Evaluation von medizinischen Rehabilitationsleistungen der DRV Westfalen und Rheinland 20. August 2015 Dr. Boris Augurzky, Dr. Magdalena Stroka, Ingo Kolodziej DRV Reha -0- Agenda Ziele und Vorgehensweise Ergebnisse Fazit DRV Reha -1- Immense Herausforderungen für die Sozialsysteme in den kommenden Jahrzehnten Bevölkerung nach Altersklassen (2012 = 100) 260 Phase „Gefahr für Rentensystem und GKV“ Altersklasse in Jahren 240 80+ 220 66-80 200 21-65 180 0-20 Phase „ Gefahr für Pflegesystem “ 160 140 120 100 80 2059 2057 2055 2053 2051 2049 2047 2045 2043 2041 2039 2037 2035 2033 2031 2029 2027 2025 2023 2021 2019 2017 2015 2013 2011 2009 60 Ziel: Mobilisierung des Arbeitskräftepotenzial wo immer möglich Quelle: RWI; Statistisches Bundesamt 2011, 12. Koordinierte Bevölkerungsprognose Variante 1-W2 DRV Reha -2- Maßnahmen zur Mobilisierung des Arbeitskräftepotenzials nötig Reha kann dies unterstützen 2. Immigration qualifizierter Arbeitskräfte Qualifizierte Ausbildung junger Menschen (Thema Investition in Bildung) Immigrationsmodell wie beispielsweise in Kanada oder Australien Gesundheit junger Menschen (Thema Prävention) Aktivitäten im Ausland zur Steigerung der Attraktivität des Arbeitsplatzstandorts Deutschland erhöhen (Thema Sprachkurse, Vorbereitungskurse) Renteneintrittsalter bis 2050 schrittweise weiter heraufsetzen (Thema Rente mit 69); Faustregel: 3 gewonnene Jahre an Lebenserwartung im Verhältnis 2:1 auf Arbeit und Rente verteilen Reha 1. Mobilisierung des Arbeitskräftepotenzials Vermeidung von Immigration in Sozialsysteme Frauenerwerbsquote weiter erhöhen (Thema Kinderbetreuung) Arbeitsmarkt flexibel halten, idealerweise weiter flexibilisieren (Thema Agenda 2010) Investitionsfreundliches Klima (Kapitaleinsatz kann Arbeitsproduktivität steigern) Anreize zur Schwarzarbeit nehmen Erreicht die Reha ihr Ziel? Quelle: RWI DRV Reha -3- Hinweise auf positive Effekte der Reha vorhanden Goldstandard zur Messung von Effekten: das randomisierte kontrollierte Experiment (Bildung einer Behandlungs- und Kontrollgruppe) Status in der Rehabilitationswissenschaft • In einigen Fällen Kontrollgruppe ethisch nicht vertretbar • In der Rehabilitationswissenschaft vielfach Vorher-Nachher-Vergleiche: Vergleich der Behandlungsgruppe vor und nach Reha, keine Kontrollgruppe; Vorher-Nachher-Vergleiche geben Indizien auf den Effekt einer Maßnahme • In einigen Fällen jedoch über Randomisierung Kontrollgruppen, v.a. zum Vergleich unterschiedlicher Reha-Maßnahmen miteinander Insgesamt derzeit Hinweise auf positive Effekte der Rehabilitation Das vorliegende Gutachten setzt hier an Quelle: Faktenbuch Medizinische Rehabilitation DRV Reha -4- Backup Messung von Effekten durch Vorher-Nachher-Vergleich verschiedener Maßnahmen bzw. Vergleich mit Kontrollgruppe Vor der Maßnahme Nach der Maßnahme ? Reha-Maßnahme A ? Reha-Maßnahme B ? Keine Reha-Maßnahme (Kontrollgruppe) Quelle: DRV Reha RWI -5- Backup Beispiele von Evaluationen von Rehabilitationsmaßnahmen Beispiele Studie Maßnahme Methodik Missel et al. (2010) Stationäre Suchtreha (Entwöhnungsmaßnahme) Vorher-Nachher-Vergleich Klein, Missel und Braukmann (1997) Stationäre Suchtreha (Entwöhnungsmaßnahme) Vorher-Nachher-Vergleich Jäckel et al. (1990) Stationäre Reha bei chronischen Rückenschmerzen Experimentelles Vergleichsgruppendesign Grünig (2010) Reha bei pulmonaler Hypertonie Vorher-Nachher-Vergleich Lungwitz et al. (2010) Stationäre onkologische Reha Vorher-Nachher-Vergleich Rische (2006) Stationäre Reha allgemein Amortisationsmodell Schleswig-Holstein-Studie „Geriatrische Reha“ (1995) Stationäre geriatrische Reha Vergleichsgruppendesign Studien geben Hinweise auf positive Effekte der Rehabilitation Quelle: Faktenbuch Medizinische Rehabilitation DRV Reha -6- Gutachten: Evaluation von Rehamaßnahmen hinsichtlich des medizinischen Erfolgs und der Erwerbsbiographie Evaluation von Rehamaßnahmen von Versicherten der DRV Rheinland und Westfalen Reha-Maßnahmen aus dem Jahr 2009 • Alle Rehabilitationen zusammen (unabh. von Bewilligungsdiagnose) • Somatische Rehabilitationen separat • Fünf einzelne Diagnosegruppen jeweils separat(1) Daten: 2003-2010 • Lange Verläufe vor, während und nach der Reha Zielgrößen • • • • Gesundheitszustand Erwerbstätigkeit Erwerbsminderungsrente (Gehalt nicht nutzbar, weil nur Jahresgehalt vorhanden) Zentrales Problem der Evaluation: Vergleichsgruppe nötig • Wie sähen der Gesundheitszustand und der Erwerbsverlauf eines Rehabilitanden aus, wenn keine medizinische Rehabilitationsleistung erfolgt wäre? (1) Ischämische Herzkrankheiten; zerebrovaskuläre Krankheiten; Krankheiten Muskel-, Skelett-, Bindegewebes; psych. Funktionsstör. (ohne Sucht); Sucht (Alkohol, Drogen und Medikamente) Quelle: RWI DRV Reha -7- Verschiedene Vergleiche im Gutachten angestellt Behandlungsgruppe Ambulante und stationäre Rehabilitanden 1 Vergleichsgruppe Methodik Abgelehnte RehaAnträge (amb. u. stat. Reha, ohne Information zu Diagnosen) Differenzen-vonDifferenzen, Propensity Score Matching Keine Vorher-NachherVergleich(1) Abgelehnte RehaAnträge (stationäre Reha, ohne Information zu Diagnosen) Differenzen-vonDifferenzen, Propensity Score Matching Ambulante Rehabilitanden Differenzen-vonDifferenzen, Propensity Score Matching 2 Stationäre Rehabilitanden 3 4 (1) Kausalitätsaussagen nicht möglich bzw. nur unter sehr restriktiven Annahmen Quelle: RWI DRV Reha -8- Ergebnisgröße 1: Verbesserung des Gesundheitszustands nach Beendigung der Rehabilitation Gesundheit, Funktionsstörung wird gebessert(1) Funktionsstörung Reha Funktionsstörung bleibt bestehen (1) Medizinische Besserung der Erstdiagnose Quelle: RWI DRV Reha -9- Ergebnisgröße 2: Erwerbstätigkeit bzw. Erwerbsminderungsrente 6 bzw. 12 Monate nach der Rehabilitation Erwerbstätig Beiträge Nicht erwerbstätig Vorübergehend keine Beiträge Erwerbsfähig Erwerbstätigkeit gefährdet Reha Nicht erwerbsfähig Erwerbsminderungsrente (EMI)(1) Erwerbstätigkeit: hier gemessen im 6. und 12. Monat nach Reha Bezug einer Erwerbsminderungsrente: hier gemessen im 6. und 12. Monat nach Reha (1) Zahlung der Erwerbsminderungsrente auch bei teilweiser Erwerbsminderung möglich. Quelle: RWI DRV Reha - 10 - Untersuchungsgegenstand: jeweils letzte Reha 2009 Schematische Darstellung 2003 – 2008 2010 Reha Reha Person 1 2009 Betrachtung der jeweils letzten begonnenen Reha-Maßnahme(1) Beitragsdaten Rentendaten Reha Reha Reha Person 2 Beitragsdaten Rentendaten Reha-Antrag ø Zeit bis Rehabeginn Reha Reha Vergleichsgruppe Beitragsdaten Rentendaten (1) Nutzung von Daten der medizinischen Reha im Zeitfenster 2003-2010 (u.a. für Anzahl vorhergehende Reha, Nachsorge) Anmerkung: Beitragsdaten auf Monatsbasis 1 Jahr vor Beginn und 1 Jahr nach Ende der Reha vorhanden; für Vergleichsgruppe wird durchschn. Zeit vom Reha-Antrag bis Reha-Beginn aller bewilligten Fälle als Wartezeit gesetzt. Reha-Dauer der Vergleichsgruppe ist durchschn. Reha-Dauer aller bewilligten Maßnahmen der jeweiligen DRV. Quelle: RWI - 11 DRV Reha Wichtige Eigenschaften der Versicherten berücksichtigt Reha- und Vergleichsgruppe dann bzgl. dieser Eigenschaften vergleichbar Allgemein Geschlecht (m/w) Alter (17-65) Berufsgruppe (7 Gruppen)(1) Gesundheit Anschluss-Reha (ja/nein) Anzahl Reha in Vergangenheit (0-10) Anzahl der Nebendiagnosen (0-4)(1) Zehn häufigste Krankheiten (10 Diagnosen)(1) Sonstiges Art der Rehabilitation (stationär/ambulant) Inanspruchnahme einer Nachsorgeleistung (bis 6/12 Monate nach Reha)(1,2) Region (Rheinland/Westfalen) Zielgrößen vor Reha Erwerbstätigkeit 1. Monat vor Reha Erwerbsminderungsrente 1. Monat vor Reha (1) Keine Berücksichtigung dieser Variablen in Analysen mit Vergleichsgruppe ohne Reha-Leistungen. (2) Keine Berücksichtigung dieser Variable bei Betrachtung der Funktionsstörung. Quelle: RWI DRV Reha - 12 - Insbesondere Multimorbidität berücksichtigt Zahl der Nebendiagnosen (ND) stationär ambulant 3 4 4 4 3 4 3 2 1 4 4 3 1 1 1 0 0 Sucht Psyche ischäm. Herzerkr. zerebrovask. Erkr. 0 Muskel-, Skelett-, Bindegew. Alle Diagnosen 0 0 0 3 2 3 3 2 1 1 0 2 1 0 1 0 2 1 0 2 4 3 Psyche 3 ischäm. Herzerkr. 2 2 zerebrovask. Erkr. 1 3 2 1 Muskel-, Skelett-, Bindegew. 2 3 4 Alle Diagnosen 2 4 4 0 3 4 ND 2 1 3 ND 0 1 ND 2 ND keine ND Sucht 4 4 Quelle: RWI DRV Reha - 13 - Agenda Ziele und Vorgehensweise Ergebnisse Anhang DRV Reha - 14 - Ergebnisse (I) Funktionsfähigkeit • Reha führt zu einer deutlichen Verbesserung des gemeldeten Gesundheitszustandes • Nur geringe Unterschiede zwischen ambulanter und stationärer Reha Erwerbstätigkeit • Vorher-Nachher-Vergleich: Erhöhung der Erwerbstätigkeit um 5 bis 6%Punkte • Stationäre Reha im Vergleich zu keiner stationären Reha: • - im Mittel Erhöhung der Erwerbstätigkeit um 3 bis 8%-Punkte(1) - bei keiner Erwerbstätigkeit vor Reha: Erhöhung um etwa 10%-Punkte - bei einer Erwerbstätigkeit vor Reha: Reduktion um rund 2%-Punkte Vergleich ambulant-stationär: ambulante mit keinen schlechteren Ergebnissen als stationäre Reha (1) Je nach gewählter Methodik Quelle: RWI DRV Reha - 15 - Ergebnisse (II) Erwerbsminderungsrente (EMI) • Vorher-Nachher-Vgl.: Weiterbezug kann durch Reha leicht reduziert werden bei Betrachtung aller Diagnosegruppen und der somatischen Funktionsstörungen • Andere Methoden: keine Reduktion erkennbar • Vermutlich jedoch für alle Personen (mit oder ohne Reha) generell Trend zur Verschlechterung: Bei Rehabilitanden ohne EMI vor Reha positiver Anteil mit EMI nach Reha Rehabilitationserfolg in Abhängigkeit der Dauer der Erwerbslosigkeit vor der Reha • Vorher-Nachher-Vergleich: Besserer Reha-Erfolg mit sinkender Dauer der Erwerbslosigkeit vor der Reha • Andere Methoden: Kein solcher Zusammenhang Generell: Keine relevanten Unterschiede nach Trägerschaft und Größe der Einrichtung Gesamtergebnis: Verhalten positive Effekte der Reha Datenlage ungünstig, weil nicht zum Zweck der Evaluation erhoben Empfehlung: Aufbau Datenbestand mit dem Zweck der späteren Evaluation Quelle: RWI DRV Reha - 16 - Backup Überwiegend positive Effekte auf Erwerbstätigkeit Differenzen-von-Differenzen Vergleich: stationäre Reha mit keiner stationären Reha für alle Diagnosegruppen zusammen Teilstichproben Alle Ergebnisgrößen 1. Monat vor Reha Ergebnisgröße Mittelwert 1. Monat vor der Reha Ergebnisgröße = 1 1. Monat vor Reha Ergebnisgröße = 0 1. Monat vor Reha “Effekt” stationär vs. keine stationäre Reha (Diff.-von-Diff.) Erwerbstätigkeit 6. Monat 59,30% 7,85*** -2,47*** 9,61*** Erwerbstätigkeit 12. Monat 59,30% 7,81*** -1,87** 9,60*** Propensity Score Matching Anmerkung: ***= signifikant auf 1%, **= signifikant auf 5%, *= signifikant auf 10%. Angaben in %-Punkten. N = 37.131. Ergebnisgröße Mittelwert (unmatched) Behandlungsgruppe (stat. Reha) Effekt stationär vs. keine stationäre Reha Erwerbstätigkeit 6. Monat 63,78% 3,20** Erwerbstätigkeit 12. Monat 65,16% 3,43** Anmerkung: 5-1 Nearest Neighbour Matching. Caliper: 0,0000001; ***= signifikant auf 1%, **= signifikant auf 5%, *= signifikant auf 10%. Quelle: RWI DRV Reha - 17 - Backup Reha mit positivem Effekt auf Weiterbezug von Erwerbsminderungsrente Vergleich: Vorher-Nachher Teilstichproben Alle Ergebnisgrößen 1. Monat vor Reha Ergebnisgröße =1 1. Monat vor Reha Ergebnisgröße =0 1. Monat vor Reha Mittel-wert 1. Monat vor der Reha “Effekt” Reha (VorherNachherVergl.) “Effekt” der Reha (VorherNachherVergl.) “Effekt” der Reha (VorherNachherVergl.) Erwerbsminderungsrente 6. Monat 2,37% 1,47*** -2,12*** 1,53*** Erwerbsminderungsrente 12. Monat 2,37% 2,35*** -0,91** 2,41*** Ergebnisgröße Alle Diagnosegruppen: Alle Diagnosegruppen somatischer Funktionsstörungen: Erwerbsminderungsrente 6. Monat 1,57% 0,97*** -2,19*** 1,50*** Erwerbsminderungsrente 12. Monat 1,57% 2,28*** -0,91** 2,33*** Anmerkung: ***= signifikant auf 1%, **= signifikant auf 5%, *= signifikant auf 10%. Angaben in %-Punkten. N = 40.352. Quelle: RWI DRV Reha - 18 - Backup Dagegen keine Effekte bzgl. EMI bei Diff-von-Diff-Ansatz Vergleich: stationäre Reha mit keiner stationären Reha für alle Diagnosegruppen zusammen Teilstichproben Alle Ergebnisgrößen 1. Monat vor Reha Ergebnisgröße Mittelwert 1. Monat vor der Reha Ergebnisgröße = 1 1. Monat vor Reha Ergebnisgröße = 0 1. Monat vor Reha “Effekt” stationär vs. keine stationäre Reha (Diff.-von-Diff.) Erwerbsminderungsrente 6. Monat 2,04% 0,31 0,84 0,17 Erwerbsminderungsrente 12. Monat 2,04% -0,04 0,78 -0,17 Anmerkung: ***= signifikant auf 1%, **= signifikant auf 5%, *= signifikant auf 10%. Angaben in %-Punkten. N = 37.131. Quelle: RWI DRV Reha - 19 - Gemeinsames Statement der Deutschen Rentenversicherungen Rheinland und Westfalen zum Abschlussbericht des RWI Essen zur Evaluation medizinischer Rehabilitationsleistungen der Deutschen Rentenversicherung Rheinland und der Deutschen Rentenversicherung Westfalen Die Deutsche Rentenversicherung Rheinland hat zusammen mit der Deutschen Rentenversicherung W estfalen das Forschungsprojekt Evaluation medizinischer Rehabilitationsleistungen der DRVdes Rheinisch-Westfälischen Institutes für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen gefördert. Ziel war es, mit einem ökonomischen Forschungsansatz die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auf Basis von Routinedaten der beiden RV-Träger zu evaluieren. Dies ermöglichte neben den eigenen Analysen der Rentenversicherungsträger einen externen Blick auf die Erfolge von Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation. Ebenso wurden mögliche Unterschiede zwischen stationärer und ambulanter Rehabilitation betrachtet sowie eine Bewertung des Einflusses der Trägerschaft und der ausführenden Reha-Einrichtungen auf die Rehabilitationsergebnisse vorgenommen. Ein grundsätzliches Problem bei der Bewertung von Rehabilitationsmaßnahmen ist das Fehlen von Vergleichsgruppen. Ein klassisches Kontrollgruppen-Design ist aufgrund ethischer Vorgaben nur eingeschränkt bzw. gar nicht möglich, da die RV-Träger keinem Versicherten, der einen Anspruch auf eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation hat, die Rehabilitationsmaßnahme versagen können. Das RWI hat nun auf Basis von anonymisierten Routinedaten der Träger versucht, sich der Vergleichsproblematik anzunähern, indem im Sinne eines Fall- Kontrollgruppendesigns Analysen im Differenzenvergleich und Propensity-ScoreMatching durchgeführt wurden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Routinedaten der Deutschen Rentenversicherung zwar sehr umfangreich sind, jedoch wichtige Daten, wie z.B. die Diagnosen aus abgelehnten Rehabilitationsanträgen, datentechnisch nicht verarbeitet werden. Der vom RWI gewählte Vergleich von Versicherten, die eine medizinische Rehabilitation durchgeführt haben, mit den Versicherten, deren Antrag auf Rehabilitation abgelehnt worden ist, ist nicht unproblematisch. Die Gründe für die Ablehnung eines Reha-Antrags können sehr vielfältig sein. Es kann folglich nicht ohne W eiteres unterstellt werden, dass alle 1 Versicherten, deren Rehabilitationsantrag abgelehnt wurde, weiterhin voll arbeitsfähig waren. Ablehnungen können auch aus Gründen wie Nichtvorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen oder wegen mangelnder Fähigkeit überhaupt eine Rehabilitation durchführen zu können ausgesprochen werden. So kann davon ausgegangen werden, dass überwiegend Anträge abgelehnt wurden, bei denen die Versicherten ohne besondere Probleme arbeitsfähig waren oder bei denen die Versicherten so schwer erkrankt waren, dass eine Reha nicht sinnvoll erschien. Dieses Problem, keine adäquate Vergleichsgruppe aus den Daten der abgelehnten Rehabilitationsanträge generieren zu können, die mit den „normalen“ Rehabilitanden vergleichbar sind, hat auch Einfluss auf die Ergebnisse der Analysen. Diese sind daher nicht eindeutig und können aufgrund der analysierten Daten keine klare Evidenz nachweisen. Der vom RWI gewählte Ansatz wird dennoch Diskussionen anstoßen und weiteren Forschungsbedarf aufdecken, zumal moderne statistische Methoden auch neue Möglichkeiten der Analyse bieten. Aus Sicht der Deutschen Rentenversicherungen Rheinland und Westfalen sind folgende Ergebnisse wesentlich: ▪ Versicherte, die eine Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt haben, schneiden im Hinblick auf die Erwerbstätigkeit besser ab als die Versicherten, deren Reha-Antrag abgelehnt wurde. Der Effekt ist zwar gering, jedoch basiert in der Regel die Ablehnung auf der Annahme, dass der/die Antragsteller/in auch ohne Rehabilitation in der Arbeitswelt verbleiben konnte. Daher deutet das Ergebnis auf eine klare Zielerreichung durch Rehabilitation hin, das Niveau der Erwerbsfähigen zu erreichen. ▪ Es gibt auf den ersten Blick kaum nennenswerte Unterschiede zwischen ambulanter und stationärer Rehabilitation. In geeigneten Fällen gilt es also auch künftig ambulante Rehabilitationsmaßnahmen anzubieten. Stationäre Rehabilitation wird in vielen Fällen weiterhin erforderlich sein (z.B. wegen des Schweregrads der Erkrankung, die Wohnortnähe ist dem Behandlungserfolg nicht zuträglich oder die Versorgung in ländlichen Gebieten ist nicht gegeben). ▪ Auf den ersten Blick gibt es in den Ergebnissen kaum Unterschiede zwischen den verschiedenen Klinik-Trägerschaften, auch nicht zwischen Einrichtungen unterschiedlicher Größe und Abteilungsstruktur. Dies weist auf ein funktionierendes Qualitätssicherungssystem seitens der Steuerung durch die Träger hin. Versicherte können sich demnach auf ein gleichbleibend hohes Qualitätsniveau bei der Rehabilitation unabhängig von der ausführenden Einrichtung verlassen. 2 ▪ Der Anteil der Rehabilitanden, die im sechsten und/oder zwölften 12. Monat nach der 1 Reha wieder erwerbstätig sind, ist umso höher , je schneller die Rehabilitation nach Ende einer Erwerbstätigkeit (aufgrund von Krankheit) einsetzt. Dies unterstreicht die These, dass die Versicherten möglichst frühzeitig in die Rehabilitation kommen müssen, um sie langfristig wieder in das Erwerbsleben zu reintegrieren. Hierzu führen die Rentenversicherungen schon eine Reihe von Programmen durch, die an verschiedenen Stellen ansetzen (Betsi, „Plan-Gesundheit“, PAULI, WebReha). Für die nordrhein-westfälischen Rentenversicherungsträger ergeben sich folgende Handlungsfelder: ▪ Die Forschung zum Thema „Vergleich der Reha zu anderen Interventionen, zu Nichtinterventionen oder anderen Reha-Formen (zum Beispiel eine zeitlich flexibel gestaltete Rehabilitation)“ sollte in Zukunft intensiviert werden. Dabei gilt es, ethischen und datenschutzrechtlichen Problemstellungen durch innovative Forschungskonstruktionen entgegenzutreten. ▪ Für ein möglichst frühzeitiges Zugehen auf die Versicherten zur Identifikation von Rehaund Präventionsbedarf bedarf es verlässlicher Instrumente und eines niederschwelligen Zugangs. ▪ Es müssen verstärkt Anstrengungen unternommen werden, die Rehabilitation passgenau auszugestalten und zwar in Hinblick auf die Anforderungen der jeweiligen Indikationen und den persönlichen Bedürfnissen der Rehabilitanden. ▪ Eine genauere Betrachtung und Erfassung derjenigen Versicherten, deren Reha-Anträge abgelehnt worden sind, könnte helfen, bei Forschungsansätzen wie denen des RW I, bessere Datengrundlagen für die Forschenden bereitzustellen. Insgesamt ist es aus Sicht der Deutschen Rentenversicherungen Rheinland und Westfalen mit dem Projekt gelungen, die Möglichkeiten und Grenzen einer ökonomischen Analyse der Rehabilitation auf Basis von Routinedaten darzustellen. Die Ergebnisse decken sich mit den Erkenntnissen der Rentenversicherungsträger und bieten eine gute Grundlage für weitere Handlungsansätze in Forschung und Praxis. Düsseldorf und Münster 09.September 2015 1 Dieses Ergebnis bezieht sich auf den „Differenzen zu Differenzen“-Ansatz. Bei der Matching-Analyse relativieren sich diese Ergebnisse. 3
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