Wiesbaden Biennale 25. August bis 4. September 2016 Residenzkünstlerinnen & Residenzkünstler der Wiesbaden Biennale 2016 Projekt »Asyl des müden Europäers« Thomas Bellinck (Belgien), geboren 1983, ist einer der bemerkenswertesten jungen Regisseure und Künstler Belgiens. Seine Arbeiten fallen durch sehr präzise Analysen der Wirklichkeit auf, die er in unterschiedlichste künstlerische Formate umsetzt. Im Rahmen des »Asyls des müden Europäers« entwirft Bellinck im »Alten Gericht« in Wiesbaden ein fiktives Museum: das »Domo de Eŭropa Historio en Ekzilo«. Aus dem Jahr 2021 blickt es auf den Zusammenbruch Europas zurück. Mit großer Liebe zum Detail entwirft Bellinck die Erzählung vom Untergang einer politischen Idee. »Dome de Eŭropa Historio en Ekzilo« entstand ursprünglich am KVS in Brüssel und wurde bei den Wiener Festwochen 2014 gezeigt. In Kooperation mit dem Onassis Centre wird eine Neuerarbeitung entwickelt, die 2016 in Athen und Wiesbaden gezeigt werden wird. Dries Verhoeven (Niederlande), geboren 1976, arbeitet gemeinsam mit dem Autoren Julian Pörksen (Deutschland), geboren 1985. Gemeinsam entwickeln sie zehn groß angelegte Beerdigungszeremonien, die in der anglikanischen Kirche St. Augustine stattfinden werden. Ist es an der Zeit, uns von der »multikulturellen Gesellschaft« zu verabschieden? Vom »Wohlfahrtsstaat« oder der Idee des »Europäischen Gedanken«? Verhoeven orientiert sich mit großer Ernsthaftigkeit an christlichen Ritualen und schafft es, ganz unironisch den Blick auf »sterbende« Konzepte unserer Zeit zu lenken. Er arbeitet als Performer, Theatermacher und Bildender Künstler. Seine groß angelegten Installationen, Performances und Happenings werden auf den wichtigsten europäischen Festivals gezeigt und fordern in ihrer radikalen Zuspitzung dazu heraus, den eigenen Standpunkt in Prozess der kollektiv produzierten Narration unserer Gesellschaft zu hinterfragen. Rabih Mroué (Libanon), geboren 1967, ist Schauspieler, Regisseur, Autor und Bildender Künstler. Mroué versteht es wie kaum ein anderer Künstler unserer Zeit, die Wirkmacht von politischen Bildsprachen zu analysieren, deren Ziel es ist, Bilder zu produzieren, die wir als »wahr« akzeptieren. Seine komplexe genreübergreifende Arbeitsweise, sein Spiel mit den Grenzen zwischen Fiktion und Realität machte ihn zu einer der Schlüsselfiguren einer neuen Generation libanesischer Künstler. Seine Arbeiten werden an international bedeutenden Kunst-Orten und Festivals gezeigt, u. a. auf der documenta 13, dem Kunsten Festival des Artes in Brüssel und den Wiener Festwochen. Tiago Rodrigues (Portugal), geboren 1977, ist Schauspieler, Autor und Regisseur. Er zählt zu den herausragenden zeitgenössischen Künstlern Portugals und leitet seit diesem Jahr das Teatro Nacional D. Maria II in Lissabon. Im Jahr 2003 gründete er die Gruppe »Mundo Perfeito«, die bis heute mehr als 30 Stücke produzierte und die auf wichtigen internationalen Bühnen und Festivals zu Gast waren, u. a. auch bei »Neue Stücke aus Europa« im Jahr 2014. In seinen letzten Arbeiten beschäftigte sich Rodrigues mehrfach mit der politischen Sprengkraft von im Gedächtnis gespeicherten Wissen und Erinnerung. Im Rahmen der Wiesbaden Biennale 2016 wird er eine Bibliothek entwerfen, die ganz ohne Bücher auskommt und einzig das Wissen der Zuschauerinnen und Zuschauer zu einem Archiv werden lässt, das sich jeder Zensur entzieht. Margarita Tsomou (Griechenland / Deutschland), geboren 1977, ist Journalistin, Performerin und Mitherausgeberin des »Missy Magazine«. Sie arbeitet intensiv mit aktivistischen Gruppen zusammen, ist Mitglied der Performance-Gruppe »Schwabinggrad Ballett« und organisierte transformative Kongresse wie »Fantasies that matter. Images of sexwork in media and art« auf Kampnagel in Hamburg. Im Rahmen der Wiesbaden Biennale wird sie eine moderne Agora unter freiem Himmel entwickeln. Ein performatives Parlament, das die Krise der Repräsentation zum Ausgangspunkt einer politisch-aktivistischen Untersuchung macht. Ingo Niermann (Deutschland), geboren 1968, ist Schriftsteller, Journalist (u. a. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung) und Konzeptkünstler. Sein Buch »Umbauland« löste 2006 kontroverse Reaktionen aus. Es umfasst zehn Vorschläge zur radikalen Reform Deutschlands, u. a. die Nuklearbewaffnung, eine Bodenreform durch landwirtschaftlichen Anbau in Schrebergartenkolonien und der Bau eines Massengrabes für die gesamte Menschheit in einer strukturschwachen Region Sachsen-Anhalts, dessen Grundstein 2007 gelegt wurde. Für die Wiesbaden Biennale entwickelt er ein Projekt unter dem Arbeitstitel »How to start a movement«. Georgia Sagri (Griechenland), geboren 1979, ist eine künstlerische Grenzgängerin. Ihre Arbeiten werden sowohl im Kontext der Bildenden Kunst (u. a. MoMA in New York, Kunsthalle Basel, KW Berlin, Istanbul Biennale 2015) als auch in Theatern gezeigt. Zuletzt war sie beim Festival »Foreign Affairs« mit einer achtstündigen Performance zu sehen: ein postreligiöses Rauschritual, das Musik und Bewegung unterschiedlicher Religionen in Koexistenz brachte. In ihrem Projekt für die Wiesbaden Biennale beschäftigt sie sich mit den Ritualen einer utopischen Gemeinschaft. Arkadi Zaides (Israel), geboren 1979 in Weißrussland, lebt und arbeitet in Israel. Er gehört zu den einflussreichsten israelischen Choreografen der jüngeren Generation. Bis 2004 gehörte er als Tänzer und Choreograph der berühmten Batsheva Dance Company an. Zaides’ Arbeiten sind von einem starken Interesse für die politischen und sozialen Konflikte des Nahen Ostens geprägt. In ihrem Zentrum steht die choreographische Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Körper, Politik und Gesellschaft. Zaides ist Träger zahlreicher Preise, unter anderem des »Émile Zola Chair Award for Arts dealing with Human Rights«. Seine Arbeiten werden auf Festivals und in Theatern in ganz Europa gezeigt. Für die Wiesbaden Biennale entwickelt er ein neues Projekt, das sich mit den Strategien der robotergestützten Grenzsicherung von Frontex befasst. Das Kuratorenteam der Wiesbaden Biennale 2016 Maria M. Ludewig (*1982) und Martin Hammer (*1981) arbeiten als Team seit über zehn Jahren regelmäßig für unterschiedlichste Projekte zusammen. Während Maria M. Ludewig Philosophie in Hamburg und Berlin und Schauspielregie an der Berliner HfS Ernst Busch studierte, absolvierte Martin Hammer ein Studium der Theater- und Literaturwissenschaft in Hamburg, Berlin und Leipzig. Im Anschluss arbeitete Martin Hammer als freier Dramaturg an zahlreichen Stadttheatern (u. a. Kammerspiele München, Staatsschauspiel Dresden, Düsseldorfer Schauspielhaus) und Opernhäusern, Maria M. Ludewig als Regisseurin, Autorin und freie Produzentin für internationale Theaterprojekte und interdisziplinäre Kongressformate (Nordwind Festival, Deutsches Schauspielhaus Hamburg). Gemeinsam gründeten sie 2008 das Produktionslabel »Union Universal«, mit dem sie diverse Projekte zwischen Stadtraum, Theaterbühne und performativer Intervention verwirklichten, (u. a. »Perspektive Hamburg«, »Dem Weggehen zugewandt«) die u. a. auf Kampnagel, im Radialsystem, im Festspielhaus Hellerau und am Mousonturm in Frankfurt am Main gezeigt wurden. Seit 2014 sind sie das Kuratorenteam der Wiesbaden Biennale 2016 und arbeiten auch für die Internationalen Maifestspiele des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden.
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