Jedes Objekt hat seinen Käufer – auch der

Das 11-Millionen-Dollar-Anwesen mit
Hubschrauberlandeplatz in Portugal
kann ebenso ein Ladenhüter sein wie die
luxussanierte Altbauwohnung in Dresden
für 4 EUR/m2. Was sich schwer verkaufen
lässt, bestimmt einzig das Verhältnis von
Angebot zu Nachfrage am Ort X zum
Zeitpunkt Y. Mit welchen Mitteln man
Ladenhüter dennoch "an den Mann"
bringen kann und warum mancher
Nachteil der Immobilie tatsächlich ein verkaufsfördernder Vorteil ist, beschreibt
Evelyn Wilcek aus Berlin.
Bereits im Stadium vor der Auftragsvergabe
bzw. -annahme gilt es diese Mittel einzusetzen. Zunächst muss dem Eigentümer einmal
der Zahn gezogen werden, sein Objekt an
möglichst viele Agenturen zu vergeben, da er
glaubt, die Vermarktungschancen ließen sich
proportional zur Einschaltung der Immobilienbüros erhöhen. Genau das Gegenteil trifft zu:
Insbesondere Ladenhüter schreien förmlich
nach dem Alleinauftrag und dem damit einhergehenden höheren Engagement. In schwierigen Fällen wird dem Verkäufer für die gleiche
Courtage ein Vielfaches an akquisitorischer
Leistung abverlangt, denn mit dem bloßen
Schalten von Anzeigen ist hier nur selten ans
Ziel zu kommen. Bei schwer verkäuflichen
Objekten besteht insofern für den Verkäufer –
ohne dass ihm dies ansatzweise bewusst wäre
– eine erhebliche Gefahr, durch Auftragsstreuung lediglich Karteileichen zu verursachen.
Spielräume, die das Objekt bietet
Für die meisten Immobilien Suchenden mag
es von Nachteil sein, wenn ein Objekt fernab
von Stadtzentren "mitten in der Pampa" liegt.
Es gibt aber Käufer, für die gerade dieser vermeintliche Makel kaufentscheidend wird. Die
Kunst besteht also keineswegs darin,
Schwachstellen einer "Problem-Immobilie" zu
beschönigen, sondern dieses Objekt mit einem
"Vorteil" dem richtigen Kaufinteressenten zu
präsentieren. So lässt sich bspw. die
Vermarktung über eine umfassende Beratung
hinsichtlich der Möglichkeiten einer sinnvollen
Umnutzung – im Idealfall noch mit der entsprechenden Kostenkalkulation unterlegt –
erheblich erleichtern. Es gilt, versteckte
Chancen eines Objektes aufzuspüren und es so
aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Bietet
sich das Objekt vielleicht als Reiterhof oder
Ausflugsgaststätte an? Rechnet sich der
Ausbau des Dachgeschosses oder vielleicht die
Aufteilung in mehrere separat nutzbare
Einheiten?
Durch rechtzeitiges Einschalten des richtigen Architekten mit Erfahrung im Umgang mit
Denkmalschutzbehörden und Bauaufsichtsämtern sowie der Einholung von Fördermitteln
kann sich der vermeintliche Ladenhüter sogar
schnell als Kleinod entpuppen. Ein davon verblüffter Eigentümer wird die geldwerte
Beratungsleistung nicht mehr missen wollen.
Folgeaufträge und Weiterempfehlungen sind
vorprogrammiert.
Einfallslos: Verkauf über den Preis
Wenn Automobilhersteller wie Fiat vor dem
nahenden Modellwechsel den Abverkauf ihrer
Auslaufmodelle stabilisieren, d.h. retten wollen, wird schnell noch ein Sondermodell auf
den Markt geworfen. Für den Otto Normalverbraucher unbemerkt, wird damit der Absatz
de facto über Sonderkonditionen, sprich
Preisabschläge, künstlich gepuscht. Auch
wenn der Verkauf allein über den Preis – insbesondere bei den weniger starken Automobilmarken – gängige Vertriebspraxis darstellt, am
Immobilienmarkt ist er mit größter Vorsicht zu
genießen. Droht doch nicht nur hochwertigen
Immobilien dadurch stets die wahrgenommene "Verramschung", was sie grundsätzlich verdächtig macht und am Markt für Monate "verbrannt sein" lässt. Da an der Preisschraube der
Eigentümer grundsätzlich auch ohne professionelle Betreuung ganz alleine drehen kann,
sollte sich der Profi diesem Thema nur sehr
behutsam nähern und es lediglich als allerletztes Mittel einsetzen.
Wer dagegen zeigt, dass er in der Lage ist,
den Preis zu verkaufen und nicht über den
Preis zu verkaufen, dürfte den Alleinauftrag
schon sicher in der Tasche haben. Der
Grundstein dafür kann sehr früh gelegt werden, wenn etwa im Exposé detaillierte ortsübliche Bezugspreise vergleichbarer Lagen und
Objekte aufgeführt werden. Davon abgesehen
sollte man sich stets vergegenwärtigen, dass
sich das Spektrum der Konditionenpolitik keineswegs in reiner Preispolitik erschöpft. Auch
hier ist Kreativität gefordert, beispielsweise
eine Übernahme der Notar- oder Umzugskosten durch den Verkäufer. So werden dem
Auftraggeber spürbare Preiszugeständnisse
erspart. Dies ist vergleichbar mit demjenigen,
der Finanzierungsleistungen in seine Beratung
einschließt, ein attraktives Komplettpaket
schnürt und damit den Kreis potenzieller
Käufer in Richtung einkommensschwächerer
Interessenten vergrößert.
Mit kreativen Immobilienanzeigen den
Käufer ins Visier nehmen
Als die Vermarktungsmethode Nummer 1
dominiert nach wie vor die Insertion in den
Tageszeitungen. Umso mehr verwundert es
den Beobachter, dass sich der Immobilienteil
fast immer als bloße Bleiwüste präsentiert.
Eye-Catcher und typografische Gestaltung
sind äußerst selten anzutreffen. Schon eine
durch Fettdruck hervorgehobene Headline
scheint als besonders kreativ zu gelten.
Obwohl doch jeder weiß, dass Immobilien über
Emotionen erworben werden, ist die
Verwendung von Farben und Bildmaterial
Mangelware. Auch die Chance, durch ständigen Einsatz des Firmenlogos entsprechende
Wiedererkennungseffekte zu nutzen, wird ver-
schenkt. Ziel der Immobilienanzeige sollte
sein, möglichst viele Interessenten zur
Kontaktaufnahme zu motivieren. Da bei
einem Ladenhüter die Trefferquote erheblich
geringer ist, gilt als simple, aber durchaus
effektive Methode, die Zahl der Anzeigen zu
verdoppeln. Allerdings kann ein Zuviel an
Anzeigen selbst einem Ladenhüter schaden.
Daher sollte eine solche Werbekampagne
zeitlich konzentriert und über unterschiedliche Werbeträger gestreut erfolgen.
Das Bauschild – oft unterschätztes
Werbemedium
Prüfen Sie stets, ob das zu vermarktende
Objekt an einer stark frequentierten
Verkehrsader liegt und wie viele Fahrzeuge
und Passanten ein Bauschild täglich wahrnehmen würden. Ganz nebenbei unterstützt
es bei der Einwerbung neuer Aufträge.
Potenzielle Käufer sind oft im Umfeld der
Immobilie zu suchen. Überregionale Akquisitionsmaßnahmen sind daher mit regionalen zu
verzahnen. Zu nennen wären hier insbesondere
Postwurfsendungen, die Verteilung von Handzetteln und die Großflächenplakatierung.
Ladenhüter erfordern Spitzen-Exposés
Gerade bei Ladenhütern kann nur davor
gewarnt werden, bei potenziellen Käufern falsche Erwartungen zu wecken und Fakten des
Objekts zu beschönigen. Ohnehin ist es einer
der klassischen Anfängerfehler, zu glauben,
Anrufer in möglichst großer Anzahl zum
Objekt trommeln zu müssen. Wer es auf
Großwild abgesehen hat, feuert auch nicht
wahllos Schrot in die Luft, sondern visiert
seine Beute mit dem Zielfernrohr an. Als geradezu unverzichtbares Bindeglied zwischen
Insertion und Besichtigung bereitet das
Exposé den Interessenten detailliert auf die
Besichtigung vor und soll ihn vor unliebsamen
Überraschungen schützen. Bei Exposés für
schwer verkäufliche Immobilien ist daher
noch größerer Wert auf Informationsgehalt
und Vollständigkeit der Angaben zu legen.
Nebenbei kann mancher vermeintliche
Nachteil sich für den Käufer als Vorteil entpuppen, wie bspw. die Autobahnnähe für den
viel reisenden Vertriebsprofi.
Eine Ad-hoc-Besichtigung nach dem
Motto: "Dieses Objekt muss man einfach
gesehen haben – das kann man mit Worten
nicht beschreiben!" scheidet hier vollkommen
aus. Der Profi sollte dringend vermeiden, die
Verschickung von Exposés zu überspringen
und Interessenten direkt über das Telefon zum
Objekt zu locken. Denn ein professionelles
Exposé erspart schon bei normal verkäuflichen Objekten beiden Seiten eine überflüssige Besichtigung. Im Falle von Ladenhütern
schützt es zudem vor Imageschäden aus
vermeidbaren und enttäuschenden Ortsterminen. Bei sanierungsbedürftigen oder umund ausbaufähigen Gebäuden darf der
Informationsgehalt des Exposés auch durch
(Architekten-) Gutachten und qualifizierte
Kostenvoranschläge angereichert werden.
Abzuraten ist davon, die Anfertigung des
Exposés in die Hände von Praktikanten und
Sekretärinnen zu legen – dies gilt umso mehr,
je größer das Objektvolumen oder der
Schwierigkeitsgrad bei der Vermarktung ist.
Einsatz digitaler Medien
Internet und CD-ROM bieten eine weitere
Form der Vermarktungsunterstützung. Dabei
wendet sich das Internet an eine breite
Nutzerschicht und die CD-ROM an eine
exklusive Klientel. Der Nutzen für eine prägnante, anschauliche und umfassende digitale
Präsentation liegt in der höheren Zufriedenheit der Endkunden. Ihnen wird das Auffinden
von Information auf einfache und bequeme
Art erleichtert und es werden die gesteigerten
Ansprüche der Sehgewohnheit bedient.
Durch eine detaillierte, vorteilhafte und
erlebbare Darstellung werden die Akquisition
und die Vermarktung von Projekten unterstützt. Eine Vorauswahl kann bereits vor der
Vorort-Besichtigung getroffen werden. Der
Zeit- und Arbeitsaufwand minimiert sich
sowohl auf der Seite der Vermittler als auch
auf der Seite der Interessierten, Entscheidungsprozesse werden gefördert und verkürzt. Alle relevanten Daten können per
Mausklick direkt in einem Kurzexposé ausgedruckt, innovative Nutzungskonzepte bereits
vor der baulichen Umsetzung virtuell begangen werden.
Die
Internetpräsentationen
können
unmittelbar, ohne dass ein Versand von
Unterlagen vorab erforderlich ist, an jedem
Computer weltweit angeschaut werden – die
Besichtigungszeit ist rund um die Uhr. So lässt
sich eine hohe Reichweite bei relativ niedrigen Kosten erzielen. Die Besonderheit gegenüber dem Printmedium liegt in der räumlichen
Darstellung, die jedem Druckexposé überlegen
ist. Denn Räume lassen sich aus den unterschiedlichsten selbstgewählten Perspektiven
betrachten und sich dreidimensional und virtuell begehbar darstellen. Damit wird
Raumgefühl simuliert und die Entscheidungssicherheit durch die emotionale Ansprache
unterstützt.
Weitere Vermarktungsmöglichkeiten sind
Wochenendbesichtigungen, PR-Maßnahmen,
Sonderaktionen wie Sommerfeste etc. Nicht
selten finden sich bestimmte Jubiläen von
historischem Wert oder Besonderheiten in der
Objektvergangenheit als Anlass für die
Öffentlichkeitsarbeit. In jedem Falle ist es
wichtig, anders zu sein als andere und vor
allem in der richtigen Zielgruppe
Aufmerksamkeit für sein Objekt zu erregen.
(tp)
Die Autorin: Dipl.-Ing. Evelyn Wilcek ist
Architektin und Inhaberin von Immopromotion,
Berlin (www.immopromotion.de).