Festivalzeitung der 59. Theatertage am Adam-Kraft-Gmynasium 1. Ausgabe Montag, 27.7.2015 Das „Wunschkind“ Lucy „Am Anfang [...] stand die Idee, dass dieses Stück von uns kommen soll!“ ruft Samuel ins Publikum. Von Beginn an ist klar: Die dargebotene Produktion „Lucy. Oder so. Keine Ahnung“ des Willstätter-Gymnasiums Nürnberg ist keine an Theaterpädagogik und Vorschriften gekettete Fließbanddarbietung. Die unkonventionelle Vorgehensweise spiegelt sich auch in der Wahl der Requisiten wieder: Matratzen – überall Matratzen. In allen Variationen. Raketen, Zufluchtsorte oder einfach nur zweckgemäß als Polsterung. „Warum sollte man sich das anschau'n woll'n?“. Ganz einfach: Jeder Zuschauer kann sich mit den eigenen Sehnsüchten, Problemen und Träumen im Stück wiederfinden. Lucy ist ein Kind unserer Zeit – mit den gleichen Hoffnungen, aber auch „Luxusproblemen“. Durch lustige, ironische, schwachsinnige, aber auch nachdenkliche, depressive und sogar philosophische Szenen gelingt es den Schauspielern, die Sympathien des Publikums zu gewinnen. Seien es extrem mutige Witze, Optimismus für die Zukunft, das Gefühl der Eingeschränktheit durch Eltern, Erwartungen oder Selbstzweifel; „Lucy“ ist das Spiegelbild einer ganzen Generation, die der Zukunft freudig, aber auch etwas planlos entgegensieht. Dargestellt wird Lucy bei ihrer Geburt anfangs von einem mutigen Jungen aus dem Publikum, während sie als junge Erwachsene von mehreren Schauspielern gespielt wird wiederum ein Beweis für die Universalität dieses Charakters. Bis dahin ist es ein langer Weg. „Vorsicht! Obacht!“ ist die elterliche Devise, aber schnell fühlt sie sich in dieser Rolle unwohl. Symbolisiert wird das mit Kissen, die wie erdrückende Schutzpolster an die Körper der Schauspieler gebunden sind. Energisch reißt sie sich diese Anhängsel ab und wirft zum ersten Mal selber einen Blick auf sich. Dabei bemerkt sie, dass sie eigentlich keine Ahnung hat: Nicht einmal über den Sinn des Lebens selbst. Doch sie weiß, dass wir als ihre Generation, die Zukunft verbessern müssen, denn: Es ist nicht unsre Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist – es wär' nur unsre Schuld, wenn sie so bleibt! Für diese mitreißende Darstellung erntet das Ensemble frenetischen Applaus vom Publikum mit standing ovations bis der Vorhang fällt. Katja Holler, Patrick Kobler, Antonia Straußberger Geheimnisse erfahrener Schauspieler Auf was freut ihr euch während der Theatertage in Schwabach am meisten? EMG Haar: 1x Theater spielen und 8x Theater sehen, was kann es Schöneres geben! CEG Erlangen: Wir sind jetzt schon an den Workshops interessiert. Und vor allem an Dirk. Was war euer peinlichstes Erlebnis während einer Theateraufführung? WG Nürnberg: Bei einer Vergewaltigungsszene lachte das Publikum - war wohl nicht so überzeugend... COF Unterschleißheim: Während einer kleinen Vorschau auf unser eigentliches Theaterstück hat auf einmal das Handy von einem unserer Schauspieler zu klingeln begonnen. Das war ziemlich peinlich. 1 1. Ausgabe Montag, 27.7.2015 6 Arten... ... von Theaterschauspielern Der anderweitig Interessierte Ach, du wolltest gerne in die Technik, Schminke, wolltest das Bühnenbild gestalten oder sogar auf den Regisseurstuhl steigen? Da sieht es leider schlecht aus, denn die Technik ist schon voll, Schminke machen bereits die Mädchen, die vor dir da waren, ein Bühnenbild können wir uns nicht leisten und mit den Lehrern solltest du auch nicht streiten... Dann musst du wohl mit uns auf die Bühne, hoffentlich macht es dir trotzdem Spaß! Die Rampensau „Ich bin in echt gar nicht so!“ Ja, zum Glück! Denn diese extrovertierten Menschen schlüpfen auf der Bühne in das Leben, welches ihnen normalerweise durch Sitte, Moral und Anstand vereitelt werden würde. In ihren Rollen flirten, schreien und randalieren sie, bis die geschockten Eltern den kleinen Geschwistern die Augen zu halten. Teilweise sind ihre Darbietungen sehr provokant, teilweise sind es aber auch genau diese, die dem Publikum am längsten in Erinnerung bleiben. Der Anfänger Wer sind diese verrückten Menschen? Was machen die da? Warum schreit der Lehrer die ganze Zeit durch den Raum und wie bin ich hier her gekommen? Ja, Neuling in einer Theatergruppe zu sein ist eine harte Zeit voller Zweifel und Verwirrung. Es ist, als würde man zu spät auf eine Party kommen: Alle haben Spaß, aber man selber weiß nicht wie und warum. Dieser schlechte erste Eindruck wird sich aber mit der Zeit hoffentlich legen und ehe du dich versiehst bist du sogar gerne hier. Die Engagierten Dass die Premiere aufgenommen wird, die Schauspieler gefahrlos auf die Bühne können und das Werbeplakat einigermaßen nach etwas aussieht, haben wir alles diesen Engeln zu verdanken. Mit ihren handwerklichen Talenten und ihrer Hingabe entpuppen sie sich schnell als ein dringend notwendiges Geschenk für die Theatergruppe. Denn egal, ob sie es gerne machen oder einfach nur nicht „Nein“ sagen können, gebraucht werden sie immer. Fest steht: Würden sie sich fünf Jahre länger im Theater austoben, müsste man es nach ihnen benennen. Der Faule Du hast kein Bock auf Schule und diese dämlichen Noten? Du brauchst noch Unterrichtsstunden, willst aber nicht noch ein Fach haben, bei dem man was machen müsste? Dann komm doch einfach ins Schultheater! Ein Jahr lang Baumspielen und du hast dein Soll erfüllt! Perfekt geeignet für deine Arbeitsmoral, und am Ende des Jahres wählst du es einfach wieder ab. Zumindest glaubst du noch, dass du nur ein Jahr bleiben wirst. Die Kleinen Achtung, nicht mit den Anfängern verwechseln! Die Kleinen können bereits Erfahrung gesammelt haben. Dass sie noch nicht ganz so gut sind wie die anderen, ist nicht so schlimm, DENN SIE SIND SO SÜß! Mit ihrem noch etwas kindischen Humor bringen sie jedes Jahr ein neues, quietschigeres Lachen in die Gemeinschaft. Und falls sie noch nicht so erfahren sind wie der Rest, dann liegt es an diesem, sie mitzuziehen und zu verbessern. Patrick Kobler 2 1. Ausgabe Montag, 27.7.2015 „Hiermit erkläre ich die Theatertage offiziell für eröffnet.“ „Hiermit erkläre ich die Theatertage offiziell für eröffnet.“ Mit diesen Worten von Maximilian Weig beginnen die 59. Theatertage am Adam-KraftGymnasium in Schwabach. Nach der spektakulären Eröffnungsperformance der Theatergruppe der Gastgeberschule, untermalt von der beeindruckenden Gesangseinlage „Counting Stars“ der Schulband, folgte die traditionelle Eröffnungs-und zugleich Dankesrede von Schulleiter Robert Scherbel. Getreu dem Motto „Improvisation“, unter dem die diesjährigen Theatertage stehen, wurde diese aber abrupt unterbrochen. Stattdessen wurde seine Rede durch eine Gesprächsrunde mit den acht Ehrengästen der Theatertage (darunter OB Matthias Thürauf) fortgeführt. Diskutiert wurde unter anderem, ob Theater verpflichtend an Schulen eingeführt werden sollte. Schließlich präsentierte jede Theatergruppe, die mit einem Stück an den Theatertagen teilnimmt, eine kurze Sneak Preview, um die potentiellen Zuschauer auf ihr Stück neugierig zu machen. Bevor die Eröffnungsveranstaltung durch Sektempfang mit Häppchen abgerundet wurde, sangen Selina Perzl und Fiona Findlay „Rolling in the Deep“ der RNB-Sängerin Adele, während ein Film der Schwabacher Theatergruppe zeigte, was Theater für sie ist. Theater ist… in verschiedene Rollen zu schlüpfen…Energie…Neues erleben…eine Herausforderung. Das wichtigste jedoch ist, dass Theater verbindet. Die Veranstaltung wurde von Sabrina Becker-Ionita und Maximilian Hubert charmant moderiert. Ein gelungener Auftakt für ein hoffentlich gelingendes Festival! Shaleen Beil Courage, Kattrin! ein gelungener Auftakt Der Mensch denkt: Gott lenkt! Das kalte Licht, das die Bühne nur dürftig erhellt, flackert. Eine Band spielt abgehackte Electrorhythmen, während ein Teil der Schauspieler verteilt und unter Stöcken begraben auf dem Boden liegt. Die Inszenierung des Stückes „Courage, Kattrin!“vom Profilkurs des Ernst-Mach-Gymnasiums aus Haar nach dem Vorbild „Mutter Courage und ihre Kinder“ von Bertolt Brecht, wird allen Erwartungen gerecht und fesselt das Publikum bis zur letzten Minute. „Das ist die Geschichte von Kattrin.“: Während des dreißigjährigen Krieges ist die stumme Kattrin mit ihrer Mutter Anna, die von allen Courage genannt wird, als fahrende Händlerin unterwegs. Gemeinsam mit ihren Brüdern versuchen die beiden Frauen, Nahrung aufzutreiben, die sie dann an die ausgehungerten Soldaten verkaufen. Das gestaltet sich natürlich schwierig. Der Krieg tobt bereits jahrelang und die Hoffnung auf Frieden schwindet immer mehr. Als Kattrins Brüder rekrutiert werden, sind die beiden Frauen auf sich gestellt und kämpfen um ihr Überleben... Das Stück ist sehr modern inszeniert. Die Schauspieler tragen alle, bis auf Kattrin selbst, eine Jeans und ein weißes T-Shirt. Ihre Gesichter sind dunkel geschminkt, als wollten sie sich tarnen. Das Bühnenbild unterstützt die Wirkung eines vom Krieg zerstörten Schlachtfelds: Ein aus Brettern zusammengebautes Holzgestell dient der Mutter Courage als Verkaufswagen. Durch Lichtwechsel werden Übergänge zwischen Monolog und Dialog geschaffen; die vierte Wand zum Publikum wird dabei stets durchbrochen. Auch die Rollenverteilung ist an das durchaus chaotische Stück angepasst: Die Spieler schlüpfen, ganz Episches Theater, abwechselnd in verschiedene Rollen, deren Namen sie nennen, bevor sie zu reden beginnen. Alles in allem ist „Courage Kattrin!“ein sehr kurzweiliges Stück, das durch die Frage, wie man mit Moral und Menschlichkeit in Zeiten großer Not umgehen muss, schockt, den Zuschauer aber auch mitreißt. Der Zynismus des Krieges, gebunden an eine kapitalistische Gesellschaftsordnung, lässt den Menschen verrohen. Und nicht zu vergessen: „Mama we all go to hell!“ Barbara Zippelius, Shaleen Beil 3 1. Ausgabe Montag, 27.7.2015 Theater, Schule und andere Probleme Ein Interview mit Maximilian Weig, dem Organisator der Theatertage 1 Was fasziniert Sie an Schultheater? Was soll ich bloß bei LAMPENFIEBER tun? 2 Um zu verhindern, dass du vor lauter Panik die Kontrolle verlierst und schreiend aus dem Saal rennst, empfiehlt es sich sich an der Bühne festzubinden. Ein Mitglied deiner Theatergruppe hilft dir bestimmt dabei, immerhin wird deine Gruppe schlecht ohne dich auskommen. Ein wenig Beruhigungsmittel wie Baldrian stärkt deine Nerven. Doch gib Acht bei der Dosierung, nicht dass die Nervosität in Müdigkeit umschlägt. weiterer flüssiger Helfer ist Alkohol, dieser 3 Einsenkt die Hemmschwelle und hebt die Stimmung. Doch auch hier ist Vorsicht geboten, vor allem bei Unerfahrenen. 4 eine Gymnastikmatte aus und beginne mit 5 Rolle ein paar einfachen Yogaübungen. Der Sonnengruß oder der herabschauende Hund Schaffe dir einen kleinen Bereich der Ruhe, in den du Duftkerzen und ätherische Öle aufstellst. sollten für Entspannung sorgen. Für diese Tipps wird keine Haftung übernommen;) Die Theatertage. Besondere Erinnerungen. Am besten, man hält sie fest. Fotowettbewerb Von diesen ganzen Eindrücken wollen wir die schönsten, lustigsten und komischsten haben. Schickt uns eure Fotos bis Montag, den 27. 07. 2015 23 Uhr an [email protected] . Unter den besten losen wir drei Sieger aus – es gibt kleine Preise zu gewinnen. Die Gewinner seht ihr morgen in Festivalzeitung. Und jetzt: Viel Spaß beim Fotografieren! :) Mich fasziniert, dass Theater das Beste aus den Leuten herausholt. Bei einem Theaterprojekt gibt es so viele Bereiche, die anstehen, dass für jeden etwas dabei ist, wo er/sie sich einbringen kann. Wie sind Sie zu den bayerischen Theatertagen gekommen? Ich zitiere aus einer Mail, die ich 2014 kurz nach der Übernahme der Leitung der Theatertage bekommen habe: „Glückwunsch zur Leitung der TT, obwohl man zu so viel Arbeit nur mit gemischten Gefühlen gratuliert.“ Noch Fragen? Gab es für Sie ein Highlight während der letzten Theatertage? Ich fand es einfach großartig, wie sich dort Schüler von der 6. bis zur 12. Klasse zusammen in Kleingruppen über die gesehenen Aufführungen ausgetauscht und sich gegenseitig zugehört haben. Was erhoffen Sie sich von den diesjährigen Theatertagen? Wir erhoffen uns davon, dass die Theatertage noch mehr zu einem Festival werden, auf dem Theater gezeigt und gemacht wird. Theater ist für mich...? …das geilste, aber auch anstrengendste Unterrichtsfach, das man sich vorstellen kann. Mitarbeiter: Johanna Brunner Alisa Weiß Antonia Straußberger Patrick Kobler Annika Peters Marie Allmansberger Georg Laves Katja Holler Rudolfo Karl Shaleen Beil Barbara Zippelius Mikaela Ollila 4
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