Keine Kohle, kein Betrieb?

Betriebsführung
TITEL
N Betriebsübernahme ohne Startkapital
Keine Kohle,
kein Betrieb?
Ohne Startkapital haben Nachwuchsführungskräfte kaum Chancen, einen größeren
Agrarbetrieb zu übernehmen. Abhilfe verspricht Agradyn. Die Beteiligungsgesellschaft
sammelt Geld bei Anlegern ein und kauft damit Betriebe im Verbund mit jungen Landwirten.
D
er Generationswechsel gestaltet sich
in größeren Marktfrucht- oder Milchviehbetrieben häufig schwierig. Nicht
selten erfolgt der Betriebsverkauf ohne
Rücksicht auf die Verhältnisse vor Ort an den
Meistbietenden. Geeignete Nachwuchsführungskräfte — selbst wenn diese sich zusammenschließen, um den Kauf zu wuppen
— haben aufgrund von fehlendem Eigenkapital bei einem öffentlichen Bieterverfahren
kaum Chancen.
Zwar fehlt es weder an qualifizierten Beratungsangeboten noch an zinsgünstigem
Fremdkapital — zumindest dann, wenn ausreichend Sicherheiten da sind. Ohne eigenes
Startkapital und Nachweis der eigenen Managementfähigkeiten rückt eine ausreichende
Bankfinanzierung zum Betriebskauf für Nachwuchskräfte aber in weite Ferne.
Hier setzt die Agradyn AG & Co. KG an. Die
2015 gegründete Beteiligungsgesellschaft vermittelt Nachwuchsführungskräften das Einstiegskapital für „Betriebskäufe im Verbund“.
Der Kniff: Der Nachwuchs braucht sich bei
der Betriebsübernahme nicht zu verschulden,
denn das Geld kommt von den bei Agradyn
investierten Kapitalanlegern. Der Betriebsnachfolger in spe muss in das gemeinsame
Geschäft lediglich seine Führungsfähigkeiten einbringen. Die Gewinne, die innerhalb
der ersten 7 Jahre erwirtschaftet werden,
können von der Nachwuchsführungskraft
als Eigenkapitalanlage zur Finanzierung des
Kaufpreises genutzt werden.
DATEN & FAKTEN:
Asset Manager:
Agradyn AG & Co. KG, Berlin
Beteiligungstyp:
Spezial Alternative Investment Funds
(AIF)-Semiprofessional geschlossene
Investment KG
Beteiligungsstrategie:
Erwerb und strukturelle Optimierung
größerer Landwirtschaftsbetriebe in
den neuen Bundesländern. Über die
Beteiligungsgesellschaft werden Teilbetriebsbereiche neu organisiert. Die
unternehmerisch anspruchsvollen
Teilbetriebe werden auf Nachwuchsführungskräfte/Landwirte vor Ort
übertragen.
Laufende Ertragsverwendung:
Zwischenausschüttung bei Verkauf
von Marktfruchtbaubetrieb 2; sodann
mit Abwicklung.
Beteiligungsdauer:
Grundsätzlich 7 Jahre
Mindestanlage:
250.000 € als Kommanditeinlage in
die Agradyn Fondsgesellschaft
Der Betriebskauf im Verbund ermöglicht es
Nachwuchsführungskräften Agradyn zufolge, das nötige Kapital zum Betriebskauf
selbst zu erwirtschaften und in den ersten
Jahren wichtige Erfahrungen als Betriebsleiter zu sammeln.
Der Betriebskauf umfasst:
NNden gesamten Milchviehbereich mit
Gebäuden, Maschinenausstattung
sowie lebendem und totem Inventar;
NNdie dazugehörigen Futterbauflächen;
NNdie Pachtflächen mit dazugehörigen
Stützpunkten sowie den Maschinenpark des Marktfruchtbereiches;
NNdas Recht zur Mitbewirtschaftung der
im Eigentum des Agradyn-Verbundes
verbleibenden Marktfruchtflächen.
Die Finanzierung von Firmen mit außerbörslichem Eigenkapital (englisch: Private
Equity) ist übrigens nichts Neues. In der mittelständischen Wirtschaft gibt es zahlreiche
prominente Beispiele für Private Equity-Finanzierungen, zum Beispiel bei der Dahlewitzer Landbäckerei oder Homann Feinkost,
aber auch überregional bekannte Unternehmen wie die Drogeriekette Rossmann, der
Optiker Fielmann oder der Brillenhersteller Rodenstock.
Der Ablauf des „Betriebskaufs im Verbund“
lässt sich am besten anhand eines Praxisbeispiels verdeutlichen: Ein Milchviehbetrieb
mit 2.700 ha Betriebsfläche und 900 Milchkühen inklusive Nachzucht soll im GeneraFebruar 2016 agrarmanager 23
N
TITEL Betriebsführung
N Betriebsübernahme ohne Startkapital
1. Ablauf einer Betriebsübernahme
1. Schritt
Verbundbildung
2. Betriebsaufspaltung
Aktuelle Struktur
Zielstruktur
Gesamtunternehmen
Eigentum Florian Müller
Veredelungsbetrieb
Veredelungsbetrieb
(unverändert)
P
N
2. Schritt
Eingeschränktes Bieterverfahren
für Gesamtbetriebskauf
Marktfrucht­baubetrieb
P
3. Schritt
Marktfruchtbaubetrieb 1
(Pachtflächen)
Eigentum Agradyn
Marktfruchtbaubetrieb 2
(Eigentumsflächen)
Betriebsaufspaltung
mit Kapitalansparung
P
4. Schritt
3. Berechnung des Kaufpreises
Übereignung an
Führungskräfte
Der von Florian Müller für den Veredelungs- und
Marktfruchtbaubetrieb 1 zu zahlende Preis beträgt:
70 ha Futterbauflächen × 33.000 €/ha =
N So läuft die Betriebs-
190 ha Grünland × 6.300 €/ha =
übernahme mit Agradyn ab
Agradyn gründet im Verbund mit der Nachwuchsführungskraft eine Betriebsentwicklungsgesellschaft, verhandelt den Kaufpreis
und spaltet den Betrieb auf. Das geschieht
Agradyn zufolge im Rahmen einer fairen Vertragspartnerschaft. Über die Jahre baut die
Nachwuchsführungskraft ihre Kapitaldienstfähigkeit aus: Die innerhalb von sieben Jahren erwirtschafteten Betriebsgewinne können als Eigenkapitaleinlage zur Finanzierung
des Kaufpreises für den Veredelungsbetrieb,
die Futterbauflächen, die Gebäude sowie den
Maschinenpark und das Feldinventar eingesetzt werden. Die Flächen, die im Besitz von
Agradyn verbleiben, können mitbewirtschaftet werden.
40 ha Bebaute Grundstücke und Gebäude =
Lebendes Inventar, Maschinenpark, Feldinventar =
Gesamtpreis =
Zeit für Kaufpreisansparung =
Kaufpreisansparung (nach Zinsen und Steuern) =
Eigenkapitaleinlage zur Finanzierung
des Kaufpreises =
24 agrarmanager Februar 2016 1,197 Mio. €
1 Mio. €
1,993 Mio. €
6,5 Mio. €
5. Übereignung an Führungskräfte
Eigentum von Florian Müller:
— Veredelungsbetrieb
— 70 ha Ackerflächen
— 190 ha Grünland
— 40 ha Gebäudegrundstücke
— Maschinenpark, Feldinventar
4. Kapitalbildung
Gewinnanteil aus dem Gesamtbetrieb =
2,31 Mio. €
250.000 €/Jahr
7 Jahre
1,5 Mio. €
23 %
Er bewirtschaftet 80 % der landwirtschaftlichen
Nutzfläche von 2.700 ha:
— 1.900 ha Pachtflächen (Marktfruchtbaubetrieb 1)
— 300 ha Eigentumsflächen
Eigentum von Agradyn:
— 500 ha Eigentumsflächen (Marktfruchtbaubetrieb 2)
IHRE MEINUNG ?
tionswechsel übergeben werden. Dafür interessiert sich die Nachwuchsführungskraft
Florian Müller, der in seinem Arbeitgeberbetrieb bisher die Tierproduktion geleitet hat. Er hat nicht genügend Eigenkapital, um den Betriebskauf aus eigener Kraft
zu stemmen. In diese Bresche springt Agradyn. Die „Betriebsübernahme im Verbund“
gelingt in 5 Schritten — die Details dazu sind
in den Abbildungen auf der linken Seite zusammengefasst.
Schritt 1: Florian Müller gründet zusammen
mit Agradyn eine Betriebsentwicklungsgesellschaft. Die für den Betriebskauf notwendige Kapitaleinlage erbringt Agradyn, die das
Geld zuvor von Anlegern eingesammelt hat.
Die Mindestanlagesumme beträgt übrigens
250.000 €.
Schritt 2: Nachwuchskraft und Agradyn verhandeln mit den Altgesellschaftern den Verkaufspreis. Diese geben ihrem ehemaligen
Tierproduktionsleiter beim Bieterverfahren Vorrang vor Fremdbietern. Das soll laut
Agradyn sicherstellen, dass der Preis für alle
Beteiligten fair ist. Zwar wird der Kaufpreis
durch den Vorrang vor Fremdbietern möglicherweise nicht maximiert. Für die Altgesellschafter kann dies trotzdem von Vorteil sein,
weil durch die Einbindung der Nachwuchsführungskraft eine reibungslose Weiterführung des Betriebs gewährleistet ist. Wird eine
Private Equity-Finanzierungen in der
Landwirtschaft sind nicht unumstritten. Für die einen tragen sie zur Stärkung mittelständischer Unternehmen
bei, fördern die Investitionstätigkeit
und helfen bei der Schaffung neuer
Arbeitsplätze. Für andere sind Finanzinvestoren schlicht „Heuschrecken“,
die nach dem Motto „wenig investieren, kräftig kassieren“ agieren.
Uns interessiert Ihre Meinung? Schaffen Unternehmen wie Agradyn eine
„Win-Win-Situation“, von der auch
Nachwuchskraft und Altgesellschafter profitieren ? Schreiben Sie eine
E-Mail an: [email protected]
ortsansässige Führungskraft ans Ruder gelassen, wächst auch das „Standing“ der Alteigentümer im Dorf, wofür man lieber auf den
einen oder anderen Euro verzichtet.
Schritt 3: Zur Kaufpreisminderung wird der
Gesamtbetrieb in drei Einheiten aufgespalten: in den Veredelungsbetrieb (Milchvieh)
einerseits und in zwei Marktfruchtbaugesellschaften andererseits. Den Veredelungsbetrieb sowie den Marktfruchtbaubetrieb 1,
der ausschließlich aus Pachtflächen besteht,
übernimmt Florian Müller. Die Eigentumsflächen (Marktfruchtbaubetrieb 2) verbleiben im Besitz von Agradyn und können von
der Nachwuchsführungskraft mit bewirtschaftet werden.
Schritt 4: Im Anschluss an den Betriebskauf
läuft die Phase der Kapitalbildung. In unserem Beispiel gehen wir davon aus, dass Flo-
rian Müller innerhalb von 7 Jahren einen Gewinn nach Steuern in Höhe von 1,5 Mio. €
erwirtschaftet. Unterstellt ist dabei ein Gewinnanteil von 250.000 € pro Jahr aus dem
Gesamtbetrieb. Ein solcher Gewinnbeitrag
aus der Milchproduktion ist vor dem hintergrund der aktuellen Preiskrise ambitioniert,
langfristig aber durchaus realistisch.
Schritt 5: Nach Ablauf der siebenjährigen
Phase der Kapitalbildung tilgt Florian Müller aus Gewinneinbehaltungen die Kapitalbereitstellung von Agradyn. Die 1,5 Mio €
sind das Startkapital, um den Kaufpreis von
6,5 Mio.€ für den Veredelungsbetrieb, die Futterbauflächen, die Gebäude sowie den Maschinenpark und das Feldinventar zu stemmen. Mit 1,5 Mio € kann die Nachwuchskraft
rund 23 % Eigenkapitalanlage zur Finanzierung des Kaufpreises in Höhe von 6,5 Mio €
leisten. Florian Müller ist damit nicht nur Eigentümer des Milchviehbetriebes, sondern
auch von 300 ha landwirtschaftlicher Flächen und Grundstücken geworden.
Für den fiktiven Florian Müller hat die Zusammenarbeit mit Agradyn den Schritt in die
Selbstständigkeit erst möglich gemacht. Wir
bleiben am Ball und werden berichten, sobald
der erste reale „Betriebskäufe im Verbund“
über die Bühne gegangen ist! Uwe Steffin, Redaktion agrarmanager
PACHT-SEMINAR
Frühjahrs-Workshop zum Pachtrecht, initiiert von agrarmanager, Bauernverband Brandenburg, der Rechtsanwaltskanzlei Gentz und Partner sowie in Ostdeutschland tätigen Buchstellen des lwas. Buchführungsverbandes
Wo? MARITIM Hafenhotel Rheinsberg, 16831 Rheinsberg
Wann? 3. März 2016 9:00 Uhr bis 16:30 Uhr
NNVortrag 1: Agrargenossenschaft, GmbH & Co. KG — Die Zukunft der Mehrfamilienbetriebe aus steuerlicher und rechtlicher Sicht unter Einbeziehung der Neuregelungen zur Erbschaftsteuerreform.
Dr. Willi Cordts, Geschäftsführer Landwirtschaftlicher Buchführungsverband, Kiel sowie Rechtsanwalt Roger Schwarz,
Sozietät Gentz und Partner, Berlin
NNVortrag 2: Pachtflächen — Die vernachlässigte Betriebsgrundlage? Aktuelle Schwerpunkte im Pacht- und Grundstücksverkehrsrecht.
Rechtsanwälte Roger Schwarz und Alvo zu Knyphausen,
Gentz und Partner, sowie Rechtsanwalt Uwe Tiet, stellv.
Hauptgeschäftsführer des Bauernverbandes Brandenburg
NNVortrag 3: Der Kreditvertrag - was bei der Bankfinanzierung
zu beachten ist.
Hartmut Brübach, Geschäftsführer Rautenschleinbank,
Schöningen, Andreas Dippe, Agrarkundenmanager Rautenschleinbank, Schöningen
NNVortrag 4: Quo Vadis Pacht- und Kaufpreise landwirtschaftlicher Grundstücke? — Ursachen und Entwicklung der aktuellen Pachtpreis- und Kaufpreissituation im landwirtschaftlichen Bereich.
Frederik Volckens, Unternehmensberatung BB Göttingen,
Göttingen
Der Kostenbeitrag für die Veranstaltung beträgt 100 €.
Verpflegung, inklusive einem 3-Gang-Menü in der Mittagspause, sowie Arbeitsmaterialien sind im Preis inbegriffen.
Anmeldung bis spätestens 10. Februar 2016 per E-Mail an:
[email protected]
Februar 2016 agrarmanager 25