Augsburger Examinatorium der Juristischen Fakultät Universitätsstraße 24 86159 Augsburg Zimmer: 2007a Examinatorium Probeexamen Tel.: Klausur vom: 08.03.2016 (Original: 2011 I 2) Besprechung am: 30.03.2016, 12:15-15:15 Uhr, Raum 2003 +49 821 598 - 4055 [email protected] www.jura.uni-augsburg.de/examinatorium Moritz Wahlster-Bode Sachverhalt Alfred Ahlmann war bis Ende 2014 Inhaber eines großen Baustoffgroßhandels in Würzburg und ist als Baustoffgroßhändler im Handelsregister eingetragen. Da er sich zur Ruhe setzen will, verkauft er seinen Betrieb und lebt seit Anfang 2015 vom Verkaufserlös und von seinen Ersparnissen. Er vergisst allerdings, die Eintragung im Handelsregister löschen zu lassen. Weil er nach wie vor über viel Sachverstand in der Baustoffindustrie verfügt, bestellt Alfred Ahlmann ab und an für Freunde und Verwandte in geringem Umfang Ware. Er verlangt hierfür kein Entgelt von seinen „Kunden“; allerdings hat es sich eingebürgert, dass diese ihm kleine Geldgeschenke zukommen lassen. Hierdurch kommt 2015 eine niedrige vierstellige Summe zusammen, die Alfred Ahlmann dazu verwendet, einige seiner Freunde zu einem Wanderausflug in die Fränkische Schweiz einzuladen. Da er dieses Geschäft nur als ein Hobby betrachtet und ohnehin nur wenige Bestellungen tätigt, benötigt er weder eine Bilanzierung noch eine Buchhaltung; alle wesentlichen Zahlen notiert er in seinem Notizbuch. Im Februar 2016 entdeckt Alfred Ahlmann bei Durchsicht eines Baustoffkatalogs eines seiner ehemaligen Lieferanten, Leopold Laube, eine Badewanne zu einem günstigen Preis. Da Alfred Ahlmann vermutet, dass sein Freund Bernd Brem, der gerade sein Bad renoviert, diese bestimmt gut gebrauchen kann, bestellt er, ohne bei Bernd Brem nachzufragen, unter Verwendung seines alten Geschäftspapiers mit dem Briefkopf „Alfred Ahlmann e. K.“ bei Leopold Laube die Badewanne. Leopold Laube lässt die Badewanne eine Woche später in das Haus von Alfred Ahlmann liefern, behält sich aber wirksam das Eigentum bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises vor. Am nächsten Tag meldet sich Alfred Ahlmann bei Bernd Brem und bietet ihm die Badewanne an. Dieser zeigt aber wider Erwarten kein Interesse. Da Alfred Ahlmann selbst keine neue Badewanne braucht, wendet er sich unter Verwendung seines alten Geschäftspapiers an Dieter Distel, der Inhaber eines großen Sanitärhandels ist. Dieter Distel ist von der Badewanne sehr angetan und ordert sie sodann 1 telefonisch bei Alfred Ahlmann für sein Sanitärgeschäft. Da Dieter Distel die Gepflogenheiten in der Branche kennt, geht er davon aus, dass Alfred Ahlmann die Badewanne zwar nicht gehört, er aber berechtigt ist, das Eigentum an ihr zu übertragen. Zudem glaubt er aufgrund des verwendeten Geschäftspapiers, dass Alfred Ahlmann noch Kaufmann ist. Am nächsten Tag bringt Alfred Ahlmann, der die Badewanne noch immer nicht bezahlt hat, diese Dieter Distel. Nach erfolgtem Kauf der Badewanne kommt Dieter Distel auf die Idee, sich mal wieder etwas Urlaub zu gönnen. Er betraut seinen zurzeit arbeitslosen Schwager Siegmund Selb damit, während seiner zweiwöchigen Abwesenheit den Verkauf in seinem Sanitärgeschäft weiterzuführen. Siegmund Selb war bereits während des letzten Urlaubs von Dieter Distel vor drei Jahren für diesen eingesprungen. Damals hatte Siegmund Selb auch mit Wissen und unter Verwendung des Geschäftspapiers von Dieter Distel kleinere Bestellungen bis circa 100,- € bei Lieferanten durchgeführt. Da Dieter Distel seinen derzeitigen Warenbestand für mehr als ausreichend hält, untersagt er Siegmund Selb allerdings diesmal ausdrücklich, Einkäufe jeglicher Art zu tätigen. Bei der Durchsicht des Warenlagers von Dieter Distel gewinnt Siegmund Selb, der das Einkaufsverbot von Dieter Distel schon wieder vergessen hat, den Eindruck, dass dieser sein Sortiment auch auf Springbrunnen erweitern sollte. Als ihm am gleichen Tag ein Werbeprospekt von Günter Gräber, einem Newcomer am Markt, in die Hände fällt, bestellt er dort kurzerhand unter Verwendung des auf dem Schreibtisch liegenden Geschäftspapiers von Dieter Distel eine Containerladung edler Marmorspringbrunnen zum Preis von insgesamt 40.000,- €. Den Brief unterzeichnet Siegmund Selb mit „Siegmund Selb i. V. Dieter Distel Sanitärhandel“ und versieht ihn mit dem ebenfalls auf dem Schreibtisch befindlichen Firmenstempel. Günter Gräber bestätigt die Bestellung schriftlich. Die Marmorspringbrunnen werden fünf Tage später in das Ladengeschäft von Dieter Distel geliefert, wo sie Siegmund Selb in Empfang nimmt. Als Dieter Distel aus dem Urlaub zurückkommt, ist er entsetzt über den Erwerb der Marmorspringbrunnen. In einem mit „Widerruf“ überschriebenen Brief erklärt er gegenüber Günter Gräber, dass er mit dem Kaufvertrag nicht einverstanden sei; ferner verlangt er die sofortige Abholung der Ware. Bearbeitervermerk: In einem Gutachten, das auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht, sind in der vorgegebenen Reihenfolge folgende Fragen zu beantworten: 1. Wer ist Eigentümer der Badewanne? 2. Hat Günter Gräber gegen Dieter Distel oder gegen Siegmund Selb Zahlungsansprüche wegen der Lieferung der Marmorspringbrunnen? 2
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