4.3_Haftung und Deckung in der Lieferkette

MWV - Aktuelle Fragen der gewerblichen/industriellen Haftpflichtversicherung 2015
TOP 4.3
„Händler, Hersteller, Subunternehmer und
Zulieferanten
- Haftung und Deckung in der Lieferkette“
M. Krause, AZ Vers. AG, Mai 2015
Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
„Der Händler-Fall“
VN stellt Dunstabzugshauben her und liefert diese 2/2011 an
Händler A; A veräußert die Dunstabzugshauben in 9/2011 an
eine Fast-Food-Kette MacD, die die Dunstabzugshauben in
ihre diversen Filialen einbauen lässt. In 4/2012 funktionieren
die ersten Dunstabzugshauben bei MacD nicht mehr. MacD
reklamiert die Dunstabzugshauben bei A. Als Ursache stellt
sich die konstruktionsbedingte Mangelhaftigkeit der Elektromotoren heraus.
A verlangt bei VN Ersatz der Kosten für den Austausch der
E-Motoren sowie der Kosten für mangelfreie E-Motoren. VN
begehrt Versicherungsschutz für die Austauschkosten gem.
Ziff. 4.4 ProdHM.
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M. Krause, AZ Vers.AG, Mai 2015
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Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
1. Vertragliche Haftung in der Lieferkette
(insbes. §§ 280, 278 BGB)
außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs Haftung des Händlers für Mangelfolgeschäden
Haftung nur auf Verschuldensbasis (kein gewährleistungsrechtlicher verschuldensunabhängiger Aufwendungsersatz)
Prüfung, ob Händler fremdes Verschulden, dh Verschulden des Herstellers als
möglichen Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) ohne Entlastungsmöglichkeit zu zu
rechnen ist
-> auf eigenes Verschulden käme es für die Haftung nach § 278 BGB nicht an !
Inwieweit dem Verkäufer fremdes Verschulden zu zu rechnen ist, richtet sich
nach seinem konkreten Pflichtenkreis, wie er durch Art und Inhalt des jeweiligen
Schuldverhältnisses festgelegt ist.
Beim Kauf- und Werkvertrag ist der Hersteller im Verhältnis zum Händler nicht
dessen Erfüllungsgehilfe, da sich die Pflichten des Händlers gerade nicht
auf die Herstellung der (Kauf-)Sache bzw. des Werkes erstrecken.
Bei Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstandes infolge Konstruktions- und
Fabrikationsfehler und daraus resultierender Mangelfolgeschäden keine Haftung
des Händlers für Austauschkosten.
Ausnahme: vertragliche Haftungsverschärfungen, zB aufgrund von Eigenschaftszusicherungen, Garantien etc
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M. Krause, AZ Vers.AG, Mai 2015
Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
„Der Zulieferer-Fall“
VN stellt Elektromotoren für Dunstabzugshauben her und
liefert diese 2/2011 an Abnehmer A, der sie für die Herstellung von Dunstabzugshauben benötigt; A veräußert die
Dunstabzugshauben in 9/2011 an eine Fast-Food-Kette
MacD, die die Dunstabzugshauben in ihre diversen Filialen
einbauen lässt. In 4/2012 funktionieren die ersten Dunstabzugshauben bei MacD nicht mehr. MacD reklamiert die
Dunstabzugshauben bei A. Als Ursache stellt sich die
konstruktionsbedingte Mangelhaftigkeit der Elektromotoren
heraus. Die Elektromotoren werden in 6/2012 durch A ausgetauscht.
A verlangt bei VN Ersatz der Austauschkosten sowie der
Kosten für mangelfreie E-Motoren. VN begehrt Versicherungsschutz für die Austauschkosten gem. Ziff. 4.4 ProdHM.
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M. Krause, AZ Vers.AG, Mai 2015
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Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
2. Vertragliche Haftung in der Lieferkette
(insbes. §§ 280, 278 BGB)
Haftung des Verkäufers oder Werkunternehmers für Verschulden seiner
Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) ohne Entlastungsmöglichkeit;
-> auf eigenes Verschulden kommt es für die Haftung nach
§ 278 BGB nicht an !
Inwieweit dem Verkäufer oder Werkunternehmer fremdes Verschulden zu zurechnen ist, richtet sich nach seinem konkreten Pflichtenkreis, wie er durch
Art und Inhalt des jeweiligen Schuldverhältnisses festgelegt ist.
Beim Kauf- und Werkvertrag ist der Zulieferer des Verkäufers bzw. Werkunternehmers im Verhältnis zum Käufer bzw. Werkbesteller nicht der Erfüllungsgehilfe des Verkäufers bzw. Werkunternehmers, da sich die
Pflichten des Zulieferanten gerade nicht auf die Zulieferung oder
Herstellung der (Kauf-)Sache bzw. des Werkes erstrecken (sondern
des Zulieferungsgegenstandes bzw -werkes).
Bei Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstandes infolge fehlerhafter Zulieferteile und daraus resultierender Mangelfolgeschäden im Falle des Vertretenmüssens aber Haftung des Verkäufers bzw. Werkunternehmers gegenüber
Käufer bzw. Werkbesteller für eigenes Verschulden des Verkäufers oder
Werkunternehmers;
Im Anschluss daran Regress des Verkäufers bzw. Werkunternehmers
gegen Zulieferanten
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Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
VN stellt Elektromotoren für Dunstabzugshauben her und
liefert diese 2/2011 an Abnehmer A, der sie für die Herstellung von Dunstabzugshauben benötigt; A veräußert die
Dunstabzugshauben in 9/2011 an eine Fast-Food-Kette
MacD, die die Dunstabzugshauben in ihre diversen Filialen
einbauen lässt. In 4/2012 kommt es zu überhitzungsbedingten Bränden der Dunstabzugshauben, bei denen auch
sonstige Einrichtungsgegenstände der Fast-Food-Filialen
beschädigt werden. MacD reklamiert die Dunstabzugshauben bei A. Als Ursache stellt sich die konstruktionsbedingte Mangelhaftigkeit der Elektromotoren heraus. Die
Elektromotoren werden in 6/2012 durch A ausgetauscht.
A verlangt bei VN Ersatz der beschädigten Dunstabzugshauben sowie der sonstigen Einrichtungsgegenstände;
darüber hinaus die Austauschkosten bzgl der anderen
mangelhaften Dunstabzugshauben sowie die Kosten für
mangelfreie E-Motoren. VN begehrt Versicherungsschutz für
die Schäden an den in Brand geratenen Hauben und
sonstigen Einrichtungsgegenständen als auch für die
Austauschkosten gem. Ziff. 4.4 ProdHM.
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Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
3. Deliktshaftung in der Lieferkette (§§ 823, 831 BGB)
Nach § 831 BGB ist derjenige, der einen von ihm weisungsabhängigen
Anderen zu einer Verrichtung bestellt, zum Ersatz des Schadens verpflichtet,
den der andere in Ausübung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich
zufügt.
Haftung für eigenes vermutetes Verschulden ohne Rücksicht auf Verschulden des Verrichtungsgehilfen (anders § 278 BGB, wo für fremdes
Verschulden ohne Rücksicht auf eigenes Verschulden gehaftet wird);
Entlastungsmöglichkeit bei § 831 BGB bezüglich Auswahl- und
Überwachungsverschulden als auch bezüglich Ursachenvermutung
Zulieferant ist im Verhältnis zum Abnehmer kein Verrichtungsgehilfe.
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Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
„Der Subunternehmer-Fall“
A veräußert Dunstabzugshauben in 2/2011 an eine FastFood-Kette MacD, die die Dunstabzugshauben in ihre
diversen Filialen einbauen lassen möchte. A lässt die
Dunstabzugshauben von VN herstellen und an MacD in
9/2011 liefern. In 4/2012 funktionieren die ersten Dunstabzugshauben bei MacD nicht mehr. MacD reklamiert die
Dunstabzugshauben bei A. Als Ursache stellt sich die
konstruktionsbedingte Mangelhaftigkeit der Elektromotoren
heraus. Die Elektromotoren werden in 6/2012 durch A ausgetauscht.
A verlangt bei VN Ersatz der Austauschkosten sowie der
Kosten für mangelfreie E-Motoren. VN begehrt Versicherungsschutz für die Austauschkosten gem. Ziff. 4.4 ProdHM.
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M. Krause, AZ Vers.AG, Mai 2015
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Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
4. Vertragliche Haftung bei vertikaler Arbeitsteilung
(insbes. §§ 280, 278 BGB)
Haftung des Verkäufers oder Werkunternehmers für Verschulden seiner
Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) ohne Entlastungsmöglichkeit;
-> auf eigenes Verschulden kommt es für die Haftung nach
§ 278 BGB nicht an !
Inwieweit dem Verkäufer oder Werkunternehmer fremdes Verschulden zu zurechnen ist, richtet sich nach seinem konkreten Pflichtenkreis, wie er durch
Art und Inhalt des jeweiligen Schuldverhältnisses festgelegt ist.
Beim Kauf- und Werkvertrag ist der Subunternehmer des Verkäufers bzw.
Werkunternehmers im Verhältnis zum Käufer bzw. Werkbesteller der
Erfüllungsgehilfe des Verkäufers bzw. Werkunternehmers, wenn sich die
Pflichten des Subunternehmers gerade auf die Herstellung der (Kauf-)
Sache bzw. des Werkes erstrecken.
Bei Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstandes Haftung des Verkäufers bzw.
Werkunternehmers gegenüber Käufer bzw. Werkbesteller für fremdes Verschulden (hier des Subunternehmers);
Im Anschluss daran Regress des Verkäufers bzw. Werkunternehmers
gegen Subunternehmer
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M. Krause, AZ Vers.AG, Mai 2015
Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
5. Regressverzichte / Haftungsfreistellungsverpflichtungen
nach § 4 I 1 AHB bzw. Ziff. 7.3 AHBneu deckungsschädlich
Erweiterung des Versicherungsschutzes notwendig
„Verzichtet der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles auf
Rückgriffsansprüche gegen Dritte (ggf. einschließlich versicherter Firmen), so
beeinträchtigt dies den Versicherungsschutz abweichend von § 4 I 1 AHB
bzw. Ziff. 7.3 AHBneu nicht.“
„Eingeschlossen ist im Rahmen und im Umfang dieses Vertrages – abweichend von § 4 I 1 AHB bzw. Ziff. 7.3 AHBneu – die durch Vertrag übernommene gesetzliche Haftpflicht Dritter, … (ggf. eingegrenzt auf
bestimmte Typenverträge, z. B. branchenübliche Verträge) sowie die
vertragliche Haftpflicht aus … (Eingrenzung auf bestimme Vertragsfelder,
z. B. Einkaufsbedingungen der Automobilindustrie etc.).“
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Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
„Der Verbrauchgüterkauf-Fall“
VN stellt Elektromotoren für Dunstabzugshauben her und liefert diese
2/2009 an Abnehmer A, der sie für die Herstellung von Dunstabzugshauben benötigt; A veräußert die Dunstabzugshauben in 9/2010 an
Händler H; H liefert die Dunstabzugshauben in 1/2011 an Endverbraucher E. In 4/2011 funktioniert die Dunstabzugshaube bei E nicht mehr.
E reklamiert die Dunstabzugshaube bei H. Als Ursache stellt sich die
konstruktionsbedingte Mangelhaftigkeit des Elektromotors heraus. Der
Elektromotor wird in 6/2011 durch A ausgetauscht. A verlangt bei VN
Ersatz der Austauschkosten sowie der Kosten für einen mangelfreien
Motor. VN begehrt Versicherungsschutz für die Austauschkosten gem.
Ziff. 4.4 ProdHM. A hat mit VN für den Fall, dass er von seinem Abnehmer
wegen Mangelhaftigkeit der Elektromotoren in Anspruch genommen
wird, den Regress analog den §§ 478, 479 BGB geregelt.
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Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
6. Verschärfter Regress beim Verbrauchsgüterkauf
verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers ggü Verbraucher beim
Verbrauchsgüterkauf auch für Austauschkosten (§ 439 II BGB analog bzw
§ 474a BGB-E)
Rückgriffslücken im alten Kaufrecht
● Verjährungsfalle (kurze Fristen, ab Gefahrübergang unabhängig von Kenntnis)
● Problematik der Haftungsunterbrechung bei Vertrieb über Händler
(eingeschränkter Pflichtenkreis, insbes. keine Konstruktions- und Fabrikationsverantwortung)
EU-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf
● Gefahr für Verkäufer, auf fremd verursachten Gewährleistungskosten sitzen zu
bleiben
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Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
6. Verschärfter Regress beim Verbrauchsgüterkauf
Umsetzung durch deutschen Gesetzgeber
● § 478 Abs. II / V BGB
eigenständiger verschuldensunabhängiger Rückgriffsanspruch auf Aufwendungsersatz (bezüglich Mängelbeseitigungsnebenkosten)
Mangelvermutung nach § 76 BGB während der ersten sechs
Monate ab Übergang der Gefahr auf den Verbraucher auch
gegenüber Lieferanten gültig
zusätzlich im Unterschied zu §§ 280, 281 BGB kein
Fristsetzungserfordernis
mit Aufforderung zur Nacherfüllung vor Geltendmachung des
Rückgriffsanspruches
aber
nur notwendige Aufwendungen (Kulanz/Verhältnismäßigkeit)
Verjährung Frist zwei Jahre ab eigener Inanspruchnahme (§ 479 Abs.1 BGB);
Ablaufhemmung gem. § 479 Abs.2 BGB: frühestens 2 Monate
nach Erfüllung der Ansprüche des Verbrauchers gem. §§ 437,
478
Abs. 2 BGB, maximal fünf Jahre ab Ablieferung an Händler
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zusätzlich
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Händler, Hersteller, Subunternehmer und Zulieferanten - Haftung und Deckung in der Lieferkette
7. Verschärfter Regress gegen Einzelteilelieferanten beim
Verbrauchsgüterkauf
Geltung der Regressbestimmungen gem. §§ 478, 479 BGB in der Lieferkette nur
bis zum Hersteller des Verbrauchsgutes, kein vereinfachter Regress des Herstellers
des Verbrauchsgutes gegen seinen (Einzelteile-/Zu-)Lieferanten
Aber: Möglichkeit der vertraglichen Vereinbarung der §§ 478, 279 BGB zwischen
dem Hersteller des Verbrauchsgutes und seinen (Einzelteile-/Zu-)Lieferanten
Aus Sicht des Lieferanten führt eine solche vertragliche Regressvereinbarung
allerdings zu Ansprüchen, die über seine gesetzliche Haftpflicht hinausgehen; damit
ist der Anwendungsbereich von § 4 I Ziff. 1 AHB bzw. Ziff. 7.3 AHBneu eröffnet
Erweiterung des Versicherungsschutzes notwendig:
„Vereinbart der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles mit
seinem unmittelbaren Abnehmer Rückgriffsansprüche analog den §§ 478,
479 BGB, so beeinträchtigt dies den Versicherungsschutz abweichend von
§ 4 I Ziff. 1 AHB bzw. Ziff. 7.3 AHBneu nicht.“
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