Abschließendes Update zur
EU Markenreform
Ortrun Günzel
2. Dezember 2015
Gliederung
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
Einführung
Umfang des Reformpakets
Aktueller Stand
Wie geht es weiter?
Terminologie
Anmeldeverfahren EU
Gebührenänderung für Unionsmarken
Widerspruchsverfahren EU
Materiell-rechtliche Änderungen
Produktpirateriebekämpfung
Rechtsangleichung
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Einführung: Europäisches Markenrechtssystem
Gemeinschaftsmarkenverordnung (EG)
Nr. 207/2009
Markenrechtsrichtlinie
(2008/95/EG)
GRUNDSATZ DER KOEXISTENZ
Markenrecht des Mitgliedstaates
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Umfang des Reformpakets
> Reformpaket umfasst mehrere Teile:
Neufassung der Markenrechtsrichtlinie 2008/95/EG
Änderung der Gemeinschaftsmarkenverordnung (EG) Nr. 207/2009
Änderung der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 2868/95
Aufhebung der Gebührenverordnung (EG) Nr. 2869/95
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Aktueller Stand
• 25.02.2014: Europäisches Parlament legt seinen Standpunkt in erster
Lesung fest
• 21.04.2015: Nach informellem Trilog erfolgt politische Einigung über den
Wortlaut des Reformpakets
• 10.11.2015: Rat der Europäischen Union nimmt Reformpaket in erster
Lesung an
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Wie geht es weiter?
• Abstimmung des Europäischen Parlaments in zweiter Lesung,
voraussichtlich am 15.Dezember 2015
• Wirksamkeit der Änderungen der Gemeinschaftsmarkenverordnung 90
Tage nach Veröffentlichung
• Umsetzung der Neuregelungen der Markenrichtlinie in nationales Recht
durch Mitgliedstaaten innerhalb von drei Jahren (für Einführung
administrativer Löschungsverfahren: sieben Jahre)
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Terminologie
VORHER
NACHHER
Gemeinschaftsmarke
Unionsmarke (Engl.: European Union
trade mark)
Gemeinschaftsmarkengericht
Unionsmarkengericht
Gemeinschaftskollektivmarke
Unionskollektivmarke
Harmonisierungsamt für den
Binnenmarkt Marken, Muster und
Modelle (HABM)
Amt der Europäischen Union für
geistiges Eigentum
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Anmeldeverfahren EU: Amtliche Recherchenberichte
VORHER
NACHHER
Anmeldung von GM auch bei nationalen
Markenämtern
Anmeldung nur direkt beim Amt
Erstellung von
Gemeinschaftsmarkenrecherche
(immer)
Nationalen Recherchen (optional)
Recherchen in Bezug auf Unionsmarken
und nationale Marken optional
Frühere Veröffentlichung
(Art. 25 GMV)
(Art. 38 GMV)
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Anmeldeverfahren EU: Waren und Dienstleistungen
VORHER
NACHHER
Möglichkeit der Beanspruchung aller
W/DL einer Klasse durch Ankreuzen auf
Anmeldeformular (seit EuGH,
Entscheidung v. 19.06.2012, C-307/10,
GRUR 2012, 822 – IP Translator)
W/DL sind klar und eindeutig
anzugeben
Oberbegriffe schließen nur W/DL ein,
die von wörtlicher Bedeutung erfasst
sind (Sonderregel für „Altfälle“)
(Art. 28 GMV)
Regelung für Altfälle:
vor dem 22.06.2012 angemeldete Unionsmarken
Erklärung, dass Schutz über Oberbegriffe hinaus
beabsichtigt war
Frist: sechs Monate nach Inkrafttreten der VO
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Gebührenänderung für Unionsmarken
VORHER
NACHHER
Anmelde- und Verlängerungsgebühr
decken bis zu drei Klassen ab
Anmelde- und Verlängerungsgebühr
decken nur noch eine Klasse ab
(Anhang I der GMV)
Anmeldegebühr (drei Kl.): 1050/900 €
Ab vierter Klasse: jeweils 150 €
Anmeldegebühr (eine Kl.): 1000/850 €
Zweite Klasse: 50 €
Ab dritter Klasse: jeweils 150 €
Verlängerungsgebühr: 1500/1350 €
Ab vierter Klasse: jeweils 400 €
Verlängerungsgebühr: 1000/850 €
Zweite Klasse: 50 €
Ab dritter Klasse: jeweils 150 €
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Widerspruchsverfahren EU: Nichtbenutzungseinrede
Maßgeblicher Benutzungszeitraum
VORHER
NACHHER
Glaubhaftmachung der Benutzung für
fünf Jahre ab Veröffentlichung der
Anmeldemarke
Nab Anmeldetag bzw.
Prioritätsdatum der Anmeldemarke
(Art. 42 GMV)
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Widerspruchsverfahren EU: Nichtbenutzungseinrede
Rechtserhaltende Benutzung bei Benutzung in abweichender Form
Kodifizierung: Es genügt die Benutzung der Unionsmarke in abweichender Form,
falls dadurch die Unterscheidungskraft der Marke nicht beeinflusst wird,
unabhängig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch eingetragen ist
(EuGH, Entscheidung v. 25.10.2012, C-553/11, GRUR 2012, 1257 – Rintisch)
(Art. 15 GMV; gilt auch für das Verletzungsverfahren)
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Materiell-rechtliche Änderungen (VO / RL)
Markenfähigkeit: Erfordernis der Darstellbarkeit
VORHER
NACHHER
Grafische Darstellbarkeit erforderlich
Darstellbarkeit in einer Weise, die
Schutzgegenstand für Behörden und
Publikum eindeutig bestimmbar macht
in jeder geeigneten Form
(Art. 4 GMV)
VO Erwägungsgrund (9):
„..soweit die Darstellung eindeutig, präzise, in sich abgeschlossen, leicht
zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist“ (angelehnt an EuGH,
Entscheidung v. 12.12.2002, C-273/00, GRUR 2003, 145 – Sieckmann)
Berücksichtigung technischen Fortschritts
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Materiell-rechtliche Änderungen (VO / RL)
Absolutes Eintragungshindernis: Bedingtheit durch Art / Technik /
Wert
VORHER
NACHHER
Zeichen, die ausschließlich bestehen
aus der Form,
• die durch die Art der Ware selbst
bedingt ist
• Die zur Erreichung einer technischen
Wirkung erforderlich ist
• Die der Ware einen wesentlichen
Wert verleiht
Zeichen, die ausschließlich bestehen
aus der Form oder einem anderen
charakteristischen Merkmal,
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> Zweidimensionale Zeichen
> Farben
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(Art. 7 GMV)
Materiell-rechtliche Änderungen (VO / RL)
Schutz geschützter geografischer Herkunftsangaben u.a.
Verordnung:
Bei der Prüfung auf absolute Eintragungshindernisse Berücksichtigung von
geschützten Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben,
traditionellen Bezeichnungen für Weine, garantiert traditionellen Spezialitäten
und Sortenbezeichnungen (Art. 7 GMV)
Klarstellung, dass geschützte Ursprungsbezeichnungen und geografische
Angaben Widerspruchsgrund darstellen sowie klarstellende Prioritätsregelung
Richtlinie:
Geschützte Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben zwingend
einzuführen als
Absolutes Eintragungshindernis
Widerspruchsgrund
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Materiell-rechtliche Änderungen (VO / RL)
Klarstellung bestimmter Verletzungshandlungen (Art. 9 GMV)
Einem Dritten kann bei Benutzung eines eine ältere Marke verletzenden
Zeichens im Zusammenhang mit Waren und Dienstleistung verboten werden,
das ZeichenN
als Handelsnamen oder Unternehmensbezeichnung oder Teile davon zu
benutzen (in Anlehnung an EuGH, Entscheidung v.11.09.2007, C-17/06,
GRUR 2007, 971 – Céline)
in der vergleichenden Werbung in einer Weise zu benutzen, die der
Werberichtlinie 2006/114/EG zuwiderläuft (korrigiert EuGH, Entscheidung v.
12.06.2008, C-533/06, GRUR 2008, 698 – O2)
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Materiell-rechtliche Änderungen (VO / RL)
Recht der Gleichnamigen
Grundsatz: Niemandem darf verwehrt werden, unter seinem eigenen Namen im
geschäftlichen Verkehr aufzutreten
VORHER
NACHHER
Ausdehnung der Schutzschranke auf frei Recht der Gleichnamigen ist auf
gewählte Firmennamen (Entscheidung
Personennamen beschränkt
(Art. 12 GMV)
v. 16.11.2004, C-245/02, GRUR 2005,
153 – Anheuser)
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Bekämpfung der Produktpiraterie
Warentransit (Art. 9 GMV)
Waren dürfen nicht in die EU verbracht werden (unabhängig von Überführung
in den zollrechtlich freien Verkehr),
wenn sie, einschließlich ihrer Verpackung, aus Drittstaaten stammen und
ohne Zustimmung eine Marke aufweisen, die mit der für derartige Waren
eingetragenen Unionsmarke identisch ist oder in ihren wesentlichen
Aspekten nicht von dieser zu unterscheiden ist
Es sei denn, der Warenbesitzer oder Importeur kann nachweisen, dass
der Markeninhaber nicht berechtigt ist, das Inverkehrbringen der Waren
im endgültigen Bestimmungsland zu untersagen (vgl. hierzu noch
EuGH, Entscheidung v. 01.12.2011, C-446/09, GRUR 2012, 828 –
Philips und Nokia).
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Bekämpfung der Produktpiraterie
Vorbereitungshandlungen (Art. 9a GMV)
Besteht die Gefahr, dass die mit der Marke versehene Aufmachung, Verpackung
etc. für Waren/Dienstleistungen derart benutzt wird, dass eine Markenverletzung
vorliegt, kann der Markeninhaber im geschäftlichen Verkehr Folgendes
verbieten:
das Anbringen eines mit der Unionsmarke identischen oder ähnlichen
Zeichens auf der Verpackung, auf Etiketten, Anhängern, Sicherheits- oder
Echtheitshinweisen oder –nachweisen oder anderen Kennzeichnungsmitteln
das Anbieten, Inverkehrbringen oder Besitzen für diese Zwecke oder die
Einfuhr oder Ausfuhr von den genannten Kennzeichnungsmitteln, auf denen
das Zeichen angebracht ist
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Materiell-rechtliche Änderungen (VO / RL)
Gewährleistungsmarken
Einführung von Unionsgewährleistungsmarken (Art. 74a GMV)
• Unionsmarke, die dazu geeignet ist, Waren/ Dienstleistungen, für die der
Markeninhaber bestimmte Eigenschaften gewährleistet, von solchen zu
unterscheiden, für die keine derartige Gewährleistung besteht
• Anmelder darf keine gewerbliche Tätigkeit ausüben, die die Lieferung von
W/DL umfasst, für die eine Gewährleistung besteht
• Vorlage einer Markensatzung innerhalb von zwei Monaten
• Pflicht zur Überwachung
Einführung auf nationaler Ebene optional
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Rechtsangleichung (RL)
Widerspruch:
Zwingende Einführung einer zweimonatigen „Cooling-off-Periode“ auf Antrag
Löschung aufgrund Verfall oder Nichtigkeit:
Zwingende Einführung von Verwaltungsverfahren vor dem nationalen
Markenamt
Nichtbenutzungseinrede:
Abschaffung des wandernden Benutzungszeitraums im Widerspruchsund im Verletzungsverfahren
o Widerspruchsverfahren: Beginn des Benutzungszeitraums zum Anmeldebzw. Prioritätsdatum der Anmeldemarke
o Verletzungsverfahren: Benutzungszeitraum fünf Jahre vor Klageeinreichung
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ortrun Günzel
Trade Marks & Designs
Litigation & Dispute Resolution
Partnerin, München
Ortrun Günzel ist spezialisiert auf die Beratung und Prozessführung im gewerblichen Rechtschutz und Wettbewerbsrecht. Der
Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt im Marken-, Design- und Wettbewerbsrecht, vor allem in der Entwicklung von
Markenstrategien, der Markenportfolioberatung und –Betreuung, im Führen und Koordinieren von gerichtlichen und
außergerichtlichen Auseinandersetzungen sowie in der Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie. Daneben umfasst ihr
Tätigkeitsfeld die Beratung und Vertretung im Bereich geographischer Herkunftsangaben. Sie leistet auch IP-Unterstützung
bei Transaktionen, insbesondere IP-Due Diligence.
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