Hier muss dringend mal wieder gewischt werden

20 Landeshauptstadt Kiel
Dienstag, 20. August 2013
Nr. 193
Er löscht Mails ungelesen
Tourismus: Kiel
weiter im Plus
Nach NSA-Abhörskandal: Kieler Professor verweigert über US-Server verschickte Nachrichten
Kiel. Als der Kieler Professor das erste Mal vom Ausmaß des Datenklaus durch US-Geheimdienste erfuhr,
packte ihn die Wut und er handelte: Seit dem 12. Juli
lässt der Psychologe Günter Köhnken alle E-Mails von
US-Anbietern wie Google oder Yahoo löschen – ungelesen. Seine Studierenden erreichen ihn nur noch
über ihre studentischen Mailadressen innerhalb des
Kieler Uni-Netzes.
Von Martina Drexler
Wer auf die Institutsseite von
Günter Köhnken gelangt, erfährt in einer gelb hervorgehobenen Passage, dass man
ihm wegen der Ausspionierung durch den US-Geheimdienst NSA keine E-Mails von
US-Servern mehr zuschicken
soll. Solche Nachrichten würden gleich als Spams aussor-
tiert. Seine Begründung:
„Bitte haben Sie Verständnis,
dass ich mich aus Gründen
des Datenschutzes zu diesem
Schritt veranlasst sehe.“ Die
Maßnahme hat mittlerweile
bundesweit Aufsehen ausgelöst und ihm neben Bewunderung auch Spott eingebracht –
nach dem Motto, dass sich
US-Geheimdienste kaum für
Prüfungsergebnisse von Kie-
ler Studierenden interessieren dürften. Köhnken spricht
von persönlicher Empörung,
wohl wissend, dass er mit seiner privaten Entscheidung
weder technisch noch bei den
Datenspionen selbst etwas
ausrichtet. „Aber ich fand, es
sei an der Zeit, einen Strich zu
ziehen und zu sagen, jetzt
reicht es.“ Die Mail-Löschung
will er als Zeichen verstanden
wissen. Als persönliche Stellungnahme begreift es auch
die Kieler Universität, die
gestern angab, dass Köhnken
als einziger Professor so verfährt: „Wichtig ist uns, dass
Studierenden keine Nachteile
durch diese Einzelentscheidung entstehen.“ Die Kommunikation sei über den Uni-
Server gewährleistet. Der 64Jährige, der sich als Gutachter in Strafprozessen einen
Namen gemacht hat, erklärt
auf der Institutsseite, dass er
„selbstverständlich“
auch
künftig über E-Mailadressen
von allen deutschen Universitäten und Providern mit einem Server in Deutschland
wie T-Online zu erreichen ist.
Wie tief die NSA-Affäre den
Professor beunruhigt, wird
aus seiner Reaktion im Netz
auf Kritik an der Maßnahme
deutlich: Denjenigen, die
meinten, dass man alle Verletzungen bürgerlicher Freiheitsrechte ignorieren könne,
legt er nahe, über ein Zitat von
Nazi-Opfer Martin Niemöller
nachzudenken. Pastor Nie-
Keine Mails von US-Servern:
Prof. Günter Köhnken. Foto aug
möller – von 1937 bis 1945 inhaftiert – thematisiert darin
sein eigenes Schweigen zu
Verhaftungen von Kommunisten, Sozialdemokraten und
Gewerkschaftern durch Nazis
und endet damit: „Als sie
mich holten, gab es keinen
mehr, der protestieren konnte“. Als nächsten Schritt kündigte Köhnken an, seinen gesamten E-Mail-Verkehr zu
verschlüsseln.
Hier muss dringend mal wieder gewischt werden
Zum ersten Mal seit 15 Jahren nehmen sich Gebäudereiniger jetzt die Beleuchterbühne im Kieler Opernhaus vor
Von Birthe Herbst-Gehrking
Kiel. Was passiert, wenn länger kein Staub gewischt wird,
kennen die meisten aus eigener
Erfahrung. Auf der Beleuchterbühne über dem Zuschauerraum der Kieler Oper schwingen in dieser Woche zum ersten
Mal seit 15 Jahren Ulrike Stuhr
und Michael Sauter wieder den
Staubwedel.
Das Surren des Staubsaugers ist deutlich zu hören.
Auch das leise Knistern vom
Dreck,
der
durch
den
Schlauch geschleudert wird.
Eine recht alltägliche Arbeit
für einen Gebäudereiniger,
mag man denken. Doch Ulrike
Stuhr und Michael Sauter
kämpfen in rund 20 Metern
Selbst auf den Farbfiltern für die
Scheinwerfer hat sich schon eine
dicke Staubschicht gebildet.
Höhe gegen jahrzehntealten
Theater-Staub. Über 100
Treppen führen hierher – auf
die Lichtspinne des Opernhauses. Sonst stellen die Beleuchter die Scheinwerfer für
die verschiedenen Stücke hier
ein. „Das ist ein wirkliches
Großprojekt“, sagt Ulrike
Stuhr und lässt ihren Blick
durch den Raum schweifen.
Vier Tage haben die beiden
Gebäudereiniger fürs Entstauben Zeit. Mit Sauger,
Lappen und zahlreichen
Putzmitteln bewaffnet, wollen sie der Dreckschicht, die
an manchen Stellen mehrere
Zentimeter hoch ist, an den
Kragen. Doch das ist gar nicht
so einfach, denn hier oben ist
es ziemlich dunkel und vor allem eines: eng.
Nur über schmale Holzpfade können die zahlreichen
Verstrebungen erreicht werden. Über den Wegen hängen
schwarze Akustikdecken, die
die ganze Aktion noch erschweren. „Wir reinigen das,
was wir zu Fuß erreichen können.“ Das heißt: Wege, Verstrebungen,
Geländer,
Scheinwerfer und vieles mehr
muss geputzt werden. Für
Stellen, die besonders schwierig sind, haben wir noch eine
sechs Meter lange Teleskopstange dabei“, erklärt Ulrike
Stuhr, die schon seit über 20
Jahren diesen Beruf ausübt.
Die Reinigung der Lichtspinne ist trotzdem für sie etwas ganz Besonderes: „Es ist
doch schon ein einzigartiger
Auftrag. Das ist ein Ort, an
den sonst niemand hinkommt“, findet die 43-Jährige. Schon öfter habe sie mit
ihren Kollegen die Bühne gesäubert. Das Putzen in luftiger Höhe ist für sie jedoch eine
Premiere. Nach unten blickt
sie dabei aber eher selten, zumal die Gebäudereiniger genau aufpassen müssen, wo sie
hintreten. Die Holzwege sind
durch die jahrelange Benutzung glatt geworden.
Während Michael Sauter
den Kopf der Lichtspinne mit
dem Staubsauger bearbeitet,
putzt Ulrike Stuhr mit einem
Lappen die Scheinwerfer. Für
ihr Vorgehen haben sich die
Gebäudereiniger einen Plan
gemacht. Dabei haben sie es
so aufgeteilt, dass möglichst
keine Stelle übersehen wird.
„Wir wollen ja nicht, dass bei
einer der nächsten Aufführung Staub auf die Zuschauer Geputzt wird überall, wo man hinkommt. Für die Scheinwerfer muss sich Gebäudereinigerin Ulrike
Stuhr schon ganz schön strecken.
Fotos Janssen
rieselt.“
Bretter, die die Welt bedeuten:
Neuer Bühnenboden für die Oper
Kiel. Auch wenn derzeit alles
nach draußen schaut, gibt es
auch Neuigkeiten im Inneren
des Opernhauses. Sogar auf
der Bühne: Für rund 250 000
Euro wird in diesen Tagen der
Bühnenboden komplett ausgetauscht.
Die Tischler einer Spezialfirma aus Coesfeld, die den
neuen Pitch-Pine-Boden verlegt haben, sind bereits abgereist, jetzt wird geschliffen
und schwarz gestrichen. So
ein Bühnenboden muss hohe
Belastungen verkraften. Nach
15 Jahren war die Zeit reif für
eine Erneuerung, zumal kürzlich schon mal ein Bühnenwagen mit einem Rad in einer
Diele „eingebrochen“ war.
Und um den neuen Boden
noch stabiler zu machen, wurden jetzt massive Tragholzplatten verlegt, die zwölf Millimeter dick mit mittelamerikanischem Pitch-Pine-Holz
beschichtet sind – eine Art
hochwertiges Nadelholz-Furnier also. Das macht die ganze
Angelegenheit nicht nur belastbarer, sagt Verwaltungsdirektor Jörn Sturm, sondern
auch günstiger als im ursprünglichen Etatansatz vorgesehen. Insgesamt mussten
auf der Bühne inklusive der
Drehscheibe rund 680 Quadratmeter neue Böden verlegt
werden. Zur VolksbühnenGala am 1. September hat sie
ihre erste öffentliche Belastungsprobe – wenn die OpenAir-Bühne schon wieder ab- Neuer Fußboden für die Opernbühne: Hermann Bölle von der FachFoto Pregla
gebaut sein dürfte.
bkm firma aus Coesfeld passt Holzteile maßgenau ein.
Kiel. Immer mehr Besucher
verweilen auch über Nacht in
der Landeshauptstadt: Die
touristische
Halbjahresbilanz von Kiel-Marketing verzeichnet eine Steigerung der
Übernachtungszahlen um 2,6
Prozent. Demnach konnte
Kiel in der ersten Jahreshälfte 2013 mit 270 825 Übernachtungen
ein
stetiges
Wachstum gegenüber dem
Vorjahreszeitraum
verbuchen. Auch die Aufenthaltsdauer ist mit durchschnittlich
zwei Tagen leicht gestiegen,
wodurch sich Kiel nach Ansicht von Kiel-Marketing „als
Kurzurlaubsziel etabliert“
habe. „Nur wenn Kiel weiter
in touristische Infrastruktur
und Vermarktung investiert
und die Kapazitäten für Tagungen und Übernachtungen
weiter erhöht werden, kann
sich die Landeshaupstadt als
Städtereiseziel behaupten“,
sagte Geschäftsführer Uwe
Wanger.
caj
Räuber nahm
Opfern Bargeld ab
Kiel. Nach einem Raubüberfall in der Nacht zu Sonnabend in der Innenstadt sucht
die Kriminalpolizei nach
Zeugen. Gegen 1.45 Uhr
sprach der Täter die beiden 20
Jahre alten Geschädigten in
der Herzog-Friedrich-Straße
an und forderte Bargeld, so
ein Polizeisprecher. Durch die
Drohung
eingeschüchtert,
konnte er eine geringe Menge
erbeuten und anschließend
auf einem alten, dunklen Damen-Fahrrad flüchten. Er soll
etwa 30 Jahre alt und 1,80 Meter groß sein. Vom Typ her
wurde er als möglicher Angehöriger der Drogen-Szene beschrieben. Er hat kurze,
dunkle Haare und war zur
Tatzeit mit einem dunklen
Kapuzenpullover mit TribalMuster bekleidet. Besonders
auffällig war, dass er ein blaues Auge hatte. Hinweise an
die Polizei unter Tel. 110. gsc
Neues Angebot
für DVB-T-Nutzer
Kiel/Lübeck. Trotz des Ausstiegs der RTL-Mediengruppe
zum 31.12.2014 aus dem Fernsehen über DVB-T gibt es für
Kieler und Lübecker positive
Neuigkeiten auf diesem Gebiet. Mit der „Multithek“
können Nutzer in den beiden
Städten ab sofort kostenlos
vier weitere Sender empfangen. Das Fernseh-Angebot erweitert sich damit um die
Sender Bloomberg TV, 12-3.tv, Juwelo TV und Anixe.
Voraussetzungen für die Nutzung der „Multithek“ sind ein
HbbTV-fähiges DVB-T-Endgerät und ein mindestens zwei
MBit/s schneller Internetzugang. Zum Empfang muss der
Fernseher mit dem Internet
und DVB-T verbunden sein.
Weitere Informationen unter
www.multithek.de
heg
Spezialmarkt
für Kindersachen
Kiel. Eine ideale Fundgrube
für die optimale Ausstattung
ist der Spezialmarkt für Kindersachen und Spielzeug am
Sonntag, 25. August, auf dem
Holstenplatz. Von 8 bis 16
Uhr finden Interessierte dort
alles Nützliche rund ums
Kind. Es ist der letzte Flohmarkt dieser Art in diesem
Jahr. Es folgen noch zwei allgemeine Flohmärkte in der
Innenstadt (1. und 29. September) und einer in Gaarden
(8. September, zum Brunnenfest), bevor die Saison am 6.
Oktober mit dem Flohmarkt
an der Hörn zu Ende geht.