Aus Kirche und Welt 4 KNA-Bild Die Feier der heiligen Messe ist nur eine der vielfältigen Aufgaben von Priestern. Eine neue Studie ergab, dass die Seelsorger mit den Anforderungen ihres Berufs gut umgehen können und insgesamt zufrieden sind. Was Seelsorgern auf der Seele brennt Entgegen manchem Vorurteil zeigt die neue Studie unter dem Titel „Sorge für die Seelsorgenden“, dass katholische Seelsorger zufriedener als der Durchschnitts-Deutsche sind. Deutlich wurden aber auch die Probleme mit dem Dauerbrenner Zölibat. Von Gregor Krumpholz „Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft von Seelsorgern in Deutschland sind erfreulich hoch“, so das Fazit des Forschungsteams um den Münchner Jesuitenpater und Psychologieprofessor Eckhard Frick zu ihrer Studie „Sorge für die Seelsorgenden“, die jetzt jetzt vorgestellt wurde. Die Studie bietet erstmals ein bundesweites „gesundheitspsychologisches Profil“ der katholischen Seelsorger. Auf Initiative einer Forschergruppe um den Münchner Jesuitenpater und Psychologieprofessor Eckhard Frick gaben 8.600 Priester und Diakone sowie Pastoral- und Gemeindereferenten Auskunft über ihre Zufriedenheit in Leben und Beruf. Auf großes Interesse stößt die Untersuchung unter dem Titel „Sorge für die Seelsorgenden“ bei der Deutschen Bischofskonferenz. Der Vorsitzende ihrer Pastoralkommission, der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, äußerte sich „ausgesprochen dankbar“ über die Untersuchung. Ein überraschendes Ergebnis: Die Größe der Kirchengemeinde steht offenbar kaum im Zusammenhang mit der Zufriedenheit und gesundheitlichen Verfassung ihrer Mitarbeiter, wie der Paderborner Pastoralpsychologe Christoph Jacobs betonte. Ein gewichtiges Argument, wenn Pfarreien zu immer größeren Einheiten zusammengelegt werden. Die Seel- sorger nehmen ihren Dienst offenbar als sinn erfüllt wahr und sind fähig, mit den Belastungen umzugehen. Insgesamt ergab die Umfrage, dass ihre „Lebenszufriedenheit“ mit der von Menschen in anderen akademischen Berufen vergleichbar ist. Wesentlich dafür sind positive spirituelle Erfahrungen, vor allem im privaten Gebet. Es spiele deswegen eine besonders wichtige Rolle, Phasen „geistiger Trockenheit“ zu überwinden, so der Medizintheoretiker und Spiritualitätsforscher Arndt Büssing (Witten/Herdecke). Spirituelle Erfahrungen seien die zentrale Motivation für das berufliche Engagement. Als Schutz vor Burnout sind laut der Studie gute Arbeitsbedingungen jedoch entscheidender. Da liegt manches im Argen. So leidet mehr als jeder siebte Seelsorger an einem „Anerkennungsdefizit“, auch durch die Vorgesetzten. Burnout-Symptome gibt es bei Seelsorgern jedoch eher weniger als in vergleichbaren Berufsgruppen wie Ärzten, Lehrern und Sozialarbeitern. Allerdings haben 25 Prozent der Seelsorger eine erhöhte Stressbelastung mit leichter Burnout-Gefährdung, 14 Prozent sind von ihrer Arbeit überfordert und haben eine erhöhte Burnout-Gefahr. Maßgeblich für die Lebenszufriedenheit der Priester ist auch das Verhältnis zum „Dauerbrenner“ Zölibat. Zwei von drei berichteten zwar bei der Untersuchung von positiven Erfahrungen damit. Jeder achte Priester wird nach eigenen Angaben jedoch nicht oder nicht gut mit den Problemen fertig, die sich aus der Pflicht zur Ehelosigkeit ergeben. Nur die Hälfte würde sich wieder für diese Lebensform entscheiden, erklärte der Psychotherapeut und Ärztliche Direktor der Niels-Stensen-Kliniken Osnabrück, Wolfgang Weig. Eine ähnliche hohe Distanz zu den Lebensbedingungen, die mit ihrem Beruf verbunden sind, gebe es aber auch bei Ärzten oder Lehrern, betonte Weig zugleich. Auffällig sind nach Aussage der Forscher jedoch die großen individuellen Unterschiede bei der Frage, wie vor allem Priester etwa mit Zölibatsproblemen und dem Wunsch nach menschlicher Nähe umgehen. Sie wurden vor allem in den Einzelinterviews deutlich, die von der Psychologin und Steyler Missionsschwester Miriam Altenhofen geführt wurden. Nach ihren Worten zeigten sie mehr als statistische Mittelwerte auch den „Leidensdruck“, den Seelsorger durch Krisen der Kirche wie den Missbrauchsskandal empfanden. Nach Einschätzung von Bischof Bode sind diese Ergebnisse „ganz wertvoll“ besonders für die Aus- und Fortbildung der Seelsorger. „Im Detail eine Menge Herausforderungen“, zog er eine erste Bilanz. Zugleich freute er sich über die insgesamt unerwartet positive Grundstimmung beim Kirchenpersonal. „Aber wir dürfen uns nicht zufrieden zurücklehnen“, warnte der Vorsitzende der Pastoralkommission. Aus Kirche und Welt 5 „Viele vermissen Wertschätzung durch ihre Vorgesetzten“ Über die Erkenntnisse der neuen Seelsorger-Studie sprach der Münchner Jesuitenpater Eckhard Frick mit Barbara Just. Der Professor für Anthropologische Psychologie und Spiritual Care war bei der Forschungsarbeit federführend. Gab es eine solche Forschungsarbeit schon einmal? In den USA gab es mehrere Studien, auch eine kleinere in der methodistischen Kirche. Dazu kommen die pastoralsoziologischen Untersuchungen von Paul Zulehner. Was das spezielle gesundheitspsychologische Profil betrifft, sind wir in Deutschland die ersten. Welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen? Wir konnten keinen Zusammenhang nachweisen zwischen äußeren Strukturen, etwa der Größe eines Pfarrverbands, und der gesundheitlichen Verfassung des Seelsorgers. Das heißt aber nicht, dass die äußeren Veränderungen überhaupt keine Bedeutung hätten. Wichtiger war uns aber zu schauen, wo die Ressourcen liegen, auch bei jenen, die stärker vom Burnout bedroht sind. Drei wichtige Faktoren spielen dabei eine Rolle: das Kohärenzgefühl, die Resilienz und die Selbstwirksamkeit. Was ist damit gemeint? Kohärenz meint: Verfügt ein Seelsorger über ein Fundament, das ihn trotz aller Widrigkeiten, auch über geschichtliche Veränderungen und Umbrüche in der Kirche hinweg, trägt? Resilienz bezeichnet die Fähigkeit, auch mit Belastungen schöpferisch umgehen zu können. Und dann wollten wir wissen, ob das Gefühl vorhanden ist, etwas ausrichten zu können. Das ist übrigens bei Priestern ein wenig schlechter ausgeprägt als bei anderen. Warum? In kategorialen Seelsorgefeldern, etwa im Gefängnis oder im Krankenhaus, erfahren Seelsorger einen höheren Wirkungsgrad. Sie können besser gestalten. In einer klassischen Pfarrei dagegen haben sie viele verschiedene Aufgaben mit wechselnden Personen. Da verstärkt sich bei manchen der Eindruck, ich strample mich ab, aber Wirkung erziele ich keine. Tun sich Laientheologen da leichter? Was persönliche Beziehungen betrifft, ja. Doch das ist nicht nur eine Frage des Zölibats. Der Leiter des Recollectio-Hauses, Wunibald Müller, sagt, um auf eine gesunde Weise zölibatär leben zu können, muss ich als Priester eingebunden sein in tiefe, bedeutungsvolle menschliche Beziehungen. Sehen Sie das durch die Studie bestätigt? Ja. Übrigens sagen zwei Drittel, dass sie zufrieden sind mit ihrer zölibatären Lebensweise. Andererseits bedeutet das, immerhin ein Drittel ist das nicht. Dieses Ergebnis sollte am besten ressourcenorientiert bewertet werden. Was sind die Kraftquellen des Einzelnen innerhalb seines Beziehungskontextes? Welche Ressourcen können gestärkt werden? Wobei es einen Unterschied zwischen Weltpries tern und Ordensleuten gibt? In der Tat. Ordensleute sind zufriedener mit der Leitung und mit dem Vertrauensverhältnis. Das könnte damit zusammenhängen, dass Ordensgemeinschaften kleinere Einheiten bilden und der Obere näher ist als ein Bischof. Mit ihrer Tätigkeit sind die Seelsorger eher zufrieden, unzufrieden dagegen mit der Kirche als Organisation. Viele Seelsorger vermissen Wertschätzung durch ihre Vorgesetzten. Dabei geht es nicht in erster Linie um materielle Dinge wie etwa die Bezahlung. Wichtiger ist, ob sie in dem, was sie an Begabungen und Fähigkeiten einbringen, Anerkennung erfahren. Was ist die Konsequenz? Wir haben keine Ratschläge, sondern wollen anregen, Lösungen im Dialog zu finden. Wir haben uns übrigens eingehend um das Problem der geistlichen Trockenheit gekümmert, also einer gewissen Ferne von Gott, wenn etwa das Beten schwer fällt. So etwas ist in jeder geistlichen Entwicklung zu beobachten. Aus Krisen kann etwas Neues erwachsen, sie können aber auch ein Alarmzeichen sein. Wichtig ist, wie stark bringe ich meine Alltagserfahrung mit Gott in Verbindung? Das kommt vielleicht in einem Stoßgebet mehr zum Ausdruck als in einem langen Gottesdienst. Es liegt darum nahe, in diesen täglichen Transzendenzbezug zu investieren. Wer als Seelsorger andere spirituell begleitet, sollte auch selbst auf diesem Gebiet wachsen. Der Jesuit Eckhard Frick ist niedergelassener Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychoanalytiker. picture-alliance/Süddeutsche Herr Professor Frick, was war der Anlass für die Studie? Ein Gespräch, das ich mit dem Osnabrücker Psychiater und Sexualforscher Wolfgang Weig führte. Er interessierte sich dafür, wie es eigentlich Priestern gehe. Wir haben dann Kontakt mit anderen Kollegen aufgenommen, die an ähnlichen Fragen interessiert waren und die Studie auf alle Arten von Seelsorgenden erweitert. Wir wollten mehr herausfinden über ihre Belastungen, aber auch über die Ressourcen, die ihnen als Kraftquellen zur Verfügung stehen.
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