Rhein-Neckar-Zeitung November 2015

meike garden, 02.11.2015 17:11:57 - Benutzer: Christofer.Menges - HIGHRES
Eine kleine Sehnsucht
Wie die frühere Grand-Prix-Sängerin Meike Garden in einem Eberbacher Wohnzimmer spielt
Von Christofer Menges
Eberbach. Lang ist’s her. 1988 stand Meike Garden in Dublin auf der großen Eurovision-Song-Contest-Bühne und trällerte mit ihrer Mutter als „Maxi & Chris
Garden“ für Deutschland das vom unvermeidlichen Ralph Siegel geschriebene
„Lied für einen Freund“. Vierzehn war
sie damals; „Germany eight points, Allemagne huit points“ hieß es aus Island und
Jugoslawien, Vierzehnte wurde sie im familiären Duett. Am Samstag sitzt sie an
einem Flügel in einem Eberbacher Wohnzimmer und gibt ein Hauskonzert.
Die „Perlentage“ waren es. Hans Beier hörte den Song zufällig im Radio, fand
heraus, wer ihn spielte, fuhr zu einem
Konzert, lernte Meike Garden kennen,
fand als Musiker zur Musikerin schnell
einen Draht, die beiden freundeten sich
an. So kommt es, dass Meike Garden in
Beiers Wohnzimmer in der Itterstraße am
Flügel sitzt und für ein kleines Publikum
aus Freunden spielt. Anfang Oktober noch
bei den Sternstunden für Flüchtlingskinder in Trier mit Philharmonie, Thomas D. und Friedenshymne. Jetzt 40 Zuhörer an Stehtischen, darunter etliche aus
der Musikerszene Eberbachs, mit denen
Beier schon in Bands wie der „Rockomotive“ oder „Kabine 4“ spielte.
Für Meike Garden macht das keinen
Unterschied. Sie singt auf der ganz kleinen Bühne genauso wie auf der großen,
führt charmant und witzig durch ein Programm, das es in sich hat, mit Eigenkompositionen und Stücken, die man
kennt, aber so eben auch noch nicht gehört hat. Da gibt es Chansons und Schlager mit Niveau, den dreifachen Udo mit
zweimal Jürgens („Der gekaufte Drachen“, „Ich war noch niemals in New
York“) und einmal Lindenberg („Piratenfreunde“), Evergreens des Pop mit den
Bee Gees („How deep is your love?“) und
Tango aus den Goldenen Zwanzigern
Eine Frau, eine Stimme und ein Flügel im Kerzenschein: Die frühere Grand-Prix-Sängerin
Meike Garden gibt in Eberbach ein ganz besonderes Hauskonzert. Foto: Christofer Menges
(„Eine kleine Sehnsucht“) mit Herbstseufzern. Die diplomierte Musical-Darstellerin singt deutsch, englisch, italienisch, französisch, beherrscht die volle
Bandbreite der Dynamik von zart gehaucht bis zum großen Kino der JamesBond-Hymnen „Skyfall“ und „Goldeneye“. Viel mehr kann eine Frau aus ihren
Stimmbändern und einem Flügel kaum
herausholen.
Auch ihre eigenen Stücke können sich
dabei hören lassen: „Halt mich fest“, singt
Meike Garden, „So bin ich“, ein Lied auf
vergebliche Diätbemühungen oder eben
die „Friedenshymne“, ihre aktuelle Single. Meist stammen die Texte von Metty
Krings, der Ende der Achtziger-Jahre auf
RTL den „Li-la-launebär“ moderiert hat,
in dem aber eben auch ein Texter steckt,
der sowohl einfühlsam als auch witzig
kann, ohne dass es zu banal klingt.
„Deutsch ist so ehrlich“, beschreibt Meike Garden die Schwierigkeit, „beim Englischen kann man mehr verstecken.“
Dabei muss sie das nicht. Unter vier
Zugaben, die ihr das Publikum abfordert, und „Let it be“ mit Hausherr Beier
am Flügel („Ob ihr’s glaubt oder nicht:
Ich hab das noch nie gesungen!“) kommt
sie aus dem Wohnzimmer in Eberbach
nicht raus. Gewinnerin beim Grand Prix
1988 wurde übrigens die für die Schweiz
startende Kanadierin Céline Dion. Und
auch wenn die beiden 230 Millionen verkaufte Platten trennen: Hinter der
braucht sich Meike Garden heute, mehr
als 27 Jahre später, stimmlich auch nicht
zu verstecken.