Surena Koller, Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Prof. Dr. Martin Maties, Professur für Bürgerliches Recht, Wirtschafts- und Arbeitsrecht Fallbesprechung Grundkurs BGB II Juristische Fakultät Augsburg Sommersemester 2012 Universitätsstraße 24 86159 Augsburg Hellwege/Kolper/Roßmanith/Koller Zimmer 1050 AG 5: Leistungs- und Gegenleistungsgefahr Tel +49 821 598 – 4596 [email protected] Lösungsskizze Fall 1: Kann V Zahlung des Kaufpreises verlangen? Anspruch der V auf Zahlung des vereinbarten Kaufpreises gem. § 433 II BGB I. Anspruch entstanden? Vss.: wirksamer Kaufvertrag über V‘s Plattensammlung (+) Zwischenergebnis: Kaufpreisanspruch (+) II. Anspruch erloschen? 1. Entfallen des Anspruchs nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB? Schicksal der Gegenleistung bei Unmöglichkeit der Leistung nach § 275 BGB: Die Leistung, also Übergabe und Übereignung, sind unmöglich geworden gem. § 275 BGB – was passiert mit der Gegenleistungspflicht, also der Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung? § 275 IV BGB verweist hierzu in § 326 BGB: Hier ordnet § 326 I 1 BGB bei Unmöglichkeit der Leistung (Achtung: NICHT der Nacherfüllung) grds. das Erlöschen der Gegenleistungspflicht an. Zu prüfen bleibt aber, ob eine der anspruchserhaltenden Normen gem. § 326 II, III BGB greifen oder ob eine der systematischen Ausnahmen zu § 326 I 1 BGB greifen, namentlich für Sie vorerst relevant: §§ 446, 447, 644 II. 1 Vss. des § 326 I 1 BGB: V müsste ihrerseits von ihrer Leistungspflicht (Übergabe und Übereignung der Plattensammlung) nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB befreit sein Hier: gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB ist V verpflichtet, dem M das Eigentum an den Platten zu verschaffen Übereignung jeder einzelnen Platte gem. § 929 S.1 BGB erforderlich: Vss.: Einigung, Übergabe und Berechtigung Grds. bereits am 1. Mai (+) Aber: Eigentumsvorbehalt gem. § 449 BGB vereinbart, d.h. die Übereignung war gem. § 158 Abs. 1 BGB aufschiebend bedingt M sollte das Eigentum erst mit Zahlung des KP am 15. Mai erlangen selbst wenn K den Kaufpreis noch zahlt und damit die Bedingung herbeiführt, kann er Eigentum an den untergegangen Platten nicht mehr erlangen Eigentumserwerb ist gem. § 275 I BGB unmöglich geworden Zwischenergebnis: V braucht nach § 275 I BGB nicht mehr zu leisten Anspruch auf die Gegenleistung nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB grds. entfallen 2. es sei denn: Anspruchserhaltung gem. § 326 Abs. 2 BGB? V könnte trotz Unmöglichkeit ihrer Leistung den Anspruch auf die Gegenleistung (Zahlung) des M behalten haben, wenn § 326 Abs.2 S.1 BGB eingreift: Alt 1 = M für den Umstand der Unmöglichkeit der Leistung weit überwiegend verantwortlich? (-), da M (=Gläubiger des Anspruchs auf Übereignung der Platten) die Brandursache nicht zu vertreten hatte Alt.2 = M im Annahmeverzug? (-), da M mit der Annahme des Eigentums nicht in Verzug war Zwischenergebnis: M eigentlich von seiner Pflicht der Kaufpreiszahlung befreit 3. Übergang der Gegenleistungsgefahr / Preisgefahr nach § 446 S. 1 BGB als systematische Ausnahme zu § 326 I 1 BGB? nach § 446 S. 1 BGB geht mit Übergabe die Gefahr des zufälligen Untergangs der verkauften Sache auf den Käufer über 2 Übergabe = Übertragung des unmittelbaren Besitzes i.S.d. § 854 BGB Hier: (+) § 446 S. 1 BGB (+) Übergang der Gegenleistungsgefahr / Preisgefahr auf M: M muss daher zahlen, obwohl er nichts mehr erhält Telos: nur noch M hat Möglichkeit Gefahren von der Kaufsache abzuwenden III. Ergebnis: V kann weiterhin die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises nach § 433 Abs. 2 BGB verlangen Anmerkung: Sie haben bereits bemerkt, dass wir die ganze Zeit eine bestimmte Frage behandeln: Muss M noch zahlen, obwohl er nichts mehr erhält? Das nennt man die Preisgefahr oder Gegenleistungsgefahr. Nach §§ 326 Abs. 2 S. 1, 446, 447 BGB geht die Gegenleistungsgefahr auf den Käufer über. Er muss zahlen, ohne etwas zu erhalten. Davon zu unterschieden ist die Leistungsgefahr. Sie ist vor allem in § 275 BGB geregelt. Sie betrifft die Frage, ob der V noch leisten muss. Er muss nicht mehr leisten, wenn ihm seine Leistung unmöglich geworden ist. Fall 2: Kann T Zahlung des Kaufpreises von M verlangen? Anspruch des T auf Zahlung des vereinbarten Kaufpreises gem. § 433 II BGB I. Anspruch entstanden? Vss.: wirksamer Kaufvertrag Fälligkeit des Kaufpreisanspruchs gem. § 271 Abs. 1 BGB? Hier: Zeitbestimmung: 27.4. um 15:00 Zwischenergebnis: Kaufpreisanspruch (+) II. Anspruch erloschen durch Rücktritt des M? Vss.: Rücktrittsrecht des M 3 G E D A N K L I C H E Vorüberlegung: Auffinden der richtigen Rücktrittsnorm 1. Frage: Mangel behebbar oder nicht? ↙ ↘ behebbar: § 323 I unbehebbar: §§ 326 V, 323 I 2. Frage: Ist das Gewährleistungsrecht eröffnet (dann über § 437 zu §§ 323, 326 V) oder befinden wir uns im allgemeinen Leistungsstörungsrecht (dann ausschließlich §§ 323 ff)? Vss. Gewährleistungsrechte: Kaufvertrag (+), Mangel bei Gefahrübergang? kein Gewährleistungsausschluss? Hier: Nacherfüllungsanspruch des T ist unmöglich, vgl. § 326 I S.2, da es kein Verfahren gibt, welches die Kratzer rückgängig machen könnte. Anmerkung: Ist der Schuldner gem. § 275 vollständig von seiner Pflicht zur Nacherfüllung bei einer Schlechtleistung befreit, bleibt die Gegenleistungspflicht des Gläubigers gem. § 326 Abs.1 S.2 bestehen, da bei einem Mangel nicht „automatisch“ eine Minderung eintreten soll, vgl. § 326 I 1 BGB a. E. – dem Käufer soll noch die Wahl bleiben, zu mindern oder zurückzutreten! Ergebnis der gedanklichen Vorüberlegung ist, dass ein Rücktrittsrecht gem. §§ 323 Abs. 1, 326 Abs. 5, 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB zu prüfen ist 1. Kaufvertrag? KV (+) 2. Mangel bei Gefahrübergang? a) Vorliegen eines Sachmangels i.S.d. § 434 BGB? = Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit § 434 Abs. 1 S. 1? (-), mangels Vereinbarung über den Zustand § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1? (-), keine besondere Verwendung im Vertrag vorausgesetzt § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2? gewöhnlichen Verwendung einer Schallplatte ist anhören; verkratzte Platten sind aber für diese Verwendung ungeeignet daher Mangel: (+) 4 b) Zeitpunkt des Vorliegens des Mangels: Zeitpunkt des Gefahrenübergangs? (1) im Zeitpunkt der Übergabe i.S.d. § 446 S. 1 BGB? Hier: Im Zeitpunkt des Erwerbs unmittelbaren Besitzes durch M lag der Mangel bereits vor (2) Kommt es hier überhaupt auf den Zeitpunkt der Übergabe nach § 446 S. 1 an? Hier: gem. § 446 S. 3 BGB steht es der Übergabe gleich, wenn M im Annahmeverzug gem. §§ 293 ff. war Vss.: M im Annahmeverzug, §§ 293, 294 BGB (b) Angebot der geschuldete Leistung durch T am rechten Ort, zur rechten Zeit und in rechter Weise (c) M hat die angebotene Leistung nicht angenommen Annahmeverzug (+) Gegenleistungsgefahr am 27. April um 15:00 Uhr auf M übergegangen Zwischenergebnis: Im Zeitpunkt des Gefahrenübergangs 27.April war der Mangel noch nicht eingetreten die danach zufällig eingetretenen Verschlechterungen (Unfall) gehen daher zulasten des M 3. Ergebnis: kein Mangel bei Gefahrübergang, daher Gewährleistungsrecht nicht eröffnet und Rücktrittsrecht (-) III. Ergebnis: T hat einen Anspruch gegen M auf Zahlung des Kaufpreises Fall 2 - Abwandlung 1: Platten untergegangen Anspruch des T auf Kaufpreiszahlung gem.§ 433 Abs. 2 BGB? 1. Anspruch entstanden? wirksamer KV und Fälligkeit des Anspruchs (+) 5 2. Anspruch erloschen gem. § 326 Abs.1 S.1? Beachte: im Unterschied zum Ausgangsfall muss M nicht vom Vertrag zurücktreten, um von seiner Pflicht zur Kaufpreiszahlung frei zu werden. Denn gem. § 326 Abs.1 S. 1 BGB wird M kraft Gesetzes von seiner Pflicht zur Gegenleistung befreit, wenn die Leistung unmöglich wird (s.o.) a) Entfallen der Leistungspflicht des T nach § 275 BGB? (+) Die Platten sind untergegangen b) Übergang der Gegenleistungsgefahr auf M nach § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB? Unmöglichkeit trat während des Annahmeverzugs ein (siehe Grundfall). T hatte die Unmöglichkeit auch nicht zu vertreten Ergebnis: Der Anspruch des T auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2 BGB besteht. Zusammenfassung: Schicksal der Gegenleistung bei Unmöglichkeit § 326 I § 326 I 1: Anspruch entfällt bei Unmöglichkeit § 326 I 1 gilt nicht und somit entfällt der der Leistung (Übergabe und Übereignung) Anspruch nicht bei Unmöglichkeit der ABER der Nacherfüllung (§§ 437 Nr.1, 439) Zu prüfen bleibt, ob Telos: Ein Erlöschen ipso iure oder im Falle einer Teilleistung gem. § 326 I 1 a.E. Die Anspruchserhaltung gem. § 326 II greift gar eine automatische Reduktion soll nicht Eine systematische Ausnahme zu § 326 I 1 vorliegt, z.B. §§ 446 f., 644 f. stattfinden, damit der Gläubiger ggf. gem. § 326 V zurücktreten kann wenn er möchte 6 Fall 2 - Abwandlung 2: Kann T Zahlung des Kaufpreises von M verlangen? Anspruch des T auf Kaufpreiszahlung gem.§ 433 Abs. 2 BGB? 1. Anspruch entstanden? (+) s.o. 2. Anspruch erloschen nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB? a) Entfallen der Leistungspflicht des T nach § 275 BGB? Problem: T schuldete eine nur der Gattung nach bestimmte Sache Solange aus der Gattung geleistet werden kann, würde durch den Untergang einer Sache aus der Gattung keine Unmöglichkeit folgen. es sei denn: bereits Konkretisierung nach § 243 Abs. 2 BGB eingetreten dann beschränkt sich die Pflicht auf diese Sache, so dass durch den Untergang genau dieser Sache Unmöglichkeit eintreten würde Vss.: T müsste das seinerseits Erforderliche getan haben, § 243 II, Übersicht s.u. aa) Auswahl und Aussonderung (+) bb) Sache von mittlerer Art und Güte (§ 243 Abs. 1 BGB) (+) cc) je nach Art der Schuld: Hier: Bringschuld: Angebot der Sache am Wohnsitz des M in einer den Annahmeverzug begründenden Weise (+) dd) Rechtsfolge: Konkretisierung Die Leistungsgefahr geht auf M über durch den Untergang tritt Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB ein Zwischenergebnis: § 326 Abs. 1 S. 1 BGB (+), so dass T zwar von seiner Leistungspflicht be- freit wäre, seinerseits aber auch nichts von M verlangen könnte b) es sei denn: Anspruchserhaltung nach § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB? (1) Unmöglichkeit trat während des Annahmeverzugs ein (siehe Grundfall). (2) T müsste die Unmöglichkeit auch nicht zu vertreten haben P: T hatte den Unfall leicht fahrlässig verursacht? Aber: während des Gläubigerverzugs hat der Schuldner nach § 300 Abs. 1 BGB und entgegen § 276 Abs. 1 BGB nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten Ergebnis: Der Anspruch des T auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2 BGB besteht. 7 Fall 2 - Abwandlung 3: Kann T Zahlung des Kaufpreises von M verlangen? Anspruch des T auf Kaufpreiszahlung gem.§ 433 Abs. 2 BGB? 1. Anspruch entstanden? (+) s.o. w i e 2. Anspruchs erloschen nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB? a) Entfallen der Leistungspflicht des T nach § 275 BGB? 2 . A b w a n d Problem: T schuldete eine nur der Gattung nach bestimmte Sache Solange aus der Gattung geleistet werden kann, würde durch den Untergang einer Sache aus der Gattung keine Unmöglichkeit folgen. aa) es sei denn: bereits Konkretisierung nach § 243 Abs. 2 BGB eingetreten dann beschränkt sich die Pflicht auf diese Sache, so dass durch den Untergang genau dieser Sache Unmöglichkeit eintreten würde l u n g Vss.: T hätte das seinerseits Erforderliche getan haben müssen, § 243 II (1) Auswahl und Aussonderung (+) (2) Sache von mittlerer Art und Güte (§ 243 Abs. 1 BGB) (+) (3) je nach Art der Schuld: Hier: Bringschuld: Angebot der Sache am Wohnsitz des M in einer den Annahmeverzug begründenden Weise Hier: (-) Zwischenergebnis: Die Voraussetzungen des § 243 Abs. 2 BGB sind nicht erfüllt. bb) evtl. aber M im Annahmeverzug, § 300 Abs. 2 BGB? (1) §§ 293, 294 BGB sind nicht erfüllt (2) Voraussetzungen der §§ 293, 295 BGB (wörtliches Angebot)? wörtliches Angebot (+) Nichtannahme durch M (+) (3) Rechtsfolge: Die Leistungsgefahr geht auf M über Durch den Untergang der Sache tritt Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB ein Zwischenergebnis: § 326 Abs. 1 S. 1 BGB (+), so dass T zwar von seiner Leistungspflicht befreit wä- re, seinerseits aber auch nichts von M verlangen könnte. 8 b) es sei denn: Anspruchserhaltung nach § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB? Unmöglichkeit trat während des Annahmeverzugs ein (siehe Grundfall). T hatte die Unmöglichkeit auch nicht zu vertreten Ergebnis: Der Anspruch des T auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2 BGB besteht. Fall 3: Kann F Zahlung des Kaufpreises von T verlangen? Anspruch der F gegen T aus § 433 II? I. Anspruch entstanden? Vss.: wirksamer Kaufvertrag (+) II. Anspruch erloschen? 1. Entfallen des Anspruchs nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB? Vss.: V müsste ihrerseits von ihrer Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB befreit sein Hier: Ballkleid ist Stückschuld, daher § 275 I eigentlich (+) Zwischenergebnis: § 326 Abs. 1 S. 1 (+), Anspruch auf KP-Zahlung entfallen 2. es sei denn: Übergang der Gegenleistungsgefahr auf T nach § 447 BGB? a) Vorliegen eines Versendungskaufes i.S.d. § 447 Vss.: Schickschuld Versendung auf Verlangen des Käufers an einen anderen Ort als den Erfüllungsort? Beachte: Erfüllungsort i.S.d. § 447 Abs. 1 BGB ist der Leistungsort i.S.d. § 269 BGB, und nicht der Erfolgsort i.S.d. § 362 Abs. 1 BGB. D.h. der Erfüllungsort ist von der jeweils vereinbarten Schuld abhängig: Hol-, Schick- und Bringschuld, siehe Übersicht. Hier: Erfüllungsort ist grds. Wohnort des Schuldners F, § 269 I Aber: Versendung an Wohnort des Gläubigers T vereinbart = Erfüllungsort Besitz- und Eigentumserwerb soll erst bei T stattfinden. Damit: Schickschuld (+) 9 b) Anwendbarkeit des § 447 auf einen Platzkauf? Hier: Erfüllungs- und Erfolgsort liegen innerhalb Köln P: Was versteht man unter „einem anderem Ort“? MM(alt): § 447 nicht anwendbar bei Platzkäufen h.M.: § 447 anwendbar, da der Verkäufer von dem Transportrisiko entlastet werden soll c) Übergabe an die Transportperson? (+) d) Kein Fall des § 474 Abs. 2? Zwischenergebnis: § 447 Abs. 1 BGB liegt vor; Gegenleistungsgefahr ist gem. § 447 Abs. 1 BGB auf T übergegangen und der Kaufpreisanspruch des F gegen T daher nicht nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB entfallen Ergebnis: F hat einen Anspruch gegen T auf Zahlung des Kaufpreises 10 Unmöglichkeit und Übergang der Leistungsgefahr bei Gattungsschulden Unmöglichkeit = Dauerhafte Nichterbringbarkeit der geschuldeten Leistung. Stückschuld = Es wird ein bestimmter Gegenstand geschuldet, das Schuldverhältnis beschränkt sich auf diesen, nur dieser ist erfüllungstauglich. Wenn er dauerhaft nicht mehr erbringbar ist, tritt Unmöglichkeit ein. Gattungsschuld = Die Gattungsschuld ist nur durch allgemeine Merkmale festgelegt - erfüllungstauglich ist jeder Gegenstand, der die entsprechenden Merkmale in mittlerer Art und Güte aufweist, § 243 I BGB. Da auf andere Gegenstände der Gattung zurückgegriffen werden kann, kann eine dauerhafte Nichterbringbarkeit nicht eintreten, es sei denn die gesamte Gattung geht unter oder es findet eine Konkretisierung statt – dann beschränkt sich gem. § 243 II BGB das Schuldverhältnis auf den einen Gegenstand. Vss. der Konkretisierung ist, dass der Schuldner das zur Leistung seinerseits Erforderliche getan hat. Was das seinerseits Erforderliche ist, hängt von der Art der Schuld ab: a) Aussonderung b) einer Sache mittlerer Art und Güte, § 243 I BGB c) Schuldabhängige Voraussetzungen: - Holschuld: Bereitstellung und Benachrichtigung oder Entbehrlichkeit der Benachrichtigung, § 269 I - Schickschuld: Ordnungsgemäße Übergabe an Transportperson - Bringschuld: Leistungsangebot am Wohnsitz des Gläubigers in Annahmeverzug begründender Weise Somit fallen Leistungs- und Erfolgsort bei der Holschuld zusammen, nämlich am Wohnsitz des Schuldners, bei der Bringschuld auch, jedoch am Wohnsitz des Gläubigers und bei der Schickschuld fallen sie auseinander, denn die Leistungshandlung findet beim Schuldner statt, der Erfolg tritt jedoch beim Gläubiger ein. D.h.: Holschuld Schuldner: Konkretisierung: a) + b) + Bereitstellung + Benachrichtigung/Entbehrlichkeit Gläubiger Leistungs& Erfolgsort Schuldner: Leistungs- Schickschuld Konkretisierung: a) + b) + Ordnungsgemäße Übergabe an Transportperson Gläubiger: Erfolgsort ort Schuldner Bringschuld Gläubiger: Konkretisierung: a) + b) + Angebot in Annahmeverzug begründender Weise Leistungs&E 11 Fall 3 - Abwandlung 1: Kann F Zahlung des Kaufpreises von T verlangen? I. Anspruch des F gegen T auf Zahlung des Kaufpreises aus § 433 Abs. 2 BGB Da § 447 BGB (+) ist die Leistungsgefahr übergegangen – es liegt eine systematische Ausnahme zu § 326 I 1 BGB vor, der Anspruch erlischt nicht II. Ansprüche des T auf Schadensersatz T muss also den Kaufpreis zahlen, obwohl er keine Gegenleistung erhält – dieser Umstand könnte einen Schadensersatzanspruch auslösen. 1. Schadensersatzanspruch des T gegen F gemäß §§ 280 I, III, 283 BGB a) Schuldverhältnis? Kaufvertrag b) Pflichtverletzung? Nichtleistung wegen Unmöglichkeit nach § 275 I BGB: keine Besitz- und ET-Verschaffung möglich c) Vertretenmüssen § 280 I 2 BGB? = F müsste den Umstand, der zur Unmöglichkeit führte, zu vertreten haben (1) grds. vermutet, es sei denn F kann sich entlasten (2) P: Kann sich F entlasten? eigenes vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln des F (-) evtl. aber Zurechnung von fremden Handeln nach § 278 S.1 BGB? Vss.: K = Erfüllungsgehilfe des F WH Def.: Erfüllungsgehilfe = wer mit Wissen und Wollen des Schuldners zur Erfüllung einer Verbindlichkeit tätig ist. Hier: K führte Transport durch. Dieser war aber nicht geschuldet, da Schickschuld, somit handelt es sich also beim Transport nicht um eine Verbindlichkeit des Schuldners. Zwischenergebnis: K ist kein Erfüllungsgehilfe. Zurechnung gem. § 278 (-) Ergebnis: Anspruch nach §§ 280 I, III, 283 BGB (-) 12 2. Schadensersatzansprüche des T gegen K (Kurier) a) Vertragliche Ansprüche aus einem Vertrag zwischen T und K? (-), da Frachtvertrag zwischen F und K besteht b) Vertragliche Ansprüche aus dem Vertrag zwischen F und K? (1) Anspruch nach §§ 421, 425 HGB aus Frachtvertrag? Beachte: Nach § 421 I 2 HGB kann auch der Empfänger im eigenen Namen die Ansprüche aus dem Frachtvertrag gegen den Frachtführer geltend machen, wenn das Frachtgut beschädigt oder verspätet geliefert worden oder verlorengegangen ist a) Frachtvertrag zwischen F und K, vgl. § 407 HGB (+) b) Anspruch des F gegen K aus dem Frachtvertrag? Hier: evtl. § 425 HGB ? (1) Schaden: Kleid zerstört (+) (2) Verschulden nicht erforderlich (3) kein Ausschluss nach § 426 und § 427 HGB (4) geschuldet wird Wertersatz nach § 429 HGB (5) Haftungshöchstbetrag (-), da § 435 HGB (+) (2) Ergebnis: Anspruch nach § 425 HGB (+). Nach § 421 I 2 HGB kann der Empfänger T diesen Schaden im eigenen Namen geltend machen. c) deliktische Ansprüche T gegen K nach § 823 I BGB? (-) mangels Eigentumsverletzung Fall 3 - Abwandlung 2: Kann F Zahlung des Kaufpreises von T verlangen? A. Anspruch F gegen T auf Zahlung des Kaufpreises nach § 433 II BGB I. Anspruch entstanden? (+) II. Anspruch erloschen? 13 1. Entfallen des Anspruchs nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB? § 326 Abs. 1 S. 1 (+), da Ballkleid Stückschuld ist und daher § 275 I (+) Zwischenergebnis: (+), Anspruch auf KP-Zahlung entfallen 2. es sei denn: Übergang der Gegenleistungsgefahr auf T nach § 447 BGB? Aber: § 447 Abs. 1 BGB gilt nur für den zufälligen Untergang und die zufällige Verschlechterung Arg.: * § 447 BGB ist eine Ausnahme zu § 446 BGB, und § 446 BGB erfasst schon seinem Wortlaut nach nur den zufälligen Untergang und die zufällige Verschlechterung. * mit Gefahr ist im Zivilrecht eigentlich immer die Gefahr eines Zufalls gemeint Hier: F hat schuldhaft gegen seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Versendung verstoßen, indem er das Kleid einer fahruntüchtigen Transportperson übergab. III. § 447 Abs. 1 BGB ist nicht anwendbar Ergebnis: Der Anspruch des F auf Zahlung des Kaufpreises ist nach § 326 Abs. 1 S. 1 entfallen. B. Anspruch des T gegen F aus §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB (+), wenn Schaden entstanden wäre (z.B. entgangener Gewinn) Fall 4: Muss P den Kaufpreis an M zahlen? Anspruch M gegen P auf Zahlung des Kaufpreises nach § 433 II BGB? I. Anspruch entstanden: Kaufvertrag (+) II. Kaufpreisanspruch erloschen gem. nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB? Vss.: Befreiung von der Leistungspflicht nach § 275 I – III BGB, wegen Untergangs (+) III. Übergang der Gegenleistungsgefahr auf P nach § 447 BGB? Beachte: Dieser Fall ist mit der h.M. wie Fall 3 zu lösen. P: Findet § 447 Abs.1 BGB auch auf den Transport durch eigene Leute und den Selbsttransport Anwendung? 14 h.M.: § 447 BGB ist auch hier anwendbar Arg.: gleiche Interessenlage: der Verkäufer soll nicht weiter als bei einer Holschuld für Transportrisiken einstehen. Wer bei einer Schickschuld den Transport durchführt, ist daher unbeachtlich. a.A.: § 447 (+), aber zusätzlich verschuldensunabhängige Haftung analog §§ 421, 425 HGB gegen den Verkäufer a.A.: § 447 (-) Keine Ausschluss nach § 474 S.2 BGB IV. Ergebnis: Der Anspruch des M auf Zahlung des Kaufpreises bleibt bestehen. Anmerkung: Schadensersatzansprüche des P gegen den M nach h.M. (-), denn M selbst hatte den Untergang nicht zu vertreten und auch A, B und C traf kein Verschulden, das sich der M über § 278 BGB zurechnen lassen müsste. Fall 4 - Abwandlung: Muss P den Kaufpreis an M zahlen? A. Anspruch M gegen P auf Zahlung des Kaufpreises nach § 433 II BGB? I. Anspruch entstanden: Kaufvertrag (+) II. Anspruch erloschen? 1. Entfallen des Kaufpreisanspruchs nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB? Vss.: Befreiung von der Leistungspflicht nach § 275 I – III BGB (+) 2. es sei denn: Übergang der Gegenleistungsgefahr auf P nach § 447 BGB? Aber: § 447 Abs. 1 BGB gilt nur für den zufälligen Untergang und die zufällige Verschlechterung Hier: A, B und C haben den Unfall verschuldet, das Verschulden der A, B und C muss sich M daher nach § 278 BGB zurechnen lassen § 447 Abs. 1 BGB findet keine Anwendung. IV. Ergebnis: Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises entfällt nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB. B. Schadensersatzansprüche des P gegen den M aus §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB (+), falls Schaden entstanden 15
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