04 Berufsbildung schreibt (Erfolgs-)

04 Berufsbildung schreibt (Erfolgs-)Geschichte
10 Häring & Co. AG: Holzbau ist Hightech
12 Tiefbohrbär GmbH: Nicht einfach Löcher bohren
Magazin der Standortförderung
des Kantons Aargau
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Impressum
Ausgabe
No 12 – Juni 2015
ISSN-Nr. 1663-2575
Herausgeber
Kanton Aargau
Departement Volkswirtschaft und Inneres
Aargau Services Standortförderung
Rain 53, CH-5001 Aarau
Redaktion
Aargau Services Standortförderung
Foto Titelseite
Westend61/Fotolia.com
Gestaltung
Binkert Buag AG, Laufenburg
Druck
Binkert Buag AG, Laufenburg
Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit schriftlicher Genehmigung.
© 2015 Kanton Aargau
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser
Die Schweiz hat europaweit die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit. Grund für diese erfreuliche Tatsache ist
das Schweizer Berufsbildungssystem. Über 70 Prozent
der 15- bis 20-Jährigen absolvieren in der Schweiz eine
duale Berufsbildung. Sie nehmen vom ersten Tag an
aktiv am Berufsleben teil und schliessen ihre Berufslehre als hervorragend qualifizierte Fachkräfte ab. Die
regelmässigen Top-Platzierungen an internationalen
Berufsmeisterschaften belegen dies auf eindrückliche
Art und Weise. Auch Aargauer Lernende mischen
regelmässig in den vordersten Rängen mit. Gerade für
den Technologie-Kanton Aargau mit seinen zahlreichen
stark diversifizierten Unternehmen sind gut ausgebildete Nachwuchsfachkräfte essenziell. Entsprechend engagieren sich viele Betriebe in der Lernendenausbildung.
Die gute Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen
und den staatlichen Berufsschulen in der Ausbildung
junger Menschen beeindruckt auch die Amerikaner. Im
vergangenen Jahr besuchten mehrere Delegationen aus
den USA die Schweiz, darunter die amerikanische
Second Lady Jill Biden, um sich über das duale Berufsbildungssystem zu informieren und von der Schweiz
zu lernen. Doch nicht nur das Weisse Haus wünscht
sich Berufsleute nach Schweizer Rezept. Weltweit stösst
das duale Bildungssystem auf grosses Interesse. So will
Grossbritannien Lehrstellen nach Schweizer Vorbild
schaffen, um der hohen Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Auch Südkoreas Präsidentin Park Geunhye zeigte sich bei ihrem letzten Staatsbesuch in der
Schweiz von unserem Bildungssystem beeindruckt und
bezeichnete es als vorbildlich. Indien erprobt seit 2008
ein neues System und bietet an staatlichen Industrial
Training Institutes zweijährige Berufslehren an. Denn
die UNESCO, die OECD sowie die EU preisen die
Berufsbildung als wirksamste Strategie gegen Jugendarbeitslosigkeit.
Die Berufslehre macht also weltweit Karriere.
Annelise Alig Anderhalden
Leiterin Standortförderung Aargau Services
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Berufsbildung schreibt
(Erfolgs-)Geschichte
Handwerker im 16. Jahrhundert
(Illustration: Stock illustration/nicoolay)
Historischer Rückblick auf sechzig Jahre Berufsweltmeisterschaft
(Foto: Archiv SwissSkills)
Sie ist über 500-jährig, aber kein bisschen veraltet – die Berufslehre. Seit dem
Mittelalter formt sie junge Leute zu hochqualifizierten Fachkräften und bildet so das
Fundament der Wirtschaft. Dank ihr gehört die Schweiz heute zu den wettbewerbsfähigsten Ländern weltweit.
Vogelfänger, Stumpendreher, Fingerhüter … das war einmal. Technologischer
Fortschritt und wirtschaftlicher Strukturwandel haben diese kurios anmutenden Berufe verschwinden lassen.
Ihre wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung ist jedoch bis heute geblieben.
So entstanden um diese Berufe einst
starke Berufs- und Handwerksvereinigungen. Im deutschsprachigen Raum
waren es ab dem 16. Jahrhundert
die Zünfte, die sich für ihr Handwerk einsetzten und den Nachwuchs
förderten. Junge Männer gingen
zu einem Meister in die Lehre. Sie
erhielten einen Lehrbrief und wurden
nach drei bis vier Jahren Gesellen. Als
Gesellen wanderten sie anschliessend
während gut fünf Jahren von Meister
zu Meister. Erst danach konnten sie
sich niederlassen, ihr eigenes Geschäft
eröffnen, Meister werden, in die Zunft
eintreten und heiraten. Über die Jahrhunderte hinweg hat sich daraus das
duale Bildungssystem gebildet – eine
Erfolgsgeschichte.
Mit «Swissness» an die Spitze
Die Qualitätskultur ist ein weiteres
Vermächtnis der vorindustriellen Handwerkstradition. Präzision, Termintreue,
Zuverlässigkeit sowie Verantwortungsund Garantiebewusstsein gegenüber
dem Kunden – genau das waren und
sind noch heute die Trümpfe der
Schweizer Wirtschaft. Dank dieser
«Die Vielseitigkeit und das Know-how unseres qualifizierten Teams sind
unser grösstes Kapital. Als kleines, international ausgerichtetes Hightech-Unternehmen mit Kunden aus der Industrie, Luft- und Raumfahrt
sowie der Medizintechnik sind wir auf gut ausgebildete und motivierte
Fachkräfte angewiesen.»
Dr. Josef Link, CEO der Hightec MC AG in Lenzburg
Historischer Rückblick auf sechzig Jahre Berufsweltmeisterschaft (Foto: Archiv SwissSkills)
«Swissness» gehört Helvetia heute
weltweit zu den konkurrenzfähigsten
Ländern. Dies belegen zahlreiche Rankings: 1. Rang im Global Competitiveness Index 2013–2014, 2. Platz im
IMD World Competitiveness Ranking
2014.
Europas Nummer eins
Bereits der Schweizer Nachwuchs
glänzt mit hervorragenden Leistungen.
An den Berufsweltmeisterschaften
von 2003 in St. Gallen (Schweiz) und
2005 in Helsinki (Finnland) belegten
die Schweizer Jungtalente den ersten
Platz in der Nationenwertung. Auch
an den «WorldSkills Competitions»
von 2007 in Shizuoka (Japan), 2009
in Calgary (Kanada), 2011 in London
(Grossbritannien) und 2013 in Leipzig
(Deutschland) präsentierten sie sich als
starke Konkurrenz und strahlten als
Europas Nummer eins. Die nächsten
«WorldSkills Competitions» werden
vom 11.–16. August 2015 in São
Paulo (Brasilien) ausgetragen.
Gut, besser, Berufslehre!
Der Aargau macht‘s vor
Der Ländervergleich in Europa
bestätigt: Schweizer Jugendliche, die
eine betriebliche Lehre absolviert
haben, sind top qualifiziert und in
höchstem Masse arbeitsmarktfähig.
So betrug die Jugendarbeitslosigkeit
2013 in der Schweiz 3,4 Prozent. In
der EU waren demgegenüber 2014
21,9 Prozent aller Jugendlichen unter
25 Jahren arbeitslos.
Gut ausgebildete Fachkräfte bilden das
Fundament der Wirtschaft. Doch wie
gewinnt und hält man die begehrten
Mitarbeitenden? Das Erfolgsrezept von
Reto Schmid, CEO der SCHMID
GROUP GmbH aus Ehrendingen
lautet, die Mitarbeitenden durch
interne und externe Weiterbildungen
stetig zu fördern. Doch talentierte
Praktiker wachsen nicht auf Bäumen.
Auch hier weiss der Jungunternehmer
Rat und kümmert sich gleich selbst
um den Nachwuchs. Ab Herbst 2015
bildet das Unternehmen seinen ersten
Lernenden zum Konstrukteur EFZ aus.
Eine weitere Stärke des Berufsbildungssystems ist seine Durchlässigkeit,
getreu dem Motto: kein Abschluss
ohne Anschluss. Wer über eine Berufslehre mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) verfügt, der kann sein
Wissen in über 520 Bildungsgängen
mit einer höheren Berufsbildung
(Tertiär B) vertiefen. Und wer zusätzlich zum EFZ die Berufsmaturität in
der Tasche hat, dem steht gar der Weg
an eine Fachhochschule (Tertiär A)
offen.
Auch andere Aargauer Unternehmen
fördern den Nachwuchs. Das Zofinger Unternehmen Müller Martini
beispielsweise betreibt seit über 50
Jahren einen Lernpark. Die Lernenden
erhalten dort eine umfassende und
breite Basis- und Erweiterungsausbildung. Weit über 1’000 Lernende
konnten von diesem Engagement
0 6 | 0 7 focus aargau
Teilnehmende an den ersten Schweizer Berufsmeisterschaften SwissSkills 2014 (Foto links: SwissSkills 2014/Damianpoffet.com;
Foto rechts: SwissSkills 2014/Philipp Zinniker)
bereits profitieren und ihre Berufslehre
als kompetente Fachkräfte abschliessen
(siehe hierzu das Interview mit Noah
Hütter, Lernender bei Müller Martini
auf den Seiten 8–9). Doch dies ist
längst nicht alles. Martin Baltisberger,
Leiter des Lernparks: «In den Schulferien bieten wir für unsere Ausbildungsberufe Schnupperlehren an. Berufsinteressierte können an zwei oder
vier Tagen in einen oder zwei Berufe
sowie in die Berufsbildung von Müller
Martini hineinschnuppern. Jährlich
absolvieren an die 60 Schülerinnen
und Schüler bei uns eine Schnupperlehre. Seit vier Jahren führen wir
zudem in den Herbstferien zusammen
mit der Bezirksschule Zofingen die
Projektwoche «Engineering World»
durch. Schülerinnen und Schüler der
zweiten und dritten Klasse entwickeln
und programmieren in dieser Woche
verschiedene Roboter. Sie erhalten so
Einblick in die Welt der Technik und
erfahren mehr zu den Berufen, die wir
ausbilden. Aus den bisher 48 Teilneh-
menden konnten wir bis jetzt sechs
als Lernende in technischen Berufen
rekrutieren.»
Triale Ausbildung bei Roche
Auch Roche setzt sich für den Nachwuchs ein und eröffnete 2015 für
86 Millionen Franken ein Learning
Center in Kaiseraugst. 300 Auszubildende profitieren dort vom «trialen
Ausbildungssystem» – einer internen
Werkschule, die das duale Bildungssystem ergänzt. Diese bietet den
Lernenden nebst Hörsälen und einem
E-Learning-Raum, Chemie-, Biologie- und Pharmalabore, wo sie selber
experimentieren können.
Hat Wasser eine Haut?
So lautet eine der Forschungsfragen im
MobiLab. Das MobiLab ist ein Kleinlastwagen, der über 130 Experimente
zu acht naturwissenschaftlichen und
technischen Themen an Primarschulen
bringt. Kinder von neun bis zwölf
Jahren können so selber experimentie-
«Investitionen in Bildung sind Investitionen in die Zukunft. Im
Kanton Aargau ermöglicht die Berufsbildung fast drei Vierteln
aller Jugendlichen einen erfolgreichen Einstieg in die Arbeitswelt.
Der Anteil liegt damit über dem schweizerischen Durchschnitt.
Mir ist es ein grosses Anliegen, dass die beruflichen Möglich­
keiten im Aargau ständig weiterentwickelt und der Situation auf
dem Arbeitsmarkt angepasst werden.»
Regierungsrat Alex Hürzeler, Vorsteher Departement Bildung, Kultur
und Sport
Programmieren von Legorobotern (Foto: F. Hoffmann-La Roche AG)
ren und verschiedene Naturphänomene entdecken. Der Verein MobiLab
betreibt zusammen mit dem Zentrum
Naturwissenschafts- und Technikdidaktik der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) das MobiLab.
Gönner aus Industrie, Stiftungen und
Privatpersonen unterstützen das Projekt. Ziel ist es, Kinder im lernfähig­
sten Alter für naturwissenschaftliche
und technische Fragen zu begeistern
und den Nachwuchs im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu fördern.
Nebst dem Verein MobiLab engagieren
sich auch zahlreiche Aargauer Institutionen, Unternehmen und Schulen für
die Nachwuchsförderung:
Schullabor EXPERIO Roche
Um auch die Kleinen und Unentschlossenen für MINT-Fächer zu
begeistern, hat Roche im neuen
Learning Center das Schullabor
EXPERIO Roche integriert.
Schülerinnen und Schüler von der
Primar- bis zur Sekundarstufe können
dort in halb- bis ganztägigen Workshops erste praktische Laborerfahrungen sammeln. Für Sekundarschülerinnen und -schüler steht zudem der
My-Talents-Berufswahlparcours bereit,
bei dem sie in diverse Berufe hineinschnuppern können.
in Zusammenarbeit mit «Schweizer
Jugend forscht».
• Real-Tec:
Projektwochen für Jugendliche von
12 bis 16 Jahren zu Robotik, alternativen Energien oder Hausautomation, in
Zusammenarbeit mit der Endress+
Hauser Flowtech AG.
FHNW fördert den Nachwuchs
Die Hochschule für Technik der
FHNW führt an ihrem Standort
in Windisch regelmässig Projekte
zur Nachwuchsförderung durch. So
beispielsweise:
• JETZ:
• hack an app@FHNW:
www.berufslehre.roche.ch
IT-Projektwoche für Schülerinnen und
Schüler von 12 bis 16 Jahren aus der
Region sowie für Kinder von Mitarbeitenden der FHNW, in Zusammenarbeit mit der ti&m AG.
www.experio-roche.ch
Elektronik- und Technikkurse für
Jugendliche ab 13 Jahren, angeboten
vom Jugend Elektronik+Technikzen­
trum Regio Basel – JETZ.
www.fhnw.ch
www.hightec.ch
www.mobilab-nw.ch
www.mullermartini.com
www.roche.com
• girls@science und boys@science:
www.SCHMID-GROUP.ch
Technische Studienwoche für Mädchen
und Knaben von 10 bis 13 Jahren,
Andrea Eichmüller
Aargau Services Standortförderung
0 8 | 0 9 focus aargau
Können auf höchstem
Niveau
Noah Hütter gewann an den SwissSkills 2014 als Elektroniker EFZ die Bronze-Medaille (Foto: SwissSkills 2014)
Siegerehrung an den SwissSkills 2014 (Foto: SwissSkills 2014/Philipp Zinniker)
An den SwissSkills 2014 in Bern traten die besten jungen Schweizer Berufsleute
gegeneinander an. Über 1‘000 Jugendliche aus 70 Berufen nahmen an den Berufsmeisterschaften teil. Auch Noah Hütter, Lernender zum Elektroniker EFZ bei der
Müller Martini Electronic AG in Zofingen, zeigte sein Können und landete auf dem
Podest.
Herr Hütter, Sie haben an den SwissSkills 2014 in der Sparte «Elektroniker/in
EFZ» die Bronze-Medaille gewonnen –
herzliche Gratulation! Wie haben Sie
sich auf den Wettbewerb vorbereitet?
Vielen Dank! Meine Vorbereitungen
begannen im März 2014, um mich
für die Teilnahme an den SwissSkills
zu qualifizieren. Ich löste Aufgaben,
frischte die Theorie auf und trainierte
vor allem die Routine. Denn darauf
kommt es bei den SwissSkills an. Man
muss blitzschnell Lösungswege finden
und ausführen. Die Aufgaben sind
so ausgelegt, dass man sich beeilen
muss, um in der gegebenen Zeit fertig
zu werden. Da bleibt keine Zeit, um
Formeln nachzuschlagen. Als ich mich
dann für die SwissSkills 2014 qualifiziert hatte, wurden die Vorbereitungen
etwas intensiver. Ich repetierte viel,
erlernte aber auch Neues, da ich zu
diesem Zeitpunkt ein Jahr Bildungsrückstand zu einigen meiner Mitstreitern hatte. Und ich stellte mir für die
drei Wettbewerbstage einen Materialsatz mit Werkzeugen und Messgeräten
zusammen. Denn auch das Equipment
muss stimmen.
Wie hat Sie Ihr Lehrbetrieb unterstützt?
Mir wurde sehr viel Zeit zur Verfügung gestellt. An mehreren Tagen in
der Woche durfte ich selbstständig an
den Vorbereitungen arbeiten. Auch
Material stellte mir mein Lehrbetrieb
SwissSkills Bern 2014
Vom 17.–21. September 2014 fanden in Bern die ersten Schweizer Berufsmeisterschaften statt. Am Mega-Event präsentierten sich über 130
Berufe. In rund 70 Berufen kämpften junge Berufsleute um den Schweizer
Meistertitel. Jugendlichen, Eltern, Schulklassen und der Öffentlichkeit
boten die SwissSkills Wettkämpfe, Informationsstände der verschiedenen
Berufsverbände und Aussteller sowie spannende Rahmenprogramme
mit Leistungsshows. Insbesondere Schülerinnen und Schüler erhielten so
einen wertvollen Einblick in die vielfältige Berufswelt.
www.swissskillsbern2014.ch
Erkundungstour an den SwissSkills 2014
(Foto: SwissSkills 2014/Philipp Zinniker)
bereit. Messgeräte und Werkzeuge
durfte ich während der Vorbereitung
und am Wettkampf benutzen. Aber
nicht nur vom Material konnte ich
profitieren, sondern auch vom Knowhow der Mitarbeitenden. Während
meiner ganzen Lehrzeit war ich von
erfahrenen Berufsleuten umgeben, die
jederzeit bereit waren, uns Lernenden
bei Problemen zu helfen und Sachverhalte zu erklären. Von ihrer Erfahrung
zu lernen war äusserst hilfreich, um
Routinearbeiten schneller und effizienter zu erledigen und Probleme sicherer
zu meistern.
Bildungsplans. Doch nicht nur das
Wissen zählt. Auch die Praxiserfahrung
ist entscheidend, die ich hautnah in
der Wirtschaft machen durfte.
Berufsleute fundiert ausbildet und so
gut auf die Arbeitswelt vorbereitet.
Dann würden Sie sich wieder für eine
Ich werde im Herbst 2015 mit dem
Vollzeit-Bachelorstudium «Elektround Informationstechnik» an der
Fachhochschule Nordwestschweiz
beginnen. Was danach kommt, steht in
den Sternen. Aber ich werde definitiv
in diesem Beruf bleiben.
Wie sehen Ihre weiteren beruflichen
Pläne aus?
Berufslehre entscheiden?
Auf jeden Fall! Ich finde, das duale
Bildungssystem macht den perfekten
Ausgleich zwischen der Theorie an der
Berufsschule und der Praxis im Lehrbetrieb. Und mit der berufsbegleitenden
Matura kann man sich direkt den Weg
an eine Fachhochschule sichern.
www.mullermartini.com
Und was bringt die Berufslehre Ihrer
Sie schliessen Ihre Lehre im Sommer
Meinung nach dem Betrieb?
Andrea Eichmüller
2015 ab. Was werden Sie – nebst der
Ein Elektroniker-Lernender bringt
der Firma neues Know-how. Denn in
der Berufsschule lernt er die neuesten
Methoden und Möglichkeiten in seinem Fach und ist punkto Entwicklung
im Elektronik-Bereich immer up to
date. Ausserdem leistet das Unternehmen damit einen guten Beitrag zur
Schweizer Wirtschaft, indem es junge
Aargau Services Standortförderung
Medaille – aus der Lehrzeit bei der Müller Martini Electronic AG mitnehmen?
Natürlich werde ich sehr viel berufsbezogenes Wissen mitnehmen. Die
Ausbildung bei der Müller Martini
Electronic AG war sehr flexibel und
fundiert. Ich lernte viel mehr als
bloss die vorgegebenen Themen des
10 | 11 focus aargau
Holzbau ist Hightech
Oscar Elias, CEO der Häring & Co. AG
(Foto: Peter Siegrist)
Saldomes für die Schweizerischen Rheinsalinen in Rheinfelden (Foto: Häring & Co. AG)
Leicht, sauber, nachhaltig und wärmetechnisch effizient: Oscar Elias schwärmt für
Holz als Baustoff. Der CEO der Häring & Co. AG, die Ende 2012 in Eiken eine neue
Produktionsstätte eröffnete, über gesuchte deutsche Zimmermänner, die riesige
Nachfrage in China und seine Vision, in der Schweiz ein Hochhaus aus Holz zu bauen.
Holz ist heimelig, sagt der Volksmund.
Unser Holzbau ist innovativ, sagt Häring.
Inwiefern?
Vor zwölf Jahren kam ich als Ökonom
zum Familienunternehmen. Inzwischen weiss ich: Holz brennt nicht nur.
Es ist ein moderner, leistungsfähiger
Baustoff. Wir produzieren vorgefertigte
Elemente in Trockenbauweise, unsere
Baustellen sind keine «Saustellen».
Holz ist wärmetechnisch effizient, wird
nachhaltig produziert – und bleibt
dabei heimelig.
beispielsweise unsere Brettschichtholzträger aus verleimten Lamellen. Sie
sind bis 42 Meter lang und ersetzen
Stahlträger. Mit der Eidgenössischen
Technischen Hochschule forschen wir
am erdbebensicheren Bauen. Unsere
Spezialität ist das integrale SystemEngineering. Das heisst, dass in die
Bauelemente vor der Montage möglichst viel integriert wird: Steckdosen,
Fenster, Storen, die Fassade. Wir bieten
sogenannte normvariable Komponenten an, damit der Architekt nicht jede
Wand neu erfinden muss.
Würden Sie die Holzbau- als Hightech-Branche bezeichnen?
Ihre Paradereferenz sind die beiden
Vom Potenzial her ist Holz tatsächlich
ein Hightech-Material. Nehmen Sie
gigantischen Holzkuppelbauten, die Saldomes für die Schweizerischen Rheinsa-
Produktionsstätte in Eiken (Foto: Peter Siegrist)
Geschäftsleitungs-Mitglieder: Stefan Wettstein, Jürgen Felber
und Oscar Elias (Foto: Peter Siegrist)
linen in Rheinfelden. Ein Türöffner?
Wo können Sie heute wachsen?
Die Aufträge hatten einen Fomel-1Effekt: Häring wurde bekannter, aber
mehr Saldomes verkauften wir trotzdem nicht (lacht). Die Konstruktionsweise ohne Gerüst erlaubt uns, auch
in entlegenen Orten auf dieser Welt
solche Dome-Strukturen kostengünstig
und schnell zu montieren. Die Anwendung des Domes lässt sich aber auch
gut im Bau von Kultur- und Sporthallen anwenden.
Beispielsweise, indem wir bestehende
Mehrfamilienhäuser aufstocken –
Stichwort Verdichtung. Holz als
leichter Baustoff ist prädestiniert
dafür. Oder an unseren ausländischen
Standorten. In Gabun/Afrika ist der
Rohstoff reichlich vorhanden, in China
ist die Nachfrage riesig. Europa als
Exportmarkt hingegen ist eingebrochen.
Häring deckt von Bodendielen über
SECO geht für 2015 von rückläufigen
Bau- und Ausrüstungsinvestitionen
aus. Der schwache Euro erhöht den
sich trotzdem freuen?
umgekehrt vom günstigen Arbeitsmarkt
Wir haben den Auftrag für ein Tragwerk in Südkorea gewonnen. Im
Heimmarkt etablieren wir einen neuen
Geschäftsbereich Projektentwicklung:
Wir suchen Grundstücke und bauen für Investoren mehrgeschossige
Holzneubauten. Der Spatenstich für
das erste Projekt war im April. Und
dann haben wir noch eine Vision: in
der Schweiz ein Hochhaus aus Holz zu
bauen.
Deutschland?
Wir bekommen viele ausländische
Bewerbungen. Deutsche Zimmermänner haben eine fundierte Ausbildung.
Wir sind auf sie angewiesen, denn der
Fachkräftemangel ist eine Tatsache.
Wir bilden auch Lehrlinge aus.
Sehr wichtig. Seit der Aufhebung der
Euro-Untergrenze investieren Gewerbe und Industrie sehr zurückhaltend.
Stellen Sie sich vor, wir wären nur im
Bereich Ausrüstungsinvestitionen tätig!
Holz war früher nur im Chaletbau
gefragt, heute kommt es vielfältig zum
Einsatz. Diese Chance ergreifen wir.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft
Profitieren Sie mit Ihrer Grenznähe
Fassadenelemente bis zu Industriebau-
Diversifizierung?
Dorf um uns herum gewachsen war.
Wir hatten drei Optionen – Eiken war
mit Abstand die beste. Wir fühlten uns
sehr willkommen. Ende 2012 konnten
wir bereits einziehen. Und die Nähe
zur Autobahn ist super.
Konkurrenzdruck. Worauf können Sie
ten und Mehrzweckhallen ein breites
Spektrum ab. Wie wichtig ist diese
Mitarbeitender der Häring & Co. AG
(Foto: Peter Siegrist)
Nach Eiken kamen Sie 2012, vorher war
Ihr Hauptsitz 135 Jahre lang in BaselLand. Warum dieser Kantonswechsel?
www.haring.ch
Wir mussten aus Pratteln weg, weil das
Interview: Thomas Röthlin
12 | 13 focus aargau
Nicht einfach Löcher bohren
Markus und Carmen Bär, Geschäftsführer und Inhaber der Tiefbohrbär GmbH
(Foto: Markus Schneeberger)
Präzisionsbohrung vom Tiefbohrbär
(Foto: Markus Schneeberger)
Angefangen haben sie in der Garage. Heute führen Carmen und Markus Bär ihre
Tiefbohrbär GmbH als Hightech-Betrieb mit rund 30 Mitarbeitenden in Rothrist und
Albstadt (D). Ihre Fachkräfte, die Werkstücke etwa für Medizinal-Instrumente
hochpräzis bearbeiten, müssen sie selber ausbilden.
Tiefbohren, da kommt mir als Laie
Geothermie in den Sinn. Aber ich liege
falsch. Was machen Sie mit Ihrer Firma
tiefe an, die fünfmal den Bohrdurchmesser beträgt. Wir gehen bis zum
300-Fachen des Bohrdurchmessers.
genau?
Carmen Bär: Wir bohren nicht etwa
Löcher – wir machen Präzisionsbohrungen in allen Werkstoffen, bei
denen sich Material abtragen lässt.
Mit einem herkömmlichen Spiralbohrer müssen die Späne in mehreren
Bohrgängen herausgeholt werden, was
die Bohroberfläche verletzt. Unsere
Spezialwerkzeuge hingegen erreichen
die Bohrtiefe in einem Arbeitsgang.
Ab welcher Tiefe spricht man von einer
Tiefbohrung?
Markus Bär: Es fängt bei einer Bohr-
In welchen Werkstücken steckt Ihre
Arbeit?
Carmen Bär: Als Lohnbetrieb decken
wir alle Branchen ab, von A wie AugenMedizin über Fahrzeuge, LebensmittelIndustrie, Medizinal-Instrumente und
Raumfahrt bis Z wie Zahntechnik.
Sie tüftelten jahrelang an der «perfekten Tiefbohrung». Warum?
Markus Bär: Einer unserer ersten
­Kunden, ebenfalls ein Tiefbohrer, war
nicht zufrieden mit unserer Leistung –
die Oberfläche wies Rillen auf. Aber
Aargauer Regierungsrat Urs Hofmann und US-Botschafterin Suzan LeVine vor dem Tiefbohrbär-Stand am Hightech-Event «Silicon Valley meets Switzerland» (Foto: Markus Schneeberger)
er überliess die Lösung des Problems
uns, weil er es selber auch nicht besser
konnte. Da wusste ich: Einer perfekten
Tiefbohrung muss man ansehen, dass
sie von uns stammt.
Sie sind auf Spezialisten angewiesen.
Wie finden Sie Ihre Fachkräfte?
Markus Bär: Wir müssen das Knowhow unserer Mitarbeitenden selber
aufbauen. Die geeigneten Berufsleute
kommen in anderen Betrieben nicht
in Kontakt mit unserem Verfahren.
Zum Beispiel der Konstrukteur einer
Abfüllanlage von Rivella, sozusagen
unser Nachbar: Er schaute einmal
spontan bei uns rein – und bereute es,
dass er das nicht schon früher gemacht
hatte. Denn mit Tiefbohr-Know-how
lassen sich Konstruktionen vereinfachen und Kosten sparen.
2009 eröffneten Sie in Deutschland
eine Niederlassung. Was bewog Sie zu
diesem Schritt?
Markus Bär: Wir hatten Kunden in
Deutschland, die den Wunsch äusserten, dass wir vor Ort für sie arbeiten
würden. Die Gelegenheit ergab sich
durch den Kauf eines insolventen
deutschen Tiefbohrbetriebs. Wir übernahmen seinen Maschinenpark und
zwei Mitarbeitende. Wegen dem viel
tieferen Preisniveau in Deutschland
müssen wir erst recht auf Präzision
fokussieren: Teurere, aber qualitativ
hochwertige Bohrungen sind den Kunden vor Ort das Geld wert, wenn sie
keine Nachbearbeitungskosten haben
und die Ausschussrate gering ist.
Eingang am Firmen-Hauptsitz in Rothrist
(Foto: Tiefbohrbär GmbH)
Die lokalen Rahmenbedingungen scheinen zu stimmen: Dem Standort Rothrist
sind Sie seit Ihrer Firmengründung 1996
treu geblieben.
Markus Bär: Angefangen haben wir
in unserer Garage. Wir wuchsen und
bezogen 2005 unser eigenes Betriebsgebäude. Das Land verkaufte uns die
Ortsbürgergemeinde. Die Nähe zur
Autobahn ist ein grosser Vorteil, da
unsere Kunden aus der ganzen Schweiz
kommen.
Der Aargau hat eine Hightech-Strategie und investiert in den Wissens- und
Wie meistern Sie die Herausforderung
Technologietransfer. Spüren Sie etwas
des starken Frankens?
von diesen Bemühungen?
Markus Bär: Als Lohnbetrieb sind
unsere anteilsmässig geringen Warenkosten kein Sparhebel. Wir müssen
die Arbeitsabläufe noch effizienter
gestalten. Entscheidend ist aber unser
strategisches Ziel: als HightechUnternehmen so gut zu sein, dass
unsere Kunden auf uns angewiesen
sind.
Markus Bär: Ja, wir schätzen diese
Kontakte. Die Anlässe der Standortförderung Aargau Services sind für
uns wichtig, damit unsere potenziellen
Kunden überhaupt wissen, dass es uns
gibt.
www.tiefbohrbaer.ch
Interview: Thomas Röthlin
1 4 | 1 5 focus aargau
Schützen Sie Ihr unternehmerisches Kapital
Erfindungen, Marken und Design
sind unternehmerisches Kapital.
Dieses vor unerlaubten Übergriffen zu schützen, sollte selbstverständlich sein. Doch vor allem KMU
schützen ihr geistiges Eigentum zu
wenig.
(Foto: Dada Lin)
Verantwortliche in KMU erkennen oft zu spät, wie
wichtig Patent- und Markenschutz sind. Oftmals
ist ihnen auch unklar, wie sie ihre Innovationen vor
unerlaubten Übergriffen schützen können. Wer sich
die Rechte an den eigenen Erfindungen jedoch nicht
frühzeitig sichert, der riskiert kopiert zu werden.
kompetent beraten. Dabei wird die Situation eines
KMU gesamtheitlich betrachtet. Peter Frei, Technologie- und Innovations-Mentor am Hightech Zentrum
Aargau: «Wir betrachten Patentfragen nie losgelöst von
der Firmenkultur, sondern richten den Blick auf die
gesamte Situation eines KMU».
Ebenso gilt: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Wer
selbst Rechte oder Patente verletzt, dem drohen teure
Klagen. Interessant in diesem Zusammenhang und gut
zu wissen: Jedes Thema und der Stand jeglicher Technik
ist in der Patentliteratur beschrieben.
Patentrecherchen sind unerlässlich
Das Hightech Zentrum Aargau bietet im Rahmen
seines Leistungsauftrages begleitete Recherchen an.
Hierzu hat es mit dem Eidgenössischen Institut für
Geistiges Eigentum (IGE) einen Kooperationsvertrag abgeschlossen. Dieser beinhaltet unter anderem
einen «virtuellen Zugang» zu den Patentexperten des
IGE. Um diesen auch nutzen zu können, entsteht im
Hightech Zentrum Aargau in Brugg ein Rechercheraum. Aargauer Unternehmen können hier recherchieren. Zusätzlich stehen ihnen erfahrene Mitarbeitende
zur Seite, die sie in Patentrecht sowie Technologiefragen
Kontaktieren Sie die Hightech Zentrum Aargau AG
unter:
Tel. +41 56 560 50 50
[email protected]
www.hightechzentrum.ch/ip
Helen Dietsche
Hightech Zentrum Aargau AG
Vom Aargau in die Welt
Rund um die Welt begegnet man beeindruckenden Persönlichkeiten. Nicht wenige leben im Aargau. In der Rubrik «Vom Aargau
in die Welt» verraten einige von ihnen, wie sie den Kanton wahrnehmen, was sie am Aargau schätzen oder sich für den Aargau
wünschen.
In dieser Ausgabe: Natascha Badmann, erfolgreichste Schweizer
Du- und Triathletin aller Zeiten. Sie wohnt in Oftringen, gewann
sechs Mal den Ironman Hawaii, ist zweifache Weltmeisterin im
Duathlon und wurde zwei Mal Schweizer Sportlerin des Jahres.
Natascha Badmann (Foto: Red Bull Media House)
Aufgewachsen bin ich im Kanton Basel-Landschaft.
Tolle Freunde, die schöne Wohnlage und super
Trainingsmöglichkeiten haben mich vor Jahren in den
Aargau gezogen. Hier in Oftringen fühle ich mich
wohl; hier bin ich zu Hause. Als Sportlerin komme ich
viel in der Welt herum und habe schon einige schöne
Orte gesehen. Doch überzeugen tut mich der Aargau –
ein aufgeschlossener und fortschrittlicher Kanton.
Hier bietet sich mir Lebensqualität. Viele freundliche
und gute Menschen leben hier. Auch die zentrale Lage
schätze ich sehr, und von der Natur bin ich begeistert –
Schweizer Idylle pur! Die schöne, gepflegte Landschaft
und die weltweit einzigartigen, tollen Waldwege bieten
mir ein ideales Trainingsgebiet. Auch topografisch ist
der Aargau für mein Rad- und Lauftraining hervorragend. Ich geniesse es, von zu Hause aus mit meinem
Rennrad starten zu können.
Ja, im Aargau gibt es viele Perlen zu entdecken. So etwa
die wunderschöne Altstadt von Zofingen mit ihren tollen Lokalen und den zahlreichen Veranstaltungen wie
beispielsweise dem Bio Marché – der grössten Schweizer
Bio-Messe, die jährlich tausende Besucherinnen und
Besucher nach Zofingen lockt. Der Aargau ist wirklich
toll. Ich bin immer wieder überrascht, wie schön es hier
ist, wenn ich von einem Sportevent oder Trainingslager
im Ausland nach Hause komme. Und ich freue mich
jedes Mal auf die Rösti in unserem Dorfrestaurant
Linde.
Ich wünsche mir für den Aargau, dass er stolz darauf
ist, was er erreicht hat und viel Freude für alle noch
kommenden Herausforderungen. Für die Aargauerinnen und Aargauer wünsche ich mir, dass die tolle
Lebensqualität erhalten bleibt sowie beste Gesundheit
und Bewegung. Und für mich wünsche ich mir mehr
Sportförderung. Mein grösster Wunsch wäre eine
komplette Fitnessanlage mit breitem Angebot bis hin
zur Gesundheits- und Ernährungsberatung für die
gesamte Bevölkerung. Am besten in Zofingen, wo es in
den Trinermatten bereits eine Laufbahn, Tennisplätze
und ein Freibad hat. Oder in Oftringen neben der
Erzo (Entsorgung Region Zofingen), wo die Abwärme
für die Heizung der Schwimmbecken genutzt werden
könnte. Ideen hätte ich viele …
www.nataschabadmann.ch
www.9stunden.com
Natascha Badmann
16 | 17 focus aargau
Unternehmenssteuerreform III
– Fluch oder Segen?
Andreas Staubli (Foto: PwC AG)
«Der Kanton Aargau hat gute
Karten bei der Standortwahl:
Ausbildungsstätten für Fachkräfte, moderne Infrastruktur, zentrale Lage und faire
Steuern.»
«Ein wichtiger Standortvorteil
ist unser Steuerklima – um
dieses zu erhalten, müssen
die Interessen von Staat und
Steuerpflichtigen im Lot
bleiben.»
Andreas Staubli, Geschäftsleitung
PricewaterhouseCoopers AG,
Leiter Steuern und Recht
Ralph Lehmann, Director PricewaterhouseCoopers AG, Leiter
Steuern Aargau
Ralph Lehmann (Foto: PwC AG)
Das Klima in der internationalen Steuerlandschaft hat sich aufgrund der Finanzkrisen
und des erhöhten Finanzbedarfs verschiedener Staaten verschärft. Diese Staaten
woll(t)en auf der Suche nach zusätzlichen Einnahmequellen mit allen Mitteln ihr
Steuersubstrat erhöhen. Auf nationaler wie internationaler Ebene (EU und OECD)
wird nach Wettbewerbsbedingungen gesucht, die für alle Staaten massgebend sind.
Mit der Unternehmenssteuerreform
(UStR) III soll die Schweiz auch für international ausgerichtete Unternehmen
steuerlich attraktiv bleiben – sowohl
für Zuzüger aus dem Ausland wie auch
für bereits in der Schweiz ansässige
Unternehmen. Der Erhalt der Standortattraktivität zielt auf den Erhalt des
Unternehmenssteuersubstrats, von Arbeitsplätzen und wegen der volkswirtschaftlichen Bedeutung der international orientierten Unternehmen letztlich
auch auf den Erhalt des Wohlstands in
der Schweiz ab. Deshalb ist es das Ziel
der Bundes- und Kantonsbehörden
sowie der Wirtschaftsverbände, die
internationale Wettbewerbsfähigkeit
der Schweiz langfristig zu sichern.
Bedeutung für den
Kanton Aargau Im Kanton Aargau sind aktuell rund
500 sogenannte Statusgesellschaften
angesiedelt (davon gut 400 Holdings),
wobei die von diesen generierten
Steuereinnahmen lediglich im knappen Prozentbereich liegen. Kann sich
der Kanton Aargau also entspannt zurücklehnen? Zu Recht nicht, denn die
volkswirtschaftlichen Auswirkungen
betreffen die ganze Schweiz und die
Massnahmen anderer Kantone (unter
anderem Boxenlösungen) haben
direkten Einfluss auf den innerschweizerischen Standortwettbewerb, der
auch von heute ordentlich besteuerten
Unternehmen beachtet wird.
baren stillen Reserven. Diese sollen,
insofern nach Inkrafttreten der Reform
realisiert, bis zu zehn Anschlussjahre
nicht oder nur milde besteuert werden.
Von den übrigen diskutierten Massnahmen möchte der Bundesrat die
Abschaffung der Emissionsabgabe,
Erleichterungen bei der Kapitalsteuer
sowie eine einheitliche Teilbesteuerung
von Dividenden bei privaten Aktionären weiterverfolgen.
Aktueller Stand der UStR III –
weniger ist mehr! Gemäss der Vernehmlassung soll die
UStR III auf wenige, international
anerkannte Modelle beschränkt werden, um eine mehrheitsfähige Lösung
anzubieten. Aus der untenstehenden
Übersicht gehen die vom Bundesrat
für die Botschaft festgelegten Eckwerte
hervor. Mit der Lizenzbox sollen die
Kantone die Möglichkeit erhalten,
Erträge aus Immaterialgüterrechten
(primär Patente) steuerlich nur teilweise zu erfassen. Abzüge für Forschung und Entwicklung ergänzen
diesen Bereich. Auf die zinsbereinigte
Gewinnsteuer, die auch einen kalkulatorischen Zins auf dem sogenannten
Sicherheitseigenkapital, also auf Eigenkapital, welches betriebswirtschaftlich nicht zwingend nötig wäre, zum
Abzug zulässt, hat der Bundesrat leider
verzichtet. Diese sollte wieder in die
parlamentarischen Beratungen einfliessen. Steuersystematisch konsistent ist
schliesslich die übergangsrechtliche
Behandlung von bisher nicht steuer-
Welches sind die Trumpfkarten?
• Die diskutierten neuen Steuermodelle werden international akzeptiert sein.
• Der gesunde Staatshaushalt lässt die Implementierung der diskutier ten Modelle zu.
•
Die Lizenzbox und Abzüge für Forschung und Entwicklung passen perfekt zum Hightech-Fokus des
Kantons Aargau.
Heute an übermorgen denken
• Fortführung der Stabilität: Die
UStR III wird nicht vor 2018 in
Kraft treten. Hinzu kommt der oben
erwähnte Vorteil aus stillen Reserven
für maximal zehn Anschlussjahre –
welches Land gewährt eine derartige
Planungssicherheit?
Unsere Standortattraktivität bedingt
ein nachhaltiges Steuerfundament.
PwC Schweiz verfolgt die politische
Debatte und arbeitet aktiv bei der
Reform mit. PwC Schweiz unterstützt
Unternehmen auch bei der Steuerplanung mit Blick auf die UStR III.
• Kompetitive Gewinnsteuersätze:
Eventuell weitere Steuersatzreduk tionen dank der geplanten Erhöhung
des Kantonsanteils an der direkten
Bundessteuer.
www.pwc.ch
Andreas Staubli und Ralph Lehmann
PricewaterhouseCoopers AG
Wegfall der kantonalen Statusgesellschaften (Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften),
der Prinzipalbesteuerung sowie der Finance Branch-Regimes
Unternehmenssteuerreform III
Bereiche mit
Verbesserungen
Lizenzbox auf
kantonaler Ebene
inkl. Abzug für F&E
Senkung der
ordentlichen
Gewinnsteuersätze
Zinsbereinigte
Gewinnsteuer
Emissionsabgabe
Kapitalsteuer
Teilbesteuerung
Tonnage Tax
Einheitliche Regelung zur steuerlichen Aufdeckung von stillen Reserven beim
Statuswechsel («Step-up»)
Eckwerte gem. Bundesrat für Botschaft:
akzeptiert
Basierend auf www.news.admin.ch vom 2. April 2015
offen
abgelehnt
Beteiligungsabzug
Kapitalgewinnsteuer
Verlustverrechnung
18 | 19 focus aargau
Agenda 2015
Wo Sie uns treffen
Weitere Veranstaltungen
IFJ-Intensivkurs Firmengründung, Aarau
Vorbereitung zur Firmengründung, Brugg
24. Juni, 21. Juli und 31. August 2015
24. Juni und 30. September 2015
Die Teilnehmenden erfahren am kostenlosen Vorbereitungskurs, wie sie online, unkompliziert und
günstig eine AG oder GmbH gründen können.
Veranstalter: Technopark® Aargau
www.technopark-aargau.ch
Veranstalter: Institut für Jungunternehmen, in Zusammenarbeit mit Aargau Services Standortförderung
www.ifj.ch, www.aargauservices.ch
11. Life Sciences-Info-Frühstück, Aarau
24. Juni 2015
Unternehmer der Medizintechnik-Branche erhalten
Gelegenheit, ihr Netzwerk zu pflegen und neue Kontakte zu knüpfen.
IP für KMU: Lizenz- und Vertragsrecht, Brugg
30. Juni 2015
Veranstaltungsreihe zum Thema: «Schützen Sie Ihr
unternehmerisches Kapital» – Teil 3
Veranstalter: Hightech Zentrum Aargau AG
www.hightechzentrum.ch
Infotable 08-15, Lupfig
26. August 2015
Veranstalter: Aargau Services Standortförderung
www.aargauservices.ch
«Datensicherheit – Erfolgsfaktor für Schweizer
KMU»
Investorenseminar, Leipzig (D)
Veranstalter: KMU Swiss AG
www.kmuswiss.ch
8. September 2015
Deutsche Unternehmer können sich an dieser
Veranstaltung über die Unternehmensgründung im
Kanton Aargau informieren lassen.
start-net.ch, Brugg
Veranstalter: Aargau Services Standortförderung und
Handelskammer Deutschland-Schweiz
www.aargauservices.ch, www.handelskammer-d-ch.ch
Veranstalter: start-net GmbH
www.technopark-aargau.ch
1. September–24. November 2015
«Ich mache mich selbstständig»
Aargauische Berufsschau ab‘ 15, Wettingen
23. Neuunternehmer/innen Forum, Brugg
8. September–13. September 2015
18. November 2015
ab ‘15 ist die Plattform für Berufswahl und Berufsbildung. Mehr als 70 Verbände, Organisationen und
Institutionen präsentieren rund 200 Lehrberufe.
Die Veranstaltung für angehende und bereits erfolgreiche Neuunternehmer/innen bietet kostenlose
Fachreferate und dient als Netzwerk-Plattform.
Veranstalter: Aargau Services Standortförderung
www.aargauservices.ch
Veranstalter: Aargauischer Gewerbeverband
www.agv.ch
Start-up-Finanzierung: Tipps für Start-ups und
Investoren, Brugg
22. September 2015
Veranstalter: Technopark® Aargau
www.technopark-aargau.ch
Weitere Veranstaltungen finden Sie unter:
www.aargauservices.ch www.hightechzentrum.ch
www.agv.chwww.ifj.ch
www.aihk.chwww.kmuswiss.ch
www.fhnw.chwww.kmuverband.ch
www.handelskammer-d-ch.ch
Neu im Aargau
Jinn-Bot Robotics & Design GmbH
Die Jinn-Bot Robotics & Design GmbH ist eine Entwicklungsfirma, die auf Android-App
gesteuerte Laufsysteme spezialisiert ist. Ihr Know-how stellt sie projektbezogen auch anderen Firmen bereit. «Jinn», der erste lauffähige humanoide Roboter, wurde in der Schweiz
digital entwickelt und kann mit 3D-Druckern weltweit produziert werden. Ersatzteile
können so direkt beim Robotic-Kunden hergestellt und Neuentwicklungen integriert
werden. Die Jinn-Bot Robotics & Design GmbH hat ihren Firmensitz in Gebenstorf und
beschäftigt aktuell drei Mitarbeitende.
www.jinn-bot.com
Cosylab Switzerland GmbH
Cosylab (Control System Laboratory) ist Weltmarktführer im Bereich Kontrollsysteme
für Grossforschungsanlagen der Experimentalphysik. Das Unternehmen bietet Systemintegrationen sowie auf den Kunden abgestimmte Lösungen. Cosylab deckt den gesamten
Bereich der Mess- und Steuerungstechnik ab und ist spezialisiert auf Beschleuniger,
Tokamaks und Radioteleskope. Seit 2014 ist das Unternehmen mit der Cosylab Switzerland GmbH im Kanton Aargau vertreten und beschäftigt in Würenlingen aktuell sechs
Mitarbeitende.
www.cosylab.com
SvoBaTech AG
Die international tätige SvoBaTech AG verfügt über ein weltweit einzigartiges Know-how
im Bereich der Grossgeneratoren. Sie bietet Consulting sowie Troubleshooting an und ist
spezialisiert auf Kühlwassersysteme. Einer der Geschäftsschwerpunkte ist ein chemischer
Prozess, der Verstopfungen in Kühlkanälen entfernt. Die SvoBaTech AG hat ihren Firmensitz in Würenlingen und beschäftigt aktuell zwei Mitarbeitende. Im Bedarfsfall wird sie
von erfahrenen, externen Beratern unterstützt.
www.svobatech.com
B+N Tortechnik AG
Die B+N Tortechnik produziert, montiert und vertreibt Industrie- und Privattore. Zudem
wartet und repariert sie sämtliche Tortypen und bietet technische Problemlösungen von
der Planung bis zur Ausführung. Seit 2006 ist das Unternehmen im Aargau tätig. Im Januar 2015 gründete die B+N Tortechnik eine AG in Möhlin, wo sie aktuell fünf Mitarbeitende beschäftigt.
www.bn-tortechnik.ch
Aargau Services Standortförderung
Ein guter Service rundet das Gesamtpaket an attraktiven
Rahmenbedingungen im Aargau ab. Aargau Services ist
Ihre zentrale Anlaufstelle beim Kanton.
Sie möchten im Aargau ein Unternehmen gründen oder
den bestehenden Betrieb expandieren?
Sie haben eine Frage an die kantonale Verwaltung und
wissen nicht, an wen Sie sich wenden können?
Wir sind gerne für Sie da:
• Wir beraten Sie bei der Firmengründung zu Fragen rund um das Steuer- und Arbeitsrecht, Rechtsformen, Arbeitsbewilligungen und Sozialversicherungen.
• Wir vermitteln Ihnen Kontakte zu Behörden, Experten,
Forschungsinstituten, Banken, Verbänden und
Unternehmen.
• Wir finden für Sie geeignete Immobilien und
Grundstücke.
• Wir informieren Sie zu Wirtschafts- und Standort fragen sowie Fördermöglichkeiten im Kanton Aargau.
Wir freuen uns auf Ihren Kontakt!
Aargau Services Standortförderung
Postfach, CH-5001 Aarau
Tel. +41 62 835 24 40, Fax +41 62 835 24 19
[email protected], www.aargauservices.ch