Es darf nicht bei Plänen bleiben 15. August 2015

Persönliche Kopie von: MICHEL RUBLI
Samstag, 15. August 2015
Leitartikel
3
Die Tortour – eine
Erfolgs­geschichte
Jetzt wird’s erst heiss
Es darf nicht bei
Plänen ­bleiben
Von Daniel F. Koch
Von robin blanck
Von Claudia Härdi
N
ormalerweise gilt das siebte
Jahr in einer Beziehung als «verflixt». Im Fall des Ultra­cyclingEvents Tortour gilt das aber nicht. Denn
das Nonstop-Radrennen, das in einer
Tour 1000 Kilometer rund um die
Schweiz führt, sowie seine kleine
Schwester, die Challenge mit 500 Kilometer, haben sich innerhalb dieser sieben Jahre zu einer eigentlichen Fixgrösse im Sportkalender der Schweiz
entwickelt. Rund 700 Radsportler und
Radsportlerinnen loten in den anspruchsvollen Stunden vom Start in
Schaffhausen bis zur Rückkehr ins Ziel
in der IWC-Arena ihre körperlichen und
mentalen Grenzen aus. Eine Herausforderung, die viel mehr ist als nur Sport.
Der Kampf gegen sich selbst und ein unbändiger Willen durchzuhalten, sind
unabdingbar, um als Finisher den verdienten Applaus von Fans und Teammitgliedern im Ziel zu erhalten. Eines
haben die vier Gründungs­mitglieder
Hape Narr, Joko Vogel, ­Matthias Knill
und Günter Wagner, die den Anlass in
der Schweiz entwickelt und etabliert haben, früh erkannt: Ein Event wie die
Tortour hat hier noch gefehlt. Bemerkenswert
ist
daneben,
welche
­organisatorische Leistung von den beteiligten rund 1800 Helferinnen und Helfern nötig ist, um ihre Schützlinge gut
betreut ins Ziel zu bringen. Wie viel psychologisches Fingerspitzen­gefühl müssen diese Menschen aufwenden, um die
Momente, wenn der Athlet einen Durchhänger hat, zu überwinden? Darum ist
es umso erfreu­licher, dass die TortourMacher in diesem Jahr quasi geadelt
wurden. Sie dürfen für Swiss Cycling
die Schweizer Meisterschaft im Ultracycling aus­tragen. Das wertet den Anlass ungemein auf. Eine Landesmeisterschaft hat nun einmal einen Stellenwert
und ist öffentlichkeitswirksam. Man
könnte auch so sagen: Ein Sportanlass
wächst organisch weiter. Der grosse
Einsatz über die Jahre zahlt sich aus.
D
ie gröbste Sommerhitze ist
vorbei, doch auch der
Herbst verspricht heiss zu
werden: Mit den Ständerats- und Nationalratswahlen steht am 18. Oktober eine
­Weichenstellung für das Land an. Die
Stimmberechtigten müssen festlegen,
wer ab 2016 im Bundeshaus während
vier Jahren den Kurs der Schweiz mitbestimmt.
Bedeutsam sind nationale Wahlen
immer, in besonderem Masse gilt das
aber für die anstehende Legislatur, in
der auf nationaler Ebene wichtige Entscheide anstehen: An vorderster Front
steht einmal mehr die Frage nach dem
Verhältnis zwischen der Schweiz und
der EU. Lässt sich die Umsetzung der
vom Volk beschlossenen Masseneinwanderungs-Initiative mit der Personenfreizügigkeit in Einklang bringen?
Können die bilateralen Verträge am
Ende gerettet werden? Und wie positioniert sich die Schweiz angesichts der
anhaltenden Frankenstärke?
Richtungsentscheide stehen auch
in der Energie- und der Verkehrspolitik
an, die Stichworte lauten hier Atomausstieg und zweite Gotthardröhre. Es
ist deutlich: An herausfordernden Fragestellungen herrscht kein Mangel.
FDP und SP attackieren den Sitz
von Thomas Minder
Das Rennen um die Schaffhauser
Ständeratssitze wurde bereits am letzten Montag anlässlich des SN-Wahlauftaktes lanciert und verspricht spannend zu werden: Fast von allen Seiten
wird SVP-Ständerat Hannes Germann,
der seit 2002 in der kleinen Kammer
mitarbeitet, als gesetzt betrachtet –
dies auch nicht zuletzt aufgrund der
Wählerstärke der SVP. Zu seiner breiten Akzeptanz dürfte nebst dem Bis­
herigen-Bonus auch seine gemässigte
Positionierung abseits der SVP-Hard­
liner beitragen: So hat sich Germann
Das Rennen
ist eröffnet,
was zählt, sind
gute Argumente
und Rezepte
für die Zukunft.
beispielsweise 2013 für die Aufnahme
von syrischen Flüchtlingen eingesetzt
und damit abseits der Parteilinie politisiert.
Daraus leitet sich ab, wo die beiden
Herausforderer, Regierungsrat Reto
Dubach (FDP) und Kantonsschullehrer
Walter Vogelsanger (SP), ihre Chance
sehen: Sie peilen primär den Sitz des
parteilosen Ständerates Thomas Minder an, der zwar mit der SVP in der
Bundeshausfraktion sitzt, aber nicht
über eine gefestigte Hausmacht in
Form einer Partei verfügt, und sich mit
dem Vorwurf konfrontiert sieht, als isolierter Einzelkämpfer zu wenig für das
Wohl seines Heimatkantons zu sorgen.
Ob er seinen Sitz im Oktober verteidigen kann, wird von zwei Faktoren abhängen: einerseits vom Vertrauen, das
Thomas Minder bei seiner Anhängerschaft noch geniesst, andererseits von
der Stärke seiner Kontrahenten.
Die Popularität, die Thomas Minder mit der Abzocker-Initiative erlangt
hat, könnte durch sein starkes Engagement zugunsten der Ecopop-Initiative
gelitten haben, dennoch vertritt er
­seinen Standpunkt pointiert.
Auf der anderen Seite tritt die FDP,
die 2011 ihren letzten Sitz an Minder
abgeben musste, mit Baudirektor Reto
Dubach an: Er bringt als langjähriger
Exekutivpolitiker Erfahrung mit und
will diese als geschickter Verhandler in
Bern einsetzen. Zwar haben die Stimmberechtigten seinen Einsatz für ökologische Anliegen nicht immer goutiert,
dennoch könnte ihn das auch für breite
Mitte-Kreise wählbar machen. Die SP
will mit Walter Vogelsanger im Wahlkampf punkten, die Aufgabe für den
wenig bekannten SP-Mann ist aber
denkbar anspruchsvoll: Nur SP-Politikerin Esther Bührer schaffte es bisher,
für die Sozialdemokraten im Ständerat
zu politisieren, alle anderen SP-Angriffe aufs Stöckli scheiterten.
Der bürgerliche Schulterschluss
erhöht die Chancen
Bei den Nationalratswahlen treten
die beiden Bisherigen Martina Munz
(SP) und Thomas Hurter (SVP) wieder
an, werden aber von nicht weniger als
13 Kandidierenden herausgefordert, die
fast vollzählig am kommenden Montag
beim zweiten Wahlanlass dabei sein
werden. Sicher sind die Chancen nicht
gleichmässig verteilt, das breite Kandidatenfeld bietet den Stimmberechtigten
aber eine gute Auswahl. Der Ausgang
ist offen: FDP und SVP haben ihre Listen verbunden und treten so zusammen
mit anderen als geeintes bürgerliches
Lager an – dieser Schulterschluss hat in
den letzten Stadtratswahlen Erfolg gezeigt und könnte hier mitspielen. Dem
hält die SP ihre eigenen Verbindungen
entgegen, und es ist mit einem knappen
Resultat zu rechnen.
Das Rennen ist eröffnet, was zählt,
sind gute Argumente und über­
zeugende Rezepte für die Zukunft:
Das Volk kann entscheiden, wohin
die Schweiz sich bewegt.
Z
wei Jahre lang war es still um
die SIG-Areal-Entwicklung. Hinter verschlossenen Türen hat
sich jedoch einiges getan. Die SIG Gemeinnützige Stiftung, Eigentümerin
der 120 000 Quadratmeter grossen Fläche, hat zusammen mit Arealentwicklern über der Zukunft des Industrieareals gebrütet. Diese Woche nun präsentierten die Verantwortlichen ihre
Pläne für die Transformation des
Areals, die sich überraschend auch in
einem ersten konkreten Bauvorhaben
niedergeschlagen haben. Die Stiftung
will die historischen Gebäude Hochbau, Grüner Baum und Weinberg im
nordöstlichen Teil des Areals sorgfältig sanieren und umbauen, damit dort
künftig auch gewohnt werden kann.
Zudem will sie den Arealteil, der an
den Industrieplatz angrenzt, der Öffentlichkeit zugänglich machen. Dass
sich die Stiftung für den Erhalt der alten Liegenschaften ausgesprochen hat,
ist eine kluge Entscheidung. Damit
bleiben wichtige Zeitzeugen der Neuhauser Geschichte erhalten. Auch der
Zeitpunkt für das neue Bauprojekt ist
der richtige: Mit der Fertigstellung der
S-Bahn-Haltestelle «Rheinfall» in diesem Jahr könnte der Industrieplatz
zum neuen Dreh- und Angelpunkt von
Neuhausen ­werden. Dafür sorgen auch
die derzeit geplanten Bauvorhaben
rund um den Platz. Dass die Stiftung
jetzt mit ihrem Bauprojekt die Bereitschaft zeigt, in dieser Entwicklung von
Anfang an ­präsent zu sein und präsent
zu bleiben, ist zu begrüssen. Denn eingeschlafene Ortsteile neu zu beleben,
ist eine hohe Kunst. Eine solche Entwicklung gelingt normalerweise nur
mit kollektiver Kreativität, und diese
wiederum ist Grundlage für den Dialog zwischen Entwicklern, Architekten, Behörden und der Bevölkerung.
Aus diesem Grund darf dieses Bauvorhaben nicht nur ein loses Versprechen
bleiben.
Bild der Woche «V-J Day» – die Welt erinnert sich heute des Endes des Zweiten Weltkrieges in Fernost
Rund um die Welt
finden derzeit Erinnerungsfeiern anlässlich
des Endes des Zweiten
Weltkrieges in Fernost
statt. Der «V-J Day»
(Victory over Japan Day»)
war heute vor 70 Jahren –
am 15. August 1945 unterzeichnete Japan die
Kapitulationsurkunden.
Chinesen erinnern an
dieses Ereignis mit den
Soldatenskulpturen, die
den weltberühmten
­Terracotta-Figuren nachempfunden sind. 402 von
Künstler Li Chunhua
­geformte Figuren – dargestellt werden Soldaten
der Infanterie, der Artillerie wie auch Kinder­
soldaten und Veteranen –
stehen im Erinnerungspark in der Region Longling. Gezeigt wird ein
­chinesisches Expeditionskorps, das 1944 half,
die japanische Armee zurückzuschlagen, die Teile
der Provinzen Tengchong und Longling
­erobern wollte. (taz)
Bild EPA/HOW HWEE YOUNG