1/26 Die K-Frage Ein Ansatz zur Ontologie der Kausalrelation Mit einer Rekonstruktion der Empirischen Methode (Experimente/Studien) Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 2/26 Aufgabenstellung Ausgangspunkt: GFO (General Formal Ontology), Begriffe und Relationen grundlegender Art (Top-Level) Ziel: Einführen einer Kausalrelation cause() in GFO • Begriffsanalyse • Ontologisches Modell • Formale Beschreibung • Anwendungs(-test-)fall (hier: Ontologische Fundierung der Empirischen Methode) Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 3/26 Einschränkung auf physische Kausalität Nicht: • Mentaler Bereich, Psycho-physische Interaktionen • Sozialer Bereich • Begriffliche / logische Folgerungen (Nicht jede Erklärung ist Kausalerklärung) Nebenbemerkung: Mentale/soziale/... Kausalitätsbegriffe sollten dieselben Grundbedingungen erfüllen. Die konkrete Ausgestaltung wird jedoch anders sein. Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 4/26 Weitere Voraussetzungen • Kausalität nicht “basic”, sondern analysierbare Relation • “Kausalverbindung” hier immer: Ursache → Wirkung (nicht, z.B., zwischen zwei Effekten derselben Ursache) • Eine Ursache, nicht die Ursache • Dieselbe Ursache (und derselbe Effekt) kann gleichzeitig in mehreren Kausalverbindungen stehen • Effekte können sich überlagern Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 5/26 Fall 1: Diebstahlalarm Ausgangssituation: • Person A verlässt ein Kaufhaus, es ertönt ein Alarmsignal von den Sensoren am Ausgang. A wird von Person B (“Security”) angesprochen. Unter Aufsicht von Person B geht A erneut durch den Ausgang, es ertönt kein Signal. A kann gehen. Zugrundeliegende Schlussfolgerung (von B): • Nicht reproduzierbar, dann keine Kausalverbindung Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 6/26 Regelmäßigkeit I: Bemerkungen • Empirist H UME (1748): Kausalität nicht wahrnehmbar/messbar. Was wir sehen ist immer nur Regelmäßigkeit. • (Alltags-) Falsifikation: “Dieser Knopf schaltet den Beamer aus” – “Ich habe ihn aber schon gedrückt, und der Beamer ist noch an” • Kausalität natürlich nicht identisch mit Regelmäßigkeit (Gemeinsame Ursache, Probabilistische Zusammenhänge) • Wissen um Regelmäßigkeit ist dennoch relevant! Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 7/26 Regelmäßigkeit II: Analyse • Wiederholbarkeit setzt “Familien” gleichartiger Ereignisse voraus • “Kausalität” → “100%-Regelmäßigkeit”: scheitert bei probabilistischen Zusammenhängen. Lösung: “Kausalität” → “Effekt bei vorhandener Usache wahrscheinlicher” • Regelmäßigkeit → Kausalität’ gilt z.B. nicht bei aufeinanderfolgenden Effekten derselben Ursache. Lösung: Weitere Bedingung: Kontrafaktische Ahängigkeit Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 8/26 Fall 2: Wäre, hätte ... Ausgangssituation: • Barometer fällt, Sturm zieht auf. Regelmäßigkeit: Barometer verursacht Sturm. Aber: “Hätte man die Barometernadel festgehalten, wäre der Sturm dennoch aufgezogen”. Also: Barometer verursacht das Wetter nicht. Zugrundeliegende Schlussfolgerung: • Keine Kausalverbindung, wenn der Effekt auch ohne die vermeintliche Ursache eingetreten wäre. Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 9/26 Kontrafaktische Konditionale I: Bemerkungen • “Kontrafaktisch”: Vergleichssituation, in der die Ursache fehlt (“Mögliche Welt”, nicht die faktische Situation) • Ursache fehlt, dennoch Effekt: Keine Kausalverbindung Effekt fällt mit Ursache weg: Kausalverbindung • “Distanz”: Kleine vs. große Unterschiede zur aktuellen Situation. Nähere Welt “zählt mehr”. • Wenn Kausalverbindung: Eine Welt, in der Ursache und Effekt zusammen wegfallen ist näher als alle in denen der Effekt dennoch stattfindet. (L EWIS 1973) Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 10/26 Kontrafaktische Konditionale II: Probabilistisch Vorher einzelne Welten, Effekt ja/nein: • Aktuelle Welt (Ursache+Wirkung), Alternativen (ohne U.); ohne Wirkung bestätigend; mit Wirkung unterminierend Jetzt: Effekt mit bestimmter Wahrscheinlichkeit • Aktuelle Welt: Cluster ähnlicher Sit. mit U., Pref (e) Alternativen: Cluster ohne Ursache. Paltern(e) • Bestätigend, wenn Paltern(e) < Pref Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 11/26 Kontrafaktische Konditionale II: Probabilistisch Cluster C von Situationen mit/ohne potentielle Ursache p (zusätzlich evtl. auch r anwesend). P : Wahrscheinlichkeit des Effekts innerhalb des Clusters Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 12/26 Relata: Gedankenexperiment Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 13/26 Relata: Präsentiale Zustand am Ende des ersten Prozesses enthält “kausale Relevanz/Kraft” bzgl. des zweiten Prozesses. Umgekehrt wird nur der Anfangszustand “direkt” verursacht. • Grundlegende Kausalverbindung besteht zwischen Präsentialen (Entitäten an Prozessgrenzen, “Snapshots”) • Dazu zählen (in GFO): physische Objekte und deren Eigenschaften (Steine, Autos, Massen, Impulse, ...) • Präsentiale an koinzidierenden Zeitgrenzen: Koinzidenzpaare Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 14/26 Erweiterung I: Zwei Grenzen Heterogen Sequenz Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 15/26 Erweiterung II: Multiple Grenzen, kontinuierlich Kohäsion Innere Struktur: Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 16/26 Erweiterung II: Multiple Grenzen, kontinuierlich Adhäsion Innere Struktur Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 17/26 Erweiterung II: Multiple Grenzen, kontinuierlich Adhäsives Überlappen (Billardkugeln) Periodische Stimulation (Kind auf Schaukel anschubsen) Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 18/26 Erweiterung II: Multiple Grenzen, kontinuierlich Interaktion (Aktion, Reaktion) Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 19/26 Epistemischer “Kniff” Mögliche Welten? Unspektakulärer: Wir vergleichen mit anderen tatsächlichen Erfahrungen der aktuellen Welt Alternative Situationen werden als Situationen der aktuellen Welt (in Ihrer Geschichte und Zukunft) verstanden. Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 20/26 Die Empirische Methode (Rekonstruktion) Ansatz/These: • Experimente haben das Ziel, alternative Situationen zu erzeugen, mithilfe derer dann Regelmäßigkeit und kontrafaktische Abhängigkeit bestimmt werden können. Wieso ist das für unsere Kausaltheorie relevant? • Empirische Forschung ist aktuell beste Methode, Kausalverbindungen aufzuspüren (bzw. zu widerlegen). Gute Theorie der Kausalität erklärt, wieso die Empirische Methode so gut funktioniert. Und wo ihre Grenzen sind. Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 21/26 Wdh. Kontrafaktische Abhängigkeit Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 22/26 Experimente Experiment: Charakteristika Mehrfache Wiederholung Ontolog. Interpretation Erzeugen von Clustern alternativer Situationen Explizite Versuchsanordnung (1) Ähnlichkeit o.g. Cluster, (2) Legt fest, ob Ursache anoder abwesend Messung, Interpretation des “Effekt” oder “kein Effekt” “Ergebnisses” (bzw. Verteilung d. Effekts), ist Situation “bestätigend” oder “widerlegend”? Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 23/26 Klinische Studie (prosp., rand.) Studie: Charakteristika Gruppen, nicht Einzelfälle Einschluss-/Ausschlusskriterien Behandlungsarme/Kontrollgruppen Ontolog. Interpretation Cluster, nicht einzelte Sit. “Ähnlichkeit” der Situationen eines Clusters (1) Cluster (2) “Distanz” (3) An- bzw. Abwesenheit der Ursache Vorschriften des Studienpro- “Saubere” Cluster. An- bzw. tokolls Abwesenheit der potentiellen “Ursache”. Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 24/26 Klinische Studie II Studie(prosp/rand): Charakteristika “Einzel-”Ergebnisse festellen Auswertung/Analyse/Resultat Ontolog. Interpretation “Effekt” oder nicht, bestätigend/unterminierend, Statistische Verteilungen Vergleich der Ergebnisse in den Clustern (Regelmäßigkeit, Kontrafaktische Abhängigkeit) • Alles hier ohne die statistischen Methoden für Auswertung und z.B. Qualitätssicherung (Signifikanztests, etc.) Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 25/26 Die Empirische Methode aus Sicht unserer Kausaltheorie Experimente/Studien haben das Ziel, (maßgeschneiderte) Cluster von alternativen Situationen mit kontrolliert an/abwesenden Ursachen und definiert an-/abwesenden Effekten zu erzeugen, mithilfe derer dann Regelmäßigkeit und kontrafaktische Abhängigkeit bestimmt werden können. • Wir verstehen das als Beleg für nicht nur konzeptuelle/begriffliche, sondern auch für “epistemische Adäquatheit” unserer Kausaltheorie. Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03 26/26 http://xkcd.com/552/ Danke! Ende. Die K-Frage. Hannes Michalek, Onto-Med, 2009/03
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