte, mit 54 noch Ski springen können. Die absolute Sensation wäre aber, wenn er 2026 noch stark genug wäre, die interne Qualifikation für ein Großereignis zu schaffen.“ T VS L I V E 1. „Zunächst muss man sagen, dass Herr Hofer natürlich recht hat mit seiner Einschätzung. Grundsätzlich ist nicht jeder Springer unschlagbar mit zwei Zentimetern mehr Schrittlänge, aber die Topspringer können das schon so ausnutzen, dass es ein entscheidender Vorteil ist. Deswegen sind strenge Kontrollen wichtig, und ich glaube, dass die Anzugkontrolle am Anlauf in die richtige Richtung geht.“ 2. „Bei Severin würde ich nicht von einer Blockade sprechen. Er hat in den letzten Jahren Herausragendes geleistet und war eben bei der Tournee nie in Topform. Sie ist mit Sicherheit ein Ziel von ihm, aber für den Tournee-Sieg muss einfach alles zusammenpassen. Ich glaube, er geht die Sache genau richtig an: Er arbeitet in Ruhe ganz akribisch weiter, und das wird sich früher oder später auch auszahlen.“ 3. „Trotz aller Sicherheitsbemühungen ist und bleibt Skispringen eine Risikosportart. Ich glaube, derzeit springt im Weltcup nur Andi Kofler mit Rückenprotektoren. Alle anderen haben das Gefühl, damit nicht gleich gut springen zu können. Und bewusst einen Nachteil in Kauf zu nehmen ist für einen Sportler natürlich schwierig, wenn es um Spitzenresultate und letztlich um Details geht. Wenn man die Sportart noch sicherer machen will, dann wird man nicht umhinkommen, den Einsatz von Protektoren zur Pflicht zu machen.“ 4. „Ich denke, man kann auch mit 54 Jahren noch Ski springen – aber wohl kaum auf allerhöchstem Niveau. Selbst bei einem Noriaki Kasai wird es irgendwann schwierig werden. Noch ist er absolute Weltspitze und vielleicht auch noch bis zu den nächsten Olympischen Spielen. Aber bis 2026? Das halte ich nicht für realistisch.“ Jetzt einschalten: TV SPIELFILM live NEU Bei TV SPIELFILM Online und Mobil können Sie sich nicht nur über das TV-Programm informieren, Sie können es jetzt auch live sehen. Auf dem Smartphone, Tablet oder Computer. Rund um die Uhr Unser neues, kostenloses * Angebot TV SPIELFILM live finden Sie entweder online unter live.tvspielfilm.de oder in der TV SPIELFILM-App für Android- und Apple-Geräte in Ihrem App Store. 1 Mit TV SPIELFILM live schalten Sie über unsere redaktionellen Tipps und Texte direkt ins Fernsehprogramm. Sie können sich also gleichzeitig mit unseren Infos und Kritiken über laufende Sendungen und Filme informieren und diese sofort einschalten. 2 Silvester-Party mit Pop-Garantie! TV SPIELFILM live ist immer an Ihrer Seite. Als Zweit- oder Drittfernseher in der Wohnung und im Garten. 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