Alarm: Quartiere dringend gesucht

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BEK Forum Juli 2015
BEK Forum Juli 2015
Alarm: Quartiere
dringend gesucht
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termine
fakten
Fakten: Das plant die neue Koalition
text Matthias Dembski
foto picture alliance/dpa
• Asylpolitik: verlässliche Aufenthaltsrechte, damit
Asylsuchende dauerhafte Zukunftsperspektiven ha-
Immer wieder Hiobsbotschaften bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Bremen muss Flüchtlinge aufnehmen
und will sie gut integrieren. So steht es im neuen Koalitionsvertrag. Doch Räume und Konzepte fehlen.
Was Kirchengemeinden tun können und wer sie dabei unterstützt.
ben
• Zivilgesellschaft: Stadtteilbeiräte, Vereine, Kirchengemeinden usw. sind wichtige Partner bei der Integration von Flüchtlingen
Jetzt waren es die Bettwanzen – der Notruf lande-
Die senatorischen Behörden würden in einer Task-Force
te auch bei allen Kirchengemeinden der Bremischen
künftig enger zusammenarbeiten, so Schneider, um
Evangelischen Kirche. Notquartiere gesucht, zum Bei-
Quartiere so schnell wie möglich auf ihre Eignung zu
spiel in Räumen von Kirchengemeinden, zumindest
prüfen und auszustatten. Was die tägliche Begleitung der
übergangsweise. Doch woher sollten kurzfristig Betten
Flüchtlinge betrifft, stehen die Diakonie und die übrigen
kommen, wie ausreichend Toiletten zur Verfügung ge-
Wohlfahrtsverbände in der Startlöchern.
stellt werden, von Duschen ganz zu schweigen? Wer
kümmert sich um Verpflegung oder die pädagogische
• Gesamtstrategie: Die Senatoren stimmen sich in
der Flüchtlingspolitik ab, die Sozialsenatorin hat die
Federführung
• Kinder: ausreichende Versorgung mit Kita- und
Schulplätzen
Checkliste: Quartiere für Flüchtlinge
Voraussetzungen
Schnellere Entscheidungswege nötig
Betreuung der minderjährigen unbegleiteten Flücht-
• Bildung: Junge Flüchtlinge bekommen die Chance
• gesucht wird Wohnraum für Gruppen von fünf
zur Ausbildung und damit eine Berufsperspektive
bis sechs Personen, insbesondere Jugendliche
linge? – Viele Fragen, die sich wohl so mancher Kir-
Arnold Knigge und Britta Ratsch-Menke erwarten vom
• pro Person etwa 10 Quadratmeter Fläche
chenvorstand beim Lesen des Aufrufs gestellt haben
Senat vor allem schnellere Entscheidungen. „Wir brau-
• pro sechs Menschen mindestens eine Toilette
dürfte. „Der Hilferuf der Sozialsenatorin zeigt, was für
chen weitere Anlaufstellen für Flüchtlinge, etwa das Alte
• pro zehn Menschen eine Dusche
ein dickes Problem es in der Erstaufnahmeeinrichtung
Zollamt in der Überseestadt. Es dauert zu lange, bis dort
• falls nicht vorhanden, Platz für Sanitärcontainer
in der Steinsetzer Straße gab“, betont Arnold Knigge,
etwas geschieht“, so Knigge. „Natürlich braucht es auch
Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der freien
Wohnraum für Einzelne und Wohngruppen. Da sind
Wohlfahrtsverbände (LAG). „Plätze aus dem Stand zu
alle in dieser Stadt gefordert, sich an einen Tisch zu set-
schaffen, ist immer schwierig.“ Das Sozialressort müss-
zen, nicht nur der Senat.“ Gleichzeitig müsse man sich
• Aufsicht und pädagogische Begleitung
te dringend gemeinsam mit den Wohlfahrtsverbände
aber vor allem darum kümmern, wie es für jugendliche
• Verpflegung
ein Konzept für Unterkunft und Versorgung der Flücht-
Flüchtlinge weitergehen soll: psychologische Begleitung,
• Betten/ Mobiliar
linge arbeiten – auch für Notfälle.
mögliche Suchtprobleme, Schule, Praktikum, Ausbildung
• Sanitäranlagen, ggfs. Erweiterung
• Minderjährige Flüchtlinge: jugendgerechte Unterbringung. Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern im Zusammenhang mit der kleinen Gruppe krimineller minderjähriger Flüchtlinge
auf dem Außengelände
• Unterstützung und Förderung: Mehr schulische
Um was sich die Behörden kümmern
Vorkurse, geschultes Personal, Förderung im Unterricht und beim Berufseinstieg, Unterstützung für traumatisierte Flüchtlinge, Beratung, verständigung durch
Dolmetscher sicherstellen
- all das müsse in einer „Clearing-Phase“ direkt nach der
„Kriterienkatalog für Quartiere fehlt“
Ankunft in Bremen im Blick sein.
• Arbeit: Hilfen bei der Arbeitssuche z.B. durch
Ablauf
Sprachkurse in der Wartezeit; leichtere Anerkennung
Vorprüfung durch die Sozialbehörde, die alle weiteren
Es dürfte nicht das letzte SOS in Sachen Wohnraum ge-
Keine Absenkung der Standards
wesen sein. „Die Sozialbehörde muss eine immer größe-
ausländischer Berufsabschlüsse, mehr Beratung und
Schritte (Bau-/ Brandschutzprüfung, Mobiliar/ Sanitär-
Fortbildung
Infrastruktur/ Betreuung usw.) organisiert. Ein Anruf ge-
re Zahl von Menschen dauerhaft unterbringen und be-
Die Situation bei den Unterkünften bleibt angespannt.
gleiten, deshalb greift ein Bashing der Sozialsenatorin zu
Auf Dauer die Betreuungs- und Unterbringungsstandards
kurz“, meint Britta Ratsch-Menke vom Verein Zuflucht
abzusenken, ist für die Bremer Wohlfahrtsverbände kei-
– Ökumenische Ausländerarbeit. Doch sie kritisiert: „Mir
ne Lösung. „Ich kann nur an alle Senatsverwaltungen,
Das Sozialressort trägt die Kosten für die Herrichtung
ist kein Kriterienkatalog mit konkreten Anforderungen so-
Politik, Träger, aber auch die Akteure in den Stadtteilen,
des Quartiers, wenn sie in angemessenem Verhältnis
wohl für Not-, als auch für längerfristige Dauerquartiere
wie z.B. Kirchengemeinden, appellieren, sich um dieses
zur Nutzungsdauer der Unterkunft stehen. Auch die
bekannt.“ Bernd Schneider, Sprecher der Sozialsenato-
Thema vorrangig zu kümmern“, so Knigge. „Die drin-
laufenden Kosten trägt die Behörde.
rin, verweist dagegen auf eine umfangreiche Checkliste
gend nötige Task-Force bekommen wir jetzt endlich“,
(siehe Kasten). „Wo viele Menschen schlafen, braucht es
freut sich Uwe Mletzko vom Verein für Innere Mission.
hohe Hygiene- und Sicherheitsstandards.“ Jedoch sei es
„Die muss jetzt eigentlich ständig in einem Lageraum zu-
einer Kirchengemeinde nicht zuzumuten, den Gemein-
sammensitzen, um Wohnraum, Logistik und Begleitung
degarten aufzugraben, um Dusch- und Toilettencontai-
nügt (s. Kontakt)
Kosten
Quartiere gesucht: Zelte sind auf Dauer keine Lösung - erst recht nicht im Winter
k
k
kontakt
kontakt
Flüchtlingsquartiere anbieten
Verein Zuflucht – Ökumenische Ausländerarbeit
Telefon 0421/ 800 7004
Bernd Schneider
[email protected]
Pressesprecher
Nächster Jour Fixe
heißen im Gemeindeleben und im Stadtteil
der Sozialbehörde
für Engagierte in der Flüchtlingsarbeit
zeitnah zu organisieren.“ Der gerade unterzeichnete Ko-
• Hilfe bei der Orientierung im neuen Umfeld
Telefon 0421/361-4152
7. September 18 Uhr im Atrium Kirche, Hohe Str. 2
ner aufzustellen und an die Kanalisation anzuschließen.
alitionsvertrag verspricht Besserung. Von Straffung und
• Kontakte herstellen zu Jugendarbeit, Sportvereinen
[email protected]
Spendenkonto
Bernd Schneider verspricht Unterstützung: Kirchenge-
Zentralisierung der Abläufe ist da die Rede, damit Flücht-
und allen Einrichtungen vor Ort, die für Flüchtlinge
meinden können Wohnraumangebote direkt an ihn
linge angemessen untergebrach werden. Dann gehören
wichtig und hilfreich sind.
übermitteln und sich vorab von ihm beraten lassen.
Bettwanzen hoffentlich bald der Vergangenheit an.
Das können Gemeinden tun
• Integration der neuen Nachbarn: Willkommen
IBAN: DE14 2905 0101 0011 8305 85
BIC: SBREDE22
www.soziales.bremen.de
www.zuflucht-bremen.de
• Wohnungen: Ausreichender Wohnraum durch ein
Wohnraumförderungsprogramm
• Übergangswohnheime: Kosteneinsparungen und
mehr Tempo durch einheitlichen Bautyp, der in Serie
entstehen könnte
• Strukturen: In der Krise nicht mehr improvisieren
sondern effektiv handeln
• Forderungen auf Bundesebene: Ausreichende MitFinanzierung der Leistungen für Flüchtlinge, sie sollen
künftig Grundsicherung bekommen. Medizinische
Versorgung für „Papierlose“ sicherstellen; Fortführung
der Bremer Gesundheitskarte für Asylbewerber.