WIEN 9 DIENSTAG, 28. JULI 2015 Gesundheit. Jeder zweite Medizinstudent verlässt nach seiner Promotion Österreich in Richtung Deutschland und Schweiz. Um diesen Trend zu stoppen, braucht es eine Reihe von Maßnahmen. Wie Ärzte gehalten werden können Organisation klagt gegen Zwang zur Auflösung. VON KÖKSAL BALTACI Wien. Es ist schon länger nicht mehr zu leugnen. Österreich im Allgemeinen und Wien im Speziellen bieten für junge Ärzte keine attraktiven, im europäischen Vergleich wettbewerbsfähigen Arbeitsbedingungen. Mit der Folge, dass mittlerweile jeder zweite Absolvent eines Medizinstudiums ins Ausland geht. Mussten angehende Ärzte in Wien bis vor Kurzem noch mehrere Jahre auf einen Turnusplatz warten, haben die Krankenhäuser heute teilweise sogar Pro- Ideen für Wien TEIL 4: SOZIALES www.diepresse.com/33ideen bleme damit, diese Stellen überhaupt zu besetzen. Am stärksten ist die Abwanderung nach Deutschland und in die Schweiz. Gefolgt von Großbritannien und den skandinavischen Ländern. Der Grund ist fast immer derselbe: bessere Arbeitsbedingungen und höhere Gehälter. Hinzu kommen oft Anreize wie Dienstwohnungen, Hilfe bei der Suche nach Kinderbetreuungsplätzen, kostenlose Sprachkurse und bezahlte Heimflüge. Neben den Auswirkungen für die medizinische Versorgung der Bevölkerung trifft dieser Trend auch die Volkswirtschaft. Denn jeder Medizinstudent kostet die Universitäten allein für das Studium rund 26.000 Euro pro Jahr. Macht bei einer Mindeststudiendauer von sechs Jahren 156.000 Euro. Der Abwanderung von jungen Ärzten aus Österreich könnte man entgegenwirken – mit folgenden fünf Maßnahmen. 1 Bessere Ausbildung für Turnus- und Assistenzärzte In einer Ärztekammer-Umfrage beurteilten Turnusärzte die Qualität ihrer Ausbildung auf einer Schulnotenskala mit 2,79 (Befriedigend). 37,2 Prozent gaben an, nach der Absolvierung einer Abteilung typische Krankheitsbilder nicht oder nur zu einem kleinen Teil richtig zu erkennen. In Wien würde jeder dritte Arzt laut einer OGM-Befragung nach den Erfahrungen, die er Junge Mediziner sehen in Österreich oft keine Zukunft für sich und wandern zunehmend ins Ausland ab. während seiner Turnuszeit gemacht hat, nicht wieder Medizin studieren. Das Hauptproblem sind die fehlenden Ressourcen, die eine qualitätsvolle Ausbildung sicherstellen könnten – beispielsweise mit einem Mentoring-System. Zwar haben auch in Österreich Turnus- und Assistenzärzte Fachbzw. Oberärzte als Ausbildner, diese haben aber im Alltag kaum Zeit dafür. Funktionieren kann dieses System nur, wenn die Mentoren für die Ausbildung freigestellt werden. 2 Kein Missbrauch von jungen Ärzten als „Systemerhalter“ im Spital Ärzte in Ausbildung werden in Wien traditionell zu einem großen Teil für Tätigkeiten eingesetzt, die in anderen europäischen Ländern praktisch zur Gänze vom Pflegepersonal übernommen werden und bei denen sie kaum etwas lernen. So berichten Turnus- und Assistenzärzte, dass sie mindestens 80 Prozent ihrer Ausbildungszeit mit Aufgaben verbringen wie etwa Arztbriefe schreiben, Befunde kopieren bzw. telefonisch anfordern, Blut abnehmen, Infusionen anhängen und Blutdruck messen. Junge Krankenpfleger wiederum bekla- gen, dass sie von ihren älteren Kollegen dazu angehalten werden, diese Tätigkeiten nicht zu übernehmen und sie großteils den jungen Ärzten zu überlassen, damit es irgendwann nicht zur Selbstverständlichkeit wird, dass dafür das Pflegepersonal zuständig ist. 3 Eine im europäischen Vergleich angemessene Bezahlung In der Schweiz verdient ein Facharzt bereits in der Ausbildung rund 9000 Franken (8500 Euro) Grundgehalt, bei der Gemeinde Wien bekommt ein fertiger Facharzt anfangs 4100 Euro brutto. Obwohl dieses Gehalt im Zuge des neuen Arbeitszeitgesetzes schrittweise um bis zu 29 Prozent angehoben wird, verdienen Ärzte in Österreich deutlich weniger als in der Schweiz, in Deutschland und Skandinavien. Trotz der teilweise höheren Lebenshaltungskosten in diesen Ländern bleibt ihnen unterm Strich mehr Geld. 4 Wissenschaftliche Forschung als Teil der Arbeitszeit Wer in Wiener Spitälern Forschung betreiben und seine akademische [ Clemens Fabry ] Karriere vorantreiben will, muss das im Wesentlichen in seiner Freizeit machen, weil er dafür in der regulären Arbeitszeit kaum Kapazitäten hat. Ein klarer Wettbewerbsnachteil gegenüber Ländern wie Großbritannien und Norwegen. Die Rahmenbedingungen für junge Mediziner müssen so gestaltet werden, dass wissenschaftliches Arbeiten nicht nur durch deutlich höhere Arbeitszeiten möglich ist. 5 Perspektiven für verschiedene Lebensphasen und -Konzepte In den meisten europäischen Ländern ist es üblich, dass es für Mediziner im Alter, die nicht mehr so lang arbeiten wollen bzw. können oder zusätzlich in Ordinationen tätig sind, individuell zugeschnittene Teilzeitprogramme gibt. Dasselbe gilt für Ärztinnen, die Mütter werden. Mehr als die Hälfte der Medizinstudenten sind weiblich. In Fächern wie Gynäkologie und Kinderheilkunde sind sogar bis zu zwei Drittel der Ärzte Frauen. Und müssen sich in Österreich oft zwischen Karriere oder Familie entscheiden. Umfassende Karenzund Betreuungsangebote könnten sie von diesem Dilemma befreien. Diskussion: Busspuren für E-Autos öffnen? Wakeboard-Lift: Unfall gibt Rätsel auf Vorschlag von Minister, Wiener Linien skeptisch. Wien. Am Montag, am Tag danach, Wien. Wiens Busspuren sollen für E-Autos geöffnet werden, wünscht sich Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) in der Zeitung „Heute“. Um die Elektromobilität zu fördern, so die Idee. Im Büro von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) gibt man sich „gesprächsbereit“. Kritik kommt von den Wiener Linien – ein Bus mit bis zu 100 Passagieren sei „die umweltfreundlichste Art der Fortbewegung“, so ein Sprecher. Und dieser Bus solle schnell vorankommen. Karin Holdhaus, Umweltsprecherin der Wiener ÖVP, kritisiert in einer Reaktion, dass Wien keine Anreize für E-Autos schaffe – so gebe es noch kein flächendeckendes Tankstellennetz für E-Fahrzeuge. (APA) Arm abgetrennt. Einer 41-jährigen Ärztin wurde bei einem Unfall mit dem WakeboardLift an der Neuen Donau der Unterarm abgetrennt. Die Ursache war zuletzt unklar. fragte sich so mancher: Wie konnte so etwas passieren? Eine 41-jährige Ärztin benützt Sonntagmittag den Wakeboard-Lift an der Neuen Donau (22. Bezirk), kommt offenbar zu Sturz, worauf ihr der Unterarm zwischen Ellbogen und Handgelenk komplett abgetrennt wird. Für die schwer verletzte Frau – sie war ins AKH eingeliefert worden – bestand zuletzt keine Lebensgefahr. Der Reihe nach: Gleich nach dem Unglück hatten zwei Passanten die im Wasser treibende Frau geborgen. Gemeinsam mit dem Liftbetreiber und dem Liftwart leisteten sie Erste Hilfe, ehe die Frau ins Krankenhaus gebracht wurde. Ein Feuerwehrtaucher fand knapp zwei Stunden später den abgetrennten Arm am Grund der Neuen Donau. Eine Funkstreife transportierte diesen in einer Kühlbox ins AKH. Der Arm konnte aber nicht mehr angenäht werden. Offenbar hat niemand gesehen, wie es zu dem Unfall kam. Und das Opfer konnte noch nicht befragt werden, erklärte Polizeisprecher Thomas Keiblinger. Selbst wenn sich das mit einem Haltegriff versehene Seil des Lifts um den Arm geschlungen haben sollte, scheint die Sache rätselhaft. Man würde diesfalls eher vermuten, dass die Frau vom Lift – dieser fährt mit circa 30 km/h – nachgeschleift wird. Und nicht, dass es zu einem Abreißen des Arms kommt. Jedenfalls ermittelt die Polizei routinemäßig wegen fahrlässiger Körperverletzung. Dabei könnte die Unfallursache durch einen Gutachter geklärt werden. Indes hat der Liftbetreiber Unterlagen über die obligate technische Überprüfung des Liftes an die Polizei übermittelt. Vorgeschriebene Auflagen (Rettungsboot, Schwimmwesten etc.) seien offenbar erfüllt worden, so der jüngste Ermittlungsstand. Atib brachte Klage gegen das Islamgesetz ein Zum Unfallhergang konnte der Mann nichts sagen. Er sah das Unglück nicht. Versicherung würde zahlen Generell können sich Freizeitbetriebe (Klettergarten, Sommerrodelbahn etc.) gegen Unfälle versichern lassen. Wenn den Konsumenten bei einem Unfall kein Verschulden trifft, muss die Versicherung einspringen. Schuld des Kunden besteht in der Regel nur bei grober Fahrlässigkeit. Beispiel: Kunde wird belehrt, hält sich aber nicht an Sicherheitsvorschriften. Auch als Privatperson kann man sich gegen Freizeitunfälle versichern. So würde etwa die Wiener Städtische in einem Fall wie dem nun vorliegenden wohl die Höchstsumme, nämlich 350.000 Euro, ausbezahlen. Dies erklärte der Sprecher der Wiener Städtischen, Christian Kreuzer, auf „Presse“-Anfrage. (m. s.) Wien. Die Atib hat eine Klage gegen das Islamgesetz vor dem Verfassungsgerichtshof eingebracht. Die Kritik des größten Dachverbands islamischer Moscheevereine bekämpft dabei nur einen Paragrafen – jenen, nach dem mit 1. März 2016 alle Vereine, deren Zweck in der Verbreitung der Religionslehre besteht, aufgelöst werden müssen. Dafür, so heißt es aus dem Atib-Vorstand, gebe es keine sachliche Rechtfertigung. Zudem sei nicht erkennbar, was genau mit der Verbreitung der Religionslehre gemeint ist. Schließlich argumentiert man auch damit, dass es sich um eine spezielle Regelung handelt, die es für andere Religionen nicht gibt – dies sei eine Diskriminierung. Die Finanzierung von Imamen aus dem Ausland ficht die Atib dagegen nicht an – dies könne man mit Stiftungen lösen. Zufrieden mit dem Gesetz zeigte sich hingegen Fuat Sanac, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) mit dem Gesetz. Es habe Pannen gegeben, aber nun könne man „mit Stolz sagen, dass der Islam nirgendwo wie in Österreich derartig von der Republik geschützt wird“. (eko) NACHRICHTEN NÖ: Unteroffizier des Dienstes enthoben Ein Unteroffizier der Garnison Mistelbach ist dem Militärkommando Niederösterreich zufolge vorläufig des Dienstes enthoben worden. Er soll auf seinem Facebook-Account Postings geteilt haben, die den Verdacht einer strafbaren Handlung gegen das Verbotsgesetz durch Verbreitung bzw. Gutheißung von dem Nationalsozialismus zuzuordnenden Gedankengut zulassen würden. Weiters wurden Maßnahmen zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens eingeleitet. Außerdem erfolgte eine Mitteilung an die zuständige Staatsanwaltschaft. Salzburg: Illegales Autorennen vor Unfall? Nach dem fatalen Verkehrsunfall auf der Großglockner-Hochalpenstraße mit zwei Toten am Freitag hat sich nun ein Augenzeuge zu Wort gemeldet. Demnach könnte dem 400-MeterAbsturz ein illegales Autorennen vorangegangen sein. Wie die „Salzburger Nachrichten“ berichten, sagte ein Radsportler aus, zwei Fahrzeuge seien in sehr kurzem Abstand zueinander unterwegs gewesen. Er habe den Eindruck gewonnen, dass es sich dabei um ein „Duell“ gehandelt habe. Bei dem Unfall starben ein 22-jähriger Brite und sein 25-jähriger Beifahrer. KLEINE CHRONIK Namenstag. Samuel, Viktor. Geburt. Mag. Agnes und Mag. Gerhard Wieser freuen sich über die Geburt von Franziska am 23. Juli 2015.
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