Freiheit und Selbstbestimmung in der Behindertenhilfe Perspektiven zeitgemäßer Behindertenarbeit Georg Theunissen Professor für Geistigbehindertenpädagogik und Pädagogik bei Autismus Zur Geschichte: Unterbringung und Versorgung behinderter Menschen in Anstalten (Institutionalisierung) Christliche Vorstellungen: Barmherzigkeit und Heilungsabsichten Nützlichkeitsgedanke Zwei-Teilung des Anstaltswesens in: Bildungs-/arbeitsfähige Menschen und bildungsunfähige Pflegefälle (Idioten) Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Philosophische Fakultät III - Erziehungswissenschaften Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Nachkriegszeit: zunächst keine Veränderungen Bezugskonzept: Psychiatrisches Modell Behinderung (einschl. Verhaltensauffälligkeiten) als Krankheit Negatives Menschenbild: „Da kann man nichts mehr machen“ (biologistisch-nihilistisches Bild) Bestrafungspraxis (individualistisch-disziplinierend) Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Philosophische Fakultät III - Erziehungswissenschaften Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Konsequenz: „Totale Institution“ (Goffman) Menschenunwürdige Zustände (z. T. wie eine Tierhaltung) Freiheitsberaubung (gesellschaftliche Isolation) Erlernte Fügsamkeit Erlernte Hilflosigkeit Erlernte Bedürfnislosigkeit Kein Privatleben und keine Rechte Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Philosophische Fakultät III - Erziehungswissenschaften Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Scharfe Kritik in allen führenden westlichen Industrienationen Vor allem durch Eltern behinderter Kinder und Menschen mit Körper- und Sinnesbehinderungen Ziel: Normalisierung der Lebensverhältnisse Enthospitalisierung und Deinstitutionalisierung Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Philosophische Fakultät III - Erziehungswissenschaften Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Kritik an der hiesigen Normalisierungspraxis Von Profis bestimmt (Top-down-ausgerichtet von Trägern; Betreuern etc.) ; keine Betroffenenbeteiligung Behinderungsverständnis im Lichte von Defiziten ‚Normal-machen‘ behinderter Menschen Normierung (z. B. in Bezug auf Ausstattungen) Verbesserungen von Anstalten statt Auflösung Neue Wohnheime statt selbstbestimmtes Wohnen Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Wachsende Einflussnahme von sogenannten Empowerment-Bewegungen Ziel: Selbstbestimmtes, unabhängiges, häusliches Wohnen und Leben im Gemeinwesen (1) Bewegung von Eltern behinderter Kinder (2) Bewegung von Menschen mit Körper- oder Sinnesbehinderungen (3) Bewegung von Menschen mit Lernschwierigkeiten (People First Organisationen) (4) Bewegung autistischer Menschen Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Empowerment - ein schwieriges Wort Drei Zugänge: (1) Sich selbst mit Stärken und Schwächen vorstellen, sich selbst vertreten (2) Gemeinsam als Gruppe auftreten, sich politisch einmischen, mit Politikern reden und Wünsche nennen (3) Sich etwas beibringen (z. B. gemeinsam in einer Gruppe) = Experte in eigener Sache Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Zur Geschichte von Empowerment 1. In den USA: Schwarze Menschen, die auf die Straße gingen und für Rechte eintreten 2. In Südamerika: Menschen, die unterdrückt werden, setzten sich für ihre Rechte ein und bringen sich selbst etwas bei 3. Psychologen sagen, dass es besser ist, Stärken eines Menschen zu beachten, als nur nach Fehlern zu suchen Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Menschenbild und Stärken-Perspektive Einen behinderten Menschen so annehmen wie er ist Einem behinderten Menschen gegenüber Respekt zeigen Einem behinderten Menschen etwas zutrauen Behinderung nicht mit Kranksein verwechseln Nicht nach Schwächen suchen Stärken von behinderten Menschen beachten Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Was für Empowerment wichtig ist (1) Sicherung des Rechts auf Selbstbestimmung (2) Eintreten für das Recht auf Teilhabe (Partizipation) (3) Eintreten für Selbstvertretung (4) Eintreten für soziale Gerechtigkeit Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Wertebasis (1) Selbstbestimmung (Autonomie) als Potenzial zur Realisierung von Freiheit (2) Teilhabe durch Zusammenarbeit und demokratische Entscheidung (Kollaborative und demokratische Partizipation durch Mitbestimmung, Mitsprache, Mitgestaltung) (3) Verteilungsgerechtigkeit (Zugänglichkeit, Chancengleichheit) Selbstbestimmung verweist von der Wortgeschichte her auf einen einzelnen Menschen, der sich erkennt, indem er über sich selbst nachdenkt, nach eigenen Vorstellungen handelt und sich dabei ermächtigt. Selbstbestimmung bezieht sich „auf Einstellungen und Fähigkeiten, die für einen Menschen nötig sind, um als erste, entscheidende Person das eigene Leben zu gestalten und in Bezug auf die eigene Lebensqualität frei von allen unnötigen Einmischungen oder Beeinträchtigungen von außen eine Auswahl von Dingen und Entscheidungen zu treffen“ (Definition nach Michael Wehmeyer 1992) Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Selbstbestimmung bezieht sich auf Entscheidungsautonomie (freie Willensbekundung) und Handlungsautonomie (Selbstständigkeit) gehört zum wesenhaft Menschsein (Autonomie als Potenzial) ist ein Grundbedürfnis - muss aber erlernt werden hält das ganze Leben an Wichtige Merkmale auf der Grundlage der „freien“, autonomen Entscheidung der Person (1) eine bewusste Nutzung eigener Stärken, Fähigkeiten (2) Selbstbeobachtung und Selbstkontrolle (3) sich selbst Ziele zu setzen und danach handeln (4) Äußerungen oder Handlungen, die vom Betroffenen ausgehen (5) das Erleben der Selbstwirksamkeit (6) die Kontrolle und Verfügung über die eigenen Lebensumstände (7) eine Lebensverwirklichung nach eigenen Vorstellungen Damit wird von M. Wehmeyer die Richtung für pädagogische Unterstützungsleistungen angegeben. Schaffung von (Lern-)Situationen durch Angebote, die ein Auswahl und Entscheidung ermöglichen. Wie sich die Selbstbestimmung entfalten und äußern kann, ergibt sich somit aus dem Zusammenspiel individueller und sozialer Faktoren. Problem Selbstbestimmung als bloße individuelle Kategorie Selbstbestimmung Empowerment) als sozialbezügliche Kategorie (im Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Philosophische Fakultät III - Erziehungswissenschaften Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Arbeitsschwerpunkte von Empowerment (1) Arbeit mit dem Einzelnen (2) Arbeit mit Gruppen (3) Arbeit in Institutionen oder Organisationen (4) Arbeit im Bereich der Politik (im Gemeinwesen) Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Forderungen der Empowerment-Bewegungen behinderter Menschen (z. B. Behindertenkongress 2002 in Madrid mit dem Ergebnis der „Deklaration von Madrid“) Inklusion (gesellschaftliche Zugehörigkeit) & Partizipation (Teilhabe) am Leben in der Gesellschaft Errungenschaften: The Americans Disability Act (ADA) (ein Gesetz gegen Diskriminierung behinderter Menschen in der Gesellschaft) UN- Behindertenrechtskonvention Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] UN-Behindertenrechtskonvention Artikel 19 Die Vertragsstaaten … treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um die volle Inklusion im Gemeinwesen und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erleichtern, indem sie unter anderem gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen (1) gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben; (2) Zugang (auch zu Hause) zu einer Reihe von gemeindenahen Unterstützungsdiensten haben (einschließlich der persönlichen Assistenz)… (sinngemäße Übersetzung der Originalversion, kursiv GT).Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Philosophische Fakultät III - Erziehungswissenschaften Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Zur bisherigen Praxis der Integration 1. Integration als Eingliederung 2. Vernachlässigung des Umfeldes 3. Zwei-Welten-Theorie 4. Integration durch Aussonderung und Ausgrenzung 5. „Von oben herab“ (Top-down-)Praxis und Profizentrierung (Träger/Mitarbeiter-bestimmt) 6. Zusätzliche Angebote Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Zur Inklusion 1. Recht auf Zugehörigkeit, Selbstbestimmung und Partizipation 2. Akzeptanz von Unterschiedlichkeit und Individualität 3. Nicht-Aussonderung 4. Barrierefreiheit / Zugänglichkeit 5. Bürgerzentrierung und Umfeldorientierung 6. Überwindung der Zwei-Welten-Theorie 7. Angebote aus der Sicht behinderter Menschen Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Zu Missverständnissen: (I) Inklusion als Einbeziehung (II) Inklusion als Integration (III) Inklusion als Eingeschlossensein (IV) Partizipation 1. Teilhabe als bloße Teilnahme 2. Teilhabe als Top-down-Prinzip („von oben herab“) Stattdessen geht es um eine Bottom-up Partizipation („von unten her“) Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Wohnen aus der Sicht behinderter Menschen Die meisten wünschen sich kein Leben in einer Institution (in einem Heim, in einer großen Einrichtung) Stattdessen wünschen sich die meisten ein häusliches (selbstbestimmtes) Wohnen inmitten einer Gemeinde - Unterstütztes Einzelwohnen - Unterstütztes Wohnen zu zweit - Unterstützes Wohnen in kleinen Gruppen (2 – 3 Plätze) - Unterstütztes Wohnen in großen Gruppen (4 – 6 Plätze) Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Entscheidend ist das persönliche Wahlrecht - - Wenngleich sich Befragungen und Selbstvertretungsgruppen zufolge die meisten Menschen mit Behinderungen (einschl. Autismus) für ein selbstbestimmtes Wohnen in der eigenen Wohnung und nicht für ein Gruppenwohnen aussprechen, möchten manche in einer Wohnanlage für behinderte Menschen leben (häufig mit 16 bis 18 Wohnungen), in der eine Assistenzzentrale verankert ist, die aufsuchende Hilfe anbietet (Service-Wohnen). In ähnlicher Bahn bewegt sich das Leben in einer Mehrgenerationenwohnanlage. Ferner bevorzugen manche Personen mit Lernschwierigkeiten und/oder Autismus das Leben auf dem Land (Landwirtschaft, Dorfgemeinschaft). Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Forschungsbefunde als Orientierungshilfe - Je kleiner die Gruppe, desto größer individuelle Selbstbestimmungsmöglichkeiten - Menschen mit schweren Behinderungen profitieren von kleinen Gruppen (mehr individuelle Zuwendung, Rückgang an Verhaltensauffälligkeiten) - Kleine Gruppen verringern Lärm-, Stress und Konfliktpotenzial - Einzelwohnen oder Wohnen zu zweit muss nicht zur Vereinzelung führen und kann für schwer behinderte Menschen (auch mit Autismus) von Vorteil sein - Mehr Selbstbestimmung verringert Verhaltensauffälligkeiten - Personzentrierte Planung als zentrale Richtschnur Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Folgerung: Personzentrierte Planung (Ein Beispiel) Ablauf und Themen: (1) Vorstellung der anwesenden Personen (2) Geschichte der Person (wer ist die Person) (3) Stärken/Fähigkeiten/Lebensstil (4) Traum/Wünsche/Ziele (5) Gesundheit (6) Beziehungen/ Netzwerke (7) Gegenwärtige Situation (was klappt, was klappt nicht) (8) Ideale Situation (wie soll es sein) (9) Aktionsplan Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Anlaufstellen (Beispiele): (1) Kontakt-, Koordinations- u. Beratungsstellen (NRW/Rheinl.) (2) Regional Center (Kalifornien/USA) (3) Stütz- bzw. Treffpunkte (Hamburg) (4) Zentren für Unterstützungsangebote oder Teilhabezentren (vereinzelt im ländlichen Raum in Süddeutschland/Bayern/D) (5) Autismus-Ambulanzen (für Autist(inn)en) (D) (6) Pflegestützpunkte für Senioren (D) (7) Demenz-Servicestellen (D) (9) Stadtteilbüro (Lebenshilfe Braunschweig) Zur Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention und des SGB IX (in Bezug auf Selbstbestimmung und Teilhabe) Sozialraumorientierung als Aspekt lebensweltbezogener Behindertenarbeit Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Philosophische Fakultät III - Erziehungswissenschaften Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Zwei Handlungsebenen der SRO 1) Subjektzentrierte Ebene Personzentrierte Planung (Persönliche Zukunfts- oder Lebensstilplanung in Verbindung mit einer Netzwerkanalyse) wie zuvor beschrieben Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] 2) Lebensraumbezogene Ebene (wichtig für die Kommunen) Gleichberechtigte Teilhabe aller Bürger/innen am soziokulturellen und politischen Leben (z. B. Sicherung von Zugangsmöglichkeiten im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention) Mitwirkungs-, Mitgestaltungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten möglichst vieler Menschen auf lokaler Ebene (z. B. Verbesserung eines Stadtteils; Behindertenbeiräte durch Betroffene) Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Untersuchung des Sozialraums Bildung eines Sozialraum-Teams z. B. Mitglieder einer People First Gruppe, eines Heimbeirats oder einer WG., Stadtteil-, Teilhabe- oder Sozialraumbeauftragte, Fachkräfte, Unterstützungsmanager, lokale Persönlichkeiten; Personen aus einem lokalen Bürgerverein alternativ: Zukunftswerkstatt, Runder Tisch, Lokale Teilhabekreise Aufgabe: Stadteilbegehung, Sozialraumerkundung, Sozialraumanalyse Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Das Umfeld untersuchen, um den Stand und die Entwicklungsmöglichkeiten eines „inklusiven Sozialraums“ zu erkunden (1) Schauen, was es gibt /nicht gibt (z. B. Altentagesstätte für Bewohner/innen eines Stadtteils) (2) Nach den Problemen/ Auswirkungen fragen (z. B. Ausschluss behinderter Menschen von allgemeinen Einrichtungen aufgrund von Vorurteilen; Diskriminierung) (3) Nach den Chancen fragen (z. B. soziale Zughörigkeit, sozio-kulturelle Vielfalt; inklusive Kultur) (4) Nach Win-Win-Möglichkeiten Ausschau halten (Chancen gegenseitiger Unterstützung; inklusive Gemeinde) (5) Aktionen planen und umsetzen (z. B. Öffnung der Altentagesstätte für behinderte Menschen) Aktionsplan (1) Öffentliche Bekanntmachung im Rahmen von Regional- oder Stadtteilkonferenzen; Treffen mit Bürgervereinen (2) Runder Tisch mit Behindertenbeirat und Behindertenvertreter (3) Runder Tisch mit Vertretern von relevanten Verbänden, Organisationen, Einrichtungen o. ä. (4) Teilhabekonferenz mit politischen Entscheidungsträgern (Gemeinderäte o. ä.) Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Grundsätzliche Überlegungen zur Beteiligung behinderter Menschen als Expert(inn)en in eigener Sache Verschiedene Beteiligungsverfahren (1) Hearing (im Ausschuss; Behinderte Menschen als sachkundige Bürger; Vorsitz: Politiker/in) (2) Forum (offene Beteiligung behinderter Menschen; Vorsitz: Moderator/in) (3) Beirat (z. B. Behindertenbeirat) Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Beispiel I: Kommission zur Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen KIB von Doris Rüter: Örtliche Teilhabeplanung am Beispiel der Stadt Münster, in: Lampke, D.; Rohrmann, A.; Schädler, J. (Hrsg.): Örtliche Teilhabeplanung mit und für Menschen mit Behinderungen, Wiesbaden 2011 (VS Verlag für Sozialwissenschaften), Seite 201 Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Folgende Gruppen sind durch je ein Mitglied in der KIB vertreten: Körperbehinderte Menschen Seelisch behinderte/ psychisch kranke Menschen Geistig- / lernbehinderte Menschen Blinde und sehbehinderte Menschen Gehörlose Menschen Schwerhörige Menschen Chronisch kranke Menschen Frauen und Mädchen mit Behinderung Zu kritisieren ist das Fehlen von Autist(inn)en Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Zur KIB (nach Rüter 2011, 200ff.): Vorsitzende/r der KIB ist ein Ratsmitglied Auftrag: Themen beraten, die die Belange von Menschen mit Behinderungen betreffen Erarbeitung von Empfehlungen und Stellungnahmen an die Ausschüsse des Rates bzw. der Stadtverwaltung Beratung von Beschlussvorlagen (z. B. Stadtentwicklung, Baubeschlüsse) Jeweils ein KIB-Vertreter in einem Ausschuss (z. B. für Bauwesen, Schule, Stadtplanung, Soziales/Gesundheit) Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Zur KIB (nach Rüter 2011, 200ff.): Arbeitsgruppen der KIB, die auch für andere interessierte Personen offen sind, z. B.: (1) Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene (2) Wohnen, Pflege, Gesundheit (3) Arbeit (4) Freizeit, Sport, Kultur, Weiterbildung (5) Stadtplanung, Verkehr (Jährlich 6 – 8 Sitzungen der einzelnen AG‘s) Zusätzlich in Zusammenarbeit mit KIB eine Selbstvertretungsgruppe von Menschen mit Lernschwierigkeiten Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Möglichkeiten der Wahl von Beiratsmitgliedern (1) Urwahl (z. B. durch Briefwahl; angeschrieben werden alle nach §§1 und 2 SchwbG anerkannten Schwerbehinderten und Gleichgestellte bzw. gesetzl. Vertreter) Nachteil: hoher Aufwand, hohe Kosten; Wichtig: Sicherung der Repräsentanz aller unterschiedlichen Gruppen behinderter Menschen (2) Versammlungswahl (nach einer öffentlichen Einladung werden Personen gewählt) Nachteil: Zufällige Beteiligung; Wichtig: faire Wahl s. o. (3) Delegiertenwahl (aus Wohlfahrtsverbänden, Selbsthilfegruppen, Fraktionen etc.) Nachteil: Ausschluss nicht organisierter Personen Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Kommunalisierung der Behindertenhilfe 1. Versorgungsverpflichtung 2. Orientierung an Grundzügen moderner Behindertenarbeit 3. Respektierung der Stimme behinderter Menschen 4. Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerzentrierung 5. Finanzielle Unterstützung Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Bezugsliteratur: Theunissen, G.: Empowerment und Inklusion behinderter Menschen, Freiburg 2013 (Lambertus) (3. Aufl.) Theunissen, G.: Lebensweltbezogene Behindertenarbeit und Sozialraumorientierung. Eine Einführung in die Praxis, Freiburg 2012 (Lambertus) Theunissen, G.: Umgang mit Autismus in den USA. Das Beispiel Kalifornien (Los Angeles), Stuttgart 2013 (Kohlhammer) Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected] Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Univ.-Prof. Dr. Georg Theunissen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg FB Erziehungswissenschaften/ Institut für Rehabilitationspädagogik E-Mail: [email protected]
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