I steal ideas – that is why I go to conferences

Newsletter
des Forschungszentrums für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen
FoSS-Newsletter Nr.35 November 2015 www.foss-karlsruhe.de
I steal ideas – that is why I go to
conferences …
Insbesondere der Herbst ist in der Sportwissenschaft Konferenzzeit. Jedoch so provokant, wie
André Lachance aus Kanada seine Motivation für Weiterbildungsveranstaltungen deutlich gemacht
hat, “I steal ideas…“, wird es selten formuliert. Er ist im Nachwuchsbereich und in der Trainerausbildung im Baseball tätig. Lachance selektiert und archiviert auch mit spontanen Fotos aus Präsentationen – vornehmlich auf Konferenzen, die sich mit seiner Zielgruppe beschäftigen – Konzepte jeglicher
Sportarten, um diese für sich zu nutzen. „Stehlen“ oder (Fremd-)Nutzen scheint bei dieser Form von
Ideen in der Grauzone des Vertretbaren zu liegen – der Patentschutz ist hier nicht üblich – jedoch,
wenn gestohlene Ideen oder ganze Vortragskonzepte nicht modifiziert auf einmal als eigene präsentiert würden, wäre mindestens die ethisch-moralische Grenze des Urheberrechts überschritten.
Leider kommt diese Überschreitung auch in öffentlichen Kontexten viel zu häufig vor!
Bis Ideen zu Konzepten reifen, dauert es teilweise Jahrzehnte. So hat beispielsweise Wilhelm Paulcke, zeitweise Rektor der TH-Karlsruhe und Geologe, bereits in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts
in Karlsruhe einen Plan zur Errichtung von „Instituten für Gesundheitspflege und Leibesübungen“
aufgestellt mit den Funktionen „Übungsbetrieb, Organisation von Wettkämpfen und sportärztlicher
Überwachung, Lehre und Forschung sowie Verbandsarbeit“. Die Idee hat aktuell – knapp 100 Jahre
später – gesellschaftspolitisch Konjunktur: die Ausschreibungen für Professuren im Bereich Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Gesundheitsbildung sprechen hier eine deutliche Sprache, die
Netzwerke aus Bildungsträgern (z.B. Schule, (Sport-)Verein/Verband) und dem Gesundheitssystem
ebenso.
Aktuell wird im FoSS genau in diesem Netz ein Projekt für adipöse Kinder initiiert, das auf einem verlässlichen Fundament ruht, denn die Namen der Beteiligten sprechen für sich: FoSS-CHILTKarlsruhe wird von Dr. Katrin Walter als Projektleiterin geführt, Mit-Initiator ist Prof. Dr. Joachim
Kühr (Leiter der Kinderklinik Karlsruhe und FoSS-Beiratsmitglied). Das CHILT-Konzept, das mit Fortbildungsveranstaltungen und Lehrmaterialien u.a. unterfüttert ist, wurde bereits seit mehreren Jahren in Köln durchgeführt und basiert auf einem Programm von Prof. Dr. Dr. Christine Graf (Deutsche
Sporthochschule Köln), die nicht nur den TeilnehmerInnen am Kongress in Karlsruhe ein Begriff sein
sollte. Ihre zupackende, sehr strukturierte Art, ihr Charisma springt förmlich über auf das Publikum
und natürlich auch auf die Kinder, die sie in ihrem zertifizierten Jahresprogramm CHILT motiviert hat,
über sich und die so lieb gewonnenen Gewohnheiten nachzudenken.
Im Januar 2016 wird die Pilotphase von FoSS-CHILT Karlsruhe starten. Die Kinderärzte der Region
sind bereits informiert und unterstützen das Projekt ebenso wie die Gesundheitskassen. Die Studierenden des Masterprofils Bewegung und Sport mit Kindern und Jugendlichen erarbeiten fleißig die
Adaption der Bausteine Bewegung, Ernährung und Psychologische Beratung unter Anleitung ihrer
Dozentin Dr. Katrin Walter.
Diese Idee CHILT ist garantiert nicht gestohlen, denn die Urheberin ist mit im Boot und freut sich
über die Verbreitung ihres zertifizierten Konzepts – unser Kanadischer Kollege Lachance würde hier
hoffnungsvoll von “introducing change“ sprechen.
SWANTJE SCHARENBERG
Inhalt
Wissenstransfer Seite 2
Von Netzwerkarbeit
und App ...
Anwendungsorientierte
Forschung Seite 3
Der Schulhof:
Ein Bewegungsraum mit
unterschätztem Potenzial
Aus-, Fort- und
Weiterbildung Seite 4
Erste FoSS-MasterSummerschool
Innovation Seite 5
Vorstellungen
Carolin Tuch und
Jonas Meissner
Seite 6
Die Paralympics –
„Meet the Superhumans“
Impressum
Wissenstransfer
Von Netzwerkarbeit und App ...
Alexandra Paulus interviewt Sportwissenschaftler Dirk Werner, Leiter der Kindersportschule MTV Karlsruhe.
Der Kinderturnkongress „Kinder bewegen, Energie nutzen“ ist nun zwei Jahre her.
Dort, damals noch Studentin am Sportinstitut
des KIT, nahm ich als Teilnehmerin am Workshop „Erlebnispädagogik“ teil. Referent war
der Leiter der Kindersportschule (KiSS) MTV
Karlsruhe, Dirk Werner. Besonders das spektakuläre Spiel „Die Mine von Zavandur“ blieb
neben vielen weiteren Spielideen, Eindrücken und Aufbauten in meinem Gedächtnis
haften. Mittlerweile habe ich meinen Masterstudiengang Sportwissenschaft im Profil „Bewegung und Sport im Kindes- und
Jugendalter“ erfolgreich abgeschlossen und
bin seit Mitte September 2015 als Sportlehrerin in Dirk Werners KiSS angestellt.
Alexandra Paulus: Es gibt in Baden-Württemberg mittlerweile 60 Kindersportschulen.
Was unterscheidet die Kindersportschule des
MTV Karlsruhe von anderen Kindersportschulen?
Dirk Werner: Die KiSS des MTV hat über
150 Kinder, die in drei Ausbildungsstufen
zweimal in der Woche nachmittags Sportunterricht haben. Darüber hinaus bieten wir an
Schulen Gewaltpräventionskurse wie „Ge-
meinsam sind wir stark“ oder „Miteinander
– statt gegeneinander“ an. Die Kindersportschule hilft beim Ausbau und der Weiterentwicklung der Ganztagsschulen in BadenWürttemberg. In der Hans Thoma Schule z.B.
bietet ein qualifizierter KiSS-Sportlehrer von
uns kindgerechten Sportunterricht an. Besonders Ballsport, Abenteuerlandschaften
und Teamarbeit sind hier gefragt.
Auch in der Kooperation Verein und
Kindergarten sind unsere SportlehrerInnen
jeweils vormittags tätig. Ich selber bilde in
der Sportschule Schöneck und in Steinbach
ÜbungsleiterInnen fort und werde als Sport
und Mentalcoach von Vereinsmannschaften
gebucht.
Alexandra Paulus: Was war der Grund dafür, dass du mich, noch bevor ich meinen Abschluss als Master Sportwissenschaft in der
Tasche hatte, eingestellt hast?
Dirk Werner: Dein Masterprofil „Bewegung und Sport im Kindes- und Jugendalter“,
sowie deine bisherigen Erfahrungen im Kindersportbereich: Übungsleiterin Kinderturnen und das Praktikum in der Kindersportschule Mittelbaden waren ausschlaggebend.
Sehr positiv war auch deine Eigeninitiative,
dich während deiner Studienzeit bei uns als
Übungsleiterin zu bewerben. Leider hatten
wir damals keine geeignete Stelle frei.
Alexandra Paulus: Du hast auch – so
wie ich – in Karlsruhe am Institut für Sport
und Sportwissenschaft deinen Abschluss in
Sportwissenschaften gemacht und hältst
nicht zuletzt durch Deine Referententätigkeit
beim alle zwei Jahre stattfindenden Kongress,
der Bewegung, Spiel und Sport von Kindern
zum Thema hat, Kontakt. Welche weiteren
Verbindungen mit dem KIT gibt es noch?
Dirk Werner: Unter der Leitung von Prof.
Dr. Klaus Bös habe ich 2000 am Sportinstitut
beim Projekt „Karlsruher Schulsportberatung
für Grundschulkinder“ mitgearbeitet. Sportmotorische Tests wurden analysiert und modifiziert, Fragebögen erstellt und Kinder aus der
KiSS, sowie Schüler an den von uns betreuten
Schulen untersucht und getestet.
Für die Kinder von Mitarbeitern der EnBW
Karlsruhe haben wir 2007 zusammen mit
dem FoSS einen Kinderturnnachmittag auf
dem MTV Gelände durchgeführt. Die Stu-
dierenden des Sportinstituts haben beim Kinderturntest die körperliche Fitness der Kinder
getestet, und die Kindersportschule hat das
Rahmenprogramm gestellt. 2009/10 hatten
wir eine Kooperation zwischen der KiSS und
Sportstudierenden des KIT im Rahmen der
Seminararbeit „Konzeption und Überprüfung
der Effektivität eines vierwöchigen Trainingsprogramms für Kinder mit dem Solbic Airstep.“
Alexandra Paulus: Die Vielfalt des Angebots in der KiSS und auch der NetzwerkProjekte ist beeindruckend! Ganz neu ist die
Kindersport-App, die Ihr entwickelt habt.
Was ist das Besondere daran?
Dirk Werner: Unsere App ist für den direkten Einsatz in der Grundschule, im Sportverein oder in Kindersportschulen gedacht. Aus
mehr als 600 Spiel- und Übungsformen kann
direkt eine Sportstunde erstellt werden. Die
Übungen sind verständlich erklärt, mit Aufbaubeschreibungen und/oder Bildern ergänzt.
Die Themen wie z.B. Turnen, Handball, Leichtathletik, Große Spiele, Miteinander oder Parkour decken den gesamten Grundschulbereich
ab und werden durch aktuelle Aufwärmspiele, Kräftigungs- und Übungsformen sinnvoll
vervollständigt. Die Stunde kann als PDF per
Email, Whatsapp und ähnlichem versendet
und am Computer ausgedruckt werden. In
unserer Kindersport-App stecken 20 Jahre
Kindersportschulerfahrung und natürlich die
besten Übungs- und Spielformen.
Alexandra Paulus: Gibt es für mich auch
noch die Möglichkeit, an der Weiterführung
der App mitzuarbeiten?
Dirk Werner: Das Thema Schwimmen im
Grundschulbereich ist als Ergänzung für die
stets wachsende App geplant. Zudem sollten
auch die Bereiche Akrobatik und Eltern-KindTurnen mit aufgenommen werden. Eine FSJlerin und ein Praktikant stehen zur Verfügung,
damit die Stundenaufbauten z.B. auch fotografiert werden und somit die KindersportApp sinnvoll ergänzt werden kann.
ALEXANDRA PAULUS, DIRK WERNER
2
Anwendungsorientierte Forschung
Der Schulhof: Ein Bewegungsraum mit
unterschätztem Potenzial
Wenn die dvs-Kommission Sport und Raum im November zum Thema „Pädagogische Bewegungsräume – aktuelle und zukünftige Entwicklungen“ tagt, werden die Beziehungen zwischen Erziehung und
Bildung sowie Raum und Bewegung untersucht. In diesem Kontext
werden u. a. Themen die Gestaltung von Innen- und Außenräumen
in Schulen und Kindertagesstätten oder die bewegungsfreundliche
Architektur von Schulbauten behandelt.
Ausgehend von einem dialektischen Verhältnis zwischen Raumstrukturen und Bewegungs- bzw. Sportverhalten stellt der Raum ein
konstitutives Element für die menschliche Bewegung dar. Durch den
fortlaufenden Wandel und die steigende Differenziertheit von Sport
und Bewegung registrieren Kommunen, Universitäten und auch Schulen die Bedeutung dieses Themenkomplexes und nehmen zunehmend
(sport-)wissenschaftliche Beratung in Anspruch.
geschlechts- als auch altersabhängige Präferenzen gibt.
Werden die Spielplätze betrachtet, die insbesondere für die Klassenstufen 1 bis 7 interessant sind, sollten solche mit fest montierten
Geräten unbedingt mit naturnahen Nischen mit mobilen Materialien
kombiniert werden. Vor allem Bäume, liegende Baumstämme, Lastwagenreifen und naturbelassene Gelände mit Büschen und naturnahe
Nischenflächen bieten optimale Voraussetzungen zum Spielen und
Bewegen und eignen sich darüber hinaus bestens für die Entwicklung
von sozialen Kompetenzen.
Hinsichtlich der Gestaltung von Schulfreiräumen existiert in mehrfacher Hinsicht und Bedeutung ein großes Potential, denn wie empirische Befunde belegen, besitzt „Raum“ eine enorme pädagogische
Wirkung.
Eine Chance für die Ganztagesschule
Mit der Ausweitung der Ganztagsschulen in Deutschland rückt die
informelle Freizeitgestaltung von Schülerinnen und Schülern neben
dem formalen Unterricht verstärkt in den Blickpunkt des Interesses.
Im Zuge dieser Entwicklung eröffnen sich Chancen der zusätzlichen
Aktivierung durch Bewegung auch außerhalb des Sportunterrichtes.
Gemäß vorliegender Forschungsergebnisse und der Auswertung der
Studie „Bewegung und Sport in der Ganztagsschule – StuBBS“ (2014)
beträgt der für Deutschland (geschätzte) Anteil an Ganztagesschulen
mit Freizeitangeboten aus dem Bereich Sport, Spiel und Bewegung
78,7%, wobei die Schulen der Sekundarstufe I mit 88,9% daran den
höchsten Anteil haben. (Nils Neuber, Universität Münster, kritisiert auf
der 4. Fachkonferenz des DOSB und der Deutschen Sportjugend zum
Thema Schule & Sport bezogen auf die Ganztagsschulen zurecht die
unterschiedlichen Erhebungsmethoden der Einzeluntersuchungen, die
gesamthaft wissenschaftlich gesehen nur Trends für die Entwicklung
wiedergegeben können.)
ANDREAS ROTH
Literatur
• Hildebrandt-Stratmann, R., Laging, R. & Teubner J. (2014). Bewegung und Sport in der Ganztagesschule. StuBSS: Ergebnisse der
qualitativen Studie. Baltmannsweiler: Schneider.
• Lücke, S. (2014). Bewegung im Ganztag. Da geht noch was. www.
ganztagsschulen.org/de/7938.php
• Wetterich, J., Schröder, J. Pitsch, W.& Verch, J. (2013). Grundlagen der dvs-Kommission „Sport und Raum“ auf Basis des Gründungspapiers. www.sportwissenschaft.de/fileadmin/img/gremien/
kommissionen/sportundraum/Grundlage_der_Kommission_Sport_
und_Raum2013.pdf
• www.sportwissenschaft.de/index.php?id=sportundraum
Bewegung, Spiel und Sport auf Schulhöfen
Der Schulhof stellt einen Bewegungs- und Begegnungsraum dar,
der von Kindern und Jugendlichen fast täglich genutzt wird. Die Aufenthaltsdauer auf Schulhöfen von Halbtagesschulen beträgt pro Woche bereits 150 bis 350 Minuten und steigt an Ganztagesschulen auf
500 bis 600 Minuten an. Diese individuell nutzbare Zeit würde in etwa
11 bis 13 Unterrichtseinheiten pro Woche entsprechen.
Im Rahmen der StuBBs-Studie hat Ahmet Derecik (2014) die sozialräumliche Aneignung von Schulhöfen untersucht (Informelles
Lernen in Ganztagesschulen; S. 289-324). Mit Hilfe von qualitativen
Forschungsmethoden (Triangulation) analysiert er an insgesamt 21
Ganztagesschulen mit bewegungsfreundlichem Profil, wie sich Jungen
und Mädchen unterschiedlicher Altersgruppen verschiedene Schulhofräume aneignen. Seiner Einschätzung nach kann der Schulhof im Setting Schule als Ort des informellen Lernens angesehen werden.
Grundsätzlich unterscheidet Derecik zwischen (Trend-)Sporträumen (z.B. Tischtennisplatte oder Basketballplatz), Schulhofflächen (Untergründe und Strukturelemente) und Spielplätzen mit fest montierten
Geräten oder naturnahen Nischen mit mobilen Materialien. In diesem
Zusammenhang stellt er fest, dass es hinsichtlich der Nutzung sowohl
3
Aus-, Fort- und Weiterbildung
Erste FoSS-Master-Summerschool
Das Format der Summerschool ist international etabliert. Üblich
ist es, SchülerInnen oder DoktorandInnen für ca. eine Woche einzuladen, um – unterstützt durch Experten in den einzelnen Fachgebieten
– miteinander über die Vorstellung der eigenen Promotionsprojekte
voneinander zu lernen.
Drei Tage internationale Summerschool
Masterstudierende des Studienprofils Bewegung und Sport im
Kindes- und Jugendalter haben ihre Erfahrungen aus der Übung
Sporteventmanagement genutzt, um von Mastern für Master eine
internationale Summerschool zum Thema „Youth – Future – Motion. New perspectives for a sportive generation?“ Anfang Oktober
2015 anzubieten. Als Experten hatten sie ein breites Spektrum von
Professoren und PraktikerInnen motivieren können, an der dreitägigen Veranstaltung mitzuwirken. Themen waren hier High-intensity
interval training in up-and-coming competitve sports (Dr. Florian
Engel), Active learning in modern, moving and fussing times! (Peter Pastuch), Physical Activity and Health: an urgent challenge for
cooperation between school and sport clubs (Prof. Roland Naul), Lebensgestaltung und die Spielregeln dazu: ein philosophischer Blick
aus der Meta-Ebene (Dr. Kirsten Antara Hotz), Benefit and risk of
dietary supplements in sports (Prof. Dr. Achim Bub), Trendsportarten
(Abseilen im Treppenhaus: Berthold Kremer, Freestyle Frisbee: Alexander Leist, Holf - halb Handball, halb Golf: Nils Fischer), Style and
expression in scientific writing (Andreas Hirsch-Weber & Lydia Krott
vom HoC), Photography in sports and designing a scientific poster
(Martin Mandausch & Sandra Jaques vom HoC bzw. Zentrum für
Mediales Lernen).
Das siebenköpfige Organisationsteam – bestehend aus Sina Hartmann, Oliver Hohlbein, Katja Klemm, Melanie Kopp, Alexandra Pfeil,
Natascha Wendelin und Sophia Zimpfer – ging mit „Couch-surfing“
als Übernachtungsvariante oder mit der Verpflegung individuell auf
die Gäste ein. Da tatsächlich auch Studierende und Wissenschaftler
aus der Schweiz und der islamischen Welt (Ägypten, Tunesien, Jordanien) der Einladung zu diesem Event gefolgt waren, begegneten sich
hier ganz unterschiedliche Kulturen:
(Überwiegend weiblichen) Studierenden zu ermöglichen, selbstverantwortlich eine Veranstaltung zu leiten, war etwas sehr Neues
für die 15 TeilnehmerInnen aus der islamischen Welt, die im Rahmen
des vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) geförderten Programm des „Hochschuldialogs“, betreut durch Dr. Florian
Engel an der FoSS-Summer School für Masterstudierende im Institut
für Sport und Sportwissenschaft teilgenommen haben.
Gegenseitige Öffnung
Zu erfahren, wie in einem anderen Kulturraum Sozialkompetenz
beispielsweise gelebt wird und welche Werte dort hochgehalten
werden, wie mit Sportwissenschaft und auch mit Sportpraxis – teilweise auch verschleiert – umgegangen wird, war der große informelle Zugewinn für alle TeilnehmerInnen an dieser sehr gelungenen
Veranstaltung.
Die gegenseitige Öffnung stieß jedoch auf Grenzen. Weniger waren es die sprachlichen Limitationen, die hier anzusprechen waren – die
Vorträge und Workshops fanden überwiegend in englischer Sprache
statt – als die jeweilige (kulturkreisbezogene) Bildung, die immer wieder neue Fragen aufwarf und teilweise Lösungsmöglichkeiten bedurfte. Gegenseitige Akzeptanz war immer vorhanden. Nähe und ein
Hauch von Verständnis entstanden dann, wenn Empathie im Spiel war.
Take home message
Was ist die „take home message“ dieser 1. Master-Summerschool?
Viele Inhalte, beispielsweise
• das Potential des Schulsports und der nichtschulischen Bewegungsförderung für die Gesundheitsförderung von Kindern und
Jugendlichen,
• praktische Tipps und Möglichkeiten zum Einsatz von aktuellen
und modernen Trainingsinterventionen (z.B. das High Intensity
Interval Training) im Schulsport und in der Bewegungsförderung
von Kindern und Jugendlichen,
• neue Ansätze zur Vermittlung von Trendsportarten (Klettern,
Slackline, Boxen) in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen,
Möglichkeiten zur Verbesserung der Konzentration im Unterricht
durch Aktivpausen,
• intensive interkulturelle Erfahrungen auf Seiten der deutschen
und arabischen Studierenden,
• die Probleme der gelebten Gleichstellung in Deutschland sowie in
den arabischen Ländern,
• vielfältige, nicht klar zu benennende (Lebens)erfahrungen, die
womöglich zu einem offeneren Weltbild beitragen.
Danke an die Organisatoren, danke an die TeilnehmerInnen und
Unterstützer dieser Veranstaltung, die nicht zum ersten und letzten
Mal stattgefunden hat, jedoch einmalig bleiben wird.
SWANTJE SCHARENBERG, FLORIAN ENGEL
4
Innovation
„Laufend“ neue Herausforderungen …
Vorstellung Carolin Tuch
Das FoSS-Projekt „Gesundheit im Golfsport“ hat ein
neues Gesicht: Carolin Tuch.
Strukturiert planen, mit dem Ziel stets im Blick,
das ist meine Art, wie ich bisher mein Leben gestaltet
habe. Mein neues Ziel heißt: Promotion. Dazu habe
ich von der Hauptstadt nach Karlsruhe gewechselt. Seit 01.10.2015
bin ich ein „FoSSili“ und werde im Forschungszentrum für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen zu Gesundheitsförderung bei Jugendlichen forschen. Gesundheit umfasst sowohl
physische wie psychische Aspekte. Aufgrund meiner Qualifikation
werde ich den Schwerpunkt in meiner Forschungstätigkeit auf die
Steigerung u.a. der Selbstwirksamkeit von Jugendlichen legen.
Schon in meinem Bachelorstudium im Bereich Sportwissenschaft
und Psychologie in Jena konnte ich während meines Praktikums am
Bundesamt für Sport (Magglingen/Schweiz) wertvolle internationale Erfahrungen sammeln. Meine Bachelorarbeit habe ich dann zum
Thema „Subjektives Belastungsempfinden im Langstreckenlauf“ verfasst. Die dazu notwendige Studie eigenständig und auf eigenes Risiko durchzuführen, mit all den Unwägbarkeiten und Hindernissen
zu Recht zu kommen und dabei Ausdauer und Geduld zu haben, hat
mich nachhaltig geprägt und gezeigt, dass ich fähig bin, meine Energie, Zeit und Nerven nur in ein Projekt fließen zu lassen.
Für mein Masterstudium bin ich dann nach Berlin gegangen,
denn ich wollte dieses unbedingt im Fachbereich Sportpsychologie
machen. Unser Studiengang war nur sechs Personen stark, wodurch
wir eine optimale enge Betreuung erhalten konnten, uns andererseits auch individuelle Möglichkeiten der Weiterentwicklung gegeben wurden. So konnte ich zusätzlich eine Ausbildung zur Leiterin im autogenen Training absolvieren, welches ich im kommenden
Promotionsprojekt sehr gut anwenden kann. Mein Masterpraktikum
absolvierte ich in Bern. Diese Zeit hat mich persönlich sehr gestärkt,
da ich lernen musste, vollkommen selbstständig zu arbeiten. In Bern
durfte ich eine kleine Studie zur Wirkung von Kleidung auf die Selbstwahrnehmung leiten und auswerten.
Meine Masterarbeit zum Thema „Perceived Stress in Swiss Recruits“ habe ich erst im September 2015 beendet. Nun freue ich mich
sehr auf das Projekt „Gesundheit im Golfsport“, da ich meine bisherigen Erfahrungen im Umgang mit Daten, sowie in der Diagnostik und
im autogenen Training optimal einbringen kann.
Und wenn es doch mal zu stressig wird, gehe ich einfach laufen,
denn das mache ich seit meinem 12. Lebensjahr und mittlerweile seit
14 Jahren auf leistungssportlicher Ebene. Mein privates nächstes Ziel
im Sport? Der Marathon im April 2016.
„Wie fühlt sich Wäsche in einer Waschmaschine?“
Vorstellung Jonas Meissner
Das FoSS-Projekt MT2 hat ein neues Gesicht: Jonas
Meissner.
Schon als Kind war ich sportbegeistert, meine
Wochenenden waren mit Leichtathletikmeisterschaften, Fußball- und Basketballspielen gefüllt. Mit
16 Jahren entwickelte ich ein Faible für den Kraftsport und war mit
20 Jahren im Bereich Bodybuilding recht erfolgreich. Da ich aber in
keiner Sportart den Durchbruch im Männerbereich schaffen konnte, konzentrierte ich mich mit dem Beginn des Studiums der Ernährungs- und Sportwissenschaft vermehrt auf Trainertätigkeiten. Ich erwarb die Fitnesstrainer B-Lizenz, Gewichtheber C-Lizenz und diverse
Übungsleiterscheine. Anschließend habe ich Talentaufbaugruppen
(Land Hessen) trainiert, Kraft-, Leichtathletiktutorien bzw. Seminare
geleitet (Uni Giessen) und ein Athletiktraining bei den Nachwuchsbundesligaspielern der 46ers Giessen (Basketball) sowie der HSG
Wetzlar (Handball) eingeführt. Ein großes Projekt ist in diesem Jahr
Johannes Lischka (Profibasketballspieler und ehemalige Nationalspie-
ler) gewesen, den ich nach einer schweren Krankheit für sein zweites
Comeback vorbereitete. Meine Bachelorthesis schrieb ich über Dimethylamylamin, was zu dieser Zeit ein neuartiger Stoff in Nahrungsergänzungsmitteln war und zu vielen positiven Dopingtests führte.
In meiner Masterthesis habe ich die Kraftleistung von Profibasketballspielern im Längsschnitt untersucht und mit der Spieleffektivität
verglichen.
Privat bin ich sportlich natürlich immer noch aktiv und für vieles
offen. In den letzten Jahren habe ich Wanderungen im Himalaya und
den Anden unternommen, mich durch einen Halbmarathon in Bangkok gequält, Australien auf Inlinern entdeckt, philippinische Inseln
mit einem Mountainbike durchquert und in Sri Lanka beim Surfen
erfahren, wie sich die Wäsche in einer Waschmaschine fühlen muss.
Ich bin davon überzeugt, dass ich am FoSS viel lernen kann, daher
freue mich sehr auf meine neue Aufgabe im Bereich des MT2-Projekts. Ich hoffe auf eine gute Zusammenarbeit mit allen Beteiligten.
Analyse des Weiterbildungsverhaltens
Ende November startet die Online-Umfrage zur aktuellen Studie „Sportlehrerfort- und -weiterbildungsverhalten in Baden-Württemberg 2015“. Wir möchten hiermit alle gymnasialen Sportlehrerinnen und Sportlehrer in Baden-Württemberg dazu ermutigen, an der
Umfrage teilzunehmen. Sie werden hierzu über Ihre Schule per E-Mail benachrichtigt. (http://www.sport.kit.edu/foss/Lehrerfortbildungen/Onlineumfrage)
5
Die Paralympics – „Meet the Superhumans“
bunden. Entsprechende Stichworte wären
etwa Kommerz, Manipulation oder Doping.
Um das Selbstbewusstsein der Aktiven muss
man sich heute allerdings wohl keine Sorgen
machen: Der britische Sender Channel 4 vermarktete die Spiele mit dem Slogan „Meet
the Superhumans“.
KAI HILGER
Die Paralympics sind eines der größten
und bedeutendsten Weltfeste des Sports
und bieten eine viel beachtete Bühne für
faszinierende Wettkämpfe von Athletinnen
und Athleten mit Behinderung. Zunächst
eine Art Anhängsel, sind sie mittlerweile
aus dem Schatten der Olympischen Spiele
herausgetreten und auch in der öffentlichen
Wahrnehmung als eine eigenständige Veranstaltung etabliert. Mit Blick auf die Spiele in
Rio 2016 entwickelten das Deutsche Sport &
Olympia Museum (DSOM) und der Deutsche
Behindertensportverband (DBS) die Wanderausstellung „Paralympics – Sport ohne Limit“,
die besonders im paralympischen Jahr 2016
auf Tour gehen soll.
Am 28. Juli 1948 trafen sich auf Initiative
des Neurologen Ludwig Guttmann 14 Rollstuhlfahrer und zwei Rollstuhlfahrerinnen im
südenglischen Aylesbury, um sich im Bogenschießen zu messen. Es ging um medizinische Rehabilitation, aber auch um die Freude
am sportlichen Wettkampf und die Stärkung
des Selbstbewusstseins. Das öffentliche Interesse an der neuen Veranstaltung hielt sich
in Grenzen, zumal die Sportwelt dieser Tage
gebannt ins nahe London blickte, wo die ersten Olympischen Spiele nach dem Krieg veranstaltet wurden.
Ein deutlich kleinerer und dennoch großer Publikumserfolg war die feierliche Premiere der neuen Ausstellung im Rahmen der
Kölner Museumsnacht. Über 3.000 Gäste
zeigten sich beeindruckt von paralympischer
Geschichte und Gegenwart. Besonders die
Aktivangebote und Mitmach-Stationen zogen die Gäste in ihren Bann: Fahrradfahren
mit einem „Handbike“ und ein Workshop
im Rollstuhlbasketball ermöglichten neue Bewegungserfahrungen und insbesondere das
„Fehlschussfestival“ am Blinden-BiathlonSchießstand (gezielt wird hier nur per Gehör)
sorgte für den ein oder anderen Aha-Effekt.
Damals wie heute darf man dem Behindertensport große gesellschaftliche Relevanz
attestieren. Ein Teilstück des Wegs in Richtung inklusiver Gesellschaft kann sicherlich
sportlich bestritten werden und zwar größtenteils abseits von Rekorden, Medaillen
oder laufender TV-Kameras. Die Spitzenleistungen eines Markus Rehm – er springt mit
Prothese regelmäßig weiter als seine nichtbehinderte Konkurrenz – haben eher einen
„wegweisenden“ Effekt und können als Katalysator dienen, indem sie den gesellschaftlichen Diskurs befeuern.
Blicken wir ein weiteres Mal nach London,
denn die britische Hauptstadt war 2012 erstmals auch Schauplatz der Paralympics. Die
Kennzahlen dieser Spiele haben Guttmanns
bescheidene Anfänge längst vervielfacht
und sind der vorläufige Höhepunkt einer rasanten Entwicklung: 4.500 Teilnehmerinnen
und Teilnehmer und 2,8 Millionen verkaufte Tickets sprechen für sich, ebenso wie die
mediale Resonanz. ARD und ZDF übertrugen
mehr als 65 Stunden – doppelt so viel wie
vier Jahre zuvor in Peking. Wie das Beispiel
der Olympischen Spiele belegt, sind mit
schnellem Wachstum auch Gefahren ver-
Impressum
Herausgeber: FoSS-Forschungszentrum für
den Schulsport und den Sport von Kindern
und Jugendlichen
Engler-Bunte-Ring 15, Geb. 40.40
76131 Karlsruhe
Telefon: 0721/608-48514
E-Mail: [email protected]
Internet: www.foss-karlsruhe.de
Vorstandsvorsitzender: Prof. Dr. Alexander Woll
Leitung: apl. Prof. Dr. Swantje Scharenberg
Redaktion: apl. Prof. Dr. Swantje Scharenberg
Layout: Matthias Leipholz
Erscheinungsweise: quartalsweise
Bildnachweis: auf Anfrage
Auflage: 2500 Stück
© 2015 FoSS
6