Predigt zu 1. Kor 4,1-5 von Pfr. Dominik Kanka gehalten in der im

Predigt zu 1. Kor 4,1-5 von Pfr. Dominik Kanka gehalten in der im
Gottesdienst
am 3. Advent in der Christuskirche Heppenheim
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des
Heiligen Geistes sei mit euch allen, Amen.
Liebe Gemeinde,
vor anderthalb Wochen haben wir uns im Konfi-Unterricht mit dem Thema
Abendmahl beschäftigt. Genau genommen mit der Frage, die sich die Jünger stellen,
als ihnen Jesus bei seinem letzten Mahl mitteilt, dass einer unter ihnen ihn verraten
wird. Alle nehmen am Mahl teil, auch derjenige, der ihn verraten wird. Aber es bleibt
ein Geheimnis, wer es ist. Alle fragen sich: Bin ich´s?
Und diese Frage haben wir uns gestellt. Jede und jeder für sich: Bin ich´s? Kann ich
mir vorstellen, etwas so böses zu tun? Kann ich mir vorstellen, etwas wirklich Böses
zu tun? Also keine Kleinigkeit, sondern etwas, worüber man dann nicht einfach mal
so spricht. Höchstens mit den besten Freunden.
Bin ich´s? Ist es vielleicht schon böse, etwas Böses zu denken oder zu fühlen,
jemanden hassen, jemandem etwas Böses wünschen …?
Ja, da waren wir uns einig, wir sind in der Lage, böse zu handeln, böse zu denken,
böse zu fühlen. In der Kirche spricht man davon, dass wir Sünder sind.
Diese Erkenntnis hat es schon irgendwie in sich. Wie fühlt es sich an, wenn man sich
für einen Augenblick klar macht: Ja, ich kann´s! Ich kann böse sein! Ich kann es,
auch wenn ich es nicht wahr haben will. Ich kann sogar böse sein, auch wenn es die
Anderen nicht merken.
Am Tisch beim letzten Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern sitzt einer, der es bereits
gemerkt hat: Jesus! Ihm bleibt es nicht verborgen: Vor ihm kann der Verräter seine
Tat nicht verborgen halten.
Das hieße: Wenn es auch die Andere nicht merken – vor Gott bleibt es nicht
verborgen. Gott sieht, was ich tue, er bekommt mit, was ich denke und fühle. Und
dabei bleibt es nicht! Er ist nicht nur der, der alles sieht und mitbekommt, sondern er
ist auch der, der uns Menschen zur Rechenschaft zieht. Der uns fragen wird: Warum
hast du das getan, was du getan hast?
Kurz gesagt: Gott ist nicht nur der liebe Gott, er ist auch der richtende Gott. Er ist
nicht der liebe Gott, der alles gut findet, sondern er ist auch der gerechte Gott, der das
verurteilt, was nicht gut ist.
Gott als Richter
Das kling im ersten Moment hart. Ist es natürlich auch. Gott geht ins Gericht mit uns
Menschen. Vor ihm müssen wir uns verantworten für das, was wir getan haben, was
wir gedacht und gefühlt haben.
Wer das ablehnt, den frage ich: Was wäre, wenn du recht hättest? Was wäre, wenn
Gott kein richtender Gott wäre? Wenn es Gott egal wäre, was wir tun und denken?
Wenn da letztendlich niemand wäre, der gerecht urteilt?
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In diesem Moment klingt es nicht mehr nur hart. Es klingt ein anderer Gedanke mit.
Sollen wir uns auf das Urteil von Menschen, oder lieber auf das Urteil Gottes
verlassen? Paulus schreibt in seinem Brief an die Korinther, für ihn sei es nicht
wichtig, wie andere Menschen über ihn urteilen. Für Ihn sei es sogar noch nicht
einmal entscheidend, wie er über sich selbst urteile. Letztendlich sei entscheidend,
wie Gott nach seinem Leben über ihn urteilen wird.
Gott als Richter klingt dann eher befreiend. Es ist befreiend, wenn wir frei sind von
den Urteilen anderer Menschen, ja sogar frei sind von dem eigenen Urteil. Denn das
menschliche Urteil ist vorläufig und nicht endgültig.
Was das heißt, kann man sich leicht vorstellen:
Was der Lehrer von mir hält, ist nicht entscheidend; es ist vielleicht vorläufig
entscheidend, welche Note ich bekomme, aber es ist nicht endgültig entscheidend,
was für ein Mensch ich bin. Endgültig wird auch der Lehrer oder die Lehrerin sich zu
verantworten haben.
Was mein Mitarbeiter, meine Mitarbeiterin von mir hält, ist nicht entscheidend,
jedenfalls nicht endgültig. Was er oder sie über mich denkt, ob ich eine Null oder ein
Vorbild bin. Es trifft mich, es kann mein Leben verändern zum Guten wie zum
Schlechten. Aber es ist nicht endgültig entscheidend.
Was ich selbst von mir halte, ist nicht entscheidend. Es ist vorläufig entscheidend, ob
ich selbstbewusst oder schüchtern bin. Das bestimmt mein Leben, ob ich von mir
enttäuscht bin oder ob ich mit mir zufrieden bin. Aber – und das ist das tröstliche – es
ist nicht endgültig!
Endgültig ist das Urteil Gottes und nicht das der Menschen.
Liebe Gemeinde,
So weit – so gut. Völlig unerwartet zieht nun Paulus als Fazit aus seinen
Ausführungen: »Dann wird einem jeden von Gott sein Lob zuteil werden.« Wenn
also Gott sein endgültiges Urteil sprechen wird, wenn er das ans Licht bringen wird,
was bisher verborgen war; wenn er die geheimsten Gedanken enthüllen wird, »dann
wird einem jeden von Gott sein Lob zuteil werden.« Im endgültigen Gericht Gottes
wird einem jeden Menschen sein Lob zuteil werden. Und ich erinnere daran: Jeder
Mensch, der auch böse sein kann.
Für mich gehört dies zu dem Geheimnisvollen unseres christlichen Glaubens. Auch
Paulus spricht in diesem Zusammenhang von Gottes Geheimnis, für das er eintritt. Er
versteht sich selbst als Hüter dieses Geheimnisses.
Damit sind wir schließlich wieder bei unserem Ausgangspunkt angelangt: Dem
Abendmahl! Auch das Abendmahl ist geprägt von diesem Geheimnis des Glaubens.
Bei dem Abendmahl wird es sogar ausdrücklich in Form einer alten syrischen
Formel gesprochen:
Geheimnis des Glaubens,
deinen Tod verkünden wir,
deine Auferstehung preisen wir
bis du kommst in Herrlichkeit.
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Lothar Zenetti schreibt dazu:
Geheimnis des Glaubens
Deinen Tod, o Herr, verkünden wir,
und deine Auferstehung preisen wir,
bis du kommst . . . . So heißt es wohl,
und manchmal denk ich mir:
das Wort ‚Geheimnis‘ steht mit Absicht hier.
Und ‚preisen‘ heißt es, nicht enthüllen,
nicht mit Gerede jede Stille füllen.
Doch was gesagt ist, das erläutern wir,
und was gemeint ist, das erklären wir,
und was wir feiern, kommentieren wir,
und wenn’s gewünscht wird, diskutieren wir.
Ich hoffe nur, man betet nie zu dir:
Deinen Tod, o Herr, begründen wir,
und deine Auferstehung, die beweisen wir.
Ach, wenn du kommst in Herrlichkeit,
erbarm dich deiner Christenheit,
vor allem: unsrer Gründlichkeit!
Lothar Zenetti;
aus: Lothar Zenetti, Leben liegt in der Luft. Worte der Hoffnung
© Matthias-Grünewald-Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern 2007
Das ist wie bei einem Adventskalender. Bei ihm geht es um die Überraschung. Es
soll ein Geheimnis bleiben, was in den nächsten Tagen enthüllt wird. Und ihn würde
es schon lange nicht mehr geben, wenn wir ihn in aller Gründlichkeit begründen,
erklären und beweisen würden. Zu dem Adventskalender gehört das Geheimnis.
Und so gehört des Geheimnis zum christlichen Glauben. Als gläubige Christen und
Christinnen sind wir aufgefordert, an diesem Geheimnis des Glaubens festzuhalten.
Auch im Abendmahl, wenn wir uns fragen: Bin ich´s? Bin ich ein sündiger Mensch?
bleibt dies eine Sache zwischen Gott und mir. Ihm kann ich mich und meine Sünden
anvertrauen.
Am Ende der Zeit, wenn ich nicht mehr leben werde, wird er, der gerechte Richter,
urteilen und er wird mich endgültig loben. Das ist das Geheimnis des Glaubens: Im
Tod ist das Leben.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und
Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn.
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