Krankheit oder Berufskrankheit?

Krankheit oder Berufskrankheit?
Gesetzesunterschiede
Sind Sie krank, bezahlt der Arbeitgeber
während einer gewissen Dauer Ihren
Lohn oder eine Taggeldentschädigung.
Die Entschädigung hängt ab von den
Anzahl Dienstjahren, den Regelungen im
Gesamtarbeitsvertrag (GAV) oder in der
Taggeldversicherung des Arbeitgebers.
Der Arbeitgeber ist gesetzlich nicht verpflichtet, eine Krankentaggeldversicherung abzuschliessen. Besteht auch im
GAV keine Abschlusspflicht, verfügt der
Arbeitgeber über einen grossen Spielraum und kann seine Praxis jederzeit ändern. Anders ist es, wenn Sie verunfallen
oder «beruflich» krank werden. In diesem Fall wird das Taggeld während der
gesamten Arbeitsunfähigkeit oder bis zu
einer Rentenzahlung ausbezahlt.
Bei Krankheit
Die Vereinbarung über die Anstellungsbedingungen der Bankangestellten
(VAB) sieht vor, dass der volle Lohn ausbezahlt wird. Die Dauer hängt ab von
den Anzahl Dienstjahren. Bei 1 Dienstjahr wird der Lohn während 1 Monats,
bei 15 Dienstjahren während 12 Monaten ausbezahlt (Art. 29 VAB). Die Regelung in der VAB ist etwas grosszügiger
als diejenige im Obligationenrecht. Für
Abwesenheiten, die länger dauern als in
der VAB-Regelung vorgesehen, kann der
Arbeitgeber frei wählen, wie er sie abgel­
ten (oder nicht abgelten) will. Die meisten Banken schliessen hierfür eine Krankentaggeldversicherung von 720 Tagen
ab. Der Angestellte erhält 80% seines
Lohnes.
Bei Unfall oder Berufskrankheit
Bei einer beruflich bedingten Erkrankung unterstehen Sie der Berufsunfallversicherung. Diese regelt klar die Ver­
sicherungsbedingungen: Solange Sie
krank sind und keine Invalidenrente
beziehen, bezahlt die obligatorische
­
Berufsunfallversicherung
­
nach
drei
­Tagen Wartefrist ein Taggeld von 80%
des Bruttolohnes. Höchster versicherter
Lohn ist CHF 126 000.–. Angestellte, die
der VAB unterstehen, erhalten also ihren
Lohn gem. Artikel 29 der VAB je nach
Anzahl Dienstjahren und geniessen danach ein Taggeld von 80% ihres Lohnes
bis max. CHF 126 000.–. Es gibt keine
zeitliche Beschränkung. Das Taggeld
wird ausbezahlt bis zur Heilung oder
zum Erhalt einer Invalidenrente.
Auch die Kostenübernahme ist grosszügiger: Es gibt keinen Selbstbehalt bei
den medizinischen Kosten und keine
Franchise, die bezahlt werden muss. Zu
erwähnen ist, dass Sie im Spital in der
allgemeinen Abteilung versichert sind,
sofern Ihr Arbeitgeber keine zusätzliche
Unfalldeckung in der privaten Abteilung
abgeschlossen hat und Sie nicht über
eine private Krankenkasse versichert
sind, die das Unfallrisiko miteinschliesst.
Was gilt als Berufskrankheit?
Berufskrankheiten, die Anrecht auf Leistungen der Unfallversicherungen geben,
sind «Krankheiten, die bei der beruflichen Tätigkeit ausschliesslich oder vorwiegend durch schädigende Stoffe oder
bestimmte Arbeiten verursacht worden
sind». Die Stoffe und Arbeiten sind im
Anhang der Verordnung über die Unfallversicherung aufgelistet. Psychosomatische Krankheiten und Burn-out figurieren nicht auf dieser Liste. Das Gesetz
sieht jedoch vor, dass andere Krankheiten in Betracht gezogen werden können,
sofern bewiesen werden kann, dass sie
ausschliesslich oder vorwiegend durch
die berufliche Tätigkeit verursacht worden sind. Es muss also bewiesen werden,
dass die Krankheit zu mehr als 75%
durch die berufliche Tätigkeit verursacht
worden ist. Beweise sind schwierig zu
­erbringen. Angesichts der Tatsache, dass
psychische Krankheiten explosionsartig
angestiegen und häufig die Arbeits­
bedingungen damit verbunden sind, ist
es wichtig, dass die behandelnden Ärzte
diese Zusammenhänge überprüfen. Der
SBPV ermutigt die Bankangestellten bei
Krankheit infolge Berufsstress, mit ihrem
Arzt zu prüfen, ob die Krankheit als Berufskrankheit anerkannt werden könnte.
Ein interessantes Indiz hierzu wäre die
Anzahl Angestellte, die an einem Burnout, ­einer Depression oder einer anderen
psychischen oder psychosomatischen
­
Krankheit (Rückenschmerzen, Verdauungsprobleme) in einer Abteilung oder
einem Betrieb leiden. Für weitere Fragen
zu diesem Thema wenden Sie sich an
­unser Sekretariat.
Betriebsversicherungen kennen
Genauso wichtig, wie seinen Lohn oder
die Bedingungen der Pensionskasse zu
kennen, ist es, zu wissen, wie die Deckung bei Krankheit oder Unfall ist. Informieren Sie sich beim Personaldienst,
bevor es zu spät ist. Sie sind gut versichert, wenn
– Ihr Arbeitgeber eine Krankentaggeldversicherung von 720 Tagen abgeschlossen hat (max. 50% der Prämie
dürfen vom Lohn abgezogen werden)
und
– Ihr Arbeitgeber eine zusätzliche Unfalldeckung in der privaten Abteilung
mit einer Taggeldversicherung für die
Löhne über CHF 126 000.– abgeschlossen hat.
Ist dies nicht der Fall, können Sie die
­Lücken individuell schliessen oder bei der
Personalvertretung intervenieren, damit
diese eine Verbesserung der Versicherungsdeckung verhandeln kann.
Der SBPV diskutiert gegenwärtig mit
dem AGV Banken über eine Regelung in
der VAB, die eine Lohndeckung bei
Krankheit während 720 Tagen verlangt.
Denise Chervet