Mit dem Pinsel beten – eine wunderbare Gebetsart

Mit dem Pinsel beten – eine wunderbare Gebetsart
Von Kathi Kaldewey Eine Hiobsbotschaft nach der anderen erreichte mich. Mehrere geliebte Menschen in unserem na‐
hen Bezugssystem litten an kaum therapiebaren Krebserkrankungen. Es hatte schmerzhafte, kom‐
plizierte Behandlungen ohne Erfolg gegeben und Gebete, die wie im Nichts verpufft waren. Die Nachrichten aus aller Welt waren auch nicht zimperlich. Entführte Mädchen aus christlichen Fami‐
lien in Afrika, die als Sexsklavinnen verkauft werden, gezielte Ermordung christlicher Studenten ‐ nur ein Bruchteil realen Schreckens unserer Zeit. Wie soll man dann noch beten? Mir blieben die Worte im Halse stecken. So versuchte ich meinem Schmerz in Farben und Formen Ausdruck zu verleihen. Ich fing an zu malen, egal wie unprofessionell es wirken mochte. Auf der einen schma‐
len Leinwand, die ich noch zur Verfügung hatte. Deshalb bekam die Bedrohung von unten, das Elend in Form von aufgewühl‐
tem Wasser nur wenig Raum. Vielleicht auch ganz gut so! Mit dem Pinsel beten ist ein Prozess. Ich weiß nicht im Vo‐
raus, was werden wird. Aber es tat schon gut, diesen ver‐
schlingenden Schlund irgend‐
wie darzustellen. Dann tauch‐
ten relativ bald die rettenden Hände auf. Sie kamen aus eben diesem Abgrund und waren gefüllt mit Blüten. Jede davon verkör‐
perte jemanden, der von Leid betroffen worden war. Diese kostbaren Blumen wurden einfach em‐
por gehoben und in das heilende Licht gehalten. Manch eine Blume wird auf eine neue Wiese ver‐
weht (siehe zweites Bild). Damit kann ich schluss‐
endlich auch leben – denn wir sind hier unterwegs zum Anfang. Mein Bild bekam einen Platz, an welchem es mich immer wieder erinnert, wie ich beten kann, wenn die Verzweiflung nach mir grapscht. Ein ruhen‐
der Blick darauf ‐ und der Sturm in mir legte sich. (Das ist bis heute so) Ca. 3 Tage später lese ich die Tageslosung aus Jesaja 51 und den umgebenden Text. Ich stocke… kann das wahr sein… lese ich richtig! „Ich bin der Herr dein Gott, der das Meer aufwühlt und seine Wellen tosen lässt… Du hast den Kelch des Zorns aus der Hand des Herrn bekommen und getrun‐
ken… Ich habe dich sicher in meiner Hand geborgen. (Verse 15 – 17 Neues Leben). „Mein Heil ist nahe!“ „Meine Rettung schon unterwegs“ „Seht zum Himmel empor…“ „Fürchtet euch nicht…“ (Vers 5 bis 8), nur um einige Verse zu zitieren. Ich habe Worte – Worte von Gott für mein Gemal‐
tes bekommen. Tut das gut. Wie wenn Gott selbst zu mir sagte: Du liegst richtig! In der Zwischenzeit male ich meinen Garten, den Garten meines Lebens. Kein ordentliches Bild, be‐
wusst unproportioniert, immer noch im Werden. Unterschiedlichste Blumen, verschiedenes Ge‐
wächs, sogar ein Baumstrunk gehört dazu, aus dem fast unmerklich neues Leben sprießt. Sie alle stehen für Menschen, die mir irgendwie nahe sind, die in meiner Nähe wachsen. Die einen kenne ich besser, andere nur am Rande. Sie alle aber sind irgendwie Teil meines Lebensgartens. Ich selber finde mich in der Puste‐
blume(rechts im Bild über dem Baumstrunk): Meine Zeit ist be‐
grenzt. Ich gehöre nicht mehr zu den Jüngsten. Aber ich kann mei‐
nen Samen noch verstreuen. Ein‐
zelne Sämchen fliegen in dun‐
kelste aufgewühlte Lebenssituati‐
onen. Manchmal frage ich Gott, welche Blume passt zu… Gelegentlich kommt ein starker Eindruck, Er/Sie sind diese oder jene Blume. Ein Beispiel. Raphael Müller, der 14‐jährige Erfolgsautor (schwerst‐
behindert, stumm, Autist, Epileptiker und zugleich ein Genie, Wortakrobat und Geliebter Gottes) von „Ich fliege mit zerrissenen Flügeln“ ist mein Brieffreund geworden. Im Herbst 2015 erscheint unser gemeinsames Buch „Hilfe es wird Weihnachten“. Während ich versuche, mit „Regieanwei‐
sungen“ und diversen Informationen Anregungen zur Gestaltung der Advents‐ und Weihnachtszeit zu geben, würzt er meine Theorie mit Gedichten und Geschichten. Seine Werke haben einen ganz eigenen Stil. Als Kind unserer Zeit findet er Worte und Bilder, die alte Wahrheiten wie unberührt neu formulieren. Beim Korrekturlesen kamen mir erneut die Tränen – was für eine Schönheit! Also, ich habe Gott gefragt, welche Blume passt zu diesem Raphael? Ich erinnerte mich an die „Kö‐
nigin der Nacht“, in meinem Bild rechts neben der Rose zu sehen, wachsend mitten im Gestrüpp. Beim Googeln erfahre ich folgendes: 
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Die Königin der Nacht ist eine der schönsten Kakteenarten. Eine Sorte wächst in einer dor‐
nenähnlichen Hecke (entstellter Körper) Der Name leitet sich davon ab, dass der Kaktus seine Blüten nur in einer einzigen Nacht im Sommer für wenige Stunden öffnet. Da lange, zirka zwei Zentimeter breite, Triebe wach‐
sen, braucht sie eine Rankhilfe oder Stütze. (Raphael kann sich nur mit Hilfe der gestützen Kommunikation mitteilen. Er ist total auf Stütze angewiesen, um uns in seltenen Momen‐
ten seine Blüte zu zeigen) 
Die Königin der Nacht bevorzugt einen hellen oder halbschattigen Platz, direktes Sonnen‐
licht ist dabei zu vermeiden. (Raphael ist als A‐typischer Autist sehr verletzlich) 
Es lässt sich schwer einschätzen, wann die Königin der Nacht blüht. Erst am selben Tag kann man erkennen, ob die Blüte sich öffnet oder nicht. Die Knospe schwillt an und die Blü‐
tenblätter entfalten sich mit intensivem Vanilleduft. Einige Stunden nach Mitternacht ver‐
welkt die Blüte bereits wieder. (Raphaels Gesundheitszustand lässt wenig Planung zu. Krämpfe, epileptische Anfälle plagen ihn in regelmässiger und unberechenbarer Folge). 
Gegen Schädlinge und Krankheiten ist die Königin der Nacht sehr widerstandsfähig. (sein Vertrauen in Gott ist total natürlich und wirkt unerschütterlich) 
In der Pflanze finden sich mehrere, medizinisch wirksame Inhaltsstoffe. (Er hat in seinem Buch, in seinen Gedichten und Geschichten heilsame Worte für viele) Wen wundert‘s, dass die Königin der Nacht einen zentralen Platz in meinem Bild bekommt. Mit dem Pinsel beten… eine echte Möglichkeit. Während ich das schreibe, wird mir bewusst, dass diese Art von Malen tat‐
sächlich nicht Schall und Rauch ist, sondern göttliche Wirklichkeit in sich trägt. Als ich nämlich vor zwei Jahren pensioniert wurde, entstand das ne‐
benstehende Bild „Loslassen“. Es be‐
gleitete mich durch die anspruchsvolle Zeit, die ich brauchte, um mein kostbares Lebenskapitel „Berufstätigkeit“ (23 Jahre Einzel‐ Paar‐ und Familientherapeutin in einer christlichen Privatklinik) abzu‐
schließen. Meine Hände (In der Mitte des Bildes, schwach erkennbar) mussten alles loslassen – Schönes und Angeschlagenes, Gelungenes und Ver‐
passtes, am unteren Bildrand symbolisch ausgedrückt in unterschiedlichen Formen und Farben. Längere Zeit blieben die Hände leer. Dann spross Neues aus meinen Händen, anderes. Zuerst wuchsen „Blumen“, indem sich Kontakte und Beziehungen erneuerten und entwickelten, später gesellten sich unterschiedliche „Früchte“ dazu, neue, überraschende Projekte. Heute pflege ich, wie sie bereits gelesen und gesehen haben einen reichen Blumengarten (viele Beziehungen); und die Früchte zweier Bücher und so mancher Vorträge sind auf den Markt gekommen Zunächst völlig ungeplant erscheint mein drittes Buch im Herbst 2015. Ich schaue dieses Bild und merke, dass es sich bereits erfüllt hat! Und, wer weiss, was da noch wachsen wird… Doch, mit dem Pinsel beten geht – ist real – ist ein Zwiegespräch. Kathi Kaldewey, im Glögglihof 11, CH 4125 Riehen, [email protected]