Investieren im Iran - Schutz von Investitionen durch

Investieren im Iran
Schutz durch
Investitionsabkommen
Zusammenfassung
Schon im Vorgriff auf das
Inkrafttreten der
geplanten Sanktionserleichterungen stehen
ausländische Investoren
in den Startlöchern, um
sich lukrative
Investitionsmöglichkeiten zu
sichern. Voraussichtlich
werden Milliarden in die
Öl- und Gasindustrie, die
Kapitalmärkte und
allgemeine Infrastrukturprojekte im Iran fließen.
Nachdem sich der Iran und die E3+3-Staaten im Juli 2015 auf den sogenannten Joint
Comprehensive Plan of Action (JCPOA) geeinigt haben, ist zu erwarten, dass ein erheblicher
Teil der nuklearbezogenen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran bereits in Kürze
aufgehoben wird. Schon jetzt stehen ausländische Investoren in den Startlöchern, um sich
lukrative Investitionsmöglichkeiten zu sichern. Vor diesem Hintergrund werden
voraussichtlich Milliarden in die Öl- und Gasindustrie, die Kapitalmärkte und allgemeine
Infrastrukturprojekte im Iran fließen. Allerdings bergen Investitionen im Iran weiterhin
ein hohes Risikopotenzial, sowohl in rechtlicher als auch politischer Hinsicht. Eine
effektive Möglichkeit diese Risiken zu steuern, liegt darin, Investitionsprojekte strategisch
so zu strukturieren, dass sie für den Fall einer rechtswidrigen Einflussnahme des
Gaststaates abgesichert sind.
Einen solchen Schutz, insbesondere in Form von Regressansprüchen, können bilaterale
Investitionsabkommen (BITs) und multilaterale Investitionsabkommen (MITs) (zusammen
»Investitionsabkommen«) ausländischen Investoren eröffnen. Dieses Briefing soll einen
Überblick über die wesentlichen Inhalte und die Anwendungsvoraussetzungen solcher
Investitionsabkommen geben.
Einführung
Am 14. Juli 2015 erzielten der Iran und die E3+3-Staaten (Deutschland, Frankreich,
Großbritannien, USA, Russland und China) unter Beteiligung der Hohen Vertreterin der EU
für Außen- und Sicherheitspolitik mit dem JCPOA eine weitreichende Einigung hinsichtlich
des iranischen Nuklearprogramms. Der Vertrag sieht im Gegenzug die Aufhebung
bestimmter multilateraler und nationaler nuklearbezogener Sanktionen gegen den Iran
vor. Es ist zu erwarten, dass die erfolgreiche Umsetzung des JCPOA zu einer Öffnung des
Irans für dringend benötigte ausländische Investitionen in zahlreichen Industriezweigen,
insbesondere der Öl- und Gasindustrie, dem Automobilsektor und der zivilen Luftfahrt,
führen wird.
Trotz dieser vielversprechenden Entwicklung bleibt der Iran für ausländische Investoren
ein unsicheres Umfeld mit einem allgegenwärtigen Risiko staatlicher Einflussnahme. Eine
beachtenswerte Möglichkeit zur Minderung dieses Risikos besteht darin, die Investitionen
so zu strukturieren, dass sie unter den Schutz eines Investitionsabkommens fallen. BITs
enthalten im Allgemeinen weitreichende materielle Schutzvorschriften für Investoren,
sowie die Möglichkeit, diese im Rahmen internationaler Schiedsgerichtsverfahren
durchzusetzen.
Freshfields Bruckhaus Deringer LLP
September 2015
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Bilaterale Investitionsabkommen
Eine beachtliche
Möglichkeit zur
Minderung dieser Risiken
besteht darin, die
Investitionen so zu
strukturieren, dass sie
unter den Schutz eines
Investitionsabkommens
fallen.
Voraussetzung dafür, dass eine Investition Schutz durch ein Investitionsabkommen
genießt, ist zunächst, dass zwischen dem Gaststaat, in dem die Investition erfolgen soll,
und dem Heimatstaat des Investors ein Investitionsschutzabkommen besteht. Ferner
müssen sowohl der Investor als auch die konkrete Investition in den Anwendungsbereich
dieses Abkommens fallen. Der Iran hat über 60 bilaterale Investitionsabkommen
geschlossen, von denen rund 45 derzeit in Kraft sind. Unter den Ländern, mit denen der
Iran BITs unterzeichnet hat, sind Deutschland, Frankreich, Österreich, die Schweiz,
Bahrain, die Türkei, Südkorea und China. Dagegen bestehen keine BITs zwischen dem Iran
und einigen bedeutenden Ländern wie den USA, Großbritannien und Japan oder mit
Ländern, die üblicherweise als Investitionsvehikel im Rahmen der Strukturierung von
Investitionen genutzt werden, wie Luxemburg und den Niederlanden. In Anbetracht
dessen, ist in den kommenden Monaten und Jahren mit dem Abschluss neuer
Investitionsabkommen zu rechnen, wenn das Interesse an Investitionen im Iran weiter
zunimmt. Beispielsweise werden Japan und Iran jüngsten Berichten zufolge
Verhandlungen über ein Investitionsabkommen aufnehmen, sobald die Sanktionen
aufgehoben sind.
BITs begründen einen nach internationalem Recht umfassenden materiellen Schutz für
ausländische Investoren. Er wird dadurch abgesichert, dass der Investor die Möglichkeit
hat, potentielle Verletzungen der Schutzvorschriften direkt im Rahmen eines
Schiedsverfahrens gegen den Gaststaat geltend zu machen. Die Bestimmungen sind jedoch
je nach BIT unterschiedlich ausgestaltet. Investoren sollten die Regelungen des jeweiligen
BIT genau prüfen, bevor sie sich entscheiden, von welchem Land aus sie im Iran
investieren. Einzelne BITs sehen bedeutende Ausnahmen von bestimmten Schutzgehalten
vor oder beschränken den Schutz auf bestimmte Kategorien von Investitionen oder einen
bestimmten Kreis von Investoren.
Das BIT zwischen der Schweiz und dem Iran gilt beispielsweise nur für Investitionen von
Rechtspersönlichkeiten (einschließlich Gesellschaften, Kapitalgesellschaften,
Wirtschaftsverbänden und anderen Organisationen), die nach Schweizer Recht gegründet
wurden und deren „Sitz“ und „tatsächliche Wirtschaftstätigkeit“ in der Schweiz liegt.
Unternehmen, die ihren Sitz oder Tätigkeitsschwerpunkt außerhalb der Schweiz haben,
werden nur umfasst, wenn sie de facto von einem Schweizer Unternehmen oder einer
Schweizer Organisation im oben genannten Sinne kontrolliert werden. Das Erfordernis
einer „tatsächlichen Wirtschaftstätigkeit“ ist im iranisch-österreichischen BIT ebenfalls
ausdrücklich normiert. Folglich reicht die Gründung einer bloßen Zweckgesellschaft für
die Investition in diesen Ländern nicht aus, um vom Schutz des jeweiligen
Investitionsabkommens profitieren zu können.
Das BIT zwischen Deutschland und dem Iran gilt für alle Investitionen, die unter die
Definition von Kapitalanlage im Sinne von Artikel 1 des Abkommens fallen. Dazu zählen
insbesondere Beteiligungen an Gesellschaften sowie Eigentum an beweglichen und
unbeweglichen Sachen. Der Begriff des Investors setzt nach dem Wortlaut des Abkommens
lediglich die deutsche Staatsangehörigkeit voraus, bzw. bei Gesellschaften, dass diese nach
deutschem Recht gegründet wurden und ihren Sitz in Deutschland haben. Eine
tatsächliche Wirtschaftstätigkeit in Deutschland wird dagegen explizit nicht verlangt.
Vor einer Investitionsentscheidung ist daher der Wortlaut und die Auslegung des jeweils
einschlägigen BIT unter Berücksichtigung nationaler Rechtsvorschriften genau zu prüfen.
Denn das Ergebnis dieser Analyse entscheidet darüber, ob es genügt, eine Investition über
eine im Heimatstaat des Investors gegründete Zweckgesellschaft zu leiten, damit sie in den
Schutzbereich des BIT fällt. Allein die Erkenntnis, dass ein BIT in Kraft ist, reicht nicht aus,
um diese Frage beurteilen zu können.
Registrierung ausländischer Investitionen nach iranischem Recht
Damit sich Investoren ihre Rechte im Rahmen des Abkommens sichern und den darin
vorgesehenen materiellen Schutz genießen können, setzen viele BITs voraus, dass die
Investition von der iranischen Regierung genehmigt worden ist. Zuständig für das
Genehmigungsverfahren ist die »Organization for Investment, Economic and Technical
Assistance of Iran« (OIETAI), die Anträge auf ausländische Investitionen im Iran
entgegennimmt und bewertet. Die endgültige Entscheidung trifft eine besondere
Kommission für Auslandinvestitionen auf Basis des OIETAI-Berichts. Die Genehmigung
einer Investition durch die OIETAI hat zudem den Vorteil, dass der Investor dadurch von
den Schutzvorschriften und Garantien profitieren kann, die das iranische Gesetz zur
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Förderung und zum Schutz ausländischer Investitionen (Foreign Investment Promotion
and Protection Act, FIPPA) vorsieht (vgl. dazu unten).
Wenn Investoren bestehende Investitionen neu strukturieren, um in den
Anwendungsbereich eines BIT zu fallen, muss unter Umständen eine neue OIETAIZulassung beantragt werden, weil die ursprüngliche Zulassung eventuell nicht für
Investitionen aus einem anderen Staat gilt.
Schutz im Rahmen bilateraler Investitionsabkommen
Grundsätzlich entsprechen die materiellen Schutzbestimmungen in den meisten
iranischen BITs den Regelungen, die ein Investor erwarten würde. Von den zentralen
materiellen Schutzvorschriften, die Investitionsabkommen bestimmten Investoren und
Investitionen typischerweise einräumen, sind im Allgemeinen Folgende vorgesehen:
Gerechte und billige Behandlung: Dies ist der am weitesten gefasste Schutzgehalt
im Rahmen eines BIT. Er umfasst die Garantie, dass der Gaststaat (i) eine gewisse
rechtliche und geschäftliche Stabilität, Vorhersehbarkeit und Transparenz, dem
Vertrauensschutzinteresse der Investoren entsprechend, sicherstellt und (ii) keine
diskriminierenden und politisch motivierten Maßnahmen gegen die Investitionen
ergreift.
Inländerbehandlung und Meistbegünstigung: Der Grundsatz der
Inländerbehandlung sichert dem Investor die gleiche Behandlung wie Inländern zu.
Die Meistbegünstigungsklausel verpf lichtet den Gaststaat, ausländische Investoren
nicht schlechter als Investoren aus einem Drittstaat (beispielsweise auf Grundlage
eines anderen BIT) zu behandeln.
Keine Enteignung: Dieser Grundsatz schützt - je nach Formulierung des BIT- vor
Enteignung ohne eine unmittelbare und angemessene Entschädigung.
Freier Kapitaltransfer: Iranische BITs enthalten im Allgemeinen auch
Bestimmungen in Bezug auf den freien Kapitaltransfer, die im Zusammenhang mit
einer Investition stehen. Der Begriff des Kapitals wird in diesem Rahmen weit
verstanden.
Liegt nachgewiesenermaßen ein Verstoß gegen eine materielle Schutzvorschrift des BIT vor,
haben Investoren entsprechend den Vorschriften des internationalen Rechts Anspruch auf
eine Entschädigung.
Streitbeilegung in BITs
Zusätzlich zu den allgemeinen materiellen Schutzbestimmungen ermöglichen BITs
Investoren grundsätzlich zur Streitbeilegung auf ein Forum außerhalb des Gaststaates
zurückzugreifen. Üblicherweise wäre dies ein internationales Schiedsgerichtsverfahren
nach dem ICSID-Abkommen oder dem Regelwerk der Kommission der Vereinten Nationen
für internationales Handelsrecht (UNCITRAL). Da der Iran aber kein Vertragsstaat des ICSID
ist, ist das Schiedsverfahren nach dem Regelwerk der UNCITRAL grundsätzlich das einzige
internationale Forum, das Investoren bei Streitigkeiten zur Verfügung steht.
Die Möglichkeit eines internationalen Schiedsgerichtsverfahrens hat große Vorteile
gegenüber einem Verfahren vor nationalen Gerichten. Insbesondere wird dadurch
Neutralität und die Anwendung von internationalem statt iranischem Recht sichergestellt.
Zudem erfolgt die Festsetzung von Entschädigungsleistungen nach den Grundsätzen des
internationalen Rechts und die Schiedssprüche, die in diesem Rahmen ergehen, können in
über 150 Ländern, die Vertragsstaaten des New Yorker Übereinkommens über die
Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche sind, vollstreckt werden.
Sonstige Schutzbestimmungen
Wie vorstehend ausgeführt, werden Investitionen im Iran auch durch das FIPPA geschützt,
das eine Reihe materieller Schutzvorschriften für ausländische Investoren enthält, die über
eine Genehmigung von der OIETAI verfügen. Dazu gehören sowohl das Prinzip der
Inländerbehandlung als auch das Verbot entschädigungsloser Enteignung sowie die
Garantie eines freien Kapitaltransfers. Das FIPPA bietet jedoch nicht den gleichen
umfassenden Schutz wie die meisten BITs. Beispielsweise enthält es nicht den Grundsatz
der gerechten und billigen Behandlung und andere Schutzklauseln. Darüber hinaus erfolgt
die Streitbeilegung grundsätzlich vor iranischen Gerichten, sofern nicht das anwendbare
Investitionsschutzabkommen die Möglichkeit vorsieht, ein internationales Schiedsgericht
anzurufen. Das deutsch-iranische sowie das österreichisch-iranische BIT regeln allerdings
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eine solche Möglichkeit. Der Rechtsweg kann aber erst beschritten werden, wenn der
Versuch einer gütlichen Einigung gescheitert ist. Eine zeitliche Vorgabe dafür, wann von
einem Scheitern von Verhandlungen auszugehen ist, sieht das Gesetz nicht vor.
Fällt eine Investition nicht in den Anwendungsbereich eines BITs kann das »Abkommen
über die Förderung, den Schutz und die Garantie von Investitionen zwischen den
Mitgliedstaaten der Organisation der Islamischen Konferenz« (das OIC-Abkommen)
Investoren Schutz bieten. Um unter die Schutzbestimmungen des OIC-Abkommens zu
fallen, muss sowohl der ausländische Investor als auch die Investition bestimmte
Voraussetzungen erfüllen. Der Begriff „Investor“ ist weit gefasst. Im Gegensatz zu den
meisten BITs, die nur auf Unternehmen und natürliche Personen anzuwenden sind,
erstreckt sich der Schutz des OIC-Abkommens auch auf die Regierungen von
Mitgliedstaaten. Außerdem enthält das OIC-Abkommen zahlreiche materielle
Schutzvorschriften, die für Investitionsschutzabkommen typisch sind. Auffällig ist jedoch
das Fehlen des Grundsatzes der gerechten und billigen Behandlung. Das OIC-Abkommen
kann zwar ein nützliches Instrument sein, wenn es an einem einschlägigen BIT fehlt.
Jedoch sollten Investoren ihre Investitionen besser so strukturieren (oder umstrukturieren),
dass sie die Vorteile eines BIT nutzen können.
Für weiterführende Informationen wenden Sie sich bitte an unsere Iran Task Force:
In Österreich/CEE
Dr. Farid Sigari-Majd
T +43 - 51 51 52 21
E [email protected]
In Deutschland
Dr. Boris Kasolowsky
T +49 69 27 30 88 44
E [email protected]
Dr. Frederic Mirza Khanian
T +49 221 20 50 72 64
E [email protected]
Dr. Amir-Said Ghassabeh
T +49 40 36 90 61 17
E [email protected]
In den USA
Anahita Thoms
T +1 212 23 04 66 8
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