DE DE ENTWURF EINES BERICHTS

Europäisches Parlament
2014-2019
Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten
2015/2223(INI)
21.10.2015
ENTWURF EINES BERICHTS
zur Verwirklichung des Ziels der Armutsbekämpfung in Anbetracht der
steigenden Haushaltskosten
(2015/2223(INI))
Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten
Berichterstatter: Tamás Meszerics
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In Vielfalt geeint
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INHALT
Seite
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS ............ 3
BEGRÜNDUNG ...................................................................................................................... 10
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ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zur Verwirklichung des Ziels der Armutsbekämpfung in Anbetracht der steigenden
Haushaltskosten
(2015/2223(INI))
Das Europäische Parlament,
–
gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV), insbesondere auf Artikel 3,
und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere
auf Artikel 9,
–
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. März 2010 mit dem Titel
„Europa 2020: Ein Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“
(COM(2010)2020) und seine Entschließung vom 16. Juni 2010 zu dieser Mitteilung1,
–
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. März 2014 mit dem Titel
„Bestandsaufnahme der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und
integratives Wachstum“ (COM(2014)0130),
–
unter Hinweis auf die Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der
Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der
Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG2 sowie seine Entschließung vom
15. Dezember 2010 zu der Überarbeitung des Aktionsplans für Energieeffizienz3,
–
unter Hinweis auf die Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 25. Oktober 2012 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden
(Neufassung)4,
–
unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1304/2013 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 17. Dezember 2013 über den Europäischen Sozialfonds und zur
Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 des Rates5,
–
unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1301/2013 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 17. Dezember 2013 über den Europäischen Fonds für regionale
Entwicklung und mit besonderen Bestimmungen hinsichtlich des Ziels „Investitionen in
Wachstum und Beschäftigung“ und zur Aufhebung der Verordnung (EG)
Nr. 1080/20066,
–
unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den
1
ABl. C 236 E vom 12.8.2011, S. 57.
ABl. L 315 vom 14.11.2012.
3
Angenommene Texte, P7_TA(2010)0485.
4
ABl. L 153 vom 18.6.2010, S. 13.
5
ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 470.
6
ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 289.
2
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Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den
Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des
ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, für die der
Gemeinsame Strategische Rahmen gilt, sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den
Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den
Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/20061,
–
unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 223/2014 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 11. März 2014 zum Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten
benachteiligten Personen2,
–
unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 2015/1017 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 25. Juni 2015 über den Europäischen Fonds für strategische
Investitionen, die europäische Plattform für Investitionsberatung und das europäische
Investitionsprojekteverzeichnis sowie zur Änderung der Verordnungen (EU)
Nr. 1291/2013 und (EU) Nr. 1316/20133,
–
unter Hinweis auf den Beschluss des Rates zu Leitlinien für beschäftigungspolitische
Maßnahmen der Mitgliedstaaten4 und auf seine legislative Entschließung vom 8. Juli
2015 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates zu Leitlinien für
beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten5,
–
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juli 2015 zur Initiative für grüne
Beschäftigung: Nutzung des Potenzials der grünen Wirtschaft zur Schaffung von
Arbeitsplätzen6,
–
unter Hinweis auf das Pilotprojekt der Kommission zur Entwicklung einer Methodik für
Referenzbudgets in Europa,
–
unter Hinweis auf den Quartalsbericht der Kommission vom September 2015 über die
soziale Lage und die Beschäftigungssituation in der EU7,
–
unter Hinweis auf das Maßnahmenpaket für soziale Investitionen der Kommission vom
20. Februar 2013,
–
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Europäische Plattform
gegen Armut und soziale Ausgrenzung: Ein europäischer Rahmen für den sozialen und
territorialen Zusammenhalt“ (COM(2010)0758), die Stellungnahme des Europäischen
Wirtschafts- und Sozialausschusses und die Stellungnahme des Ausschusses der
Regionen zu diesem Thema und die diesbezügliche Entschließung des Europäischen
1
ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320.
ABl. L 72 vom 12.3.2014, S. 1.
3
ABl. L 169 vom 1.7.2015, S. 1.
4
Beschluss des Rates (EU) 2015/... vom ... zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der
Mitgliedstaaten für 2015.
5
Angenommene Texte, P8_TA-PROV(2015)0261.
6
Angenommene Texte, P8_TA-PROV(2015)0264.
7
http://ec.europa.eu/social/main.jsp?langId=de&catId=89&newsId=2345&furtherNews=yes
2
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Parlaments vom 15. November 20111,
–
unter Hinweis auf die gemeinsame Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses und
des Ausschusses für Sozialschutz zur Halbzeitüberprüfung der Strategie Europa 2020
vom 3. Oktober 20142,
–
unter Hinweis auf den Jahresbericht des EASO über die Asylsituation in der
Europäischen Union (2014)3,
–
gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
–
unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Beschäftigung und soziale
Angelegenheiten und die Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und
die Gleichstellung der Geschlechter (A8-0000/2015),
A.
in der Erwägung, dass zwischen 2008 und 2013 die Zahl der Menschen in der Union der
27, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind, von 117 Millionen auf
121 Millionen gestiegen ist, wobei die Zahl der Menschen in dieser Gruppe, die unter
erheblicher materieller Entbehrung leiden, von 42 auf 45 Millionen und die Zahl der
Menschen, die nach Sozialleistungen noch von Armut bedroht sind, von 82 auf
86 Millionen gestiegen ist; in der Erwägung, dass diese Entwicklung dem Ziel der EU
entgegenläuft, die Zahl armer Menschen bis 2020 um 20 Millionen zu senken;
B.
in der Erwägung, dass sich unzureichende Heizmöglichkeiten gesundheitsschädlich
auswirken, was insbesondere für Kinder und ältere Menschen gilt;
C.
in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten in der Richtlinie 2012/27/EU aufgefordert
werden, Sensibilisierungsprogramme zu entwickeln und Einzelpersonen und Haushalte
über Energieeffizienz zu informieren und entsprechend zu beraten;
D.
in der Erwägung, dass sich die Energiemarktpreise in Europa annähern, die Kaufkraft
sich aber nicht im selben Maße annähert;
Grundlegende Empfehlungen
Auf der Grundlage der in diesem Initiativbericht ausgearbeiteten Empfehlungen:
1.
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, integrierte Rahmenvorschriften
anzunehmen, um Energiearmut durch eine engere Verknüpfung von politischen
Maßnahmen in den Bereichen Energie und Armut/soziale Inklusion zu bekämpfen;
2.
fordert die Mitgliedstaaten auf, ein europäisches Moratorium für die Abschaltung der
Heizung im Winter zu unterzeichnen, um sicherzustellen, dass während eines
festgelegten Zeitraums im Winter kein Haushalt von der Energieversorgung
abgeschnitten werden darf, und dass Haushalte, bei denen dies bereits der Fall ist,
wieder in einem Maße mit Heizenergie versorgt werden, das eine Raumtemperatur
1
Angenommene Texte, P7_TA(2011)0495.
Gemeinsame Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses und des Ausschusses für Sozialschutz zur
Halbzeitüberprüfung der Strategie Europa 2020, Rat der Europäischen Union, 13809/14 vom 3. Oktober 2014.
3
http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=738&langId=de&pubId=7744&visible=0
2
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gemäß den Normen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ermöglicht;
3.
fordert die Kommission auf, im Rahmen der angekündigten sozialen Säule 2016 eine
EU-Rahmenrichtlinie für ein angemessenes Mindesteinkommen vorzulegen;
4.
fordert die Mitgliedstaaten auf, für eine effizientere und gezieltere Nutzung der
europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) durch die nationalen, regionalen
und lokalen Behörden zu sorgen, um gegen Energiearmut vorzugehen;
Politische Maßnahmen der EU zur Verwirklichung des Ziels der Armutsbekämpfung
5.
findet es bedauerlich, dass das Ziel der EU für 2020, die Armut in Europa zu verringern,
indem 20 Millionen Menschen aus der Armut herausgeführt werden, noch weiter weg
erscheint als zu dem Zeitpunkt, zu dem es festgelegt wurde; wiederholt, dass eine der
Zielgruppen hierbei Menschen sind, die unter erheblicher materieller Entbehrung
leiden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusagen in Bezug auf
das Ziel der Armutsreduzierung zu erneuern, indem sie
–
der Schaffung menschenwürdiger Lebensbedingungen und der Verringerung der
Armut Priorität einräumen und diesen Themen einen Gipfel widmen;
–
die Aspekte Einkommen und Ausgaben armer Haushalte in ausgewogenerer
Weise angehen;
–
sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten jedem während des gesamten Lebens eine
einfach zugängliche, angemessene Einkommensunterstützung, einschließlich
eines Mindesteinkommens über der Armutsgrenze, zur Verfügung stellen;
–
Haushaltsausgaben ins Visier nehmen, damit unverhältnismäßig höhere Kosten
wie Energieausgaben nachhaltig reduziert werden können;
–
politische Maßnahmen in anderen Politikbereichen einstellen, die zu einer
Vermehrung der Armut beitragen könnten;
6.
fordert in Anlehnung an die Jugendgarantie eine Empfehlung des Rates zur
Armutsbekämpfung, um der Verwirklichung des Ziels der Armutsbekämpfung neue
Impulse zu verleihen;
7.
begrüßt die Absicht der Kommission, eine neue soziale Säule vorzustellen; verweist
darauf, dass, – um Artikel 9 AEUV gerecht zu werden –, eine solche Säule darauf
abzielen sollte, einen europäischen Rahmen für ein Mindesteinkommen über der
Armutsgrenze festzusetzen, weiterhin auf einen rechtebasierten Ansatz bei der
Sozialpolitik zu setzen und für eine bessere Umsetzung bestehender Rechtsvorschriften
in den Bereichen Soziales, Arbeitnehmer und Antidiskriminierung zu sorgen;
8.
begrüßt die Absicht der Kommission, einen „AAA-Sozialstatus“ für die Union
anzustreben; findet es bedauerlich, dass dies aufgrund der steigenden Ungleichheit,
hohen Armutsraten, weit verbreiteten sozialen Ausgrenzung sowie immer geringeren
Verfügbarkeit von hochwertigen und bezahlbaren Sozial-, Gesundheits- und
Pflegediensten derzeit unerreichbar ist; erinnert daran, dass ein AAA-Sozialstatus auf
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Artikel 9 AEUV beruhen muss, der auf ein hohes Beschäftigungsniveau, die
Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, die Bekämpfung der sozialen
Ausgrenzung sowie ein hohes Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des
Gesundheitsschutzes abzielt; verweist darauf, dass ein AAA-Sozialstatus nur dann
erreicht werden kann, wenn sowohl die politischen Maßnahmen, die der
Verwirklichung dieses Ziels entgegenstehen, als auch die Maßnahmen, die hierzu
beitragen, geprüft werden; findet es bedauerlich, dass Letzteres noch nicht auf
Unionsebene behandelt wurde;
9.
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen sich aus konkreten
Maßnahmen und Tätigkeiten, einschließlich im Bereich Energiearmut,
zusammensetzenden EU-Rahmen zur Reduzierung von Armut und sozialer
Ausgrenzung im Einklang mit der Strategie Europa 2020, zu entwickeln, anzunehmen
und anzuwenden;
Mittel und Einkommen armer Haushalte
10.
betont, dass ein annehmbares Einkommen ein wesentliches Element für ein würdevolles
Leben ist; verweist darauf, dass die Armutsgefährdungsquote nach Sozialleistungen in
der EU der 28 bei 16,7 % liegt; fordert die Kommission auf, 2016 im Rahmen der
angekündigten sozialen Säule eine EU-Rahmenrichtlinie für ein angemessenes
Mindesteinkommen vorzulegen;
11.
empfiehlt, dass in einer EU-Rahmenrichtlinie über ein Mindesteinkommen festgelegt
werden sollte, welche Kriterien die Mindesteinkommensregelungen der Mitgliedstaaten
erfüllen müssten, damit Menschen aus der Armut herausgeführt werden können; ist der
Auffassung, dass ein solcher Rahmen rechtebasiert sein, die Einkommenshöhe und den
diskriminierungsfreien, effizienten und leichten Zugang zu diesem Einkommen sowie
die Abwicklung regeln sollte, wobei besonders die Gruppen im Fokus stehen sollten,
die derzeit von Mindesteinkommenssystemen ausgeschlossen sind oder Gefahr laufen,
ausgeschlossen zu werden;
12.
betont, dass Mindesteinkommenssysteme Haushalte vor erheblicher materieller
Entbehrung schützen oder sie hiervon befreien und ein Einkommen über der
Armutsgrenze ermöglichen sollten; erinnert daran, dass das Mindesteinkommen ein
Schlüsselinstrument ist, um Artikel 9 AEUV nachzukommen, da es einen
angemessenen Sozialschutz und das Grundrecht auf angemessene Lebensbedingungen,
gesellschaftliche Teilnahme und Gesundheitsschutz sichert;
Haushaltsausgaben armer Haushalte
13.
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sowohl das Einkommen als auch
die Ausgaben armer Haushalte ausgewogener zu behandeln; weist auf Mängel hin, die
beim Umgang mit dem Aspekt der steigenden Haushaltskosten bestehen, und ist der
Auffassung, dass die Arbeit der Kommission an einem Referenzbudget ein Schritt in die
richtige Richtung ist; betont, dass eine Senkung der Haushaltsausgaben für arme
Haushalte sich nicht nur positiv auf die betroffenen Haushalte, sondern auch auf die
Wirtschaft – vor allem die lokale – sowie den sozialen Zusammenhalt auswirkt;
14.
erinnert daran, dass arme Haushalte den Großteil ihres Einkommens für Wohnungs- und
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Nebenkosten sowie Nahrungsmittel verwenden; betont, dass auf Unionsebene keine
eingehende Prüfung eines Aspekts der Haushaltsausgaben armer Haushalte – nämlich
der Energiekosten und der damit verbundene Energiearmut – stattfindet; fordert die
Kommission auf, die interne Zusammenarbeit zu verbessern, um die Energie- und die
Armutspolitik besser zu verknüpfen;
15.
betont, dass es bisher auf Unionsebene keine Definition für Energiearmut gibt und es
daher sehr schwierig ist, eingehend das Ausmaß, die Gründe und die Folgen der
Energiearmut armer Haushalte in der Union zu prüfen; fordert die Kommission auf,
zusammen mit Interessenträgern eine gemeinsame Definition von Energiearmut
auszuarbeiten, anhand derer zumindest die folgenden Elemente bewertet werden
können: materielles Ausmaß, sich Haushalten stellende Schwierigkeiten beim Zugang
zur Grundenergieversorgung, Bezahlbarkeit und Anteil an den Gesamthaushaltskosten,
Auswirkung auf grundlegenden Haushaltsbedarf wie Heizen, Kühlen, Kochen,
Beleuchtung und Transport;
16.
betont, dass es bei Energiearmut einen Lock-in-Effekt gibt, da arme Haushalte sich die
Investitionen, die zur Bekämpfung von Energiearmut vorab notwendig sind, nicht
leisten können;
Finanzierungsmittel für die Bekämpfung von Energiearmut haben eine dreifach positive
Wirkung
17.
erinnert daran, dass Unionsmittel, die für die Verringerung der Energiekosten armer
Haushalte eingesetzt werden, indem in erneuerbare Energien oder Energieeffizienz
investiert wird, zahlreiche positive Auswirkungen haben: auf Ebene der Haushalte
verbessern sich die Lebensbedingungen und die Gesundheit der Betroffenen, und es
werden zudem die Haushaltskosten gesenkt, was eine finanzielle Erleichterung für arme
Familien darstellt; auf regionaler und lokaler Ebene sorgen die Mittel für lokale
Investitionen; auf Unionsebene tragen sie dazu bei, die Armut zu senken, die
Energieeffizienz zu verbessern und Energieemissionen zu reduzieren;
18.
begrüßt die Tatsache, dass die Senkung von energiebezogenen Haushaltskosten durch
die Unterstützung von Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien im
Programm der ESI-Fonds 2014–2020 vorgesehen und eine Finanzierung in diesem
Rahmen daher grundsätzlich möglich ist;
19.
betont, dass von den Interessenträgern zwei wesentliche Hindernisse ausgemacht
wurden, die der Bekämpfung von Energiearmut über die ESI-Fonds im Wege stehen:
zum Einen im Hinblick auf die Projektgröße, wenn kleinere Begünstigte sich Fonds wie
dem Kohäsionsfond gegenübersehen, die für größere Projekte bestimmt sind; zum
Anderen machen operationelle Programme von der Option, die ESI-Fonds auf
Energiearmut auszurichten, nicht erschöpfend Gebrauch;
20.
verweist darauf, dass es einiger Vorbedingungen bedarf, wenn die Zielgruppe
Begünstigte sind, die mit armen Haushalten zusammenarbeiten oder Teil dieser sind,
und dass diese besser im Rahmen der ESI-Fonds, jedoch nicht unbedingt im Rahmen
größerer Fonds wie dem EFRE, zu erfüllen sind;
21.
fordert daher die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Nutzung von
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Querfinanzierungsmechanismen, vor allem zwischen dem ESF und dem EFRE zu
erleichtern, was Projekte im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien oder
Energieeffizienz zugunsten von energiearmen Haushalten angeht; betont die zahlreichen
Vorteile von Multifondsprogrammen, um Querschnittsprobleme wie etwa solchen im
Zusammenhang mit Energiearmut zu begegnen;
Verknüpfung von sozialen Zielen und Energiepolitik
22.
begrüßt die Tatsache, dass die energiepolitischen Rechtsvorschriften in Europa soziale
Ziele im Rahmen der Energieeffizienzpolitik anerkennen; findet es bedauerlich, dass die
einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2012/27/EU zugunsten von energiearmen
Haushalten oder Sozialwohnungen (Artikel 7 Absatz 7) von den Mitgliedstaaten nicht
voll ausgeschöpft werden; fordert die Kommission auf, die Umsetzung und Nutzung der
Artikel 7 Absatz 7 und Artikel 5 Absatz 5 im Rahmen ihrer Überprüfung und
Folgenabschätzung des Energieeffizienzpakets zu bewerten; fordert die Kommission
außerdem auf, Artikel 7, und insbesondere Absatz 7, auf der Grundlage dieser
Bewertung zu stärken, damit die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Anforderungen mit
sozialer Zielsetzung in ihre Energieeffizienzverpflichtungssysteme aufzunehmen;
23.
fordert die Mitgliedstaaten auf, energieintensiven Industriezweigen keine
Steuerbefreiungen zu gewähren, sondern diese Mittel für Maßnahmen einzusetzen, die
Haushalten mit niedrigem Einkommen zugutekommen, einschließlich gezielter
Energieeffizienzmaßnahmen und der Finanzierung von Sozialversicherungssystemen,
was wiederum die Belastung der Arbeitskosten senkt; ist der Auffassung, dass ein
entsprechender Ausgleichsmechanismus integraler Bestanteil einer sozial gerechten
Verlagerung der Steuerlasten sein könnte, wie sie von der Kommission in den
derzeitigen Beschäftigungsleitlinien vorgeschlagen wurde;
24.
fordert die Mitgliedstaaten auf, ein europäisches Moratorium für die Abschaltung der
Heizung im Winter zu unterzeichnen, um sicherzustellen, dass während eines
festgelegten Zeitraums im Winter kein Haushalt von der Energieversorgung
abgeschnitten werden darf, und dass Haushalte, bei denen dies bereits der Fall ist,
wieder in einem Maße mit Heizenergie versorgt werden, das eine Raumtemperatur
gemäß den Normen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ermöglicht; weist darauf
hin, dass mit einem solchen Moratorium die erhöhten Sterberaten im Winter gesenkt
werden sollen, da die am stärksten gefährdeten Gruppen, wie insbesondere kleine
Kinder, ältere Menschen, dauerhaft kranke Menschen und Menschen mit
Behinderungen, Hilfe erfahren und so ihre Gesundheit geschützt und zu ihrem
Wohlergehen beigetragen wird;
25.
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu
übermitteln.
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BEGRÜNDUNG
Der Initiativbericht zielt darauf ab, in der europäischen Debatte eine Brücke zwischen der
Sozial- und der Energiepolitik zu schlagen, indem darauf hingewiesen wird, dass sich die EU
von der Verwirklichung Ihres EU2020-Ziels der Armutsreduzierung weiter wegbewegt und
gleichzeitig ein erhebliches, unausgeschöpftes Potenzial besteht, die Ausgaben armer
Haushalte wesentlich zu senken, indem bestehende Projekte für erneuerbare Energien und
Energieeffizienz auf energiearme Haushalte ausgerichtet werden. Die Absicht, das Ziel im
Rahmen der Strategie Europa 2020 zur Bekämpfung der Armut zu erreichen und gleichzeitig
die Ziele im Hinblick auf Energieeffizienz, Emissionsreduzierung und erneuerbare Energien
zu verwirklichen, verlangt von zahlreichen Akteuren, mit Hilfe verschiedener Instrumente
weitere Schritte zu unternehmen, jedoch in dieselbe Richtung.
Die Mitteilung der Kommission1 stellt einen ersten Schritt hin zur europäischen Säule der
sozialen Rechte dar, um die soziale Dimension Europas durch einen integrierten Ansatz zu
stärken, indem die bestehenden Rechtsvorschriften modernisiert und neue Maßnahmen
zugunsten einer am Ende größeren Annäherung erwogen werden. Mehr soziales Engagement
seitens der EU ist ein seit langem unerfülltes politisches Versprechen, weswegen die EU
durch einen Rahmen für ein Mindesteinkommen und weitere Verbesserungen beim Sozialund Arbeitsrecht sowie bei den Antidiskriminierungsvorschriften die nächste
Integrationsebene erreichen kann. Das Einkommen armer Haushalte zu erhöhen, ist aus zwei
Gründen eines der entscheidenden Elemente, um die Strategie Europa 2020 erfolgreich zu
gestalten und Armut zu bekämpfen: Seit dem Ausbruch der Wirtschaftskrise nimmt die
Ungleichheit in der EU zu, und noch immer lebt jeder sechste europäische Bürger in Armut
oder ist durch Armut bedroht. Das Mindesteinkommen stellt das Schlüsselinstrument dar, das
in der EU auf der Grundlage von Artikel 9 AEUV2 eingeführt werden muss, um für die
Achtung des Grundrechts auf angemessene Lebensbedingungen zu sorgen.
Eine zweite Säule des Kampfs gegen Armut, insbesondere extreme Armut, ist die wirksame
Senkung der Haushaltskosten, indem die verschiedenen Fonds besser auf die am stärksten
gefährdeten Haushalte ausgerichtet und die Hindernisse für eine wirksame Mittelabwicklung
beseitigt werden. Im Rahmen der Strategie Europa 20203 besteht das Ziel, 20 % des
Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien zu erzeugen und die Energieeffizienz bis 2020 um
20 % zu erhöhen sowie die Treibhausgasemissionen bis 2020 (gegenüber 1990) um 20 % zu
senken. Eine gezieltere Ausrichtung der EU-Fonds auf energiearme Haushalte bringt uns auch
der Verwirklichung dieser Ziele näher. Mit diesem Initiativbericht wird das Konzept eines
europäischen Moratoriums für die Abschaltung der Energieversorgung im Winter vorgestellt,
um Haushalte zu schützen, die bereits keine Energieversorgung mehr haben oder bei denen
dieses Risiko besteht, da sie mit der Zahlung ihrer Nebenkostenrechnungen im Verzug sind.
1
Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 6. Oktober 2015, IP-15-5763.
Vertrag über die Europäische Union und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
3
http://ec.europa.eu/europe2020/index_de.htm
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