6 Lokal Donnerstag, 10. September 2015 Mit Innovation Krise überwunden Die Buchser Firma IMT Medical AG hat an der Werdenberger Wirtschaftstagung den Innovationspreis gewonnen. Im Gespräch erzählt CEO Harri Friberg, was Innovation für die IMT Medical AG bedeutet und wie die Firma den Kurssturz des Euro aufgefangen hat. Wie? Friberg: Wir haben mit allen unseren 180 Lieferanten Verhandlungen geführt. Mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Einige Lieferanten sind uns sehr entgegengekommen. Andere nicht. Mit diesen geschäften wir jetzt nicht mehr. ALEXANDRA GÄCHTER Gratulation zum Innovationspreis. Wenn Sie Jurymitglied wären, hätten Sie den Preis ebenfalls der IMT Medical AG gegeben? Harri Friberg: Wir sind über 20 Jahre tätig, waren immer erfolgreich und sind immer gewachsen. Der Preis ist also nicht unverdient. Es freut uns aber sehr, dass man uns jetzt auch in der Region wahrnimmt. Konnten Sie alle diese Lieferanten ersetzen? Friberg: Fast. Gewisse Teile, die wir früher zugekauft haben, fertigen wir jetzt selber. Dafür haben wir Fräsmaschinen für einen sechsstelligen Betrag gekauft. Um eine Krise überwinden zu können, muss man eben investieren. So kann man langfristig Kosten sparen. Was, denken Sie, war der Grund, dass Ihre Firma den Preis erhalten hat? Friberg: Der Preis wird ja jeweils an eine innovative Firma vergeben. Und eine Firma wie wir, die 70 Ingenieure beschäftigt, sollte ja innovativ sein. Und wie haben Sie die Prozesse optimiert? Friberg: Nach dem japanischen Ansatz «Kaizen». Das heisst Verschwendung verhindern. Vor allem Zeit soll nicht verschwendet werden. Und sind Sie innovativ? Friberg: Wir streben stets nach Verbesserung und suchen Lösungen für Probleme. So haben wir beispielsweise festgestellt, dass es keine Testgeräte für Beatmungsgeräte gibt. Also haben wir welche entwickelt. Dann haben wir bemerkt, dass die getesteten Beatmungsgeräte kompliziert zu bedienen sind. Deshalb haben wir selber Beatmungsgeräte hergestellt. Bilder: Alexandra Gächter Wo zeigt sich die Innovation in Ihren Produkten? Friberg: Unsere Beatmungsgeräte haben eine ähnliche Benutzeroberfläche wie das iPad. Neben dem modernen Design hat das Gerät eine sehr einfache Bedienung. Vor allem junge Ärzte finden unsere Geräte sehr ansprechend. Sind Ihre Beatmungsgeräte besser als diejenigen der Konkurrenz? Friberg: Die Beatmungsgeräte sind in den vergangenen Jahren viel zu kompliziert geworden. Allein in den USA sterben jährlich Tausende von Menschen, weil bei der Anwendung des Beatmungsgerätes Fehler gemacht wurden. Bei unseren Geräten muss der Arzt nur noch das Geschlecht und die Körpergrösse Harri Friberg, CEO der IMT Medical AG (links), und Christian Büchel, CFO der IMT Medical AG, zeigen ihr Beatmungsgerät mit Testlunge und Messgerät. eingeben. Den Rest berechnet das Beatmungsgerät. Dann sind die USA ja der perfekte Markt für Sie. Friberg: Wir sehen dort ein grosses Potenzial. Aber die USA haben andere Richtlinien. Wir führen seit langer Zeit Verhandlungen mit dem Gesundheitsministerium der USA und hoffen, dass wir die Zulassung für die USA erhalten. Für welche Länder haben Sie bereits Zulassungen? Friberg: Wir verkaufen unsere Beatmungsgeräte vor allem in den Mittleren Osten wie Iran und Pakistan sowie nach Asien, zum Beispiel nach China und Japan. Die Zollbehörde in Japan benützt übrigens unsere Testgeräte, um importierte Beatmungsgeräte testen zu können. Wieso verkaufen Sie die Beatmungsgeräte nicht nach Mitteleuropa? Friberg: Bei der Medizintechnik geht es um Menschenleben. Deshalb ist man in Ländern wie der Schweiz, Deutschland und Österreich sehr konservativ und wählt lieber bekannte Marken. Innovative Newcomer, wie wir es sind, haben es schwerer. Man muss einen riesigen Marketingaufwand betreiben, um hier erfolgreich zu sein. Es ist also schwierig, Ihre Beatmungsgeräte hier abzusetzen? Friberg: Wir Schweizer machen super Produkte. Sie funktionieren zuverlässig und genau. Aber im Sales und Marketing sind wir zurückhaltender. Wir sind zu brav, zu konservativ. Die USA sind zum Beispiel viel mutiger. Sie verkaufen ganz anders, erzählen eine Geschichte über das Produkt und veranstalten eine richtige Show. Die Schweiz kann noch viel von den USA lernen. stolz darauf, dass wir die Verkaufszahlen jedes Jahr erhöhen konnten. Und dennoch sind Sie erfolgreich? Friberg: Ja. Wir haben unser Verkaufsteam verstärkt und verkaufen jetzt über 1000 Beatmungsgeräte pro Jahr. Wir sind sehr Welches Potenzial wurde genutzt? Friberg: Wir haben die Herstellkosten verringern können und zudem unsere Prozesse optimiert. Hat Sie die Währungskrise dabei zurückgeworfen? Friberg: Der Eurosturz war ein Schock für uns und hat uns mehrere Millionen Franken gekostet. Das war eine Peitsche, die uns hart getroffen hat. Der Leidensdruck war gross und wir mussten reagieren. Doch jede Krise birgt Innovationspotenzial. Wie wendet man das in einer Firma wie Ihrer an? Friberg: Indem man beispielsweise kürzere Wege schafft. Unsere Produktionsmitarbeiter sollen nicht in den Keller gehen müssen, um gewisse Materialien zu holen. Das ist alles? Friberg: Nein. Wir haben eine Produktionsstrasse erstellt. Zu Beginn des Produktionstisches wird die erste Schraube gesetzt, am Ende des Tisches wird das Gerät fertiggestellt. Die gefüllten Materialkisten sind überall dort angebracht, wo der Inhalt gerade gebraucht wird. Wie viel Zeit konnten Sie dadurch sparen? Friberg: Wir sparen dadurch ungefähr ein Drittel bis die Hälfte der früheren Produktionszeit ein. Es ist erschreckend, wie viel das ist, wenn man bedenkt, dass wir eigentlich nur ein paar Tische und Kisten umgestellt haben. Ohne IMT AG gäbe es die IMT Medical AG nicht ALEXANDRA GÄCHTER BUCHS. In Zeiten, wo andere Firmen die Arbeitszeiten erhöhen, Löhne kürzen, oder ihre Produktion ins Ausland verlagern, wachsen die IMT AG und die IMT Medical AG. Im Jahr 2014 wurden in beiden Firmen zusammen 88 Mitarbeiter beschäftigt, dieses Jahr 110. Beinahe 70 Personen davon sind Ingenieure, ungefähr 30 sind Produktionsmitarbeiter. Diverse Mitarbeiter haben ihren Arbeitsplatz im Ausland. «Das sind Verkäufer, die auf anderen Kontinenten stationiert sind», sagt Harri Friberg, CEO der IMT Medical AG. Auffallend viele junge Männer sind als Ingenieure beschäftigt. Im Pausenraum hängen Bilder von Firmenausflügen. Lachende Mitarbeiter beim Skifahren, Wandern, Bogenschiessen und bei anderen Aktivitäten sind darauf zu sehen. Daneben liegen Brot, Früchte und Müsli als Znüni bereit. «Wir müssen die Mitarbeiter bei Laune halten», sagt Friberg. logy). Wenig später beteiligte sich der heutige CFO, Christian Büchel, bei der IMT AG. Mit ihrer Philosophie «making ideas work» spezialisierte sich die Firma auf komplexe Software-Lösungen für namhafte Grossfirmen in ganz Europa. Sie entwickelt dabei Softwarelösungen und Geräte von der Idee bis zum fertigen Produkt. Ein paar Jahre später stiess Harri Friberg zu der Firma IMT AG dazu. Durch seinen medizinaltechnischen Hintergrund wurde 1999 die Schwesterfirma IMT Medical AG gegründet. Die IMT AG investierte einige Millionen Franken in die IMT Medical AG. «Für eine Firma, die im Medizinalbereich tätig ist, ist es heute fast nicht mehr möglich ohne Investor zu starten», sagt Friberg. So könne man sagen, dass es ohne die IMT AG die Innovationspreisträgerin IMT Medical AG nicht gäbe. Die Trennung der beiden Firmen habe auch Sicherheitsgründe. In der Medizinaltechnik können Rechtsstreitigkeiten hohe finanzielle Folgen haben. Das Image der Schweiz half Die Firma IMT Medical AG entwickelt, produziert und vertreibt unter dem Produktnamen 1999 Schwesterfirma gegründet Im Jahr 1991 gründete Jakob Däscher die Firma IMT AG (Information Management Techno- Die neu geschaffene Produktionsstrasse der IMT Medical AG sorgt für schnellere Produktionszeiten. «Bellavista» ein laufend wachsendes Sortiment von Beatmungsgeräten für verschiedene Einsatzzwecke. Während die IMT Medical AG bei den Beatmungsgeräten ein Newcomer auf dem Markt ist, darf sie sich bei den Testlungen und bei den Mess- und Kalibriergeräten für Beatmungsgeräte Marktleader nennen. Das Image der Schweiz half ihr dabei, diese Position auf dem Markt zu erlangen. «Die Schweiz ist eben bekannt für ihre Präzision», sagt Harri Friberg. Gerät berechnet Luftmenge Durch die Messgeräte konnte die IMT Medical AG über Jahre hinweg die Kundenbedürfnisse aufnehmen. «Wir haben uns bei allen Geräten sehr stark am Markt und am Mitbewerb orientiert», sagt Harri Friberg. Bei ihren Beatmungsgeräten muss der Arzt nur das Geschlecht und die Körpergrösse eingeben. Das Gerät berechnet dann automatisch, wie viel Luft der Patient benötigt. Da Schläuche für die Patienten sehr unangenehm sein können und Masken das Risiko bergen, dass Luft ausströmt, kann das Gerät Lecks überwachen und kompensieren. Zudem kann das Gerät Säuglinge und auch Erwachsene beatmen. Obwohl es von der Entwicklung eines Beatmungsgerätes bis zum Verkauf ein langer Weg ist, blickt die Firma IMT Medical AG optimistisch in die Zukunft. «Wir entwickeln nicht nur unsere Geräte immer weiter, sondern auch uns und unsere Prozesse», sagt Harri Friberg abschliessend.
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