„Truck Stop” ließen einst „die Mädels wissen”, dass sie Cowboys sind. Heute schieben sie Kinderwagen. von Katrin Kampling „Die Countryboys aus Hamburg sind mal wieder in der Stadt / Auf jeder Polizeistation sieht man ihr Tourplakat / Der Sheriff dieser Kleinstadt kann die Welt nicht mehr versteh’n / Er hat noch nie so viele Der Song ist unverkennbar Cowboys in seiner Stadt geseh’n.“ von ihnen: „Truck Stop“, die „Countryboys aus Hamburg“. Mit solchen Texten über den Wilden Westen an der Elbe tourt die Band seit mittlerweile 40 Jahren durch die Republik – und beschwört bis heute den US-amerikanischen Mythos rund um Ledersattel und Lagerfeuer, Cowboystiefel und Fransenweste. „Der wilde, wilde Westen / Fängt gleich hinter Hamburg an / In einem Studio in Maschen / Nicht weit von der nächsten Gleich bei der Autobahn.“ Raststätte geben sie auch an diesem Mittag ihr Interview: Uwe Lost und Andreas Cisek, Musiker der Band, unter anderem an Gitarre und Bass. Die Cowboyhüte liegen im Kofferraum, die Stiefel geben ihnen einen lässigen Gang. Sie bestellen Filterkaffee und Frikadellenbrötchen. Echte Großstadtcowboys eben. „Cowboys sind verständnisvolle Männer, die Schutz bieten, die ehrlich sind, die sich einsetzen für die Frau, um die es geht. Und genau dafür stehen wir“, sagt Cisek. Lost nickt. „Das ist eine Lebenseinstellung, die man nicht unbedingt als Cowboyleben bezeichnen muss“, sagt er. „Aber in jedem Mann steckt ein bisschen Macho drin.“ „Lass die Mädels wissen, dass du Cowboy bist / Alles reiten kannst, was zu reiten ist / Zeig dich so, wie du dich fühlst, versteck die Sporen nicht / Lass die Mädels wissen, dass du Cowboy bist!“ „Alle Cowboys küssen besser, viel besser, als du denkst. / Ein Cowboy fühlt viel tiefer, wenn du dein Herz ihm schenkst. / Ja Cowboys, die sind ehrlich, sind treu und geradeaus. / Hey Mädel, wenn du schlau bist, Die Großstadtsuchst du dir ‘nen Cowboy aus.“ cowboys geben sich unbefangen. Auf die Frage, wie Andreas Cisek sich nach einer anstrengenden Tour entspannt, entgegnet er unverblümt: „Dann quäle ich mich immer noch auf das Fahrrad für eine Stunde, und wenn meine Freundin Lust hat, machen wir jede Menge Sex. Das entspannt mich.“ „Willst Du ‘nen Kerl oder ‘nen Adonis, willst ‘nen Dressman oder lieber gleich ‘nen Mann. / Einen, der morgens schon gut drauf ist, „Der Beruf, auch wenn er mal nicht zu Haus ist.“ der dem Cowboy am nächsten kommt, ist der Trucker“, sagt Andreas Cisek. „Der ist auch viel alleine, der ist viel für sich, und der fährt in die Ferne. Der reitet zwar nicht, aber der fährt.“ Nicht nur das Fortbewegungsmittel ist ein anderes, auch die Probleme sind andere: Der moderne Cowboy in der Trucker-Kabine muss sich nicht mehr mit Revolver schwingenden Banditen auseinandersetzen, sondern mit schleichenden Sonntagsfahrern. „Ein rotes Lichtermeer so weit ich seh‘ / Voll in die Eisen, Gott sei Dank, ich steh‘ / Nichts mehr bewegt sich und ich hab‘s gewusst / Jetzt kommt er wieder, der A7-Blues.“ Gezähmte Großstadtcowboys Aber warum ausgerechnet Cowboy? „Cowboys sind einsam. Dann kommt natürlich immer eine schöne Frau um die Ecke, die einen trösten möchte, und deshalb ist Cowboy der optimale Job“, sagt Cisek. Der Cowboy, der einsame Frauenheld. „Wer möchte das nicht: alleine in der Prärie in den Sonnenuntergang reiten, ‘ne Marlboro im Mundwinkel, ‘ne Flasche Whiskey in der Satteltasche …“ Uwe Lost lacht. Er wirkt mit sich und diesem Image im Reinen. Die Autobahn, die ewige Prärie. „Truck Stop“ fährt grundsätzlich mit dem Auto zu den Auftritten. Uwe sitzt immer am Steuer, fährt teilweise weit mehr als 200 Stundenkilometer. „Und ich sitze hinten, damit ich mir das nicht anschauen muss“, sagt Andreas lachend. Uwe grinst, zum Termin kam er in seinem „Spaßwagen“, einem schnellen Cabrio. Ob man das nun „Easy Rider“ oder „Cowboy“ nennt – die Ideale hinter den Konzepten sind dieselben. Freiheit, Stärke, Abenteuerlust. „Mein bester Freund hat die Straße bezwungen / Er nannte sie „Sehnsucht”, ist verdammt lange her / Ein halbes Jahrhundert war sie sein Zuhause / Die Straße der Die modernen Cowboys hinter dem Steuer sind nur noch eine Trucker gibt es heut nicht mehr.“ romantische Vorstellung jenseits der Realität. Statt unbändiger Freiheit herrscht enge Kontrolle. „Jeder Chef weiß hundertprozentig auf zehn Meter genau, wo sein Truck steht, was er gerade macht, wie schnell er gerade fährt“, sagt Uwe Lost. „Mal eben abseits der Piste in ein Lokal zu gehen, dort etwas zu essen, ist nicht mehr drin – die haben sich verdammt noch mal was mitzunehmen und die Zeiten einzuhalten.“ Trost findet man im Feierabendbier. „Das hässliche Entlein wird langsam zum Schwan / Die Falten verschwinden, sie lächelt mich an / Ich seh‘ durch die Blume das Wunder vor mir / Das Mädchen wird schöner mit jedem Glas Bier.“ „Das ist ganz schön frauenfeindlich“, sagt Lost und grinst. Die beiden Cowboys lachen, wenn sie sich an solche Texte erinnern. Sie stammen aus einer Zeit, in der sogar eines ihrer Lieder zensiert wurde, weil das Wort „Hintern“ darin vorkam. Lieder wie „Lass die Mädels wissen“ spielen sie heute nicht mehr live, sagt Cisek. Die Vorstellung gefällt ihm aber, er grinst spitzbübisch. „Warum muss man immer so bequem sein, man kann ja auch noch einmal ein bisschen pieken.“ Er könnte sich vorstellen, den Titel noch einmal auf der Bühne zu singen – einfach um zu schauen, wie das Publikum reagiert. Das ist nämlich heute anderes gewöhnt. „Wenn du was nicht kannst, dann hat´s der Nachbar drauf / Und bist du mal down, fängt die Nachbarin dich auf / Hier bist du Mensch, hier „Männerbilder verändern sich darfst du sein / Zusammen sind wir immer wieder“, sagt Lost. Das unschlagbar und keiner bleibt allein.“ zeige sich auch in der Musik. „Ja, wir laufen den Hafen der Ehe an, oh Rosalinda / Dann bin ich ihr Schiff, sie ist mein Orkan, oh „Früher hat die Musik noch Eier Rosalinda / Zur Belohnung gibt es gehabt. Heute ist alles so glattgebügelt und gerade“, sagt Lost und seufzt. Was jetzt im Radio läuft? „Jam- mehr Haushaltsgeld, oh Rosalinmerlappenmusik.“ Eigentlich verwunderlich, dass er da / Und zwar für mich, das wird Der Mann so abfällig darüber spricht. Denn auch die Lieder hier mal festgestellt, oh Rosalinda“ am Herd? von „Truck Stop“ sind mit dem Alter gemütlicher geworden. „Wir leben natürlich genau so einen Alltag wie jeder andere auch“, sagt Cisek, „da finden wir auch die Inspiration für unsere Texte: immer für die Familie, für die Frau, mal auch für eine andere Frau, immer für Kinder.“ Lost ist Großvater; er ist seit mehr als 40 Jahren mit seiner Frau verheiratet. Treue ist ein hohes Gut in seinem Leben. Selbst seine Sonnenbrille trägt er schon fast so lange, wie er verheiratet ist, nur die Gläser sind neu. Und Cisek hat nach einer Scheidung in den Armen seiner Jugendliebe sein Glück gefunden. Bei „Truck Stop“? Ja, auch die Fans sind heute nicht mehr vornehmlich Trucker, sondern Familienväter. Und die Cowboys? Die tragen keine Sporen mehr. „Der Teufel packt dich im Genick / Und er trifft dich in dein bestes Stück / Bleib cool, fahr‘ immer nur schön geradeaus / Mmmh und artig in der Spur / Auf‘m Bock war ich frei, mein Freund, / Das hab ich mir erträumt / 30 Tonnen zum Verlieben / Heute Kinderwagen schieben.“ „Für mich gibt es nicht den Mann als solchen, auch Männer ticken unterschiedlich. Es gibt gewisse Werte, die ich vertrete und bei anderen schätze. Das sind Werte wie Ehrlichkeit, Verständnis, Toleranz oder auch Familiensinn. Ich halte es für an den Haaren herbei gezogen, wenn mir jemand erzählen will, dass ein Mann sich nicht auch in seiner Familie einbringen kann. Wichtig ist, dass ich meine Werte für mich verinnerlicht habe und auch lebe. Aber das muss nicht jeder Mann übernehmen. Bei ‚Men’s Health‘ geht es darum, sich selbst wahrzunehmen, gesund zu leben, im Einklang mit sich selbst und mit seiner Umwelt zu sein. Welche Rolle man dabei spielt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Mann sein heißt für mich: auf sich selbst zu achten und auf andere Acht zu geben. Dass sich das bei ‚Men’s Health‘ immer wieder an Äußerlichkeiten manifestiert, lässt sich schwer ändern. Innere Werte kann man schlecht auf dem Cover abbilden. Aber letztlich ist das Sixpack ein Sinnbild für den Mann, der auf sich achtet. Das heißt aber nicht nur, dass man am Sixpack feilt, sondern auch, dass man regelmäßig zum Arzt geht. Man kann auch ein ‚Men’s Health‘-Mann sein ohne Sixpack.“ von Katrin Kampling Stefan Parting, 24, Nautikstudent „So einen richtigen Mann erkennt man sofort, wenn er den Raum betritt. Er ist groß, kräftig, nicht so ein Hering. Er hat Autorität, wenn er was sagt, und wenn er ein Witz macht, ist er witzig. Er braucht keinen typischen Beruf, aber man muss ihm ansehen, dass er ein ganzer Kerl ist. Und er hat einen Bart. Der einzige Grund, keinen Bart zu haben, ist, weil einem keiner wächst. Darum gefällt mir auch die Arbeit auf See. Das ist ein knochenharter Job, man muss belastbar sein, man braucht Führungspersönlichkeit und Teamgeist. Gleichzeitig hat man als Mann ja schon den Trieb, sich zu benehmen wie ein Kind. Und das kann man dort nach Dienstende ausleben. Allein schon, weil es einfach nicht die Notwendigkeit gibt, sich schick zu machen. Ich kann mich nicht entsinnen, dass ich morgens auch nur einmal vor dem Spiegel stand und dachte: Ach Kacke, da hab ich einen Pickel und die Frisur sitzt auch wieder nicht. Was ich nicht verstehe, das ist diese ganze Pseudo-Gleichbehandlung von Mann und Frau. Die ist keine Gleichbehandlung, sondern eine eindeutige Übervorteilung der Frau in einer angeblich von Männern dominierten Gesellschaft. Wenn die von echten Männern dominiert wäre, dann würde so etwas nicht passieren. Für mich hat der Mann eine klare Rolle: Er ist das Familienoberhaupt, der Versorger, und hat ein Vorbild zu sein. Ich könnte auch nicht mit einer Frau ins Café gehen und die zahlt dann selbst – da brauch ich mich hinterher nicht mehr blicken zu lassen.“ E c h t e K e r l e in Sicht M a r c o Krahl, 42, stellvertretender Chefredakteur der Men’s Health Drei Hamburger antworten auf die Frage: „Wann ist ein Mann ein Mann?” „Ich mache Parkour für mich selber, um meine eigenen Grenzen zu überwinden. Parkour hat mir das unsichtbare Dach über meinem Kopf entfernt. Nach jeder Mauer, die ich überwinde, fühle ich mich frei und glücklich. Aber für mich ist Parkour kein Sport, sondern eine Kunst, in der man sich selbst erfahren und finden kann. Es gibt keinen Wettkampf, niemand muss beeindruckt werden. Ich suche mir selbst die Hindernisse, die ich überwinden kann, ganz individuell, in der Natur, mit Verantwortung für mich und meine Umgebung. Ein echter Mann ist für mich jemand, der Verantwortung übernimmt. Jemand, der auf ein bestimmtes Ziel hinarbeitet, der alles dafür gibt. Ich bin noch auf der Suche nach diesem Ziel. Und ich weiß für mich selbst noch nicht so ganz genau, ob ich jetzt wirklich schon ein Mann bin, oder ob ich auf dem Weg bin, männlich zu werden oder ob ich noch ein Junge bin.“ O l i v e r D i e c k mann, 19 J a h r e , Schüler – macht seit rund vier J a h r e n Parkour
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