SNKF Gedanken - mfu-Wien

Aus dem Zyklus „Stories die die Welt nicht braucht“:
Einblick in die Gedanken eines SNKF *)
*) Nein, kein Kugellager. Sonntags-Nachmittags-Kaffee-Flieger. Auch als Kirchturmflieger
bekannt.
Die „mehr als 1000h“ Cracks können den Text gleich kopfschüttelnd schließen oder sich
allenfalls daran erinnern, auch irgendwann so angefangen zu haben.
Wieder mal mehr als 2 Wochen nicht geflogen (Wetter, berufliche und private Termine,…).
Langsam kommen die Entzugserscheinungen: Ziehen am Lenkrad statt Bremsen beim
Autofahren, Penetration der gesamten Umgebung mit fliegerischem Vokabular (notfalls auch
ungefragt), im Zwischennetz (www) werden nur noch aviatische YouTube-Videos
angeschaut…
Das kommende Wochenende verspricht Murkswetter, aber der Do sieht gut aus, auch keine
sonstigen Termine stehen an: Ok, also die DA20 OE-xxx reserviert.
Mitflieger: keine. Feiges Pack. (Quatsch, ich wollte eh allein fliegen).
Wo solls hingehen? Runde über den Neusiedlersee (nicht rasend spannend, aber ich mag
einfach das Gefühl, über den See zu fliegen, wenn er langsam da unten vorbeigleitet, den
Seewinkel, die pannonische Landschaft).
Anschließend ins Mittelburgenland, die Verwandtschaft besuchen (natürlich nur per
Flügelwackeln in 2000ft), dann Richtung Hartberg/Steiermark, vielleicht den Stubenbergsee,
dann noch St. Kathrein am Offenegg. Das ist DAS St. Kathrein aus „Keine Sterne in Athen“.
Klingt recht gemütlich, ist es auch, richtig zum Ausspannen. Dann wieder zurück nach
Vöslau.
Flugvorbereitung: Die Route wird am GPSMAP 495 erstellt. Mittels Mapsource und einem
kleinen selbstgebastelten Hilfsprogramm kommen die Leg-Distances und Headings in ein
Excel-Sheet, das die Zeitdauer der einzelnen Legs und die invertierten Headings für einen
allfälligen Rückflug errechnet. Händisch mit Hilfe der ICAO-Karte werden Maximal- und
Mindesthöhen für jedes Leg ergänzt. Die ausgedruckte Tabelle kommt aufs Kniebrett. Damit
entfällt weitgehend das Kartengefummel im Flug; die Karten hab ich natürlich trotzdem mit.
Die SRAs und Begrenzungsgebiete um Wien – auch die Neuen – sind schon verinnerlicht und
bedeuten keine Challenge mehr (immer schön südlich einer gedachten Ost-West-Line durch
Eisenstadt bleiben, links vom Neusiedlersee nach Norden: Nix gehta).
Notams hole ich mir über das VFR-Bulletin der DFS. Wenn es die ACG mal schafft, die
Notams nach Route zu filtern, nehm ich gern auch Homebriefing dafür. Aber bei dem
geplanten Flug ist die cableway, die bei Kötschach Mauthen erected wurde, von
überschauberer Relevanz.
Für MET nehm ich das ACG-Flugwetter: „Datenabfrage für Flugstrecke“. Wenigstens beim
Wetter wird ein Burgenlandflug nicht mit den Infos für LOWI verschönert.
Notams und Wetter kommen als pdf aufs Smartphone. Bedeutet weniger Papierkram.
Nur meine Standardrouten und die Standard-W/B-Berechnungen (1/2/3 Leute in DA20,
DA40, C152,…) hab ich auf Papier mit.
Am Donnerstag nachmittag den Flieger geholt: Das Wetter ist fein, fast keine Wolken, und
wenn welche da sind, Untergrenzen bei 5-6000ft, leicht windig, versprochenerweise gute
Sicht. Also den Geier aus dem Hangar gezogen. Deswegen heißt das „Sportfliegerei“. Haha.
Dabei war das in der prä-Rundhangarzeit manchmal wirklich mühsam.
Ölkontrolle: 1cm unter Minimum. Auf manche Dinge kann man sich verlassen.
Also: Prop mit der Hand durchdrehen (Zündung eh aus???). Sieht doof aus, muß aber sein.
Wär jetzt ein Pax da, könnte man ja sagen: Ja, das ist ein altes Modell, das hat einen
Gummimotor, der muß aufgezogen werden. Bruahaha.
Na komm, rülps schon: Danke, endlich. 1/3 zwischen Min und Max. Paaaaßt.
Der Vorgänger ist nach dem Volltanken 38min geflogen. Da ich aber allein bin und etwas
länger fliegen möchte (etwas mehr als 2Std geplanterweise) tanke ich den Rest auch noch
nach; sicher ist sicher. 950m Piste und fast 80kg unter MTOM sind ein schöner Polster, auch
wenn es etwa 28° hat.
Vorflugkontrolle (angenehm, der Flieger ist wirklich sauber, wie aus der Waschstrasse),
Motor an, warmlaufenlassen, GPS ein (ja, ja, ich weiß….), Vöslau Flugplatz von der OE-xxx,
…
Soweit alles normal, die Centerline befindet sich beim Startlauf die meiste Zeit unter dem
Flieger, abheben und: ein echt erhebendes Gefühl. Immer wieder schön.
Bei 1200ft: fuel pump, landing lights off, flaps up. Den Durchsacker kann ich gut korrigieren.
Klar: bin ja allein im Flieger. Der nächste Pax hat an der Stelle wahrscheinlich den Magen
zwischen den Ohren und mutiert das 1. Mal zum Hulk.
Raumschiff an Erde: Verlasse den Platzbereich…
Dann wollen wir mal bei Wien Info reinrufen: Wien Information, OE-xxx, good afternoon.
So, jetzt weiß der Info-Mann gleich, daß hier ein ICAO approveter Level 5er sitzt (aber
mindestens) und wird Probleme haben, seine Ergriffenheit zu verbergen. Allein es erfolgt als
Antwort: Schweigen im Walde… Verdächtig ist, daß es auch sonst sehr ruhig ist…
(Nein, nur im Funk. Der Motor läuft noch).
Der Fehler ist bald gefunden: Die Frequenz steht auf 118.5 (War vorher SBY; die Katana hat
ein KX125). Möglicherweise hat hier jemand den Trick nicht gekannt, wie man die 0.025
auch noch dazukriegt: Am kleinen Knöpfchen ziehen.
Auf 118.525 geht’s viel besser. Also: Pause abwarten, räusper, Funktaste.
Wien Information, OE-xxx, good afternoon.
OE-xxx, go ahead.
Jetzt wirds ernst: OE-xxx is …ähem… a local flight, just departed in vöslau, 2500ft, squawk
7000,…. Aircraft type is a di vi twenty. (Nö. Eine di ä twenty. Wurscht).
Himmel Arsch und Zwirn: Kann ich nach 2 Wochen Pause nicht mal das Einleitungssatzerl
fehlerfrei aufsagen und die aircraft type nicht am Anfang vergessen! Muß ich halt meine skills
improven. Früher hieß es einfach: Übung macht den Meister.
Sqwak und QNH bekommen, eingestellt: Soweit so gut.
Dann der Erstanruf eines Kollegen:
OE- …äääääähhhh 1) xyz, wi ef ar, ruuting über Hintertupfing … ääääh… Unterstinkenbrunn
…. aääähhh … St. Jakob am Blosenstaa …. äääähh 2) … Kreuzstätten äääähhh …
1) Ein Versuch ,die Gedanken zu lesen: Wie heißt die verdammte Krähe? Ah da stehts ja.
2) Hier sehen wir den Kopf des Lotsen langsam auf die Tischplatte sinken…
Ich bin mit meinem Erstanruf wieder versöhnt.
Jetzt beginnt das echte Vergnügen: Wie auf Watte oder Schienen gleite ich in der Luft dahin,
die Sicht ist traumhaft, ich genieße den Flug und bemühe mich gleichzeitig, 2000ft möglichst
exakt einzuhalten; gelingt immer besser.
Bei der Therme St. Martin mache ich eine Steilkurve, halte dabei sogar die Höhe. Wahnsinn.
Ausleiten hauptsächlich mit dem Seitenruder. The rudder is your friend.
Ein paar Fotos von anderen Flügen, gleiche Gegend:
Rust
Birnbaumlacke
Der „Althof“ zwischen Podersdorf und Frauenkirchen
Richtung Westen ists gegen die Sonne wieder ein bißchen mühsam, es ist doch etwas dunstig,
aber alles noch im grünen Bereich. Ab Mattersburg ist Steigen angesagt, der Sieggrabener
Sattel will überflogen werden. Anschließend in sanftem Gleitflug ins Mittelburgenland.
Leichtes Gewackel über den Hügeln: So what, war zu erwarten.
Ein bißchen Heimat
Pannonische Impression
2 Ehrenrunden über „meine“ Ortschaft, offenbar keiner da; im Garten niemand zu sehen.
Na gut, dann ab in die Steiermark: Es sind ein paar Berge im Weg, also rauf auf 4500. Das
QNH von 1013 erübrigt ein Nachdenken, ob und wann ich auf Flugfläche umstellen muß.
Kurz vor Hartberg dann die Enttäuschung: Der Dunst wird immer dichter, darüber bilden sich
in meiner Höhe bereits Wolken, die Sicht wird immer miserabler, die Unterscheidung
zwischen Stratus, Cumulus und Cumulus Granitus lasse ich bleiben.
Also Rechtskurve und ab nach Hause. Im östlichen Flachland und in den Ausläufern ist die
Sicht noch hervorragend, trotzdem etwas schade. Die Steiermark muß warten.
Wien Info deverted das QNH noch auf 1012: Aha, Luftdruck sinkt. War klar.
Ca. in Höhe von Wr. Neustadt geht’s zurück auf 118.6, ich erwarte ob des schönen Wetters
regen Verkehr: Allein: nix los. Na gut, dann reinrufen, gleich mit der ganzen Info. Vor dem
Takeoff notiere ich mir QNH und Squawk, weil ich gewitztes Kerlchen weiß, daß man bei
Lokalflügen den gleichen Squawk kriegt wie beim Abflug. Also: Vöslau Flugplatz, OE-xxx,
zur Landung auf die eins drei, mit 1012 und 400x. Das QNH wird ja in Vöslau auch gesunken
sein. Kurze trockene Antwort: Korrrrekt. Boah bin ich gut.
Dann meldet sich doch ein Hubschrauber bei Oberwaltersdorf, und will über Echo, Sierra und
Tango auf die 13. Ok, also ein paar mehr Positionsmeldungen meinerseits als sonst, damit der
andere weiß, wo ich gerade bin. Vöslau klingt schon leicht genervt, aber ich melde die
Position nicht für ihn (hat mich eh am Radar) sondern für den „gegnerischen“ Verkehr.
Richtung Tango bin ich wieder für den Tip dankbar: Do hängst de cowling zwischen de zwa
Ruinen do vurn, daunn passt des. Passt auch, Sooß wir weiträumig über Whiskey umflogen.
Gleich am Beginn des Anfluges stimmt die Speed, auch die Sinkrate ist ok: Wer sagts denn.
Nochmal ein Scan der Motorinstrumente, alle im grünen Bereich.
Flaps, fuel pump, landing light: approach checklist ok.
Die Windinfo wie immer erst einiges nach „Autobahn“: Schon klar, leichter Seitenwind von
rechts. War auch so zu merken.
Kurz vor dem Flaren könnte die speed noch den einen oder anderen Knoten höher sein,
trotzdem pipifeine Landung, beim Delta raus, Flieger aufräumen (Flaps up, Transponder aus,
…)
Das war schlicht und einfach ein super Abendflug. Abgelenkt von Bürofrust und befriedigt
über das schöne Erlebnis schiebe ich die brave Katana in den Hangar und wundere mich noch,
daß ich offenbar keine einzige Mücke „abgeschossen“ habe. Der Flieger ist wie neu.