Fehler bei der Einladung

Fehler bei der Einladung
Wenn es um das Thema Mitgliederversammlung geht, verstehen viele Mitglieder keinen Spaß. Vor allem dann nicht,
wenn in dieser Versammlung Beschlüsse getroffen werden, die ihnen nicht in den Kram passen. Dann wird manchmal „mit der Lupe“ nach möglichen Fehlern gesucht, um diese Beschlüsse noch angreifen und damit unwirksam
machen zu können.
Ein aktuelles Beispiel kommt aus Göttingen. Der Vorstand eines Vereins hatte nicht alle Mitglieder zur Mitgliederversammlung eingeladen. Folge: Die dort getroffenen Beschlüsse hält das Oberlandesgericht München für anfechtbar
(Urteil vom 30.04.2015, Az. 27 C 69/14). Das Gericht sagt aber auch: Ewig Zeit lassen kann sich ein Mitglied hiermit
nicht. Es muss sich innerhalb von 4 Monaten rühren. Und: Es kann nicht pauschal sagen: „Alle Beschlüsse dieser
Versammlung fechte ich an“, vielmehr muss es den oder die konkreten Beschlüsse benennen, die es anfechten will.
Weiter bedeutet das Urteil:
Wurden nicht alle Mitglieder zur Mitgliederversammlung eingeladen, sind die in der Versammlung getroffenen Beschlüsse nicht automatisch nichtig, also unwirksam. Ohne Anfechtung – oder wenn das Mitglied, das den Beschluss
anfechten möchte, die 4-Monats-Frist verpasst – aber werden und sind die Beschlüsse wirksam.
Was aber macht eigentlich den Unterschied zwischen Anfechtung und Nichtigkeit aus?
Nichtig oder anfechtbar? So wirken sich Fehler bei der Einladung in der Mitgliederversammlung aus!
Grundsätzlich können Beschlüsse der Mitgliederversammlung angefochten werden, wenn sie fehlerhaft oder nichtig
sind. Dies kann z. B. sein:
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wenn der Beschluss gegen zwingende allgemeine gesetzliche Vorschriften verstößt – dann ist der Beschluss
nichtig,
unabdingbare vereinsrechtliche Vorschriften nicht beachtet – auch dann ist der Beschluss nichtig,
gegen Vorschriften der Satzung verstößt – dann ist der Beschluss wirksam, aber anfechtbar,
unter Formfehlern zustande gekommen ist – dann ist der Beschluss wirksam, jedoch ebenfalls anfechtbar.
Tipp:
Ein nichtiger Beschluss ist für den Vorstand völlig unverbindlich und muss nicht von den Mitgliedern angefochten
werden, um ihn zu beseitigen.
Ein wirksamer, aber anfechtbarer Beschluss muss vom Vorstand beachtet werden – zumindest so lange, bis die
Unwirksamkeit des Beschlusses feststeht.
Beispiele für nichtige Beschlüsse
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Die Mitgliederversammlung ist durch ein unzuständiges Organ einberufen worden.
An der Mitgliederversammlung haben Nichtmitglieder teilgenommen und abgestimmt.
Es sind Mitglieder faktisch von der Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen, z. B. weil der Versammlungsort zu klein oder zu weit entfernt gewählt wird oder weil die Versammlung zu einer unzumutbaren
Tages-/Uhrzeit stattfindet.
Es wird bei der Einladung der Mitglieder der Gegenstand der Beschlussfassung nicht oder nicht genau genug bezeichnet.
Die Beschlüsse werden unter einer satzungswidrigen Versammlungsleitung gefasst.
Die Mitgliederversammlung ist nach den Vorschriften der Satzung gar nicht beschlussfähig und fasst trotzdem Beschlüsse.
Die Rechtsfolge:
Ist ein Beschluss nichtig, kann er keine Rechtswirkung entfalten. Der Mangel des Beschlusses kann auch nicht
dadurch geheilt werden, dass die Mitgliederversammlung ihn nachträglich so behandelt, als sei er wirksam zustande
gekommen.
Ein unwirksamer Beschluss bleibt unwirksam. Die Mitgliederversammlung muss über den betroffenen Tagesordnungspunkt erneut und dieses Mal in satzungsgemäß einwandfreier Form abstimmen.
Achtung:
Nichtige Versammlungsbeschlüsse dürfen von den zuständigen Vereinsorganen nicht ausgeführt werden. Tun sie
dies trotzdem, haften die ausführenden Vereinsorgane – also z. B. der Vorstand oder der Schatzmeister – selbst.
Wird bei Ausführung des fehlerhaften Beschlusses ein Dritter geschädigt, haftet der Verein. Vergibt der Vorstand z.
B. aufgrund eines fehlerhaften Beschlusses einen Auftrag an einen Handwerker und erbringt dieser die bestellten
Leistungen, muss der Verein für die Vergütung haften.
Andersherum aber gilt auch:
Beschlüsse, die nicht eindeutig nichtig sind, weil sie offensichtlich gegen ein Gesetz verstoßen oder offensichtlich mit
einem Verfahrensmangel behaftet sind, werden nur dann nichtig, wenn ein Vereinsmitglied die Fehlerhaftigkeit rügt,
und zwar:
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in der Mitgliederversammlung,
außerhalb der Mitgliederversammlung gegenüber dem Vorstand oder
in einem Gerichtsverfahren.
Wird die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht innerhalb einer Frist von 4 Monaten gerügt, bleibt der gefasste Beschluss gültig. Etwas anderes gilt nur, wenn ganz bewusst gegen Satzungsbestimmungen verstoßen und der fehlerhafte Beschluss damit vorsätzlich herbeigeführt wurde.
Fazit:
Besser also, Sie vermeiden diese gefährlichen Fehler bei der Mitgliederversammlung. Das erspart Ihnen im Fall der
Fälle eine Menge Ärger!
Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts München beschäftigt sich mit der Berechnung der Ladefrist und der Frage, wann nicht geladene Mitglieder die Beschlüsse der Mitgliederversammlung anfechten können.
Die Ladefrist
Die Frist für die Einberufung der Mitgliederversammlung (MV) beginnt, wenn die Satzung das nicht anders regelt, mit
dem Zeitpunkt, zu dem bei normaler postalischer Beförderung mit dem Zugang bei allen Mitgliedern zu rechnen ist.
Dabei darf man - so das Oberlandesgericht (OLG) München - bei rechtzeitiger Einlieferung der Schreiben im Inland
mit einer Zustellung am nächsten Tag rechnen. Der Verein kann die rechtzeitige Einlieferung mit dem Postbeleg
nachweisen. Die Beweislast, dass die Einladung nicht rechtzeitig zugestellt wurde, liegt dann beim Mitglied.
Hinweis:
Üblicherweise treffen Satzungen Regelungen, die klarstellen, wann genau die Ladefrist beginnt. So wird etwa das
Datum des Poststempels gewählt. Bei Einladung per E-Mail beginnt die Frist sofort. Entscheidend ist nicht, wann das
Mitglied die E-Mail liest, sondern wann sie in seinem Postfach ist.
Beschlüsse sind anfechtbar, wenn nicht alle Mitglieder geladen wurden.
Beschlüsse die nach einer fehlerhafter Einladung zur MV gefasst wurde, sind nicht von vornherein nichtig. Wurde
aber ein Mitglied nachweislich nicht eingeladen, kann es die auf der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse
anfechten.
Hinweis:
Eine Anfechtung muss sich zudem immer auf einen konkreten Einzelbeschluss beziehen. Eine pauschale Anfechtung aller Beschlüsse einer Mitgliederversammlung ist nicht möglich.
Laut Urteil des Amtsgericht Göttingen vom 30.04.2015, 27 C 69/14 gilt für die Anfechtung von Beschlüssen der Mitgliederversammlung regelmäßig eine Frist von vier Monaten. Danach ist das Anfechtungsrecht verwirkt
Grundsätzlich gilt, dass ein Vereinsbeschluss oder eine Wahl ungültig ist, wenn nicht alle Mitglieder in der durch die
Satzung bestimmten Weise eingeladen worden sind. Dieser Grundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt. So wäre es
z.B. unangemessen bei einem Verein, der mehr als 500 Mitglieder hat, eine Abstimmung als wirkungslos zu betrach-
ten, wenn auch nur ein Mitglied versehentlich nicht geladen war und dieser Fehler das Abstimmungsergebnis unter
keinen Umständen beeinflusst haben kann (BGH, Urteil vom 9.11.1972, II ZR 63/71).
Nachweispflichten des Vereins:
Kann der Verein nachweisen, dass der Beschluss auch bei Anwesenheit des Mitglieds nicht anders ausgefallen wäre, ist der Beschluss also trotzdem wirksam. Dafür genügt aber nicht das bloße Zahlenverhältnis bei der Stimmauszählung. Auch die mögliche Einflussnahme eines Mitglieds auf das Abstimmungsergebnis durch Teilnahme an der
Diskussion muss berücksichtigt werden.
Da sich diese mögliche Einflussnahme kaum widerlegen lässt, muss der Verein nachweisen können, dass das Abstimmungsergebnis so eindeutig war, dass diese Einflussnahme keine Rolle gespielt hätte. So ein aktuelles Urteil
des Oberlandesgerichts München (Beschluss vom 11.05.2015, 31 Wx 123/15):
Der Nachweis, dass die Abstimmung auch bei Anwesenheit der betreffenden Mitglieder nicht anders ausgefallen
wäre, ist meist nur in zwei Fällen möglich:
Es gab keine Beschlussalternative, die Mitglieder konnten also nur mit Ja oder Nein stimmen und die Ja-Stimmen
überwogen deutlich. Beispiel: Nur ein Kandidat für ein Vorstandsamt stand zu Wahl.
Die Mehrheitsverhältnisse sind so eindeutig, dass auch eine erhebliche Beeinflussung des Abstimmungsverhaltens
zu gleichen Ergebnis geführt hätte.