1060 Kilometer auf dem Jakobsweg gelaufen

Neue Osnabrücker Zeitung, 30. Oktober 2015
1060 Kilometer auf dem
Jakobsweg gelaufen
Ellen Wehrs setzt sich für brasilianisches Naturvolk ein
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barb OSNABRÜCK. Um einem indianischen Urvolk im
brasilianischen Regenwald zu
helfen, ist Ellen Wehrs kein
Weg zu weit: Die 43-jährige
Grundschullehrerin aus Osnabrück ist mehr als 1000 Kilometer auf dem Jakobsweg
gelaufen, um Spenden für den
Stamm der Akwe Xerente zu
sammeln.
1160 Kilometer auf dem Jakobsweg von Santiago de
Compostela bis nach Barcelona hatte sich Wehrs ursprünglich vorgenommen – etwa
1060 Kilometer sind es
schlussendlich geworden. Die
letzten 100 Kilometer hat sie
überwiegend mit dem Fahrrad zurückgelegt.
33 Tage lang war sie fast jeden Tag 35 Kilometer gelaufen, über Sandwege, Asphalt,
Geröll und Berghöhen. Begleitet wurde sie dabei von ihrem
Sohn, der mit dem Rad hinter
ihr herfuhr. Mit ihrem „Lichtlauf 2015“ will die 43-jährige
Grundschullehrerin Spenden
für ein indianisches Urvolk im
brasilianischen Regenwald
sammeln.
Das indigene Volk der Akwe
Xerente lernte sie durch ihre
Tante Silvia Thekla Wewering
kennen, die vor 55 Jahren als
Missionarin nach Südamerika ging. Ellen Wehrs machte
sich schließlich bewusst rückwärts, das heißt in entgegengesetzter Richtung zu den anderen Pilgern, auf den Weg,
„zurück zu unseren Wurzeln“.
Zu Beginn ihres Laufs sei sie
sehr aufgeregt gewesen, da sie
sich viel vorgenommen hatte.
Bis zu 45 Grad Celsius
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„Als ich mein Ziel in Barcelona erreicht hatte, empfand
ich große Freude und Erleichterung“, erinnert sie sich. „Es
war immer wieder aufs Neue
offen, wie der Tag wird“, erklärt sie. Lief sie in Galicien
noch bei Temperaturen von 12
bis 28 Grad, so kletterte die
Anzeige des Thermometers in
der Provinz Leon auf bis zu 45
Grad Celsius. „Die Provinz Le-
Das Ziel, die Tibidabokirche in Barcelona, ist für Ellen Wehrs
Foto: Wehrs
auf dieser Aufnahme schon in Sichtweite.
on war sowohl landschaftlich
als auch von den Temperaturen her wie eine Wüste“, erzählt die Läuferin. Im Gebirge
in der Region Montserrat
überwand Wehrs an einem
Tag 1500 Höhenmeter. Das
Rad ihres Sohnes hätten sie
über Bergspalten tragen müssen.
Gelaufen ist sie schon in ihrer Kindheit, wie sie sagt. Dabei erlebe sie normalerweise
ein Gefühl der Entspannung
und ein Wohlgefühl. „Es gab
aber auch Tage auf dem Camino, da war ich müde, es war
schon eine Grenzerfahrung“,
gibt sie zu. Hilfreich sei dann,
im „Hier und Jetzt“ zu bleiben. „Nicht gucken, was noch
kommt, sondern darauf, was
ich schon geschafft habe.“
Auf ihrem Weg hat Ellen
Wehrs oft die Natur beeindruckt. Sie, die von den Indianern bei einem ihrer Aufenthalte im brasilianischen
Hochland den Namen „Sekwahidi“ – „Libelle“ erhalten
habe, sei auf dem Jakobsweg
immer wieder von Libellen
umringt worden, auch dort,
wo kein Wasser zu sehen gewesen sei, erzählt sie. An die
Begegnungen mit anderen
Pilgern auf dem Camino
denkt Ellen Wehrs ebenfalls
gern zurück. „Es war toll, den
Menschen entgegenzukommen, daraus haben sich viele
herzliche Begegnungen und
Gespräche ergeben.“
Unterstützung via Netz
Unterstützt und ermuntert
fühlte sie sich auch durch die
vielen Menschen, die ihr im
Blog und auf Youtube geschrieben hätten. Bisher hat
Ellen Wehrs rund 6500 Euro
Spendengelder erlaufen. Das
Geld geht an das Kindermissionswerk Aachen, das die Arbeit ihrer Tante für das indianische Volk unterstützt. Mit
den Spenden wird unter anderem die Schulbildung der
etwa 3000 Indianer gefördert.
Für Ellen Wehrs ist der Lauf
erst der Beginn ihres „Lichtlaufjahres“, das bis zu den
Olympischen Spielen 2016 in
Brasilien reichen soll. Es sind
weitere Aktionen vorgesehen,
zum Beispiel plant die Grundschule Widukindland, in der
die Lehrerin arbeitet, nächstes Jahr einen Sponsorenlauf
zugunsten der Indianer.