Ehrbarer Staat? Die deutsche Generationenbilanz

Ehrbarer Staat? – Die Generationenbilanz Update 2015
Ehrbarer Staat? Die deutsche Generationenbilanz
Update 2015: Nachhaltigkeitsbilanz der solidarischen Lebensleistungsrente
Bernd Raffelhüschen
Stefan Moog
Stiftung Marktwirtschaft
Forschungszentrum Generationenverträge
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Pressegespräch am 8. Juli 2015 in Berlin
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Ehrbarer Staat? – Die Generationenbilanz Update 2015
KERNAUSSAGEN
I.
Stagnation auf hohem Niveau
Nach aktuellem Stand beläuft sich die Nachhaltigkeitslücke aus expliziten und impliziten
Staatsschulden für Deutschland auf 237,6 Prozent des BIP (Basisjahr 2013). Umgerechnet
entspricht dies der Summe von 6,7 Billionen Euro. Im Jahresvergleich hat die
Nachhaltigkeitslücke leicht zugenommen (Basisjahr 2012, revidiert: 236,5 Prozent des BIP).
II.
Chance vertan: Schuldenabbau wäre möglich gewesen
Angesichts der weiterhin extrem positiven Einnahmeentwicklung wäre das Potential für einen
deutlichen Abbau der Nachhaltigkeitslücke gegeben gewesen. Die hohen Steuer- und
Beitragseinnahmen verleiteten die Politik stattdessen zu zusätzlichen Ausgaben
(Investitionspaket, Pflegestärkungsgesetz I).
III.
„Lebensleistungsrente“: Neue Lasten für die Rentenversicherung
Die langfristigen Kosten der gemäß Koalitionsvertrag geplanten „solidarischen
Lebensleistungsrente“ belaufen sich auf 70 Mrd. Euro. Die Gewinner der „solidarischen
Lebensleistungsrente“ sind die Jahrgänge 1950 bis 1980. Dank großzügiger
Übergangsregelungen profitieren die Jahrgänge 1950 bis 1960 (wie bereits beim Rentenpaket)
erneut am stärksten. Die Jüngeren (Jahrgänge 1981 und jünger) und die Älteren (Jahrgänge
1949 und älter) werden dagegen belastet.
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Die Entwicklung der deutschen Staatsfinanzen
Einnahmen, Ausgaben und Defizite/Überschüsse
in Mrd. Euro, öffentlicher Gesamthaushalt (Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen).
1.500
1.400
1.300
1.200
1.100
1.000
900
800
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Jahr
Defizit
Überschuss
Einnahmen
Ausgaben
Quelle: Europäische Kommission. Für 2015 und 2016 Prognose (Stand: Mai 2015).
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Ehrbarer Staat? – Die Generationenbilanz Update 2015
Stagnation auf hohem Niveau
Nachhaltigkeitslücke (= Summe aus impliziter und expliziter Staatsschuld)
in Prozent des BIP, g = 1,5%, r = 3,0%.
79,3
Explizite
Staatsschuld
Explizite
Staatsschuld
236,5
157,2
237,6
Notwendige
Abgabenerhöhung
11,7%
oder
Notwendige
Ausgabensenkung
9,8%
77,1
160,5
Implizite
Staatsschuld
6.500 Mrd. Euro
6.680 Mrd. Euro
Basisjahr 2012
Basisjahr 2013
Quelle: Eigene Berechnungen.
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Chance vertan: Schuldenabbau wäre möglich gewesen –
Die Veränderung der Nachhaltigkeitslücke im Jahresvergleich
Nachhaltigkeitslücke
in Prozent des BIP, g = 1,5%, r = 3,0%.
240,6
Datenaktualisierung
Politikmaßnahmen
236,5
236,4
237,6
… + Erhöhung
des
Grundfreibetrags
sowie des
Kinderfreibetrags,
-geldes und
-zuschlags
… + sonstige
fiskalische
Impulse
(= Status quo,
Basisjahr 2013)
230,2
223,4
Status quo,
Basisjahr 2012
… + VGR-Revision
und 13.
koordinierte
Bevölkerungsvorausberechnung
(= Status quo,
Basisjahr 2012,
revidiert)
… + aktuelle
Datenlage
225,9
… + Pflegestärkungsgesetz I
… + GRVBeitragssatzsenkung
Die sonstigen fiskalischen Impulse umfassen die Auswirkungen weiterer Gesetzesänderungen, wie beispielsweise das GKVVersorgungsstärkungsgesetz, Änderungen bei der LKW-Maut und das Investitionspaket des Bundes mit einem Volumen von 10 Mrd. Euro.
Quelle: Eigene Berechnungen.
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Implizite Schulden der Sozialversicherungen im Jahresvergleich
Implizite Staatsschuld
in Prozent des BIP, g = 1,5%, r = 3,0%.
211,9 218,7
157,2 160,5
102,8 101,8
68,6 75,4
35,3 38,7
5,2
2,8
-54,7 -58,2
Gesetzliche
Rentenversicherung
(GRV)
Gesetzliche
Krankenversicherung
(GKV)
Soziale
Pflegeversicherung
(SPV)
Sonstige
SozialSozialversicherungen
versicherungen
Basisjahr 2012
(revidiert)
GebietsÖffentlicher
körperschaften Gesamthaushalt
(Bund, Länder,
(= GebietsGemeinden)
körperschaften
+ Sozialversicherungen)
Basisjahr 2013
Die sonstigen Sozialversicherungen umfassen die Bundesagentur für Arbeit, die landwirtschaftlichen Alterskassen und die gesetzliche Unfallversicherung.
Quelle: Eigene Berechnungen.
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Nachhaltigkeitsbilanz der
„solidarischen Lebensleistungsrente“
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Rückblick: Zuschussrente (2012)
•
•
Anspruchsvoraussetzungen
(1)
Summe an Entgeltpunkten (EP) kleiner als 31 (Stand März 2012) bzw. 30,3 (Stand August 2012)
(2)
(3)
(4)
(5)
45 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten
35 Jahre mit Pflichtbeitrags- und Berücksichtigungszeiten (Keine Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit)
35 Jahre mit einer eigenständigen zusätzlichen Altersvorsorge
durchschnittlich weniger als 0,0833 EP je Kalendermonat (≈ 1 EP je Kalenderjahr) mit vollwertigen
Pflichtbeitragszeiten.
Erhöhung der durchschnittlichen EP
für vollwertige Pflichtbeitragszeiten nach dem Jahr 1991
(a)
(b)
•
Stand März 2012:
auf den 2-fachen Durchschnittswert, höchstens jedoch 0,0833 EP
Stand August 2012:
auf den 2,5-fachen Durchschnittswert, höchstens jedoch 0,0833 EP für Versicherte
mit mindestens 12 Monaten an Zeiten der Kindererziehung oder Pflege
auf den 1,5-fachen Durchschnittswert, höchstens jedoch 0,0833 EP für sonstige Versicherte
Bedürftigkeitsprüfung
Einkommen darf zusammen mit der Rente aus Zuschussentgeltpunkten einen Betrag in Höhe des 30,3-fachen
(bzw. 31-fachen) bzw. bei Lebensgemeinschaften in Höhe des 60,6-fachen (bzw. 62-fachen) des aktuellen
Rentenwerts nicht übersteigen.
Quellen: RV-Lebensleistungsanerkennungsgesetz (Referentenentwurf, März 2012), Alterssicherungsstärkungsgesetz (Referentenentwurf,
August 2012).
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Ausblick: „Solidarische Lebensleistungsrente“
•
Einführung gemäß Koalitionsvertrag bis 2017 geplant
•
Anspruchsvoraussetzungen
(1) Summe an Entgeltpunkten (EP) kleiner als 30
(2) 40 Jahre mit Beitragszeiten (Anrechnung von bis zu 5 Jahren der Arbeitslosigkeit)
(3) zusätzliche Altersvorsorge
•
Aufwertung der erworbenen EP
•
Einkommensprüfung
Einkommen darf zusammen mit der Rente aus Zuschussentgeltpunkten einen Betrag
in Höhe des 30-fachen des aktuellen Rentenwerts nicht übersteigen.
•
Zweite Stufe:
„[…] jene Menschen, die trotz dieser Aufwertung nicht auf eine Rente von 30 Entgeltpunkten
kommen, jedoch bedürftig sind (Bedürftigkeitsprüfung), [sollen] einen weiteren Zuschlag bis zu
einer Gesamtsumme von 30 Entgeltpunkten erhalten.“
Quelle: Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD.
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Betrachtetes Reformszenario
Anspruchsvoraussetzungen
Summe an Entgeltpunkten (max.)
30 Entgeltpunkte (EP)
32,4 EP (Ost, Jahr 2015)
Übergangsregelung bis zur Ost-West-Angleichung der aktuellen
(Umrechnung von Entgeltpunkten (Ost) mit
Rentenwerte
dem Verhältnis von aktuellem Rentenwert (Ost)
zu aktuellem Rentenwert (West))
Rentenrechtliche Zeiten (mind.)
45 Jahre (bis 2022: 40 Jahre)
40 Jahre (bis 2022: 35 Jahre)
Beitrags- und Berücksichtigungszeiten (mind.)
(bis zu 5 Jahre mit Zeiten der Arbeitslosigkeit)
durchschnittliche Entgeltpunkte je Monat mit vollwertigen
Beitragszeiten (max.)
zusätzliche Altersvorsorge
0,0833 EP
unberücksichtigt
Aufwertung der durchschnittlichen Entgeltpunkte
Versicherte mit mind. 12 Monaten an Zeiten der Kindererziehung
und Pflege
2,5-fache
sonstige Versicherte
1,5-fache
Einkommensprüfung
Summe an Entgeltpunkten + Zuschussentgeltpunkten (max.)
30 bzw. 32,4 EP (Ost, Jahr 2015)
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Intergenerative Verteilungseffekte der „solidarischen Lebensleistungsrente“
– große Gewinner sind (erneut*) die Babyboomer
Finanzieller Vorteil
in Euro, Barwert über den verbleibenden Lebenszyklus, g = 1,5%, r = 3,0%.
1.500
1.250
* wie bereits beim
Rentenpaket der
Großen Koalition
1.000
750
500
250
0
-250
-500
Jahrgang
Quelle: Eigene Berechnungen.
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Wer erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen?
Anteil des Altersrentenzugangs im Jahr 2010
in Prozent
Anteil des Altersrentenzugangs
70
63,7
60
54,2
47,1
50
40,0
40
30
20
10
4,8
0
Summe an Entgeltpunkten (< 30 EP)
rentenrechtliche Zeiten (>= 45 Jahre)
Beitrags- und Berücksichtigungszeiten (>= 40 Jahre)
durchschnittliche Entgeltpunkte (< 1 EP je Beitragsjahr)
alle vier Kriterien
Quelle: DRV-SUFVVL2010, eigene Berechnungen.
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Übergangsregelung führt zu einer Verdreifachung
des Kreises der Anspruchsberechtigten
Anteil des Altersrentenzugangs im Jahr 2010
in Prozent
Anteil des Altersrentenzugangs
80
65,9
70
68,4
63,7
60
47,1
50
40
30
20
14,7
10
0
Summe an Entgeltpunkten (< 30 EP)
rentenrechtliche Zeiten (>= 40 Jahre)
Beitrags- und Berücksichtigungszeiten (>= 35 Jahre)
durchschnittliche Entgeltpunkte (< 1 EP je Beitragsjahr)
alle vier Kriterien
Quelle: DRV-SUFVVL2010, eigene Berechnungen.
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Der Anteil der Anspruchsberechtigten ist bei den Frauen
mehr als dreimal so hoch wie bei den Männern
Anteil des Altersrentenzugangs im Jahr 2010
in Prozent
Anteil des Altersrentenzugangs
90
79,9
80
66,5
70
64,0
56,0
60
50
44,9
42,4
40
30
27,8
24,9
20
10
6,9
2,1
0
Männer
Frauen
Summe an Entgeltpunkten (< 30 EP)
rentenrechtliche Zeiten (>= 45 Jahre)
Beitrags- und Berücksichtigungszeiten (>= 40 Jahre)
durchschnittliche Entgeltpunkte (< 1 EP je Beitragsjahr)
alle vier Kriterien
Quelle: DRV-SUFVVL2010, eigene Berechnungen.
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Was gewinnen die Anspruchsberechtigten hinzu?
Frauen profitieren von höherer Aufwertung bei Kindererziehung und Pflege
Summe an Entgeltpunkten und Zuschussentgeltpunkten der Anspruchsberechtigten,
Altersrentenzugang 2010
40
+ 18 %
30,4
25,8
25,7
30,4
30,1
30
Entgeltpunkte
+ 18 %
+ 17 %
25,7
20
10
4,6
4,3
4,7
Insgesamt
Männer
Frauen
0
Summe an Entgeltpunkten
(ohne Zuschussentgeltpunkte)
Quelle: DRV-SUFVVL2010, eigene Berechnungen.
Zuschussentgeltpunkte
Summe an Entgeltpunkten
(mit Zuschussentgeltpunkten)
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Ehrbarer Staat? – Die Generationenbilanz Update 2015
„Solidarische Lebensleistungsrente“: Neue Lasten für die
Rentenversicherung – langfristige Kosten von 70 Mrd. Euro
Nachhaltigkeitslücke
in Prozent des BIP, g = 1,5%, r = 3,0%.
240,0
237,6
Status quo, Basisjahr 2013
Quelle: Eigene Berechnungen.
"solidarische
Lebensleistungsrente"
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