Ein Hauch von Indiana Jones

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Straubinger
Tagblatt
Montag, 9. November 2015
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STRAUBINGER RUNDSCHAU
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Zum Thema
Was ist ein Ritterbund?
Wenn man das Vereinsgesetz zugrundelegt, dann ist ein Ritterbund
ein Verein mit einem Vorsitzenden
(Großmeyster) an der Spitze, einem
Schriftführer (Kanzler) und einem
Kassier (Schatzmeyster). Dieser
Vorstand wird als Burgrat bezeichnet, so die Erklärung des Falkenfelser Ritterbunds auf seiner Homepage. Der Ritterbund verstehe sich jedoch bewusst nicht als Verein, denn
die Zielsetzung einer Ritterschaft
sei die Pflege mittelalterlichen
Brauchtums und dessen Ideale, zum
Beispiel: Das Eintreten für Freundschaft und Brüderlichkeit, Förderung des Gemeinsinns, Hilfsbereitschaft und Wohltätigkeit, Liebe zur
Heimat, Treue und Standhaftigkeit,
Toleranz gegenüber anderen sowie
Pflege von Geselligkeit und Humor.
„Gerade in einer Welt, in der die
Würde des Menschen oft in Frage
gestellt wird, wo das Streben nach
Macht, Geld und Einfluss im Vordergrund zu stehen scheint, bildet
der Ritterbund eine Gemeinschaft,
die in dem Bemühen nach gegenseitiger Achtung, zur Sympathie und
Zuneigung ihre Aufgabe darin erblickt, den Menschen und Mitbruder in den Mittelpunkt zu stellen“,
heißt es dort weiter.
Füreinander da zu sein, miteinander in wirklicher Freundschaft zu
leben, ohne Hass und Neidgefühl,
zu helfen, wo es notwendig ist, das
sei die Idee für den Zusammenschluss zu einem ritterlichen Bund.
Das alles habe nichts mit einer
Flucht in die Vergangenheit oder
mit einer Marotte einiger Weniger
zu tun, sondern zeuge eher von Exklusivität, denn solche Ideale erforderten eine gewisse Auslese, erwarteten Disziplin und verlangten vollen Einsatz in der ritterlichen Gesellschaft, beschreibt der Ritterbund sein Selbstverständnis und
kommt Vorurteilen gleich zuvor. „Es
versteht sich daher von selbst, dass
eine Ritterschaft kein humpenschwingender Geselligkeitsverein,
keine Faschings- oder Theatergruppe sein kann, auch wenn manches
Zeremoniell theatralisch anmutet.
Es ist auch kein monarchistischer
Verein und kein Bündnis von Pseudoadligen, die sich Ritternamen zulegen, um sich als „von“ ausgeben
zu können. In unseren Ritternamen
liegt, wie in vielem anderen auch,
lediglich eine Symbolik, welche die
besondere Beziehung zu einer Ritterburg ausdrücken soll.“
Ein weiterer Unterschied zu einem Verein bestehe darin, dass nur
derjenige Aufnahme finde, der von
einem Mitglied des Bundes empfohlen wird und die übrigen Mitglieder
(Sassenschaft) einer Aufnahme zustimmen. Weitere Unterschiede
werden deutlich im äußeren Rahmen der Zusammenkünfte, in der
Sprache, in den Namen und der
Kleidung.
Ein Hauch von Indiana Jones
Prof. Dr. Herbert Riepl referierte bei der AAV Germania über Arzneimittelforschung
Sicher sprechen
und auftreten
Der Abiturienten- und Absolventenverband (AAV) Germania hat am
Samstag in den Saal des Gäubodenhof geladen. Dort gab Professor
Herbert Riepl vom Wissenschaftszentrum Straubing Einblick in seine Forschung zu Arzneipflanzen.
Der spannende Vortrag in geselliger
Atmosphäre führte von den baumlosen Höhen des Himalaja über
buddhistische Klosterbibliotheken
bis in die Wälder Ecuadors.
Eine selbstbewusste Ausstrahlung und rhetorische Fähigkeiten
geben in vielen Situationen den
Ausschlag in die gewünschte Richtung. Nervosität, eine verzerrte
Selbsteinschätzung und typische
Kommunikationsmuster entpuppen
sich jedoch häufig als Stolpersteine.
Kommunikationstrainerin Pia Pollicini will in einem praxisorientierten Tagesworkshop der KEB am
Samstag, 14. November, von 9.30 bis
17 Uhr Wege aufzeigen, das eigene
rhetorische Potenzial zu entdecken
und zu aktivieren, um glaubwürdig,
klar und überzeugend zu sprechen,
individuelle Kommunikationsmuster zu erkennen, dabei auch seine
Körpersprache und Stimmführung
bewusst einzusetzen und so in wichtigen Situationen die Nervosität zu
meistern. Nähere Informationen
zum Workshop und eine Anmeldung
dazu sind möglich bei der KEB unter Telefon 09421/3885 oder unter
www.keb-straubing.de.
Bei dem Semesterkommers der
AAV Germania, „h. off. und m. D.“,
also „hoch offiziell und mit Damen“, erfüllte Professor Riepl die
Berufsbezeichnung „Ethnopharmakologe“ mit Leben. Weil Krankheitserreger mit der Zeit resistent
gegen etablierte Medikamente würden und neue Wirkstoffe im Labor
nur zufällig oder sehr aufwendig zu
erzeugen seien, braucht es Ethnopharmakologen wie Riepl: Sie spüren traditionelle Heilpflanzen an
den Rändern der Zivilisation auf
und versuchen so, neue Wirkstoffe
zu entdecken. Auf seinen Reisen
wertete Professor Riepl das Potenzial des Färberwaids als Mittel gegen
Gelbsucht aus und sammelte mit
Doktorandin Veronika Huber in
Ecuador Baumsäfte, die sich zu
Bohnerwachs verarbeiten lassen
könnten. Ein solcher Schatzgräber
der Heilkunde muss nach Riepls Erfahrung schwindelfrei und wetter-
Rhythmus seines 80-jährigen tibetischen Bergführers: „Man kommt
nach Deutschland zurück und
merkt – auf einmal hat man Zeit.“
So erzählt er von seinem Labor in
einem windigen Zwei-Mann-Zelt
im immerfeuchten Nebelwald wie
andere vom Alltag im Büro; nur eine
Privatreise mit seinem ProfessorKollegen Menrad, die müsse man
„überleben“, flachste Riepl.
| „Auf einmal hat man Zeit“
Nach einem launigen Vortrag in bester Stimmung (v.l.): Thomas Kuglmeier
(Subsenior), Prof. Dr. Herbert Riepl, Richard Mayr (Senior) und Christian Richter
(Vorstand).
fest sein, sich auf Pferderücken
wohlfühlen und Flüsse nicht selten
statt auf einer Brücke auf einem
glitschigen, umgelegten Baumstamm überqueren. Entsprechend
erinnerten manche der Bilder in
Riepls Präsentation an Szenen aus
einem Indiana-Jones-Film. Riepl,
der das Anforderungsprofil eines
Ethnopharmakologen mit einem
dichten Schnauzer, wachen Augen
und festem Händedruck ergänzt,
führte lässig durch die Präsentation; die einzige tropische Krankheit,
die er sich auf seinen Reisen eingefangen habe, sei der gemächliche
Sieben Jahre lang erforschte er
die Heilpflanzen der Tibeter, von
1993 bis 1999. In den Heilkunst-Antiquarien, die buddhistische Mönche in ihren Klöstern hüten, blätterte er in antiken Handschriften –
starke Nerven brauche man da,
denn das Halbdunkel dieser Bibliotheken sei voll gruseliger Wächterstatuen und Geisterbilder. Viel geselliger war es am Samstag im Kreis
der AAV Germania, wo der Vortrag
des Straubinger Indiana Jones mit
Männergesang
und
Burschenschafts-Tradition in Flaus (GalaUniform) und Cerevis (Kopfbedeckung) umrandet wurde. Als Dank
für seinen faszinierenden Vortrag
überreichte der Vorstand der AAV
Germania, Christian Richter, unter
Aufzählung ihrer sedativen und
angstlösenden Wirkstoffe eine traditionell europäische Arznei: Rotwein.
-cu-