PROPÄDEUTISCHE Ü BUN GEN ZUM GRU NDKURS ZIVILRECHT II SOMMERSEMESTER 2015 JURISTISCHE FAKULTÄT LEHRSTUHL FÜR BÜR GERLICH ES RECHT, INTERNATIONALES PRIVATRECHT UND RECHTSVE RGLEICHUNG PROF. DR . STEPHAN LORENZ F ALL 5 – L ÖSUNG D ER G EBRAUCHTWAGENHANDEL A. Frage 1: .......................................................................................................................... 3 I. Anspruch K gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB ............................................ 3 1. Rücktrittsrecht ..................................................................................................... 3 a) Kaufvertrag, § 433 BGB .................................................................................. 3 b) Sachmangel, § 434 BGB .................................................................................. 3 aa) Zeitpunkt des Gefahrübergangs, § 446 S. 1 BGB ......................................... 3 bb) Sachmangel .............................................................................................. 3 c) Unmöglichkeit der Nacherfüllung .................................................................... 4 aa) Voraussetzungen des Nacherfüllungsanspruchs, §§ 437 Nr. 1, 439 BGB ...... 4 bb) Unmöglichkeit des Nacherfüllungsanspruchs gem. § 275 Abs. 1 BGB .......... 5 (1) Unmöglichkeit der Nachbesserung ....................................................... 5 (2) Unmöglichkeit der Ersatzlieferung ....................................................... 5 cc) Zwischenergebnis ..................................................................................... 6 d) Entbehrlichkeit der Fristsetzung, § 326 Abs. 5 HS. 2 BGB ................................. 6 e) Zwischenergebnis........................................................................................... 6 2. Rücktrittserklärung, § 349 BGB ............................................................................. 6 3. Keine unerhebliche Pflichtverletzung, § 323 Abs. 5 S. 2 BGB .................................. 7 4. Ergebnis .............................................................................................................. 7 II. Anspruch K gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB .................................................................................. 7 III. Anspruch K gegen V auf anteilige Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2, 441, 346 BGB .................................................................................. 7 IV. Anspruch K gegen V auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB ............................................................ 7 V. Anspruch K gegen V auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB ............................................................................. 8 1. Kaufvertrag, § 433 BGB ........................................................................................ 8 2. Sachmangel, § 434 BGB ....................................................................................... 8 3. Anfängliche Unmöglichkeit der Nacherfüllung, § 275 Abs. 1 BGB ........................... 8 4. Kenntnis oder zurechenbare Unkenntnis vom Leistungshindernis, § 311a Abs. 2 S. 2 BGB ......................................................................................... 8 SUSANNE ZWIRLEIN AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG a) SEITE 2 VON 15 Fahrlässigkeit § 276 Abs. 2 BGB ...................................................................... 8 b) Garantieübernahme § 276 Abs. 1 S. 1, 443 Abs. 1 BGB ..................................... 8 5. Schaden .............................................................................................................. 9 a) „kleiner Schadensersatz“ ................................................................................ 9 b) „großer“ Schadensersatz (Schadensersatz statt der ganzen Leistung) ................ 9 B. Frage 2: ........................................................................................................................ 10 I. „Gekauft wie besichtigt“ .......................................................................................... 10 1. Einbau in die Falllösung ..................................................................................... 10 2. Auslegung der Klausel ........................................................................................ 10 3. Unwirksamkeit der Klausel ................................................................................. 10 a) Übernahme einer Garantie, § 444 BGB .......................................................... 10 b) Verbrauchsgüterkauf, § 475 BGB ................................................................... 10 c) 4. Unwirksamkeit im Übrigen wegen Verbots der geltungserhaltenden Reduktion 11 Ergebnis ............................................................................................................ 11 II. „Gewährleistung: 1 Jahr“.......................................................................................... 11 1. Einbau in die Falllösung ..................................................................................... 11 2. Gesetzliche Verjährung ...................................................................................... 11 3. Vertragliche Verkürzung ..................................................................................... 11 a) Dispositivität der Regelung ........................................................................... 12 b) Unwirksamkeit nach § 444 BGB ..................................................................... 12 c) Einschränkungen nach § 475 BGB (Verbrauchsgüterkauf) ............................... 12 d) AGB-Prüfung ................................................................................................ 12 aa) Vorliegen von AGB: §§ 305 Abs. 1, 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB .......................... 12 bb) Einbeziehung: § 305 Abs. 2 BGB .............................................................. 12 cc) Überraschende Klausel, § 305c BGB ........................................................ 12 dd) Inhaltskontrolle (§§ 307 – 309 BGB): ....................................................... 12 (1) Eröffnung der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 BGB) .............................. 12 (2) Verstoß gegen § 309 Nr. 7a und b BGB: ............................................. 12 ee) Folge (§ 306 BGB) .................................................................................. 13 4. Ergebnis ............................................................................................................ 13 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG A. Frage 1: I. Anspruch K gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB 1 Dem K könnte gegen V ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB zustehen. Dies setzt Vorliegen eines Rücktrittsgrunds aus §§ 437 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323 Abs. 1 BGB und eine wirksame Rücktrittserklärung voraus. Zudem darf der Rücktritt nicht ausgeschlossen sein, etwa durch § 323 Abs. 5, 6 BGB. Wiederholung aus Fall 1: Die Prüfungspunkte „Erklärung“-„Grund“-„kein Ausschluss“ sind die Voraussetzungen aller drei Gestaltungsrechte Rücktritt, Widerruf und Anfechtung. Daher können diese jeweils parallel geprüft werden. 1. Rücktrittsrecht Das Rücktrittsrecht aus §§ 437 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323 Abs. 1 BGB besteht, wenn ein Kaufvertrag wirksam geschlossen wurde, ein Sachmangel vorliegt und die Nacherfüllung bezüglich dieses Sachmangels unmöglich ist. a) Kaufvertrag, § 433 BGB Am wirksamen Abschluss eines Kaufvertrages bestehen vorliegend keine Zweifel: K und V haben sich über die essentialia negotii geeinigt (§§ 145, 147 BGB). b) Sachmangel, § 434 BGB Weiterhin ist erforderlich, dass die Sache mangelhaft ist. Nur dann stehen dem Käufer die Rechte aus § 437 BGB zu. Gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB liegt ein Sachmangel vor, wenn die Sache bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. aa) Zeitpunkt des Gefahrübergangs, § 446 S. 1 BGB § 446 S. 1 BGB legt fest, dass der Gefahrübergang regelmäßig bei Übergabe der verkauften Sache stattfindet. Die zu hohe Laufleistung des Z3 lag bei Übergabe des Pkw von V an K vor. bb) Sachmangel Wenn der Z3 aufgrund des Kaufvertrages eine Gesamtlaufleistung von 15.000 km haben sollte, liegt ein Sachmangel in Gestalt einer Abweichung von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit gem. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vor, da der Z3 in Wirklichkeit bereits doppelt so viele Kilometer gefahren ist. Fraglich ist, ob die Laufleistung von 15.000 km als eine konkrete Beschaffenheit der Kaufsache von K und V vereinbart wurde. 1 Exkurs zum Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 326 Abs. 4, 346 BGB: § 326 Abs. 4 BGB ist mit Bedacht in § 437 BGB nicht in Bezug genommen. Der Anspruch aus § 326 Abs. 4 BGB auf Rückforderung des zuviel geleisteten Kaufpreises setzt voraus, dass die Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB entfallen ist. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB ist jedoch bei der hier vorliegenden Unmöglichkeit der Nacherfüllung nicht anwendbar: § 326 Abs. 1 S. 2 BGB. Der Sinn dieses Ausschlusses ist, dass dem Käufer das Wahlrecht zwischen Rücktritt und Minderung nicht genommen werden soll. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB würde nämlich automatisch auf eine Minderung bei Schlechterfüllung hinauslaufen. Um das zu verhindern, ordnet § 326 Abs. 1 S. 2 BGB an, dass die Unmöglichkeit der Nacherfüllung keine ex lege Folgen für die Gegenleistung hat. SEITE 3 VON 15 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG Im Rahmen von § 434 Abs. 1 BGB empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: Zunächst ist zu fragen, ob die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB getroffen haben. Wenn ja, ist das Vorliegen eines Sachmangels anhand dieser Vereinbarung zu beurteilen. Wenn keine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt ist gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB zu prüfen, ob im Vertrag eine besondere Verwendung der Kaufsache vorausgesetzt wurde (z.B. Verwendung eines Rasenmähertraktors nicht nur zum Rasenmähen, sondern für Rasenmähertraktorenrennen). Dabei ist allerdings Vorsicht geboten: Wollen die Parteien die Kaufsache nur im Rahmen des Üblichen verwenden (z.B. Der Käufer eines Staubsaugers bringt dem Verkäufer gegenüber beim Vertragsschluss zum Ausdruck, er wolle mit dem Gerät Teppiche absaugen), liegt keine solche besondere Verwendung vor. Ist eine besondere Verwendung von den Parteien vorausgesetzt worden, ist das Vorliegen eines Sachmangels anhand der Eignung für diese Verwendung zu beurteilen. Sofern auch keine besondere Verwendung der Kaufsache vorausgesetzt wurde, ist gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB bei der Frage nach dem Vorliegen eines Sachmangels auf die Eignung zur gewöhnlichen Verwendung und die übliche bzw. erwartbare Beschaffenheit abzustellen. Welche Beschaffenheit vereinbart wurde, ist eine Frage der Auslegung des Kaufvertrages. Der Kaufvertrag enthält die auf den ersten Blick zutreffende Beschreibung, dass die Laufleistung laut Kilometerzähler 15.000 beträgt. Dieser Beschreibung könnte aber zusätzlich die Aussage zu entnehmen sein, dass der Pkw eine Gesamtlaufleistung hat, die die Angabe auf dem Tacho nicht übersteigt. Bei der Entscheidung der Frage, ob eine Erklärung des Verkäufers als bloße Beschreibung oder als verbindliche Angabe über die Beschaffenheit der Kaufsache zu qualifizieren ist, ist nach §§ 133, 157 BGB entscheidend, in welchem Sinne der Käufer sie den Umständen nach zu verstehen hat (Empfängerhorizont). Dem Käufer eines gebrauchten Kfz kommt es in erster Linie auf die Gesamtlaufleistung an. Diese ist die Grundlage für die Prognose, wie lang das Fahrzeug noch laufen wird und ist damit entscheidend für den Wert des Kfz. Der Käufer misst der Angabe des km-Zählers deshalb keine nur beschreibende Wirkung bei, sondern versteht diese Angabe des Verkäufers als verbindliche Angabe der Gesamtlaufleistung des Pkw. 2 Damit liegt eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit vor. Ein Sachmangel ist gegeben. c) Unmöglichkeit der Nacherfüllung Entscheidende Voraussetzung des Rücktrittsrechts aus § 326 Abs. 5 i.V.m. § 323 BGB ist, dass V gem. § 275 BGB die Nacherfüllung nicht zu erbringen braucht. Möglicherweise ist vorliegend die Erfüllung des Anspruchs des K gegen V auf Nacherfüllung aus §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich. Das setzt voraus, dass die Voraussetzungen des Nacherfüllungsanspruchs an sich gegeben sind, seine Erfüllung aber unmöglich ist. aa) Voraussetzungen des Nacherfüllungsanspruchs, §§ 437 Nr. 1, 439 BGB Da K und V einen Kaufvertrag gem. § 433 BGB geschlossen haben und der BMW mangelhaft ist, sind die Voraussetzungen des 2 Vgl. etwa BGH NJW 2007, 1346. SEITE 4 VON 15 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG Nacherfüllungsanspruchs aus §§ 437 Nr. 1, 439 BGB gegeben. Dem Käufer steht damit grundsätzlich ein Wahlrecht zu, die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache zu verlangen, § 439 Abs. 1 BGB. bb) Unmöglichkeit des Nacherfüllungsanspruchs gem. § 275 Abs. 1 BGB Die Nacherfüllung durch Nachbesserung oder Nachlieferung könnte aber gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich sein. (1) Unmöglichkeit der Nachbesserung Die erste Variante der Nacherfüllung – Nachbesserung – ist vorliegend gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich. Denn der Mangel kann nicht durch Nachbesserung behoben werden, weil die Laufleistung, die der BMW tatsächlich erbracht hat, nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. (2) Unmöglichkeit der Ersatzlieferung 3 Fraglich ist, ob auch die zweite Variante der Nacherfüllung – die Nacherfüllung durch Lieferung einer anderen, mangelfreien Sache (Ersatzlieferung) – wegen Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist. 4 Das ist vorliegend problematisch, weil sich K von V eine gebrauchte Sache erworben hat. Nach Auffassung des BGH ist Ersatzlieferung beim Kauf gebrauchter Sachen nur dann möglich, wenn nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss (§§ 133, 157 BGB) die Kaufsache im Falle ihrer Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt werden kann. 5 Demgegenüber unterscheidet eine in der Literatur vertretene Auffassung zunächst zwischen Stückkauf und Gattungskauf: Wenn ein Stückkauf vorliege, sei Ersatzlieferung allein aus diesem Grunde unmöglich. 6 Denn bei einem Stückkauf beschränke sich die Leistungspflicht des Verkäufers von vornherein auf die verkaufte Sache; nur sie und keine andere könne den vertraglich geschuldeten Zustand herbeiführen. 7 Für die letztgenannte Auffassung spricht, dass sie das vertraglich begründete Pflichtenprogramm des Verkäufers und den Charakter des Nacherfüllungsanspruchs als modifizierten Erfüllungsanspruch angemessen berücksichtigt. Allerdings findet sie im Wortlaut des § 439 Abs. 1 BGB keine Stütze. Auch die Gesetzesbegründung 8 und der Erwägungsgrund 16 der Verbrauchsgüterkaufrechtsrichtlinie deuten an, 3 Die Frage, ob Nacherfüllung möglich ist oder nicht, ist ganz entscheidend für die weitere Lösung des Falles. Ist sie nicht möglich, liegt ein Fall der qualitativen Unmöglichkeit vor, andernfalls „nur“ ein Fall von qualitativer Verspätung mit den dazugehörigen Fristsetzungserfordernissen in §§ 323 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB. S. allg. dazu S. Lorenz NJW 2002, 2497. 4 Zum Folgenden lesenswert: BGH NJW 2006, 2839, 2840 f. sowie MüKo/Westermann, 6. Aufl. 2012, § 439 Rn. 11-12. 5 BGH NJW 2006, 2839, 2841. 6 S. Lorenz, JZ 2001, 742, 744; Ackermann, JZ 2002, 378, 379; Tiedtke/Schmitt, JuS 2005, 538, 586. 7 Vgl. Ackermann, JZ 2002, 378, 379. 8 Begr. BT-Drucks. 14/6040 S. 232. SEITE 5 VON 15 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG dass beim Kauf bestimmter gebrauchter Nachlieferungsanspruch nicht stets entfallen wird. 9 Sachen der Eine Streitentscheidung ist hier nicht erforderlich; denn auch die in der Literatur vertretene Auffassung kommt der Lösung des BGH deshalb nahe, weil sie dann, wenn nach dem Parteiwillen die Kaufsache bei Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt werden kann, einen Gattungskauf bejaht. 10 Bei Gattungskäufen ist Ersatzlieferung aber ohne Weiteres möglich. Damit kommt es maßgeblich darauf an, ob nach dem Parteiwillen von K und V zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der BMW im Falle seiner Mangelhaftigkeit auch durch einen gleichartigen, gleichwertigen BMW ersetzt werden kann. Bei der Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB sind auch die äußeren Umstände des Vertragsschlusses zu berücksichtigen; dabei gewinnt maßgebliche Bedeutung, dass es sich hier um den Kauf eines Gebrauchtwagens handelte und eine Besichtigung des Fahrzeugs dem Kauf vorausging. Wer einen Gebrauchtwagen kauft, den er vorher persönlich besichtigt, legt regelmäßig besonderen Wert auf den bei der Besichtigung gewonnen Gesamteindruck von Ausstattung, technischen Merkmalen und äußerem Gesamteindruck des Fahrzeugs. Das dann konkret ausgewählte Fahrzeug ist in der Gesamtheit seiner Eigenschaften für den Käufer daher regelmäßig nicht durch ein anderes ersetzbar. 11 So hat auch K den Kaufentschluss erst nach vorhergehender Besichtigung bei V getroffen. Nach dem Parteiwillen bei Vertragsschluss war daher die Ersatzlieferung durch einen anderen Pkw ausgeschlossen (aA gut vertretbar, etwa mit dem Argument, K komme es nur auf den Erwerb eines bestimmten Typs und einer bestimmten Ausstattung an, die bei vielen Wagen ähnlich ist). Damit ist auch die Ersatzlieferung gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich. cc) Zwischenergebnis Die Erfüllung des Nacherfüllungsanspruchs des K gegen V aus §§ 437 Nr. 1, 439 BGB ist damit i.S.d. § 326 Abs. 5 Hs. 1 BGB gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich. d) Entbehrlichkeit der Fristsetzung, § 326 Abs. 5 HS. 2 BGB Einer Fristsetzung zur Leistung nach § 323 Abs. 1 BGB bedarf es zur Entstehung des Rücktrittsrechts nicht, § 326 Abs. 5 Hs. 2 BGB. e) Zwischenergebnis Der K hat ein Rücktrittsrecht aus §§ 437 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB. 2. Rücktrittserklärung, § 349 BGB Erforderlich ist eine Rücktrittserklärung nach § 349 BGB, die hier noch nicht erfolgt ist, von K aber jederzeit abgegeben werden kann. 9 1999/44/EG, Erwägungsgrund 16. Vgl. Ackermann, JZ 2002, 378, 379; 1154, 1156. 11 So der BGH, NJW 2006, 2839, 2841. 10 SEITE 6 VON 15 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG 3. Keine unerhebliche Pflichtverletzung, § 323 Abs. 5 S. 2 BGB Der Rücktritt darf schließlich nicht nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen sein. Fraglich ist also, ob eine erhebliche Pflichtverletzung vorliegt. Angesichts der Bedeutung der Gesamtlaufleistung für die Kaufentscheidung bei Gebrauchtwagen (s.o.), kann dies bejaht werden. 4. Ergebnis K hat nach Erklärung des Rücktritts gegenüber V einen Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises i.H.v. € 20.000,–, allerdings gem. §§ 348, 320 BGB nur Zug um Zug gegen Rückgabe des BMW. II. Anspruch K gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB K hat gegen V keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB: Man kann zum einen schon §§ 323, 326 Abs. 5 BGB als vorrangige Regelung ansehen; jedenfalls aber fehlt es im Rahmen des § 323 BGB an der erfüllbaren Leistungspflicht des V, da der Nacherfüllungsanspruch unmöglich ist. Im Übrigen hat K keine Frist gesetzt – Gründe für deren Entbehrlichkeit sind nicht ersichtlich. III. Anspruch K gegen V auf anteilige Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2, 441, 346 BGB Alternativ zum Rücktritt kann K durch Erklärung gegenüber V den Kaufpreis mindern und den Mehrbetrag gemäß §§ 441 Abs. 4, 346 BGB zurückfordern. Die für die Minderung gem. § 441 Abs. 1 BGB erforderlichen Rücktrittsvoraussetzungen („statt zurückzutreten“) liegen vor (s. oben). Die Nichtanwendbarkeit des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB (Minderung auch bei unerheblicher Pflichtverletzung) spielt vorliegend aufgrund der Erheblichkeit der Pflichtverletzung keine Rolle. Die Minderung berechnet sich wie folgt, § 441 Abs. 3 S. 1 BGB: € 18.000, − (𝑡𝑡𝑡𝑡𝑡𝑡𝑡𝑡ä𝑐𝑐ℎ𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙ℎ𝑒𝑒𝑒𝑒 𝑊𝑊𝑊𝑊𝑊𝑊𝑊𝑊) 𝑥𝑥 € 20.000, − (𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃) = 𝑔𝑔𝑔𝑔𝑔𝑔𝑔𝑔ℎ𝑢𝑢𝑢𝑢𝑢𝑢𝑢𝑢𝑢𝑢𝑢𝑢𝑢𝑢 𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃 € 20.000, − (ℎ𝑦𝑦𝑦𝑦. 𝑊𝑊𝑊𝑊𝑊𝑊𝑊𝑊 𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑆𝑆𝑆𝑆𝑆𝑆ℎ𝑒𝑒) Hier also: € 18.000,–. Der zu viel gezahlte Kaufpreis beträgt dementsprechend: € 2.000,–. Die Minderung ist ein Gestaltungsrecht und müsste durch K daher erst noch durch Erklärung der Minderung ausgeübt werden. Nach seiner Ausübung hätte K einen Anspruch auf Zahlung von € 2.000,– aus §§ 437 Nr. 2, 441, 346 BGB. IV. Anspruch K gegen V auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB K hat gegen V einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB, wenn ein Kaufvertrag wirksam zustande gekommen ist, ein Mangel vorliegt, die Nacherfüllung dieses Mangels nachträglich unmöglich geworden ist und der Schuldner dies zu vertreten hat. SEITE 7 VON 15 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG Die Nacherfüllung bzgl. der zu hohen Laufleistung ist jedoch nicht nachträglich unmöglich geworden, vielmehr geht es um eine anfänglich vorliegende Unmöglichkeit der Nacherfüllung. Denn der Mangel ist bereits bei Vertragsabschluss nicht behebbar. K hat daher gegen V keinen Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB. V. Anspruch K gegen V auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB Dem K steht gegen V einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB zu, wenn ein Kaufvertrag wirksam zustande gekommen ist, ein Sachmangel vorliegt, dieser Sachmangel von Anfang an nicht durch Nacherfüllung behebbar war und der Schuldner Kenntnis oder zu vertretende Unkenntnis von diesem Umstand hatte. 1. Kaufvertrag, § 433 BGB s.o. 2. Sachmangel, § 434 BGB s.o. 3. Anfängliche Unmöglichkeit der Nacherfüllung, § 275 Abs. 1 BGB Die zu hohe Laufleistung kann weder durch Nachbesserung noch durch Nachlieferung behoben werden, s.o. Dies war auch schon bei Vertragsschluss der Fall, so dass die Nacherfüllung anfänglich unmöglich war, § 275 Abs. 1 BGB. 4. Kenntnis oder zurechenbare Unkenntnis vom Leistungshindernis, § 311a Abs. 2 S. 2 BGB V kannte das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht. 12 Fraglich ist daher, ob er seine Unkenntnis zu vertreten hatte, § 311 Abs. 2 S. 2 BGB. Dies wird vermutet. Maßstab für das Vertretenmüssen ist auch hier § 276 BGB. a) Fahrlässigkeit § 276 Abs. 2 BGB Fraglich ist daher, ob V den Mangel und seine anfängliche Unbehebbarkeit hätte erkennen müssen, § 276 Abs. 2 BGB. Dies wird man auch bei einem gewerblichen Verkäufer nicht grundsätzlich annehmen können, da den Verkäufer in der Regel keine Untersuchungspflichten treffen. b) Garantieübernahme § 276 Abs. 1 S. 1, 443 Abs. 1 BGB Es könnte jedoch sein, dass V eine Garantie (§ 276 Abs. 1 S. 1, 443 Abs. 1 BGB) dahingehend übernommen hat, dass der Kaufgegenstand eine bestimmte Beschaffenheit aufweist, hier also eine bestimmte Laufleistung 12 Bei anfänglicher Unmöglichkeit der Nacherfüllung ist nicht etwa der Mangel selbst Bezugspunkt des Vertretenmüssens, sondern die Kenntnis des Leistungshindernisses, also hier die Unmöglichkeit der Nacherfüllung. Vgl. S. Lorenz NJW 2002, 2497, 2500. In einem Fall wie dem vorliegenden wo sich die Unmöglichkeit der Nacherfüllung schon aus der Natur des Mangels ergibt, bezieht sich die Kenntnis des Leistungshindernisses jedoch auf die Kenntnis des Mangels selbst. SEITE 8 VON 15 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG an km. Ist dies der Fall und hat der Kaufgegenstand diese Beschaffenheit nicht, so bedeutet dies, dass, wenn die Beschaffenheit nicht herstellbar ist, der Verkäufer die Unkenntnis seiner Leistungsunfähigkeit zu vertreten hat. An das Vorliegen einer solchen Garantie sind strenge Anforderungen zu stellen. Ob eine Garantie vorliegt, ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Eine Garantie kommt nur bei ausdrücklicher Äußerung des Verkäufers über die Beschaffenheit der Kaufsache in Betracht und regelmäßig nur im Hinblick auf Eigenschaften der Sache, die für die Kaufentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind. Die Gerichte bejahten vor 2002 zumeist eine Garantieübernahme bei Angaben im Kaufvertrag zu der km-Laufleistung. 13 Eine neuere Entscheidung des BGH deutet zwar eine größere Zurückhaltung als bisher an, lässt die Frage für die dort nicht relevante Frage des Kaufs vom Gebrauchtwagenhändler aber ausdrücklich offen. 14 Nach wie vor lässt sich in diesem Bereich wegen der besonderen Erfahrung und Sachkunde gewerblicher Händler ein Garantiewille annehmen (dies wird hier aus didaktischen Gründen zur Ermöglichung der Schadensprüfung vertreten; aA gut vertretbar). Folglich hat V die Unkenntnis des Leistungshindernisses zu vertreten. 5. Schaden K kann damit von V Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Gem. § 249 Abs. 1 BGB ist er so zu stellen, wie er ohne den Sachmangel stünde. a) „kleiner Schadensersatz“ Als Schaden kann K daher den Minderwert des BMW Z3 in Höhe von € 2000,– geltend machen. Eine Kombination mit Rücktritt ist möglich, § 325 BGB. b) „großer“ Leistung) Schadensersatz (Schadensersatz statt der ganzen Voraussetzung für die Geltendmachung des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung (womit die Leistung des Schuldners rückabgewickelt wird, vgl. § 281 Abs. 5 BGB und K den Wert des BMW Z3 in mangelfreien Zustand als Schaden hat) ist eine erhebliche Pflichtverletzung, §§ 281 Abs. 1 S. 3, 311a Abs. 2 S. 3 BGB. Eine erhebliche Pflichtverletzung liegt vor, s.o. K kann von V € 20.000,– als Schaden verlangen, ist dann aber seinerseits verpflichtet, dem V den Kaufgegenstand nach §§ 311a Abs. 2 S. 3, 281 Abs. 5, 346 BGB zurückzugeben. Eine Kombination mit Rücktritt ist möglich, § 325 BGB. Nota bene: Bei Gleichwertigkeit von mangelfreier Leistung und Gegenleistung hat der große Schadensersatz denselben Effekt wie der Rücktritt. 13 Vgl. etwa etwa BGH NJW 1998, 2207. BGH NJW 2007, 1346, 1348 unter Rz. 23 f. Dazu S. Lorenz LMK 2007, 215088. Zumindest für den Verkauf unter Privaten wird danach eine Garantie nur unter engen Voraussetzungen anzunehmen sein. 14 SEITE 9 VON 15 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG B. Frage 2: I. „Gekauft wie besichtigt“ 15 1. Einbau in die Falllösung Die Klausel „Gekauft wie besichtigt“ wirkt sich unter dem Prüfungspunkt „Sachmangel bei Gefahrübergang“ auf die Falllösung aus. 2. Auslegung der Klausel Diese Klausel wird in der Regel so ausgelegt, dass sie solche Mängel ausschließt, die bei einer ordnungsgemäßen Besichtigung ohne Zuziehung eines Sachverständigen wahrnehmbar waren. Derart wahrnehmbare Fehler der Kaufsache gelten dann nicht als Mangel im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB. 3. Unwirksamkeit der Klausel Ob die Abweichung der wirklichen Laufleistung von der Angabe im Kaufvertrag darunter fällt, muss nicht entschieden werden, wenn die Klausel unwirksam ist. Die Klausel könnte aus zwei Gründen unwirksam sein. a) Übernahme einer Garantie, § 444 BGB Zum einen könnte sie gegen § 444 BGB verstoßen. Indem die Klausel das Vorliegen eines Sachmangels verhindert, schließt sie die Rechte des Käufers aus § 437 BGB hinsichtlich ohne Sachverständigen feststellbarer Mängel pauschal aus. 16 Da der Verkäufer hinsichtlich der Beschaffenheit des Z3 eine Garantie übernommen hat, 17 setzt sich der Verkäufer in einen Selbstwiderspruch. Einerseits garantiert er eine bestimmte Beschaffenheit, andererseits schließt er die Haftung für Mängel aus. Diese Klausel kann daher gemäß § 444 BGB zumindest hinsichtlich der zugesicherten Beschaffenheit keine Wirkung entfalten. Bei Verneinung einer Garantie kann man mit BGH NJW 2007, 1346, 1348 Rz. 30 f. durch Auslegung zu einem gleichwertigen Ergebnis kommen, weil eine Beschaffenheitsvereinbarung neben einem umfassenden Gewährleistungsausschluss vereinbart ist: „Eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung der Kombination von Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss kann deshalb nur dahin vorgenommen werden, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB) (...) soll (...).“ b) Verbrauchsgüterkauf, § 475 BGB Zum anderen könnte die Klausel gegen § 475 Abs. 1 S. 1 BGB verstoßen. Es liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor, § 474 Abs. 1 S. 1 BGB: K ist Verbraucher, § 13 BGB, V ist Unternehmer, § 14 BGB. Die Klausel stellt eine Abweichung von §§ 434, 437 BGB dar, die zu Lasten des Verbrauchers geht. Sie ist damit unwirksam. 15 Vgl. dazu Tiedtke/Burgmann, NJW 2005, 1153 ff. 16 S. soeben B.I.2. S.o. A.V.4.b). 17 SEITE 10 VON 15 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG c) Unwirksamkeit im Übrigen wegen Verbots der geltungserhaltenden Reduktion § 475 Abs. 1 S. 1 BGB gilt nicht für die Beschränkung des Anspruchs auf Schadensersatz, § 475 Abs. 3 BGB. Grundsätzlich könnte die Klausel daher zumindest im Hinblick auf Schadensersatzansprüche ihre Wirkung entfalten. Die Klausel befindet sich aber in AGB (vgl. §§ 305 Abs. 1, 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB), die in den Vertrag einbezogen wurden, § 305 Abs. 2 BGB. Sie erfasst einen umfassenden Gewährleistungsausschluss und verstößt im Hinblick auf den Ausschluss von Nacherfüllung, Rücktritt und Minderung gegen § 475 Abs. 1 BGB. Eine Beschränkung der Geltung der Klausel auf den Ausschluss von Schadensersatzansprüchen scheidet aufgrund ihres Charakters als AGB gem. § 306 Abs. 2 BGB aus. Die Klausel ist gemäß dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion insgesamt unwirksam. 18 4. Ergebnis Die Klausel verändert die Falllösung unter dem Prüfungspunkt „Sachmangel“ bei Gefahrübergang im Ergebnis nicht, weil sie unwirksam ist. II. „Gewährleistung: 1 Jahr“ 1. Einbau in die Falllösung Die Klausel „Gewährleistung 1 Jahr“ wirkt sich im Rahmen Wirksamkeit des Rücktritts bzw. der Minderung und bei Durchsetzbarkeit des Zahlungsanspruchs auf Schadensersatz aus. der der Der Anspruch des K gegen V auf Schadensersatz (§§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB) könnte wegen Verjährung nicht durchsetzbar sein (§ 214 Abs. 1 BGB), wenn sich V auf Verjährung beruft. Besonderheiten bestehen hinsichtlich der Ausübung des Rücktrittsrechts bzw. der Erklärung der Minderung. Dabei handelt es sich um Gestaltungsrechte, die nicht der Verjährung unterliegen, sondern für die Ausschlussfristen bestehen. Der Rücktritt könnte aber nach §§ 438 Abs. 4 S. 1, 218 Abs. 1 S. 1, 2 BGB unwirksam sein. Dies setzt voraus, dass ein (hier nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossener und daher i.S.v. § 218 Abs. 1 S. 2 BGB fiktiver) Nacherfüllungsanspruch nach §§ 437, 439 BGB nach § 438 BGB verjährt wäre und sich V hierauf beruft. 2. Gesetzliche Verjährung Der Schadensersatzanspruch wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung und der Anspruch auf Nacherfüllung verjähren gemäß § 438 Abs. 3 Nr. 3 BGB in zwei Jahren ab Ablieferung, wären hier also noch nicht verjährt. 3. Vertragliche Verkürzung Die Verjährungsfrist könnte vertraglich verkürzt worden sein durch die Abrede "Gewährleistung: 1 Jahr“. 18 Str.; vgl. näher MünchKomm/S. Lorenz, 6. Aufl. 2012, § 475 BGB Rn. 23–25. SEITE 11 VON 15 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG a) Dispositivität der Regelung Eine vertragliche Verkürzung der Verjährung ist grundsätzlich zulässig (§ 202 Abs. 1 BGB). b) Unwirksamkeit nach § 444 BGB Es liegt keine Garantie in zeitlicher Hinsicht (Haltbarkeitsgarantie) vor: Die Angabe der Kilometerleistung beinhaltet nicht zugleich die Aussage, dafür die volle Gewährleistungszeit haften zu wollen; vielmehr ist – wenn man beide Vertragsaussagen zusammen liest – eben die Garantie nur für ein Jahr gegeben; insoweit liegt also keine Beschränkung i.S.d. § 444 BGB vor und auch kein widersprüchliches Verhalten des Verkäufers (vgl. Wortlaut: „soweit“). (aA vertretbar) c) Einschränkungen nach § 475 BGB (Verbrauchsgüterkauf) § 475 BGB ist anwendbar, § 474 BGB, s.o. Nach § 475 Abs. 2 BGB ist Verkürzung der Verjährung auf 1 Jahr bei gebrauchten Sachen zulässig. Die Klausel schränkt auch den Anspruch auf Schadensersatz (zeitlich) ein: Nach § 475 Abs. 3 BGB ist das vorbehaltlich der AGB-Prüfung zulässig. d) AGB-Prüfung Die Beschränkung der Verjährung könnte nach den §§ 305 ff. BGB unwirksam sein. Dies setzt voraus: aa) Vorliegen von AGB: §§ 305 Abs. 1, 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB Laut Sachverhalt liegt ein Formularvertrag vor. bb) Einbeziehung: § 305 Abs. 2 BGB Die AGB wurden wirksam in den Vertrag einbezogen, § 305 Abs. 2 BGB, insbesondere liegt keine vorrangige Individualabrede (§ 305b BGB) vor. cc) Überraschende Klausel, § 305c BGB Es sind keine Anhaltspunkte gegeben, welche die Klausel über die Verkürzung der Verjährung überraschend erscheinen lassen. dd) Inhaltskontrolle (§§ 307 – 309 BGB): (1) Eröffnung der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 BGB) Die Inhaltskontrolle ist eröffnet, weil durch die Klausel gesetzlichen Vorschrift des § 438 BGB abgewichen wird. von der (2) Verstoß gegen § 309 Nr. 7a und b BGB: Die Klausel verstößt gegen das Verbot ohne Wertungsmöglichkeit in § 309 Nr. 7 BGB: Die Verkürzung der Verjährung ist eine „Begrenzung der Haftung“ für Schäden, die auf einer Pflichtverletzung beruhen. Die Klausel ist unzulässig, weil sie (zeitlich) auch die Haftung für Schäden aus der Verletzung von Leben/Körper/Gesundheit (Nr. 7a) und auf grober Fahrlässigkeit beruhende Schäden (Nr. 7b) begrenzt. SEITE 12 VON 15 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG ee) Folge (§ 306 BGB) Wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion ist die Klausel insgesamt unwirksam. Der Vertrag bleibt nach § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen wirksam, anstelle der unwirksamen Klausel gilt das dispositive Gesetzesrecht, also § 438 BGB (§ 306 Abs. 2 BGB). 4. Ergebnis Die vertragliche Verkürzung der Verjährung ist insgesamt unwirksam. Daher ist nach 13 Monaten weder der Schadensersatzanspruch verjährt noch der Rücktritt unwirksam. Die Falllösung ändert sich somit im Ergebnis nicht. Weiterführende Literatur: Arnold, Stefan; Lorenz, Stephan Grundwissen Zivilrecht – Der Nacherfüllungsanspruch, JuS 2014, S. 7–11. Braunschmidt, Florian; Vesper, Christine Die Garantiebegriffe des Kaufrechts – Auslegung von Garantieerklärungen und Abgrenzung zu Beschaffenheitsvereinbarungen, JuS 2011, S. 393–296. SEITE 13 VON 15 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG PROPÄDEUTISCHE Ü BUN GEN ZUM G SOMMERSEMESTER 2015 JURISTISCHE FAKULTÄT LEHRSTUHL FÜR BÜR GERLICH ES RE PRIVATRECHT UND RECHTSVE RGLE PROF. DR . STEPHAN LORENZ E INHEIT 6 – S ACHVERHALT F ALL 5: D ER G EBRAUCHTWAGENHANDEL Hlemens (H) möchte sich nach bestandener Wwisch gehegten Tunsch nach einem sportlichen Mkw er Jodell (BJT W0) findet er beim BJT Debrau Salentin (S) zum Mreis von € 2,.,,,,–. Kach eingehe Tagens beschließt H, ihn zu erwerben und unt vorgelegte Serkaufsformular. Fn dem Cormular fin „Ptand des km Wählers“. Eier hatte S „.2.,,,“ eing Angabe auf dem Tacho entspricht. Kachdem H den BJT erhalten und den Haufpreis durch Brkundigung beim Sorbesitzer heraus, dass eine Iaufleistung von 0,.,,, km hat. Aer wahre dementsprechend nur € .5.,,,,–. Iegt man d Haufvertrag zugrunde, hätte er einen Tert von € 2, Oede stellt, beteuert dieser glaubhaft, dass er Iaufleistung keine Ahnung gehabt habe. Allenfalls gleichwertigen BJT W0 mit .2.,,, km Iaufleistung H geht daher am nächsten Tag zu einem Ptudienfr „Droßen Pchein“ im Wivilrecht erworben hat und bi eines Oechtsgutachtens. Fnsbesondere möchte er Oückgabe des BJT von S die an diesen zurückverlangen kann. Auch interessiert ihn, ob e behalten und die von ihm „zuviel gezahlten“ € 2., kann. Jit einem anderen BJT W0 will er sich nicht a .. Brstellen Pie das Dutachten des Ptudienfreund 2. Ändert sich etwas, wenn das Haufvertr Hlauseln enthält: „Dekauft wie besichtigt.“ un Gahr“ und H die wirkliche Iaufleistung er entdeckt? SEITE 14 VON 15 AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT II (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 2015 FALL 5 – LÖ SUNG Rechtsprechung: BGH NJW 2006, 2839 BGH NJW 2007, 1346 SEITE 15 VON 15
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